Читать книгу Ein Nussknacker zum verlieben - Martina Brunnert - Страница 8

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Maren erwachte von einem Höllenlärm. Ein Trecker preschte gerade laut knatternd auf der Straße vorbei.

Die Kühe wurden unter lautem Getöse der Kuhglocken auf die Wiese getrieben, was die eine oder andere Kuh mit lautem Gemuhe kommentierte. Vielleicht war es auch ihnen zu früh am Morgen und sie wären gern noch daheim im Stall geblieben. Oder sie konnten es nicht abwarten, endlich allein auf der Weide zu stehen und ihre Ruhe zu genießen.

Maren öffnete die Augen einen Spaltbreit, und das Sonnenlicht schien ihr mitten ins Gesicht.

„Autsch“, fluchte Maren. Sofort schloss sie ihre Lider, weil das grelle Morgenlicht auf ihrer Netzhaut schmerzte. In ihrem Kopf spielte eine Blaskapelle oder eine Heavy Metal-Band, so genau konnte sie das nicht sagen.

Auf der Zunge hatte sie einen schalen Geschmack und Brand wie eine Bergziege. Maren fühlte sich völlig ausgetrocknet. Langsam versuchte sie, sich zu bewegen und aufzustehen, musste aber bemerken, dass das Pochen in ihren Schläfen nur noch stärker wurde.

Sie brauchte noch eine kleine Weile, bis sie ihren Zustand und die Ursache dafür realisiert hatte.

„Nie wieder Enzian! Und nie, nie wieder Thomas oder einen anderen von dieser Spezies“, murmelte Maren. „Dann lieber einen Hund, der ist wenigsten treu und liebt einen!“

Langsam quälte sich Maren aus dem Bett. Dabei bemerkte sie, dass sie in ihren Kleidern von gestern Abend geschlafen hatte.

Die Dusche konnte auch nicht wirklich positiv zu ihrem Zustand beitragen. Maren kramte lustlos irgendein T-Shirt aus dem Koffer.

Sie bekam ein blaues Schlabber-Shirt, mit der Aufschrift ‚Pummelfee‘ in Neon-Pink quer über der Brust, zu fassen. Dieses wunderschöne Kleidungsstück hatte sie mal von Thomas geschenkt bekommen. Damals, als sie sich kennengelernt hatten, war Maren ein bisschen pummelig gewesen. Diesen Babyspeck hatte sich Maren in der niedersächsischen Landeshauptstadt, mit Thomas’ Unterstützung, schnell abtrainiert. Mutters Hausmannskost war einfach zu gut und deftig gewesen, um schlank zu bleiben. Normalerweise trug sie dieses T-Shirt nur noch als Schlafshirt. Doch ihre Augen und ihr Gehirn weigerten sich, noch ihren Dienst korrekt auszuführen.

Dazu zog sie eine grüne Shorts an und schlüpfte in ihre Flip-Flops. Ihre Haare wuschelte sie sich als eine Art Dutt nachlässig zusammen. Heute war Maren so ziemlich alles egal.

Lustlos saß sie am Frühstückstisch und nippte an ihrem heißen Kaffee. Die duftenden Brötchen ließ sie wortwörtlich links liegen.

„Was ist denn los mit dir, Maren, ist dir die Obstler-Therapie nicht bekommen?“, neckte sie ihr Vater.

„Nee“, kam es mürrisch hinter der Kaffeetasse hervor. „Schlecht geschlafen. Bin ja selber schuld.“

„Ich glaube eher, dein Vater ist daran schuld, dass du einen Kater hast. Er konnte es ja nicht lassen, einen Therapieschnaps nach dem anderen zu bestellen, nicht wahr, Kurt?“

„Jou, dat wult ik wol mein. Bestellt hep ik di woll, aber utsuppt hebt ihr bede sölms“, verteidigte sich Kurt.

In besonderen Situationen verfiel er immer wieder gern ins Plattdeutsche – der ländlichen norddeutschen Sprache, mit der er aufgewachsen war.

„Es liegt nicht nur am Kater. Ich habe gestern Abend noch meine Nachrichten gecheckt. Weiß der Teufel, was mich da geritten hat!“ Maren schüttelte dabei den Kopf.

Ein ahnungsvolles „Oje“ kam von ihrer Mutter.

„Er ist doch tatsächlich so dreist und hat mit mir per WhatsApp Schluss gemacht. Einfach so, nach fünf Jahren! Nur weil ich mich nicht auf seine Anrufe und Nachrichten hin gemeldet habe. Obwohl er schuld an dieser Misere ist! Und dann behauptet er doch auch noch dreist, dass er nicht in die Wohnung kommt. Nicht, dass ich das wollte, aber er hat ja seinen Haustürschlüssel, den ich blöde Kuh ihm auch noch hinterher geschmissen habe.

Ich verstehe das nicht! Er schreibt, ich hätte mein Schloss an der Wohnungstür ausgetauscht. Wahrscheinlich ist er nur zu blöd, die Tür aufzuschließen oder …“

„Äh … das kann ich dir wohl erklären“, warf Kurt kleinlaut ein. „Ich habe dir doch gesagt, bevor wir abgefahren sind, dass ich mich um die Tür kümmere. Weil du Angst hattest, dass er dir die Bude ausräumt, während du nicht da bist.“

„Ja, schon, aber …“

„Nix aber. Ich habe mich, als guter Vater, natürlich für das Wohl meiner Tochter eingesetzt und ein Steckschloss in die Tür eingebaut, damit niemand reinkommt. War die einfachste und günstigste Lösung und hundertprozentig einbruchsicher. Mach ich zu Hause auch immer, wenn wir für länger wegfahren. Drum habe ich immer ein oder zwei in der Werkzeugtasche im Auto.“

„Das erklärt natürlich alles. Papa, das hättest du mir auch sagen können! Dann wäre ich auf seine Vorwürfe vorbereitet gewesen. Danke aber trotzdem.

Geschieht ihm recht, diesem Blödmann! Ich ärgere mich nur, dass ich diesem Idioten überhaupt eine Träne nachgeweint habe. Bezeichnet mich als spießig. Ich glaube allmählich, die ganzen fünf Jahre unserer sogenannten Beziehung waren eine Lüge.

Jetzt kann er erst recht warten, bis er seinen Laptop wiederbekommt. Vielleicht schicke ich ihm den dann mit der Post, wenn ich zu Hause bin, nachdem ich, nur aus Versehen natürlich, ein Glas Wasser über der Tastatur ausgeschüttet habe“, brach es aus Maren raus. „Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben. Oder einem anderen Exemplar dieser Gattung!“

„Das klingt aber sehr verbittert“, wiedersprach ihre Mutter. „Du wirst schon sehen, irgendwann wirst du deiner besseren Hälfte gegenüber stehen. Das Glück wartet hinter jeder Ecke.“

„Genau, Mucki. Auf jeden Topf passt ein Deckel. War wohl noch nicht der richtige Deckel für dich dabei“, versuchte Papa Förster, Maren zu trösten.

„Wohl nicht! Was ich damit sagen wollte, ist eigentlich, dass ich das Vergangene hinter mich lassen und in die Zukunft sehen will. Ich werde mich jetzt auf mich konzentrieren und in meinem Job Karriere machen. Die Suche nach ‚Mister Rightüberlasse ich anderen Träumerinnen.“

„So kenne ich mein Mädchen.“ Kurt strahlte seine Tochter an. „Lass dich von nichts und niemandem unterkriegen. Alles andere kommt von allein. Wirst schon sehen.

Nun, wo dein Kampfgeist wieder erwacht ist, solltest du dich stärken. Dann gehen wir zur Werkstatt und schauen mal, was der Sachverständige sagt und wie lange die Reparatur dauert.“

„Reparatur? Papa, du weißt schon, dass der Kofferraum platt ist?“

Marens Vater schaute sie spitzbübisch an. „Kind, das habe ich dir doch schon gestern gesagt. Es ist nur ein Kratzer, der in Nullkommanichts behoben sein wird.“

Auf sein geliebtes Auto ließ Kurt Förster nichts kommen. Komme, was da wolle.

„Na, dein Wort in Gottes Ohr. Ich bewundere deinen Optimismus, Papa!“

„Man darf sich nicht unterkriegen lassen und den Mut verlieren. Denn wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, darf man niemals den Kopf hängen lassen!“

„Auch wieder wahr!“

Da sich Maren ihren Frust der letzten Nacht von der Seele geredet hatte, ging es ihr schon viel besser. Sie merkte, wie leicht es ihr auf einmal ums Herz war.

Eigentlich hatte Thomas mit seiner Nachricht Maren einen Gefallen getan. Sie hatte den Verlust ihrer gemeinsamen Beziehung überwunden und merkte, wie frei sie auf einmal war. Als wäre eine zu feste Korsage geöffnet worden und sie konnte wieder tief und unbeschwert atmen.

Thomas! Wer ist das überhaupt?, dachte Maren und biss beherzt in ihr Marmeladenbrötchen.

Ein Nussknacker zum verlieben

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