Читать книгу Ein Nussknacker zum verlieben - Martina Brunnert - Страница 4
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ОглавлениеMaren lag lange auf ihrem flauschigen, roten Veloursteppich und weinte sich die Augen aus dem Kopf. Der Tag, der am Morgen noch so verheißungsvoll angefangen hatte, hatte mit einem Desaster geendet.
Ihre gemeinsame Zukunft mit Thomas war plötzlich und ohne Vorwarnung zerstört worden. Zerplatzt wie eine Seifenblase im Sommerwind. Den Mann, dem sie vertraut hatte, den sie hatte heiraten und mit dem sie hatte alt werden wollen, hatte alles kaputt gemacht. Marens Herz krampfte sich zusammen. Es schmerzte in ihrer Brust, als wollte es zerspringen.
Maren lag wortwörtlich am Boden. Wie sie so dalag, zusammengerollt wie ein kranker Hund, ging die Sonne am Horizont in den prächtigsten Rottönen unter. Sämtliche Fröhlichkeit war aus Maren gewichen, und sie konnte sich nicht vorstellen, sie jemals wieder zurückzubekommen.
Maren weinte hemmungslos, bis sie auf dem Teppich einschlief und dort spät in der Nacht wieder aufwachte. Völlig ausgedörrt und ohne Orientierung in der Dunkelheit ihres geräumigen Wohnzimmers. Ihre Zunge klebte am Gaumen fest.
Was ist passiert?, fragte sich Maren.
„Thomas?“, rief sie, doch dann kehrten ihre Erinnerungen zurück. Sie hatte ihre große Liebe in flagranti erwischt mit einer blonden, dürren Ziege. In ihrem Bett! Sofort war wieder Marens Kampfgeist entfacht.
Maren sprang auf und wollte ins Schlafzimmer rennen. Sie hatte aber noch immer ihre High Heels an. Die Knöchel waren inzwischen angeschwollen. Ein Schmerz durchfuhr ihren linken Fuß, sodass sie aufschrie. Beim Versuch, ihren Fuß mit der Hand zu berühren, strauchelte sie. Maren probierte, die Balance auf dem rechten Fuß zu halten, aber dann gab der dünne Absatz ihres Schuhs plötzlich nach und brach ab. Dabei knickte sie mit dem rechten Fuß um und fiel wieder zurück auf den Teppich.
„Aua“, entfuhr es Maren. Vor Wut pfefferte Maren ihre Schuhe in die Dunkelheit des Raumes.
„So ein Mist. Meine schönen Schuhe. Das hört wohl gar nicht mehr auf heute“, murmelte Maren verbittert. Vorsichtig stand sie auf, tastete nach dem Schalter der kleinen Stehlampe im Wohnzimmer und knipste das Licht an. Langsam ging sie ins Schlafzimmer. Ihre Knöchel schmerzten beide.
Auweia, hoffentlich ist nichts Schlimmes passiert!, dachte Maren. Obwohl, viel schlimmer kann es nicht mehr werden.
Im Schlafzimmer, dem Ort des Schreckens, angekommen, drückte sie auf den Lichtschalter an der Wand. Die Champagnerflasche lag noch da, wo sie sie fallen gelassen hatte, genauso wie das Kuchenpaket.
Sofort schossen Maren wieder die Bilder des Nachmittags durch den Kopf, und sie verzog angeekelt das Gesicht. Sie ging zum Bett und zog sämtliche Bezüge ab. Maren wollte auf keinen Fall darin schlafen, wenn noch das billige Parfüm der Frau, die mit Thomas hier drin gelegen hatte, auf der Bettwäsche zu riechen war.
Sie nahm alles zusammen und humpelte mit dem Knäuel zur Waschmaschine ins Badezimmer. Während Maren die Wäsche in die Waschtrommel stopfte, kam ihr der Gedanke, dass diese Bettwäsche sie immer an diese Tragödie erinnern würde. Der Schmerz würde niemals vergehen, egal, wie oft sie sie auch durch die Maschine jagte.
Maren zog alles wieder aus der Waschmaschine, ging mit der Bettwäsche beladen in die Küche und stopfte alles in einen Müllbeutel. Danach warf sie den Beutel in den Müllschlucker. Marens Magen krampfte sich zusammen. Ihr war speiübel.
„Ich muss was essen“, murmelte Maren. Das Display der Küchenuhr zeigte 23:45 Uhr an. Seit dem Mittagessen hatte sie nichts mehr gegessen. Mit zwei Kühlpacks, die sie sich aus dem Gefrierfach mitnahm, humpelte sie ins Schlafzimmer, wo sie die Champagner-Flasche und die jetzt nicht mehr so formschönen Creme-Törtchen einsammelte und sich ins Wohnzimmer verkroch. Dabei trat sie auf ihren abgebrochenen Absatz.
„Aua, verdammt noch mal!“, rief Maren laut ihren Ärger heraus. Völlig erschöpft ließ sie sich aufs Sofa plumpsen. Sofort machte sie sich über die Törtchen her und spülte ihren Herzschmerz mit dem Champagner, den sie direkt aus der Flasche trank, herunter. Der Alkohol tat ihr gut, wie die Kühlpacks ihren geschundenen Knöcheln.
Nachdem Maren ihre ‚Mitbringsel für einen schönen Kuschelnachmittag zu zweit‘ vertilgt hatte, hatte sie das dringende Bedürfnis, mit jemandem zu reden. Vom Champagner beseelt, rief sie bei ihrer besten Freundin Carmen an.
Mit Carmen war Maren schon seit der Schulzeit befreundet und seitdem durch dick und dünn gegangen. Zusammen hatten sie so manchen Teenie-Frust, sei es mit den Eltern oder den Lehrern, oder so manchen Liebeskummer geteilt und sich gegenseitig darüber hinweggetröstet. Sie konnten zusammen shoppen, auf Partys gehen und feiern oder sich alles anvertrauen, was ihnen auf der Seele lag. So, wie es eben nur mit einer Seelenverwandten möglich war.
Maren wählte Carmens Nummer. Es klackerte im Telefon, die Verbindung wurde hergestellt. Es tutete einmal, zweimal, dreimal.
„Geh schon ran, Carmen“, flehte Maren. Beim fünften Tuten sprang der Anrufbeantworter an.
„Ene, meine, miste, sprech mir auf die Kiste, ene mene meck, denn die Carmen, die ist weg!“ … Piep.
Enttäuscht drückte Maren das Symbol mit dem roten Telefonhörer, um das Gespräch zu beenden. Jetzt fiel es ihr auch wieder ein. Carmen war mit ihrem Freund im Urlaub. Diese plötzliche Erinnerung versetzte ihr einen kleinen Stich. Sie gönnte ihrer Freundin von Herzen diese Beziehung. Aber gerade jetzt hätte Carmen sie gebraucht und war für einen Moment eifersüchtig auf ihren Freund Rüdiger.
Wen könnte ich jetzt noch anrufen? Kira vielleicht! Ach nein, Kiras Kinder könnten aufwachen, es ist ja schon spät, dachte Maren. Es gab nur noch eine Möglichkeit: Mama!
Marens Eltern hatten immer ein offenes Ohr für ihre Tochter, und sie konnte in jeder Lebenslage immer auf sie zählen. Dies war eindeutig ein Notfall.
Maren wählte die vertraute Rufnummer. Nach dem dritten Klingeln meldete sich Marens Mutter.
„Förster?!“
In ihrer vertrauten Stimme konnte Maren Schläfrigkeit sowie Aufregung hören. Immerhin war es schon spät – oder sehr früh? Maren wusste es nicht. Sie war nur froh, ihre Stimme zu hören.
„Mama, ich bin’s!“, presste Maren hervor, ehe sie schluchzte.
„Maren? Kind! Was ist los? Hattet ihr einen Unfall? Geht es dir nicht gut? Maren, so sag doch was!“
Maren konnte nichts sagen. Sie konnte nur weinen.
Frau Förster versuchte vergeblich, ihren Fragenkatalog abzuspulen, doch es half nichts. Schließlicht sagte sie zu ihrem Mann: „Kurt, mit dem Kind stimmt irgendwas nicht. Da ist irgendwas passiert!“