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NEULICH AUF DER HUNDEWIESE

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Ich liebe Hundewiesen. Nicht nur weil Hunde dort frei laufen können. Sie können auch offen »sprechen«. Ich weiß gar nicht, wie viele Stunden ich schon in Parks verbracht habe, um zuzuhören, was die Hunde zu sagen haben.

Vor vielen Jahren, ich hatte damals nur einen einzigen Hund, ging ich regelmäßig auf eine zentral gelegene Hundewiese in Köln. Ich wollte, dass Liselchen alles erleben konnte, was mir für sie spaßig erschien. Und dazu gehörte für mich auch, dass sie viele Hunde kennenlernte. Einen davon werde ich nie vergessen. Sie hieß Mausi und war der Inbegriff eines Platzwartes. Mausi war Dauergast auf dieser Wiese, und auch wenn ihr Name anderes ver­muten ließ, tanzten alle nach ihrer Pfeife. Sie war ein Tibet-Terrier und äußerst deutlich, sobald es um ihre Wiese ging. Sie maßregelte jeden Hund, der es wagte, gegen die »Hausordnung« aufzubegehren.

Ich fand es äußerst interessant zu beobachten, wie unterschiedlich die anderen Hunde aufgrund ihrer Charaktere auf Mausi reagierten. Die meisten mieden sie, ein paar legten sich mit ihr an, wieder andere versuchten Mausi zu beschwichtigen, liefen einen Bogen um sie und wendeten den Kopf ab. So wie mein Liselchen.

Irgendwie erinnerte mich Mausi an einen früheren Nachbarn. Er wohnte ganz oben im Haus, fünfter Stock. Aber wenn jemand vor der Einfahrt parkte, war er sofort zur Stelle. Spielten die Kinder lauthals im Hof, war er zur Stelle. Und bellten mal die Hunde, ebenfalls … Er war eigentlich immer sofort zur Stelle, wenn es darum ging, andere an die Ordnung zu erinnern.

Dieser Mann war der selbst ernannte Hausmeister, und vermutlich herrscht er noch heute über das Haus und die Umgebung. Die Nachbarn hatten wenig Lust, sich mit ihm zu streiten, und verhielten sich daher ähnlich wie die Hunde auf der Wiese. Manche mieden ihn, andere besänftigten ihn mit einem Lächeln oder gaben ihm gegen besseres Wissen recht … Ich denke nicht, dass tatsächlich jemand Angst vor dieser Einmann-Nachbarschaftswache hatte. Vielmehr hatten die meisten einfach keine Lust auf eine Diskussion. Weil auch wir Menschen, genau wie unsere Hunde, abwägen, ob sich der Aufwand lohnt. Lohnt es sich zu kämpfen? Meistens nicht!

Außerdem sind Hunde sehr soziale Tiere. Die meisten Raufereien sind harmlos, und sehr selten kommt es zu so echten Beschädigungskämpfen. In den meisten Fällen handelt es sich bei körperlichen Auseinandersetzungen um sogenannte Kommentkämpfe. Bei diesen ritualisierten Kämpfen signalisiert der Unterlegene seine Position deutlich und löst dadurch beim Überlegenen eine Aggressionshemmung aus. Kommentkämpfe dienen also weniger dazu, das Gegenüber zu verletzen, sondern vielmehr die eigene Überlegenheit zu verdeutlichen. Sie werden von vielen Tierarten praktiziert. So habe ich zum Beispiel gelesen, dass Giftschlangen während eines Kommentkampfs nicht ihre tödlichen Zähne einsetzen, sondern den Gegner zu Boden ringen und festdrücken. Genauso aber konnte ich, als ich während meines Studiums nebenher im Nachtleben arbeitete, Kommentkämpfen zwischen halbstarken Betrunkenen beiwohnen …


Im Freilauf können Hunde uneingeschränkt auf ihre eigene Art kommunizieren. Dadurch kann jeder so weit Kontakt aufnehmen, wie er will – und auch bei Größenunterschieden wie diesem läuft alles problemlos.

Sei höflich zu deinem Hund!

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