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2. Inhaltsangabe

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An Deck eines Ausgangssituation Dampfers, der seine Passagiere von New York nach Südamerika bringen soll, unterhält sich der Ich-Erzähler gerade mit einem Bekannten, als der Schachweltmeister Mirko Czentovic an Bord des Schiffes geht, um eine Turnierreise anzutreten, und dabei für beträchtlichen Presserummel sorgt.

Czentovic hat eine erstaunliche Czentovics Karriere Karriere hinter sich: Als Waisenkind, das aus einfachsten Verhältnissen stammt, ist er in einem abgelegenen Balkandorf von einem Pfarrer erzogen worden, der an dem Jungen auch dessen außergewöhnliche Schachbegabung entdeckt hat. Innerhalb kürzester Zeit gelingt Czentovic der steile Aufstieg zu einer internationalen Schachgröße; bereits mit zwanzig ist er Weltmeister. Der Erfolg und das schnelle Geld haben ihn selbstgefällig und habgierig gemacht, dabei ist seine Fähigkeit völlig einseitig: Im Grunde genommen ist er ein stumpfsinniger, unkultivierter Provinzler geblieben, ungebildet, kaum fähig, sich mündlich – und schon gar nicht schriftlich – zu artikulieren.

Dieser widersprüchliche Charakter erweckt das psychologische Interesse des Erzählers, doch wird er von seinem Freund gewarnt: Czentovic meide die Gesellschaft. Und tatsächlich: In den ersten Tagen der Reise bietet sich zum Ärger des Erzählers keine Gelegenheit, mit dem Weltmeister ins Gespräch zu kommen. Um sein Der Plan des Ich-Erzählers Ziel schließlich doch zu erreichen, wirft der Erzähler einen Köder aus: Im Rauchsalon des Schiffes beginnt er mit seiner Frau Schach zu spielen und lockt damit eine Handvoll Schaulustiger an, von denen einer, ein reicher schottischer Tiefbauingenieur namens McConnor, bald sein neuer Gegner wird. McConnors Ehrgeiz verträgt keine Niederlage; immer wieder sucht er Revanche, und so reiht sich schließlich Partie an Partie.

Am dritten Tag würdigt Czentovic die beiden Amateure kurz eines Blickes. Als McConnors Herausforderung McConnor erfährt, dass sich ein Schachweltmeister an Bord befindet, ist er ganz versessen darauf, gegen ihn eine Partie auszutragen. Czentovic erklärt sich nur dazu bereit, wenn der Schotte ihm einen hohen Dollarbetrag dafür zahlt.

Tags darauf tritt der Weltmeister gegen eine Gruppe Interessierter an. Das erste Spiel gewinnt er mühelos, legt dabei aber arrogante Gleichgültigkeit an den Tag. Gegen Geld lässt er sich auf eine Revanchepartie ein. Auch dieses Spiel hat Czentovic souverän in der Hand, stellt seinen Gegnern eine verlockende Falle – bis ein Unbekannter den Amateuren plötzlich zu Hilfe kommt und durch seine überzeugende Analyse der Figurenstellung und sein energisches Eingreifen dem – nunmehr nicht mehr so gleichgültig agierenden – Schachmeister ein Eine Niederlage und ein Remis Remis abringt. Czentovic bietet eine dritte Partie an. McConnor will, dass der unbekannte Retter allein antritt, doch der lehnt verwirrt ab und zieht sich mit den Worten zurück, er habe schon seit 25 Jahren vor keinem Schachbrett mehr gesessen.

Man bittet den Erzähler, er möge versuchen, den Unbekannten umzustimmen – vielleicht habe er Erfolg, immerhin seien beide ja Österreicher. Tatsächlich zeigt sich Der Erzähler und Dr. B.Dr. B. – so der Name des Retters – sehr offen; den seltsamen Umstand, dass seine erstaunlichen Schachkenntnisse nicht Resultat spielerischer Praxis sind, erklärt er, indem er über sein Schicksal berichtet.

Dr. B. stammt aus einer traditionsreichen österreichischen Familie. Als Anwalt hatte er Kontakte zur Kirche und zu den höchsten Kreisen des Adels und arbeitete für sie als Vermögensverwalter. Das stieß auf das Interesse der Nationalsozialisten. Ein Verbindungsmann aus der Kanzlei informierte diese über die verschiedenen Geschäfte, und so wurde Dr. B. einen Tag vor Hitlers Einmarsch in Wien von der SS Verhaftung und Isolationsfolter verhaftet, konnte aber zuvor die für die Nazis interessanten Belege in Sicherheit bringen. Um wichtige Informationen aus ihm herauszupressen, sperrte man ihn im Hotel Metropole, dem Hauptquartier der Gestapo, in ein Einzelzimmer. Monatelang wurde er in absoluter Isolation gehalten, ohne Möglichkeit zum Gespräch oder zu irgendeiner geistigen Betätigung.

Schon fast bereit, nach viermonatiger Einzelhaft die geforderten Informationen preiszugeben, gelang es ihm vor einem Verhör, sich heimlich in Besitz eines Buches zu bringen. Seine Hoffnung auf anspruchsvolle literarische Genüsse wurde aber in jenem Moment zerschlagen, als er dieses auf seinem Zimmer hervorholte: Das Buch enthielt eine Das Schachbuch Sammlung von Schachpartien. Enttäuscht begann er mit dem Nachspielen, verwendete dazu notdürftig eine karierte Bettdecke und knetete aus Brotkrümeln Figuren. Schon bald waren diese Behelfe nicht mehr notwendig, da er die Partien im Kopf nachspielte, um damit sein Gehirn zu trainieren.

Die Waffe gegen die Abstumpfung erwies sich aber als zweischneidig, denn Dr. B. wurde des Einübens und Rekapitulierens alter Spielzüge überdrüssig und widmete sich der Erfindung neuer Partien. Dies führte jedoch zur Aufspaltung seines Weg in den Wahnsinn Bewusstseins, da es dabei erforderlich war, für jeden der beiden imaginären Gegner jeweils die Spielzüge vorauszudenken, ohne die des anderen wiederum zu kennen. Dr. B. nannte seine beiden Schachspieler-Persönlichkeiten »Ich Schwarz« und »Ich Weiß« (S. 55). Er geriet durch diese Spielweise geistig völlig aus dem Gleichgewicht und ließ, vom Schachspiel als Mittelpunkt seiner Existenz geradezu besessen, die Verhöre und sogar die Nahrungsaufnahme zu Nebensachen werden.

Schließlich erwachte er eines Tages in einem Krankenhaus, wohin man ihn im Zustand unkontrollierter fiebriger Erregung gebracht hatte. Dem behandelnden Arzt gelang es, Dr. B.s Entlassung durchzusetzen, sodass dieser ungehindert Österreich Dr. B. geht ins Exil verlassen konnte.

Dr. B. erklärt sein überraschendes Eingreifen in die Partie mit Czentovic damit, dass sich sein Denken abgewöhnt habe, Dr. B.s Spielweise Schachpartien mit Spielern aus Fleisch und Blut in Verbindung zu bringen. Mit der Partie gegen den Weltmeister am folgenden Tag verfolge er das therapeutische Ziel, einen Schlussstrich unter seine Schachbesessenheit zu ziehen.

Es kommt jedoch ganz anders. Tatsächlich gelingt Dr. B. das Unglaubliche – er kann Czentovic Sieg und Zusammenbruch besiegen. Entgegen seinem guten Vorsatz und den Warnungen des Erzählers lässt er sich auf eine Revanchepartie ein, in deren Verlauf er zusehends die Kontrolle über sich selbst verliert und – wie schon in seiner Haft – in eine fiebrig erregte Anspannung verfällt: nicht zuletzt bedingt durch das psychologische Geschick seines Gegners, der ihn durch bewusst verzögerndes Spiel aus der Fassung bringen will. In seiner verwirrten Ungeduld beginnt Dr. B. während der Zugpausen andere Partien zu durchdenken und bietet seinem Gegenüber sogar ein falsches Schach. Nur der Abbruch der Partie kann Dr. B. vor dem geistigen Zusammenbruch retten. Aus seiner Trance erwachend, schwört er dem Schachspiel ab, während Czentovic gönnerhaft die Qualitäten seines Gegenspielers lobt.

Schachnovelle von Stefan Zweig: Reclam Lektüreschlüssel XL

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