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Pflichten des Kaufmanns
Nach § 238 HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und zu Beginn eines jeden Geschäftsjahres ein Inventar (§ 240 HGB) und eine Bilanz (§ 242 HGB) aufzustellen. Diese Verpflichtungen gelten für Kaufleute i. S. der §§ 1 bis 6 HGB. Der Kannkaufmann erlangt diese Eigenschaft erst durch Eintragung in das Handelsregister.2
Schwellenwerte für die Buchführungspflicht
Im Rahmen des BilMoG wurden handelsrechtliche Einzelkaufleute von der Pflicht zur Buchführung, der Aufstellung von Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen und der Erstellung von Inventaren befreit, wenn ihre Umsatzerlöse und Jahresüberschüsse bestimmte Schwellenwerte in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht überschreiten. Gemäß § 241a HGB betragen die Schwellenwerte:
Umsatzerlöse: 600.000 € (bis 2015: 500.000 €) |
Jahresüberschuss: 60.000 € (bis 2015: 50.000 €) |
Da Voraussetzung für die Befreiung ist, dass die Schwellenwerte an zwei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen nicht überschritten werden, entfällt die Befreiung, sobald eine dieser Grenzen an nur einem Abschlussstichtag überschritten wird. Geschieht dies, ist eine Eröffnungsbilanz aufzustellen und zur Buchführung überzugehen.
Die Grenzen orientieren sich an den Schwellenwerten des § 141 AO. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass der handelsrechtliche Jahresüberschuss nicht in allen Fällen mit dem steuerlichen Gewinn übereinstimmt.
Beispiel
Der Einzelunternehmer E hat in den Jahren 01 und 02 folgende Umsätze und Gewinne:
In welchen Jahren ist E, der seinen Betrieb vor zehn Jahren gegründet hat, von der handelsrechtlichen Buchführungspflicht nach § 241a HGB befreit?
Lösung
1. | In 01 sind beide Schwellenwerte nach § 241a HGB unterschritten. In 02 wird die Umsatzgrenze überschritten. Aus diesem Grund ist E ab 02 buchführungspflichtig. Ob für 01 eine Buchführungspflicht besteht, kann nur beurteilt werden, wenn Informationen für das Vorjahr vorliegen. |
2. | In 01 ist nur eine Grenze unterschritten. Aus diesem Grund kann weder für 01 noch für 02 eine Befreiung nach § 241a HGB erfolgen. Das Unterschreiten der Grenzen in 02 ist irrelevant. |
3. | Die Grenzen sind weder in 01 noch in 02 überschritten. Somit kann E zumindest ab 02 von der Buchführungspflicht befreit werden. Ob für 01 eine Buchführungspflicht besteht kann nur beurteilt werden, wenn Informationen für das Vorjahr vorliegen. |
3Steuerrechtliche Buchführungspflicht
Für die Besteuerung sehen die §§ 140 ff. AO mehrere Möglichkeiten der Buchführungspflicht vor:
4§ 140 AO: „Derivative Buchführungspflicht“
derivative Buchführungspflicht
Hierunter fallen alle Personen, die nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen. § 140 AO gilt aber nicht nur für die Buchführungspflicht, sondern bestimmt auch, dass Aufzeichnungen, die nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen zu führen sind, auch für Besteuerungszwecke geführt werden müssen. Diese sich aus anderen Gesetzen ergebenden Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten gelten somit gleichermaßen als steuerliche Verpflichtung. Hier sind insbesondere folgende Vorschriften von Bedeutung:
§§ 238 ff. HGB, |
§ 259 BGB (Pflicht zur Rechenschaftslegung), |
§§ 91, 270, 286 AktG, |
§§ 41 ff. GmbHG, |
§ 33 GenG. |
5Sonderfälle der Buchführungspflicht
Sonderfälle der BuchführungspflichtEine Freiberufler-GmbH ist als GmbH buchführungspflichtig. |
Vorgesellschaften sind nicht erst ab Eintragung in das Handelsregister buchführungspflichtig. Die steuerliche Buchführungspflicht beginnt mit Abschluss des notariellen Vertrags (vgl. H 1.1 „Beginn der Steuerpflicht“ KStH). |
6§ 141 AO: „Originäre Buchführungspflicht“
originäre Buchführungspflicht
Gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte, die nicht bereits nach § 140 AO buchführungspflichtig sind, können nach § 141 Abs. 1 AO unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sein, für steuerliche Zwecke Bücher zu führen. § 141 AO wird nur herangezogen, wenn nicht bereits eine Buchführungspflicht nach § 140 AO besteht (AEAO Nr. 1 zu § 141 AO).
Die Voraussetzungen dafür sind:
Diese Grenzen beziehen sich stets nur auf einen Betrieb, auch wenn der Steuerpflichtige mehrere Betriebe der gleichen Einkunftsart unterhält (vgl. AEAO Nr. 3 zu § 141 AO). Für das Entstehen der Buchführungspflicht genügt es, wenn eine der genannten Wertgrenzen überschritten wird. Unter § 141 AO fallen gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte, nicht jedoch Freiberufler (vgl. AEAO Nr. 1 zu § 141 AO).
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Beginn der Buchführungspflicht
Die Buchführungspflicht beginnt bei:
§ 1 HGB „Istkaufmann“ mit Beginn der Tätigkeit. Auf die Eintragung im Handelsregister kommt es nicht an; |
§§ 2 und 3 HGB „Kannkaufmann“ sowie § 5 HGB „Kaufmann kraft Eintragung“ mit der Eintragung in das Handelsregister; |
§ 6 HGB „Formkaufmann“ mit Gründung der Gesellschaft (= Abschluss des Gesellschaftsvertrags); |
§ 141 Abs. 1 AO mit Beginn des Wirtschaftsjahres, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung über die Buchführungspflicht folgt (§ 141 Abs. 2 Satz 1 AO). Die Mitteilung der Buchführungspflicht durch das Finanzamt ist ein Verwaltungsakt und kann mit dem Rechtsmittel des Einspruchs nach § 347 AO angefochten werden. |
ABB. 1: Buchführungspflicht
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Ende der Buchführungspflicht
Die Buchführungspflicht endet bei:
allen Buchführungspflichtigen mit Betriebsaufgabe bzw. Abschluss des Insolvenzverfahrens; |
§ 1 HGB „Istkaufmann“ mit Verlust der Kaufmannseigenschaft (= bei Einstellung des Handelsgewerbes); |
§ 141 Abs. 1 AO mit Ablauf des nächsten Wirtschaftsjahres, das dem Wirtschaftsjahr folgt, in dem die Finanzbehörde feststellt, dass die Voraussetzungen für die Buchführungspflicht nicht mehr vorliegen (§ 141 Abs. 2 Satz 2 AO). |
Beispiel
Am 10. 5. 2018 erteilt das Finanzamt den Steuerbescheid für 2016, Umsatz und Gewinn haben die Grenze des § 141 AO unterschritten.
Lösung
Die Buchführungspflicht endet mit Ablauf des Jahres 2019. In 2020 kann zur Einnahmen-Überschussrechnung übergegangen werden. Es ist strittig, ob im Steuerbescheid ein expliziter Hinweis auf das Ende erfolgen muss, oder ob eine entsprechende Steuerfestsetzung ausreicht1).
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Maßgeblichkeitsgrundsatz
Während § 4 Abs. 1 EStG für all diejenigen gilt, die nach Handelsrecht nicht verpflichtet sind, Bücher zu führen (Selbständige, Land- und Forstwirte), kommt § 5 Abs. 1 EStG bei allen Gewerbetreibenden zur Anwendung, unabhängig davon, ob sie verpflichtet sind zu bilanzieren oder dies freiwillig tun. § 5 Abs. 1 EStG bindet also alle bilanzierenden Gewerbetreibenden an die Vorschriften des Handelsrechts (Maßgeblichkeitsgrundsatz). Hiervon gibt es jedoch zwei Ausnahmen:
AusnahmenGibt es eigene steuerliche Bewertungsvorschriften, gehen diese dem Handelsrecht vor (Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG); |
Gibt es eigene steuerliche Wahlrechte, können diese unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden (§ 5 Abs. 1 Satz 1 letzter Teilsatz EStG). |
ABB. 2: Zweistufige Gewinnermittlung
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steuerliche Bewertungsvorschriften
Wie bereits erwähnt, gehen eigenständige steuerliche Bewertungsvorschriften den handelsrechtlichen vor (§ 5 Abs. 6 EStG). Zu beachten sind beispielsweise folgende steuerlichen Vorschriften:
Bewertung (§ 6 EStG), |
Abschreibungen (§ 7 EStG), |
Sonderabschreibungen (§ 7g EStG), |
Betriebsausgabenabzug (§ 4 Abs. 4a und 5 EStG). |
Beispiel
Die A-AG bilanziert ein im Januar 2018 fertiggestelltes Gebäude mit den Herstellungskosten von 1 Mio. € und schreibt es in der Handelsbilanz auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 40 Jahren ab.
Lösung
Die jährliche AfA von 2,5 % ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG in einem ersten Schritt in die Steuerbilanz zu übernehmen. Es muss jedoch in einem zweiten Schritt geprüft werden, ob ein steuerlicher Bewertungsvorbehalt existiert (§ 5 Abs. 6 EStG). Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG ist das Gebäude steuerlich zwingend auf 33 Jahre abzuschreiben.
§ 60 Abs. 2 EStDV bietet nun zwei Lösungsmöglichkeiten: Es kann eine eigene Steuerbilanz aufgestellt werden oder eine außerbilanzielle Korrektur im Rahmen einer Überleitungsrechnung erfolgen.
Aufgrund der besonderen Bedeutung in Prüfungsaufgaben wird im Folgenden insbesondere auf außerbilanzielle Korrekturen nach § 4 Abs. 5 ff. EStG eingegangen.