Читать книгу Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 4 - Martina Meier - Страница 9

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Fynns Reise ins Weihnachtsland

Niemals hätte Fynn sich träumen lassen, einem sprechenden Elch zu begegnen. Noch dazu einem Elch, der einen rot-weiß gestreiften Schal um den Hals trug und einen dicken Kugelbauch vor sich herschob. Schließlich begann diese Geschichte ganz unscheinbar. Nichts deutete darauf hin, dass in ihr etwas Ungewöhnliches geschehen würde. Doch dann kam alles ganz anders!

Fynn stand vor dem Postkasten am Ende der Straße. Seine kleine Schwester hatte ihn gebeten, einen ganz wichtigen Brief einzuwerfen. Fynn sah sich den Brief an und rollte mit den Augen. Marlene hatte bunte Weihnachtsbäume auf den Umschlag gemalt. Mit krakeligen Kindergarten-Buchstaben hatte sie darauf geschrieben: „An den Weihnachtsmann“.

„Typisch, Kindergartenkind!“, dachte Fynn. Er selbst glaubte schon seit zwei Jahren nicht mehr an den Weihnachtsmann. Fynn drehte sich vorsichtig nach allen Seiten um. „Hoffentlich sieht niemand, wie ich diesen kindischen Weihnachtsbrief einwerfe“, murmelte er vor sich hin, während er die Klappe am Briefschlitz nach hinten schob.

Doch gerade als Fynn den Umschlag durch den Schlitz steckte, geschah etwas Merkwürdiges. Irgendetwas zog und zerrte am anderen Ende des Briefes! Gleichzeitig klebten Fynns Handschuhe an dem Briefumschlag wie ein Magnet an einem Stück Metall. Fynn kam sich vor wie eine Spielzeugfigur, die von einem riesigen Staubsauger eingesogen und verschluckt wurde. Zuerst drehte sich alles, wie in einem Karussell. Dann glaubte er, durch einen langen Tunnel zu fliegen, mit Wänden aus buntem Zuckerguss. Schließlich rutschte er wie auf der großen Wasserrutsche im Hallenbad und landete mit dem Hosenboden auf einem Schneehaufen.

Fynn sah sich verdutzt um. Neben ihm wuchsen hohe Tannen aus dem schneebedeckten Boden. Zwischen den Bäumen versteckt lag eine kleine Holzhütte. Mit ihrem windschiefen Dach, das mit Ziegeln aus Lebkuchen bedeckt war, duckte sie sich unter die Zweige. Rauch stieg aus dem Schornstein auf und hinter den vereisten Fensterscheiben flackerte das warme Licht eines Kaminfeuers.

Fynn rieb sich ungläubig die Augen und betrachtete das Holzschild über der Tür. „Weihnachtspostamt“ war darauf zu lesen. Fynn war sich sicher: Das musste ein ganz merkwürdiger Traum sein!

„Alles klar, Kumpel?“, fragte eine Stimme hinter ihm.

Erschrocken drehte Fynn sich um. Seine Augen wurden beinahe so groß wie Fußbälle, so sehr staunte Fynn. Hinter ihm stand ein Elch, der redete! Ein Elch mit einem rot-weiß gestreiften Schal und einem dicken Kugelbauch!

„Noch nie ʼnen Elch gesehen, was, Kumpel?“

„Zumindest keinen, der spricht“, antwortete Fynn verdutzt.

„Und jetzt denkst du sicher, dass du träumst, oder?“

Fynn zuckte mit den Schultern und sagte: „Was soll es denn sonst sein, außer einem Traum?“

„Wenn du das schon für einen Traum hältst, dann werden dir hier noch vor Staunen die Augen aus dem Kopf fallen.“ Jetzt wurde Fynn neugierig. Als der Elch das bemerkte, grinste er Fynn mit seinen gelben Zähnen an und sagte: „Dann komm mal mit, Kumpel. Ich zeig dir, wo du hier gelandet bist.“

Der Elch trottete am Weihnachtspostamt vorbei auf einen schmalen Weg, der sich durch den Wald schlängelte. Glühwürmchen schwirrten in der Luft und erleuchteten die verschneite Nacht wie kleine fliegende Straßenlaternen. Am Wegrand stand eine lange rot-weiß gekringelte Zuckerstange mit einem Wegweiser daran. „Zu den heißen Quellen“ war darauf geschrieben. Fynn hatte in der Schule davon gehört, dass es in Island Löcher in der Erde gab, aus denen heißer Dampf aufstieg. War es möglich, dass er in seinem Traum in Island gelandet war?

„Ich führe dich zu den heißen Quellen in der Süßen Ebene“, erklärte der Elch. „Reisende brauchen schließlich Stärkung.“

Fynn und der Elch stapften durch den tief verschneiten Winterwald, bis sie auf eine weite Ebene stießen.

Fynn sah sich staunend um. Der Schnee leuchtete in den buntesten Farben.

„Greif ruhig zu“, sagte der Elch und deutete auf den bunten Schnee. „Magst du lieber Pistazien- oder Erdbeereis?“

„Du meinst, das hier ist Eis? Zum Essen?“, fragte Fynn.

„Ich weiß nicht, was man in deiner Welt sonst mit Speiseeis macht“, grinste der Elch. „Übrigens, wenn du Durst hast, kannst du hier drüben aus den heißen Quellen trinken.“

In einem schokoladenbraunen See sprudelte und blubberte heißer Kakao. Nach kurzem Zögern schleckte Fynn nach Herzenslust von dem köstlichen Eis und trank aus den heißen Quellen den besten Kakao, den er je probiert hatte!

„Wir müssen weiter, Kumpel“, sagte der Elch. „Das Tollste wartet nämlich noch auf uns.“

Fynn konnte es kaum erwarten, was der Elch ihm noch zeigen wollte. Die beiden kletterten einen Hang hinauf. Oben angekommen glitzerte ein zugefrorener See im Mondschein.

Der Elch hielt sich einen Huf vor den Mund und flüsterte: „Du musst hier ganz leise sein, dann kannst du ein wunderschönes Schauspiel genießen.“

Mucksmäuschenstill blieb Fynn stehen und spitzte die Ohren. Plötzlich entdeckte er winzige Elfen, die auf dem Eis tanzten. Mit ihren silbrig glänzenden Flügeln zogen sie Wolken aus funkelndem Elfenstaub hinter sich her.

„Komm weiter, Kumpel. Wir haben nur noch ein kleines Wegstück vor uns, bis wir am Ziel sind.“

„An welchem Ziel?“, fragte Fynn erstaunt.

„Warte es ab“, grinste der Elch vergnügt.

Es dauerte nicht lange, bis Fynn und der Elch zu einer Anhöhe kamen. Unter ihnen erstreckte sich ein weites Tal. In jedem Winkel glitzerte und leuchtete es. Am Fuß eines Hügels standen mehrere Hütten, aus deren Schornsteinen Rauch aufstieg. In der Mitte des kleinen Dorfes sah Fynn ein Schloss, dessen Wände, Dächer und Fenster glänzten, als wären sie aus Eis.

„Wir sind am Ziel, Kumpel.“ Der Elch legte Fynn einen Huf um die Schultern. „Vor uns liegt das wunderbare und zauberhafte Weihnachtstal! Hier wohnt der Weihnachtsmann!“

„Du willst mich auf den Arm nehmen.“ Fynn runzelte die Stirn.

„Glaub es oder lass es bleiben. Aber so ist es. In dem Eispalast wohnt er und in den Hütten arbeiten die Weihnachtselfen.“ Der Elch betrat einen Weg, der sich hinunter ins Tal wand.

„Merkwürdiger Traum“, murmelte Fynn und folgte dem Elch.

Vor der Eingangstür des Eispalastes blieb der Elch stehen und klopfte an. Wie von selbst öffnete sich das glitzernde Tor. In einer riesigen Halle aus Eis und Glas stand ein kleiner Mann in einem rot-weißen Mantel, der einen dicken Kugelbauch vor sich herschob.

„Herzlich willkommen im Weihnachtstal, lieber Fynn“, sagte der Mann und legte einen Arm um Fynns Schulter. „Du hast also eines der magischen Tore gefunden, das in unser zauberhaftes Weihnachtsland führt? Du hättest wohl nie gedacht, dass wir beide uns mal begegnen, oder?“

Fynn starrte auf den Mann mit den roten Pausbacken und dem Rauschebart. „Bist du wirklich der Weihnachtsmann?“, fragte Fynn ungläubig.

Der rundliche Mann nickte vergnügt: „Ich weiß, dass du schon lange nicht mehr an mich glaubst. So, wie die meisten Menschen. Das ändert aber nichts daran, dass es mich und diesen wunderbaren Ort gibt, an dem Träume Wirklichkeit werden.“

Fynn sah sich neugierig im Eispalast um, ihm kam alles so unwirklich vor.

„Da fällt mir ein ...“, sagte Fynn. „Ich habe einen Brief für dich.“ Fynn kramte in seiner Jackentasche und zog den Umschlag heraus, den seine kleine Schwester ihm gegeben hatte.

„Vielen Dank, Fynn. Ich würde mich aber auch freuen, wenn du mir in Zukunft wieder schreiben würdest“, sagte der Weihnachtsmann.

Verlegen sah Fynn auf den Boden. „Das mache ich ganz bestimmt!“

Der Weihnachtsmann führte Fynn nach draußen.

„Es wird Zeit, Abschied zu nehmen. Der Elch mit dem rot-weiß gestreiften Schal bringt dich nach Hause. Vielleicht sehen wir uns mal wieder und ansonsten kannst du mir jederzeit schreiben.“ Der Weihnachtsmann lächelte Fynn an und Fynn lächelte zurück.

„Dann los, Kumpel. Steig auf!“, rief der Elch und nahm Anlauf. Mit einem lauten „Juhuu!“ hob er vom Boden ab und flog mit Fynn über das Weihnachtsland.

Pünktlich klingelte der Wecker. Fynn gähnte: „Was für ein Traum!“ Dann ging er ins Badezimmer. Vor dem Spiegel blieb er wie angewurzelt stehen. Er hatte einen rot-weiß gestreiften Schal um den Hals gewickelt! An dem Schal hing eine Geschenkkarte: „Eine kleine Erinnerung an deine Reise ins Weihnachtsland. Bis bald, Kumpel!“

Patrick Grasser wurde 1981 in Nürnberg geboren. Er studierte Religionspädagogik und kirchliche Bildungsarbeit. Seit seinem Studienabschluss arbeitet er als Religionslehrer an Grund-, Mittel- und Förderschulen. Nebenbei veröffentlicht er Materialien und Fachbücher für den Religionsunterricht. In seiner Freizeit schreibt er Geschichten und Erzählungen für Kinder und Jugendliche. Er ist Mitglied im Bundesverband junger Autoren und Autorinnen e.V. und im Montségur Autorenforum. Patrick Grasser lebt mit seiner Frau in Nürnberg.

Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 4

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