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Die zweite Firma
Durch die Besuche bedeutender Industriemessen im Ausland fand ich wieder interessante Produkte, diesmal der Nahrungsmittelbranche, die ich in der Schweiz als selbstständiger Unternehmer an die Industrie verkaufen konnte. Das nötige Startkapital für meine zweite Firma bekam ich abermals von meinen Eltern, doch trotz unermüdlicher Arbeit und größtem persönlichen Einsatz war es äußerst schwierig, diese Produkte an die Industrie zu verkaufen; der Aufbau dieses neuen Geschäftes verschlang kontinuierlich zusätzliche Geldmittel, die ich als Kredite von verschiedenen Banken erhielt. Da mir in relativ kurzer Zeit viele kleinere Aufträge erteilt wurden, musste sich der gewünschte Erfolg langfristig einstellen, was dann auch geschah, nachdem ich entsprechende Aufträge erhalten hatte. Somit konnten nicht nur meine Kredite an die Banken in kurzer Zeit zurückbezahlt werden, sondern ich war auch in der glücklichen Situation, zusätzliche Vermögenswerte erarbeiten zu können. Die folgenden zwei Jahre waren von Erfolg gekrönt und mein privates Leben mit meiner Familie vom Glück gesegnet. Doch leider gibt es die Ewigkeit nur im Tode und so traf mich die Nachricht meines Herstellers, in der Schweiz eine eigene Tochtergesellschaft gründen zu wollen und deshalb unsere Lieferverträge bald nicht mehr erfüllen zu können, wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Ich hatte diesen Markt mit Fleiß und großem finanziellen Risiko aufgebaut, nun sollten andere davon profitieren – ich gebe zu, dass ich dies nur schwer akzeptieren konnte.
Damals begriff ich, dass Rücksichtslosigkeit, Brutalität und amoralisches Handeln die Schlüssel zu einem umfassenden finanziellen Erfolg sind. Diese Ausbeuter, die sich als Menschen bezeichnen, kennen kein Maß und wollen zusätzlich noch mehr in ihren gierigen Rachen stecken; die Erfahrung zeigt leider, dass nur wenige an dieser unersättlichen Gier ersticken. Dies ist auch der Grund dafür, dass große Unternehmen und deren Vorstände und Aktionäre auf Kosten des Mittelstandes immer mächtiger werden. Zukunftsweisende Unternehmen, denen trotz harter Arbeit, einer entsprechenden Portion Pioniergeist und eines großen finanziellen Risikos aufgrund zu geringen Eigenkapitals der verdiente Erfolg nicht beschert ist, werden schließlich durch Großkonzerne und Banken übernommen oder maßgeblich kontrolliert.
Durch diesen Verlust war ich gezwungen, unverzüglich ein Ersatzprodukt zu finden, um meine Kunden weiterhin beliefern zu können, doch trotz größter Bemühungen konnte ich keinen Fabrikanten finden, der genau jene Erzeugnisse herstellte. Damals habe ich erkannt, dass Diversifikation durch verschiedene Erzeugnisse notwendig ist, damit ein Unternehmen solche Rückschläge überleben kann. Um jedoch solche Vorhaben zu realisieren, war einmal mehr das notwendige Kapital unerlässlich. Ich habe alles Mögliche und Unmögliche versucht, meine kleine Handelsfirma vor dem Schlimmsten zu bewahren, doch ich war erneut gezwungen, Bankkredite in Anspruch zu nehmen. Diese erhielt ich auch auf Basis des vorangegangenen Erfolges und damit unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, und somit hatte ich betrügerische Handlungen begangen. Der Zusammenbruch meiner Firma war schließlich die Folge, mein Zuhause, das ich so sehr geliebt hatte, wurde aufgelöst und der gesamte Hausrat zwangsrechtlich versteigert; meine Frau Anuschka verlor ihren ererbten Schmuck und ihre gesamten Ersparnisse. Obwohl mir auch meine Eltern wieder zur Seite standen und die enorme Summe des restlichen Schadens beglichen, konnten die vorangegangenen Strafanzeigen der betroffenen Banken nicht mehr zurückgezogen werden. Das in diesem Verfahren gefällte Gerichtsurteil brachte mir infolge der früheren Strafe, die ich bereits ausführlich erwähnt habe, sieben Monate Gefängnis ein.
In dieser schweren Zeit ist Anuschka immer zu mir gestanden, Streitigkeiten und Vorhaltungen sind ausgeblieben, alle Schmach und Erniedrigung hat sie über sich ergehen lassen. Während der Zeit, in der meine Straftaten untersucht wurden und es noch kein rechtskräftiges Urteil gab, bewarb ich mich um eine gehobene Anstellung in einer Schweizer Firma, die für ihre Niederlassung in Deutschland einen Geschäftsführer suchte. Da ich meine in Aussicht gestellte Gefängnisstrafe um jeden Preis umgehen wollte, ergriff ich alle mir zur Verfügung stehenden Maßnahmen, um diese Anstellung zu erhalten. In den diversen Vorstellungsgesprächen präsentierte ich mich und meine Person durch eine äußerst gepflegte Erscheinung und perfekte Manieren, die bei allen Menschen einen unerschütterlichen Eindruck von Seriosität hinterlassen, so gut, dass ich mit meinem Auftritt sicher einen Film-Oskar gewonnen hätte. Unbestritten ist natürlich, dass ich nicht mit legalen Mitteln, die der Wahrheit entsprachen, operierte und die geforderten Qualifikationen schlichtweg nicht besaß. Doch obwohl ich die für diese neue Tätigkeit gewünschten Branchenkenntnisse nicht oder nur sehr unzureichend hatte und auch andere Bewerber im Gespräch waren, erhielt ich diese Anstellung. Nach einer längeren Einführungs- und Ausbildungszeit in der Schweiz, die ich zu meiner eigenen Überraschung ohne größere Probleme absolvierte, konnte ich meine neue Aufgabe in Stuttgart übernehmen. Ein überdurchschnittliches Gehalt und das mir zur Verfügung gestellte Wohnhaus in einer gepflegten Umgebung waren die Grundpfeiler eines Neubeginns meiner bis zu jenem Moment gescheiterten Existenz. Meine Frau Anuschka und ich waren überaus glücklich, in einem fremden Land ohne Vergangenheit leben zu können.
Die neue Tätigkeit war für mich eine vollkommene Herausforderung, meine Arbeitstage bestanden aus fünfzehn und mehr Stunden, einige Wochenenden verbrachte ich sogar vollständig in meinem Büro. Alle meine Vorhaben und Ideen konnten ohne finanzielle Belastungen durchgeführt werden, was längerfristig, wenn es sich denn um ein gutes Projekt handelte, den gewünschten Erfolg bringen musste. So konnte ich denn auch alle Erwartungen und Ziele meines Arbeitgebers mehr als erfüllen und die Verkaufszahlen unserer Erzeugnisse überdurchschnittlich steigern. Meine Eltern, die uns regelmäßig besuchten, waren sehr stolz auf ihren Sohn, der, so schien es, endlich den richtigen Weg gefunden hatte. So zumindest hofften sie, doch leider fand dieses Leben in Frieden und Erfolg nach zwei Jahren ein tragisches Ende.
Aufgrund der gegen mich verhängten Gefängnisstrafe wurde ich quasi aus heiterem Himmel von der Polizei verhaftet. Genau diese Gefängnisstrafe hatte ich ja um jeden Preis umgehen wollen; nach der Übersiedelung nach Deutschland hatte ich auch gar nicht damit gerechnet, dass ich im Ausland jemals wieder mit dieser Angelegenheit konfrontiert werden würde. Doch nun saß ich in Auslieferungshaft. Nach einer Woche Gefängnis wurde ich bis zum Entscheid über das Auslieferungsgesuch mit der Auflage entlassen, mich täglich bei der Polizeiwache meines Wohnortes zu melden. Die folgenden Gespräche mit meinem vollkommen schockierten Arbeitgeber über die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses waren erfolglos und mein Anstellungsvertrag wurde mit sofortiger Wirkung aufgelöst.
Trotz einer größeren Abfindungssumme bedeutete der Verlust dieser Arbeit für mich das Ende, außerdem teilte mir mein Rechtsanwalt mit, dass dem anstehenden Auslieferungsgesuch mit größter Wahrscheinlichkeit entsprochen werden würde. Meine Ehefrau Anuschka, die nach wie vor zu mir stand und auch diese Pleite über sich ergehen ließ, bat mich, meine Gefängnisstrafe in der Schweiz zu verbüßen; solange diese Angelegenheit nicht aus der Welt geschafft sei, war an eine Fortführung eines normalen Familienlebens nicht zu denken. Nach der Auflösung unseres Haushaltes und dem Verkauf aller Möbel kehrten wir in die Schweiz zurück. Trotz Ausweiskontrolle an der Schweizer Grenze wurde ich dort entgegen aller Erwartungen nicht sofort verhaftet; ich stellte mich jedoch anschließend in Begleitung meines Rechtsanwaltes den Behörden «zur Verfügung». Währenddessen fanden meine Frau und unsere Tochter ein vorübergehendes Zuhause bei meinen Eltern.