Читать книгу Alzheimer - vorbeugen und behandeln - Mary T. Newport - Страница 15
ОглавлениеKAPITEL 6
Mein Ziel: Die vielversprechende Entdeckung bekannt machen!
Sobald es offenkundig wurde, dass Steve auf die Einnahme des Kokosöls so stark positiv reagiert hatte, machte ich es mir zur Aufgabe, diese Information möglichst vielen Menschen zugänglich machen. Mein wichtigstes Ziel war, Menschen und Gruppen, die im Fokus der Öffentlichkeit stehen, für diesen neuen Weg zu gewinnen. Ich wollte werben für die Unterstützung der Ketonforschung, für den Einsatz der Ketone als alternative Energiequelle bei bestimmten neurodegenerativen Krankheiten sowie für die Finanzierung von Dr. Veechs Ketonesterproduktion. Mein zweitwichtigstes Anliegen war, für die Erforschung der mittelkettigen Fettsäuren zu sensibilisieren und darauf aufmerksam zu machen, dass diese in der Leber zu Ketonen umgewandelt werden und so lange als alternative Energiequelle dienen können (wenn auch eher in begrenzter Menge), bis die synthetischen Ketonester einmal in größerem Umfang zur Verfügung stehen.
Ich glaubte, wenn ich diese Botschaft nur den richtigen Leuten vermitteln würde, dann würde sie im großen Stil ihren Weg in die Öffentlichkeit finden. Doch wer waren die „richtigen“ Leute?
Meine Schwester schlug vor, ich solle mich mit einem Schreiben an Sandra Day O’Connor, pensionierte Richterin des Obersten Gerichtshofs, wenden, deren Mann an Alzheimer erkrankt und die auch Mitglied der Alzheimer-Studiengruppe (ASG) war. (Dies ist ein 2007 von der amerikanischen Regierung ins Leben gerufener Arbeitskreis, der sich um die beschleunigte Entwicklung neuer Medikamente und um Möglichkeiten kümmert, betroffenen Familien mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.)
Ich griff den Vorschlag auf und schrieb der ehemaligen Richterin von Steves Krankheit, von den konventionellen Möglichkeiten, die wir in Anspruch genommen hatten, und von meiner Entdeckung, dass Ketone Abhilfe schaffen könnten. Ich berichtete über die Patentanmeldung, über das MCT-Öl und über das Kokosöl, das bei Steve eine so großartige Besserung bewirkt habe, und gab der Hoffnung Ausdruck, dass sich entsprechende Fachleute schnell mit der Thematik befassen und dafür sorgen sollten, dass die Öffentlichkeit über die Ergebnisse informiert werde.
Während ich auf Antwort wartete, stellte ich eine Liste weiterer Adressaten zusammen, denen ich ähnliche Briefe schickte oder mailte. Dazu gehörten Gesundheitsorganisationen, Senatoren wie Hillary Clinton, Medienpersönlichkeiten wie Oprah Winfrey und Mehmet Oz, Fernsehsender und und diverse Printmedien.
Dies war erst der Anfang einer Kampagne, mit der ich meine Botschaft verbreitete, und viele weitere Anläufe sollten noch folgen. Es war mir völlig klar, dass es sich bei unseren Erfahrungen nur um ein einziges Fallbeispiel handelte: Die Frau eines von Alzheimer betroffenen Mannes glaubte, er reagiere positiv auf Kokosöl … Warum sollte mir das irgendjemand abnehmen? Es war zu erwarten, dass meine Adressaten skeptisch reagierten. Ich legte immer Wert darauf, die Accera-Studien zu erwähnen, und betonte, dass mein Fallbeispiel lediglich eine weitere Bestätigung ihrer Ergebnisse sei. Ich wies auch nachdrücklich darauf hin, dass die entsprechende Substanz frei verkäuflich sei, dass diese Information sofort weithin bekannt gemacht werden könne und dass die Betroffenen nicht erst auf ein zu irgendeinem fernen Zeitpunkt zur Verfügung stehendes verschreibungspflichtiges Medikament warten müssten.
Ich dachte, der eine oder andere der Adressaten würde sich schließlich bei mir melden und mehr Informationen haben wollen, doch zu meiner Überraschung und Enttäuschung gab es keinerlei Reaktion. Aber deswegen gab ich noch lange nicht auf. Wenn es über die Medien nicht funktionierte, meine „Mission“ zum Erfolg zu führen, dann musste ich es eben an der „Basis“ versuchen.
Einen Monat, nachdem Steve zum ersten Mal Kokosöl in sein Frühstück bekommen hatte, besuchten wir (nach einem Jahr Pause) wieder einmal unsere Familien. Es dauerte nicht lange, bis mein Vater, seine Frau, meine Schwestern und Steves Geschwister bemerkten, dass es ihm viel besser ging als beim letzten Besuch. Damals schien er orientierungslos, konnte sich an die Namen vieler Familienmitglieder nicht erinnern, hatte seinen Sinn für Humor verloren und seine Beiträge zu Unterhaltungen ergaben keinen Sinn. Doch diesmal begrüßte er Nichten und Schwäger mit Namen, lachte, beteiligte sich an Gesprächen und gab sogar einige seiner eigenen Witze zum Besten. Steve erlaubte mir, seine diversen Uhrenzeichnungen zu zeigen; alle waren einhellig der Meinung, dass es ihm deutlich besser gehe als im Jahr zuvor und dass ich da wohl einer großen Sache auf der Spur sei. Bei diesem Besuch konnte ich somit einige vom Wert des Kokosöls überzeugen.
Die Reaktionen unserer Familienangehörigen, die bewiesen, dass ich mir Steves Besserung nicht nur eingebildet hatte, bestärkten mich darin, meine Anstrengungen zu steigern, damit andere Betroffene ebenfalls davon profitieren konnten. Ende Juli 2008 fand in Chicago ein internationaler Alzheimer-Kongress statt, eine gute Gelegenheit, Ärzte und Forscher zu treffen und ihnen die potenziellen Vorteile der Ketone nahezubringen. Ich schrieb einen Artikel und wählte als Titel den Satz, der mir ständig im Kopf herumging: „Was wäre, wenn Alzheimer geheilt werden könnte – und keiner wüsste davon?“ Diesen Artikel wollte ich in hoher Stückzahl mitnehmen und unter den Teilnehmern verteilen. Als Ärztin wusste ich natürlich, dass es vermessen ist, die „Heilung“ einer Krankheit anzukündigen, und dass ich auf große Skepsis stoßen würde – aber ich bin wirklich fest davon überzeugt, dass Ketonester die Krankheit im frühesten Stadium rückgängig machen und sogar in fortgeschritteneren Stadien Besserung bewirken kann.
Ketonspiegel und Kokosöl
Zwei Wochen vor dem Kongress kam Dr. Veech mit der Idee auf mich zu, Steves Ketonspiegel vor und nach der Einnahme des Kokosöls zu bestimmen. (Konkret ging es dabei um Beta-Hydroxybutyrat und Acetoacetat, die beiden Ketonarten, die in die Energie für die Zellen umgewandelt werden.). Meine Aufgabe war es, in entsprechenden Abständen Proben zu entnehmen; das geschah am 11. Juli. Die Ergebnisse, die wir von Dr. Veech erhielten, zeigten, dass Steves Acetoacetatspiegel höher war als der Beta-Hydroxybutyrat-Spiegel (vgl. Abbildung 4).
Dr. Veech war besorgt über die niedrigen Ketonspiegel – allerdings abgesehen davon, dass sie nach dem Abendessen 3 Stunden anstiegen, dann aber ihren höchsten Wert noch nicht erreicht hatten, sodass wir nicht wussten, wie weit sie wohl noch stiegen, bevor sie wieder abfielen. Er war auch besorgt darüber, dass der Acetoacetat-Spiegel höher war als der Beta-Hydroxybutyrat-Spiegel. In den Accera-Studien wurde nur letzterer genannt. Er vermutete, dass durch Steves Aktivitäten tagsüber ein Teil der Ketone verbraucht wurde. Am Abend, wenn er eher inaktiv war, verbrauchten die anderen Gewebe wahrscheinlich weniger Ketone, sodass während der Nachtruhe, der Zeit, die man als Regenerations- und Reparaturphase des Körpers kennt, mehr für das Gehirn zur Verfügung stand.
Vor dieser kleinen Studie hatte Steve nur zum Frühstück und zum Abendessen eine bestimmte Dosis Kokosöl bekommen. Es war nun offensichtlich, dass er sie auch mittags bekommen sollte.
Ketonspiegel und mittelkettiges Triglyceridöl
Zwei Wochen später schlug Dr. Veech vor, den Ketonspiegel noch einmal zu bestimmen, diesmal aber nach Einnahme von MCT-Öl. Gleichzeitig sollte er zum Vergleich bei einer zweiten Person bestimmt werden. Es fügte sich, dass einer meiner Mitarbeiter, der an Diabetes vom Typ 2 litt, seinen Vater durch vaskuläre Demenz verloren hatte und sich um seine eigene Gesundheit Sorgen machte, mit der Einnahme von MCT-Öl begonnen hatte, als ich ihm erzählte, wie gut Steve auf Kokosöl ansprach. Er erklärte sich bereit, an der Bestimmung teilzunehmen. Diesmal war Steves Beta-Hydroxybutyrat-Spiegel höher als der von Acetoacetat.
Abbildung 4: Bestimmung von Glukose, Acetoacetat (AcAc) und Beta-Hydroxybutyrat (bHB) in bestimmten Intervallen bis zu 3 Stunden nach Aufnahme des Kokosöls. Der Ketonspiegel war relativ gering, jedoch in den etwa 3 Stunden nach der Frühstücksdosis am höchsten und vor der abendlichen Dosis fast wie zu Beginn der Bestimmung. Der Spiegel stieg dann noch an und war 3 Stunden nach der Abenddosis erheblich höher. (Abdruck der Grafik mit freundlicher Genehmigung von Dr. Richard L. Veech, NIH.)
Ein Vergleich der beiden kleinen Studien zeigte, dass der Ketonspiegel nach Kokosöl niedriger war und seinen höchsten Wert später erreichte als derjenige nach Einnahme des MCT-Öls, dass er jedoch wesentlich länger anhielt als bei MCT-Öl. Der MCT-Öl-Spiegel war höher und erreichte seinen höchsten Wert bei Steve nach etwa 90 Minuten, war jedoch nach 3 Stunden auf ein Minimum abgesunken. Auch der Spiegel von Beta-Hydroxybutyrat war nach Einnahme von MCT-Öl höher als der von Acetoacetat, wohingegen nach der Einnahme von Kokosöl das Gegenteil galt. Dass mein Mitarbeiter zur Zeit der Studie eine Diät machte und wöchentlich erheblich an Gewicht verlor, mag erklären, warum sein Ketonspiegel bereits vor der Einnahme von MCT-Öl zum Frühstück erhöht war.
Dr. Veech riet mir dringend, Steve MCT-Öl zu geben und die Menge so lange immer ein wenig zu erhöhen, bis er sich übergab oder Durchfall bekam. Und mit seiner Einwilligung machten wir das so. Wir behielten auch das Kokosöl bei, denn da er anfangs so gut darauf angesprochen hatte, enthielt es möglicherweise etwas, was in dem stärker raffinierten MCT-Öl nicht vorhanden war.
Ich begann mit einer Mischung aus Kokosöl und MCT-Öl zu experimentieren und erhöhte die Menge des MCT-Öls allmählich, bis Steves Toleranzschwelle erreicht war. Dann reduzierte ich es geringfügig. Meine Überlegung war, dass er so den Vorteil des höheren Spiegels aus dem MCT-Öl und den Vorteil der längeren Erhaltung des Spiegels aus dem Kokosöl ziehen würde, sodass sein Gehirn rund um die Uhr mit Ketonen versorgt wäre. Ist das notwendig? Nimmt das Gehirn sie auf und speichert sie dann oder werden sie aufgenommen, sofort verarbeitet und gleich verbraucht? Das weiß man noch nicht. Bis heute mische und dosiere ich die Öle für Steve dreimal täglich in der Annahme, dass es klug ist, wenn man versucht, einen konstanten Blutketonspiegel aufrechtzuerhalten.
Nachdem wir Steves Toleranzgrenze gefunden hatten, blieben wir bei einer Dosis von 4 Teelöffeln (20 ml) MCT-Öl und 3 Teelöffeln (15 ml) Kokosöl (zusammen also 7 Teelöffel oder 35 ml). Viele Monate lang vertrug er keine Erhöhung des MCT-Öls, doch nach einem Jahr kam er mit einer Steigerung auf insgesamt 8 Teelöffel (40 ml) und einige Monate später auf 9 Teelöffel (45 ml) zurecht. Im Jahre 2011 war das unsere Standarddosis, dreimal täglich zu den Mahlzeiten.
Zwei Tage ohne die gewohnte Menge Kokosöl
Bei zwei Gelegenheiten bekam Steve seine morgendliche Dosis Kokosöl nicht. Bei der ersten musste er nüchtern zur Blutabnahme kommen und es gab im Labor so viel zu tun, dass es schon fast Mittag war, bevor er etwas zu essen bekam. Wir beschlossen, in ein Restaurant zu gehen, und als das Essen kam, war er sehr zittrig und hatte erhebliche Schwierigkeiten mit dem Besteck. Für mich war es ziemlich bald klar, dass sein Rückfall dem fehlenden Kokosöl geschuldet war, und ich gab ihm eine der vorbereiteten Dosen, die ich in kleinen Flaschen bei mir hatte. Nach 20 bis 30 Minuten lächelte Steve wieder und der Tremor verschwand.
Das nächste Mal kam es dazu, als wir im Oktober 2008 in Kalifornien Urlaub machten, wo ein Zeitunterschied von 3 Stunden gegenüber Florida besteht. Als wir zum Frühstück ins Restaurant gingen, war es nach unserer gewohnten Zeit schon fast Mittag. Auch hier zeigten sich wieder die Symptome, die er beim ersten Mal gehabt hatte, und wie beim ersten Mal verschwanden sie 20 bis 30 Minuten nach der Einnahme des Kokosöls. Er sagte, während dieses Zustands fühle er sich sehr beengt und könne das Essen nicht schmecken.
Im sehr frühen Stadium der Alzheimerkrankheit ist der Geruchssinn oft beeinträchtigt und manche Ärzte testen im Rahmen der Diagnostik Allerweltsgerüche, die jeder erkennen sollte. Vielleicht, so schien es mir, verlieren Alzheimerpatienten das Interesse am Essen, weil sie nicht nur Schwierigkeiten haben, es zu riechen, sondern weil sie es auch nicht mehr schmecken können, da die Nerven, die die Geschmacksknospen versorgen, nicht mehr funktionieren. Vielleicht bleiben ja die Nerven, die mit Hunger und Sättigung zu tun haben, ebenfalls auf der Strecke?
Zum internationalen Alzheimer-Kongress wurden Tausende Forscher und Ärzte aus aller Welt erwartet. Dies war nicht nur die perfekte Gelegenheit, eine riesige Menge von Menschen mit Informationen über Ketone und mittelkettige Fettsäuren zu versorgen, sondern auch eine Chance, so viel wie möglich über die Krankheit und den Stand der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten, die sich abzuzeichnen schienen, zu erfahren.
Auf medizinischen Kongressen gibt es in der Regel einen Ausstellungssaal, in dem Pharmafirmen, Hersteller und Beschaffungsunternehmen von Zubehör, Krankenhausvertreter, die Personal anwerben wollen, und medizinische Fachbuchverlage vertreten sind. Auch dieser Kongress bildete da keine Ausnahme und so beschloss ich, mich über die Möglichkeit, meinen Artikel dort zu verteilen, kundig zu machen. Meine Anfrage wurde abschlägig beschieden; man sagte mir, ich müsse einen Stand für 3300 Dollar mieten. Nach einiger Überlegung entschied ich, dass dies eigentlich ein relativ geringer Preis für die Möglichkeit sei, so viele Menschen zu informieren. Doch dann stellte sich heraus, dass es außer den Ständen auch Tische zu ordern gab (für „nur“ 1600 Dollar). Dies erschien mir als passendere Lösung für mein Vorhaben und so bestellte ich einen Tisch. Meine Schwester und ihr Mann erklärten sich bereit, mitzukommen und mich zu unterstützen.
Inzwischen hatte unsere Tochter Joanna ihren Bachelor-Abschluss als Grafikdesignerin gemacht und arbeitete in Teilzeit bei einer kleinen Firma am Ort. Mit Erlaubnis ihres Chefs, der meinen Artikel mit Interesse gelesen hatte und mir angesichts des knappen Zeitrahmens helfen wollte, formatierte sie den Artikel und er ließ 500 Farbkopien machen. Ich sorgte für weitere 1500.
Doch nach all der Vorbereitung und einem langen Arbeitswochenende im Krankenhaus erhielt ich eine E-Mail, in der meine Teilnahme an der Ausstellung abgewiesen wurde, da diese den Firmen mit Produkten und Dienstleistungen für Alzheimer- und Demenzkranke vorbehalten sei. Die geleistete Zahlung würde zurückerstattet werden. Man begrüße es, wenn ich eine Kurzfassung für den nächsten Forschungskongress einreiche oder, falls nicht schon geschehen, Forschungsgelder beantrage. Auch mein Versuch, mich über meinen Arbeitgeber Spring Hill Neonatology anzumelden, scheiterte, da mein Angebot nicht mit den Richtlinien des Veranstalters übereinstimmte. Eine exakte Darlegung meines Anliegens und seiner Dringlichkeit sowie verschiedene weitere Versuche, mein Ziel doch noch zu erreichen, änderten daran nichts. Als Kongressteilnehmerin war ich allerdings willkommen.
Nun bin ich allerdings keine Frau, die sich leicht geschlagen gibt. Ich setzte mich mit den städtischen Behörden in Verbindung und fragte nach, ob es verboten sei, auf öffentlichen Straßen Informationsblätter zu verteilen. Wir wollten den Kongressteilnehmern beim Betreten und Verlassen des Kongresszentrums Kopien meines Artikels aushändigen. Das war möglich, doch es durfte kein Tisch oder Stand aufgestellt werden.
Dieses Unterfangen gestaltete sich jedoch schwierig bis unmöglich, denn der Bereich um das Kongresszentrum war so riesig, dass sich die meisten Teilnehmer bereits auf Privatgrund befanden, wenn sie das Auto verließen, oder sie waren in einem Hotel mit direktem Zugang zum Zentrum abgestiegen. Da nur Teilnehmer mit einem Kongressausweis in den Ausstellungssaal eingelassen wurden, mussten wir unsere Pläne ändern: Mein Schwager besichtigte mit Steve die Stadt, meine Schwester hielt nach Möglichkeiten Ausschau, meinen Artikel doch noch an den Mann und die Frau zu bringen, und ich hörte mir die Vorträge an. Bei dieser Regelung blieb es leider während der gesamten vier Kongresstage.
Insgesamt war der Kongress im Hinblick auf mein Anliegen, ein großes Fachpublikum für mein Thema zu interessieren, eher enttäuschend – mit Ausnahme eines kurzen TV-Internet-Interviews, das sich ergab, als meine Schwester das Pressezimmer entdeckte. Als ich fragte, ob ich meinen Artikel hinterlassen könne, sagte man mir zwar offiziell, dass nur im Voraus zum Kongress zugelassenes Material angenommen werde, doch eine Reporterin sprach außerhalb des Presseraums mit mir und wir verabredeten einen Termin für den nächsten Tag. Ein achtminütiger Ausschnitt mit diesem und anderen Berichten vom Kongress sollte online gestellt werden.
Wir hatten gehofft, Kopien meines Artikels an die 5000 Kongressteilnehmer verteilen zu können, doch schließlich waren es höchstens 300, die wir in Naturkostläden und bei Fußgängern vor der Kongresshalle loswurden. Steve, meine Schwester und mein Schwager suchten auch noch einige der lokalen Medien auf und gaben dort Kopien ab.
Wir nahmen also mehr als 1500 Kopien des Artikels wieder mit nach Hause. Da alle Versuche, meine Informationen über Menschen mit hohem Bekanntheitsgrad, über die Medien oder den Kongress in Chicago zu verbreiten, fehlgeschlagen waren, schien es nun an der Zeit, von der Basis aus zu operieren. Ich machte wöchentlich eine Tour mit dem Auto zu den Naturkostläden in und um meinen Wohnort Spring Hill und gab Kopien meines Artikels für die Kunden ab. Der Inhaber eines solchen Ladens lud uns ein, einen Vortrag zu halten. Er machte einen Aushang in seinem Geschäft, doch nur vier Interessenten kamen zu diesem ersten Vortrag. Kurz darauf wurde ich von einem anderen Naturkostladen für Vorträge und für ein Interview in der Sparte Gesundheit bei einem lokalen Radiosender gebucht. Die Vorträge wurden sehr gut bekannt gemacht und das Rundfunkinterview wurde mehrmals ausgestrahlt. Zu den Vorträgen kamen immer mehr Leute, jedes Mal mindestens 80 bis 90, und für diejenigen auf der Warteliste wurden neue Termine gemacht.
Die Menschen gaben meinen Artikel von sich aus an andere weiter und ich selbst arbeitete in meiner freien Zeit eine Adressenliste ab und mailte den Artikel an so viele Menschen wie möglich. Der Naturheilkundler Bruce Fife, der viele ausgezeichnete Bücher über Kokosöl geschrieben hat, veröffentlichte meinen Artikel in voller Länge in seinem Newsletter Healthy Ways (zu Deutsch etwa: Wege zur Gesundheit) und fasste in einem eigenen Text zusammen, wie es Steve ergangen war. Ein in Naturkostläden aufliegendes Magazin, Energy Times, nahm Kontakt mit mir auf, schrieb ebenfalls eine Geschichte und ermöglichte es den Lesern, meinen Artikel über einen Link herunterzuladen.
Schließlich brachte auch eine Zeitung aus der Region, die St. Petersburg Times, einen Bericht. Eine Reporterin interviewte Steve und mich ausführlich sowie auch Dr. Veech und Dr. VanItallie. Wortgewandt und in allen Einzelheiten gab sie Steves Geschichte wieder, selbst seine Uhrenzeichnungen fanden einen Platz. Ich glaube, dass dies viel mehr als alles andere zu dem beitrug, was sich dann entwickelte. Der Zeitungsbeitrag wurde nämlich auch online veröffentlicht (www.tampabay.com/news/aging/article879333.ece).
Nach wenigen Wochen erzählte mir die Reporterin, dass unsere Geschichte einen Rekord als „am meisten gemailter Artikel“ gebrochen habe; und wenig später verbreitete sie sich fast „wie ein Virus“ im Internet. Ich bekam nun regelmäßig Anfragen wegen Vorträgen, wurde gebeten, meinen Artikel oder eine Zusammenfassung unserer Geschichte für diverse Newsletter zu verfassen und Interviews im Radio zu geben. Steve begleitet mich zu allen Terminen und zögert nicht, Fragen zu beantworten oder sich anderweitig einzuklinken.
Auch von Menschen, die ihre betroffenen Angehörigen pflegen, bekam ich regelmäßig positive Rückmeldungen; darunter waren gelegentlich solche, die keine Reaktion auf Kokosöl feststellten.
Ich war mit meiner beruflichen Arbeit, mit der Betreuung von Steve und meinen nahezu täglichen Bemühungen, mein Vorhaben weiterzuverfolgen, vollständig ausgelastet und fühlte mich an manchen Tagen äußerst strapaziert. Wenn ich mich eigentlich hätte erholen oder gar schlafen legen sollen, kam wieder ein Anruf oder eine E-Mail, dass es wieder jemandem besser ging, und ich spürte dann, dass meine Anstrengungen nicht umsonst waren. Das ist der Impuls, den ich brauche, um weiterzumachen.