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Wie alles begann

Als ich acht oder neun Jahre alt war, las ich Otfried Preußlers Die kleine Hexe und tauchte in die Welt von Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf ein – die wahre Heldin meiner Kindheit. Wie gerne wäre ich wie sie gewesen – mutig und ein wenig verrückt, so ganz ohne Konventionen. Doch leider glich ich als Mädchen eher der kleinen und unscheinbaren Annika, schüchtern und zurückhaltend. Zur Heldin wurde ich tatsächlich nur, wenn ich zu meinem Füllfederhalter griff und mit meiner ordentlichsten Drittklässlerschrift meine Helden auf Papier zum Leben erweckte. Tina und das Mädchen vom Zirkus hieß mein erstes Buch, das heute längst verschollen ist und tatsächlich nie den Sprung aus dem alten Schreibheft in die Welt der Kinderliteratur gemacht hat.

In meinen Geschichten konnte ich wie Pippi sein, die Normalität hinter mir lassen, in eine andere Haut schlüpfen. Damals machte sich ein Traum in mir breit, den ich viele Jahre lang geheim in meinem Herzen trug: Ich wollte eines Tages ein Buch in Händen halten, auf dessen Buchdeckel mein Name stand. Ja, ich wollte Schriftstellerin werden. Ja, das war mein sehnlichster Wunsch! Nicht Lehrerin, nicht Tierärztin – nein, ganz einfach Schriftstellerin.

Vielleicht war deshalb nicht umsonst meine Lieblingsserie in diesen Jahren Die Waltons, hatte doch einer der Walton-Söhne die gleiche verrückte Idee, und das Mitte der 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts, als die für einen jungen Mann vom Lande fast noch unmöglicher war als zu meiner Jungmädchenzeit.

Mit zwölf Jahren las ich Enid Blytons Hanni und Nanni und war das erste Mal so richtig verliebt. In den Leadsänger einer Band. Gleichzeitig schrieb ich mein zweites Buch – dieses Mal auf der alten, bereits in die Jahre gekommenen Schreibmaschine meiner Mutter, die immer den Buchstaben e ein wenig höher setzte als alle anderen. Natürlich spielte mein Bühnenheld in diesem Buch eine ganz wichtige Rolle, wieder träumte ich mich mithilfe des Schreibens in ein anderes Leben. Fanfiction nennt man dieses literarische Genre wohl heute.

Nun, auch aus der Veröffentlichung dieses Buches wurde natürlich nichts. Wir schrieben die 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts – damals wäre wohl kein Kind auf die Idee gekommen, dass eines seiner Bücher je in einer Buchhandlung zu kaufen sein würde.

Mit 17 las ich – mit dem ihm gebührenden Respekt – Hermann Hesses Werke, ja, verschlang sie fast und wagte bald kaum mehr, mich selbst in dieser Welt der Schreibenden zu sehen. Wer je Siddhartha, Demian, Unterm Rad und nicht zuletzt natürlich Narziß und Goldmund gelesen hat, der weiß, warum mir mein eigenes Schreiben in dieser Zeit doch eher stümperhaft vorkam.

Doch mein Traum blieb – ich wollte eines Tages ein eigenes Buch veröffentlichen. Erst mit Michael Endes Werk Die unendliche Geschichte, einem Buch, das mich zutiefst bewegte durch die unendlich schönen Bilder, die Ende in meinem Kopf malte, keimte ein kleines Fünkchen Hoffnung in mir auf. Ein Autor, der eine solche Geschichte zu Papier bringen konnte, so voller Leben und sprühend vor Fantasie – nun wusste ich, dass ich meinen Traum niemals würde begraben können.

Allerdings sollte es noch mehr als zwei Jahrzehnte dauern, bis ich tatsächlich das erste gedruckte Buch mit meinem Namen in Händen halten konnte. Einen Krimi – der natürlich, literarisch betrachtet, weit, weit entfernt von der literarischen Genialität meiner Vorbilder ist.

Aber das machte nichts, denn für mich war es damals ein erhabenes Gefühl, meine eigenen Gedanken und Emotionen auf Papier lesen zu können. Reich bin ich mit meinem ersten Buch nicht geworden ... und berühmt auch nicht. Aber all das war und ist bis heute vollkommen unwichtig. Wichtig war einzig und allein, dieses Buch berühren und es ins Regal stellen zu können.

Seit 13 Jahren sitze ich nun – bildlich gesprochen – quasi nicht mehr vor, sondern hinter dem Schreibtisch und begutachte die Manuskripte vieler anderer junger, hoffnungsfroher Talente. Manch einer mag genau den gleichen innigen Wunsch spüren wie ich als junges Mädchen ... und darf sich heute sogar Hoffnung machen, dass sein/ihr Buch veröffentlicht wird und den Weg in den Buchhandel findet – sofern sein/ihr Manuskript die Hürde der Lektorenschreibtische überwinden kann.

Aber heute gibt es, im Gegensatz zu der Zeit vor 40 Jahren, tatsächlich Verlage, die junge Talente unterstützen und nicht gleich den Kopf schütteln und abwinken, wenn ein junger Mann oder eine junge Frau ein gutes Manuskript vorlegt. Das hat aber nicht nur mit einer anderen Aufgeschlossenheit der Verlage gegenüber jungen Talenten zu tun, sondern natürlich vor allen Dingen mit den modernen Produktionsabläufen von Büchern – der Digitaldruck ermöglicht es, eben auch ganz kleine Stückzahlen eines Titels zu drucken – und das E-Book unterstützt die Veröffentlichung von Werken junger Autorinnen und Autoren natürlich umso intensiver.

Mein Mann Thorsten Meier und ich geben seit mehr als 13 Jahren mit Papierfresserchens MTM-Verlag genau diesen jungen Autorinnen und Autoren ein Zuhause. Jung bezieht sich dabei allerdings nicht unbedingt auf das Alter – unsere älteste junge Autorin war bei ihrer Erstveröffentlichung bereits 92 Jahre alt. Wenn nicht jetzt, wann dann, waren ihre Worte, mit denen sie ihren Brief, in dem sie ihr Buch unserem Papierfresserchen vorstellte, enden ließ.

Natürlich ist Papierfresserchens MTM-Verlag nicht der einzige Verlag im deutschsprachigen Raum, der heute junge Autorinnen und Autoren ernst nimmt. Aber das Papierfresserchen, das 2004 nebenberuflich als Lese- und Schreibprojekt startete und 2007 zum Verlag wurde, wurde bereits 2009 von der deutschen Wirtschaft und der Bundesregierung für seine Arbeit mit jungen Autoren ausgezeichnet. Noch heute hängt die Urkunde, auf die wir mächtig stolz sind, im Eingangsbereich unseres Büros in Langenargen.

Vieles von dem, was Sie an Hinweisen in diesem Buch finden, stammt aus der langjährigen Verlagsarbeit. Deshalb werden Ihnen auch einige praktische Hilfen aus unserem tatsächlichen Verlags-alltag begegnen. Zudem liegt den Tipps und Informationen rund um das Thema Presse- und Öffentlichkeitsarbeit meine mehr als 30-jährige journalistische Erfahrung zugrunde.

Ich beanspruche mit diesem Buch natürlich nicht das Attribut, dass auf den folgenden rund 100 Seiten vollständig sämtliche Möglichkeiten, erfolgreich ein Buch zu veröffentlichen, aufgeführt sind. Und sicherlich wird es Kritiker geben, die das ein oder andere anders sehen als ich. Trotzdem hoffe ich, dass Sie dieses Buch für Ihre eigene Arbeit inspiriert und Ihnen eine wertvolle Hilfe ist, wenn es darum geht, Ihren Traum vom eigenen Buch zu verwirklichen.

Das Buch richtet sich dabei tatsächlich in erster Linie an Menschen, die ihre ersten Schritte in die Literaturwelt wagen, deshalb werden hier auch immer wieder Punkte aufgegriffen, die für alte Literaturhasen sicherlich längst selbstverständlich sind. Aber gerade die Neulinge sind es, mit denen wir seit mehr als 13 Jahren überwiegend zu tun haben. Ihnen ein paar Zeilen mit auf den Weg zu geben, war Motivation, dieses Buch zu schreiben.

Diesen jungen Autorinnen und Autoren wünsche ich die Kraft, ihren nicht immer ganz einfachen literarischen Weg zu gehen. Sie werden viel Arbeit in ihr Projekt stecken müssen, werden vielen Neidern und Besserwissern begegnen. Leuten, die alles können, alles wissen, alles schlecht finden, alles kritisieren.

Mein wichtigster Rat an Sie ist: Glauben Sie an sich, was auch immer sich Ihnen in den Weg stellt.

In diesem Sinn wünsche ich allen Leserinnen und Lesern dieses Buches viel kreative Energie, wundervolle Gedanken – egal, wie steinig der Weg auch sein wird. Denn es gibt für alle Schreibenden kaum ein schöneres Gefühl, als sein Werk in Händen halten zu können.

Martina Meier

im Januar 2020

Wie man ein verdammt gutes Buch veröffentlicht!

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