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1. Standesamtliche Trauung
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Fall 7:
M und F wollen heiraten, aber nicht an ihrem Wohnort in Regensburg, sondern aufgrund der traumhaften Kulisse auf der Fraueninsel im Chiemsee. Da ihr gemeinsamer Freund S Standesbeamter ist, erklärt er sich bereit, die Trauung vor Ort unter freiem Himmel durchzuführen, obwohl er weiß, dass er für diesen Bezirk nicht zuständig ist; nach der Trauung trägt er die vollzogene Ehe im Eheregister von Regensburg ein.
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Eine Ehe kommt nur zustande, wenn die Eheschließung vor dem Standesbeamten erfolgt, § 1310 Abs. 1 S. 1. Geschieht dies nicht, so liegt eine Nichtehe vor; die Beteiligten sind dann nicht miteinander verheiratet; die „Trauung“ löst (anders als bei der durch Aufhebung oder Scheidung aufgelösten Ehe, §§ 1318, 1569 ff.) keine Rechtsfolgen aus; Kinder aus der Verbindung sind nichteheliche Kinder.[19] Ob ein „Standesbeamter“ und ob der „zuständige“ Standesbeamte gehandelt hat, richtet sich nach den Vorschriften des Personenstandsgesetzes. Ein Standesbeamter (§ 2 Abs. 1 S. 1 PStG) ist eine für ein bestimmtes Standesamt bestellte Urkundsperson. Das Personenstandsgesetz hat sich textlich vom „Standesbeamten“ als dem Adressaten seiner Regelungen gelöst und richtet diese an das „Standesamt“ (vgl. z.B. §§ 12, 13 PStG; entsprechende Anpassungen auch im BGB, z.B. § 1309 Abs. 2 S. 1). Außerhalb des Standesamtsbezirks ist die dafür bestellte Urkundsperson kein „Standesbeamter“ und nicht nur ein „unzuständiger“ Standesbeamter. Die Eheschließung erfolgte deshalb in Fall 7 nicht vor einem Standesbeamten, so dass grundsätzlich eine Nichtehe vorliegt. Allerdings fingiert § 1310 Abs. 2 die Eigenschaft des Standesbeamten für eine Person, die dieses Amt öffentlich ausübt und die Ehe in das Eheregister eingetragen hat; M und F haben deshalb in Fall 7 vor einem „fingierten“ Standesbeamten die Ehe geschlossen.
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Ein für die Eheschließung „unzuständiges“ Standesamt im früheren Sinne (§ 6 Abs. 2 PStG a.F.: Standesamt, in dessen Bezirk keiner der Verlobten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat) gibt es nach neuem Recht nicht mehr. Zuständig für die Eheschließung ist nunmehr jedes deutsche Standesamt (§ 11 PStG). Allerdings gibt es ein „zuständiges“ Standesamt für die Anmeldung der Eheschließung. Die Heiratswilligen müssen ihre beabsichtigte Eheschließung bei dem Standesamt, in dessen Zuständigkeitsbereich einer von ihnen seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, anmelden (§ 12 Abs. 1 PStG). Dort werden mögliche Ehehindernisse geprüft (§ 13 Abs. 1 PStG, § 1310 Abs. 1 S. 2). Soweit solche nicht bestehen, erteilt dieses Standesamt den Eheschließenden hierüber eine Bescheinigung, die dann für jedes deutsche Standesamt, bei dem die Eheschließung erfolgen soll, verbindlich ist (§ 13 Abs. 4 S. 1 PStG). Die Gültigkeitsdauer dieser Bescheinigung beträgt sechs Monate (§ 13 Abs. 4 S. 3 PStG).
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Wird die Ehe weder nach § 1310 Abs. 1 noch nach § 1310 Abs. 2 vor einem „Standesbeamten“ geschlossen, sodass grundsätzlich eine Nichtehe vorliegt, wird die Ehe gleichwohl als wirksam anerkannt, wenn im Einzelfall die Voraussetzungen des § 1310 Abs. 3 vorliegen. Ein Beispiel dafür ist etwa eine lediglich kirchliche Trauung, in deren Anschluss eine Eintragung ins Eheregister nach § 1310 Abs. 3 Nr. 1 erfolgt ist und eine Ehedauer von zehn, mindestens jedoch von fünf Jahren (im Todesfall) erreicht worden ist (vgl. Abs. 3 a.E.).
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Der Abschluss des Ehekonsenses[20] unterliegt als personenrechtlicher Vertrag verschiedenen Anforderungen. Er muss nicht nur vor einem mitwirkungsbereiten Standesbeamten erfolgen (§ 1310 Abs. 1 S. 1), sondern die Erklärungen müssen auch höchstpersönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit der Eheschließenden abgegeben werden (§ 1311 S. 1). Die Eheschließung ist bedingungs- und befristungsfeindlich (§ 1311 S. 2), d.h. der Standesbeamte wird die Eheschließung verweigern, wenn die Ehegatten ihre Erklärungen (ausdrücklich) unter einer Bedingung oder Befristung abgeben. Außerdem „soll“ der Standesbeamte bei der Eheschließung die Eheschließenden einzeln befragen, ob sie die Ehe miteinander eingehen wollen, und, nachdem die Eheschließenden diese Frage bejaht haben, aussprechen, dass sie nunmehr kraft Gesetzes rechtmäßig verbundene Eheleute sind, § 1312. Ausländer müssen ein Ehefähigkeitszeugnis gemäß § 1309 beibringen, damit sichergestellt werden kann, dass der Eheschließung nach deren Heimatrecht kein Hindernis entgegensteht (vgl. Art. 13 Abs. 1 EGBGB). Diesen Anforderungen misst das Gesetz unterschiedliche Bedeutung und damit unterschiedliche Rechtsfolgen im Falle ihrer Verletzung bei.
Zweiter Teil Eheschließung und Eheaufhebung › § 3 Eheschließung › III. Eheschließungsrecht › 2. Folgen fehlerhafter Eheschließung