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An dem Tag, als Lammert, den Seesack auf dem Rücken und das Böckchen an einem Strick, den Kai in Den Helder betrat, an dem die Zaandam vertäut war, wehte ein steifer, in Böen stürmischer Wind. Die Stage und Wanten sangen, die Fahnen zerrten an ihren Seilen. Die Zaandam schien ein wenig in Richtung Kai zu krängen.

Von Windstärke sieben an wurde die Große Ablösung verschoben, weil das Übersetzen auf hoher See dann zu riskant war. Und da das Feuerschiff Noord-Hinder, das vierzig Seemeilen nordwestlich von Westkapelle lag, am Morgen Süd sieben, See bis drei Meter gemeldet hatte, zögerte der Kapitän der Zaandam. Zu den beruhigenden Meldungen von der Texel selbst dachte er sich seinen Teil. Vor der Großen Ablösung kamen von der Texel grundsätzlich nur beruhigende Meldungen zu Windstärke und Seegang. Eine verschobene Ablösung war das Schreckbild der Mannschaft. Lieber Lebensgefahr als einen Tag länger auf dem Schiff.

»Fünf, vorübergehend sechs«, meldete die Texel auf Nachfrage über Funk. »Mehr als sechzig Zentimeter haben wir hier nicht, und bis ihr da seid, fließt die Tide mit dem Wind. Kommen … Zaandam, bitte kommen.«

Doch der Kapitän der Zaandam antwortete nicht. Er war abgelenkt, weil er auf dem Kai den Koch mit einem Tier an einem Strick kommen sah. Zuerst hatte er gedacht, es wäre ein Hund, aber es machte bizarre kleine Sprünge, wie ein Hund sie nicht macht, mit allen vier Beinen gleichzeitig, als würde es von Windböen hochgeschleudert.

»Ist gut, wir fahren«, sagte er und beendete das Gespräch.

Als Lammert mit seinem Böckchen die Zaandam erreichte, stand der Kapitän schon am oberen Ende der Laufplanke. Er hatte seine Mütze aufgesetzt, um etwas eindrucksvoller auszusehen, und blickte auf den Koch hinunter.

»Was hat das zu bedeuten, Chef?«, fragte er.

Der Koch hatte den Strick eingeholt, weshalb das Böckchen nun sein Bein berührte, und schaute zum Kapitän hinauf. Er legte kurz die Hand zu einem militärischen Gruß an die Schläfe. Immer dieses Spöttische, der Kapitän konnte sich schlecht daran gewöhnen.

»Wir kommen an Bord«, sagte Lammert.

»Kein lebendes Vieh«, erwiderte der Kapitän.

»Das ist kein Vieh, Gijs, das ist Proviant.«

Der kleine Bock, den der Wind, die Abwesenheit von Weide und Herde, das Brummen des Dieselmotors, das Klappern der Fahnen und das Pfeifen der Stage und Wanten unruhig machten, stieß gegen die Beine des Kochs und versuchte dann, auf die Laufplanke zu steigen.

»Willst du es dann hier an Bord schlachten?«

»Das hat keine Eile«, antwortete Lammert. »Lebendes verdirbt nicht.«

»Es ist gegen die Regeln«, sagte der Kapitän. Unwillkürlich beugte er sich vor und streckte die Hand aus, um zu verhindern, dass der unruhige kleine Bock zwischen Kai und Schiff fiel. Der Koch wusste, dass er gewonnen hatte, und ließ den Strick etwas nach. Das Böckchen sprang an Bord.

»Männer, die sich an Prinzipien halten – wir wissen alle, wohin das führt«, sagte Lammert. Der Kapitän betrachtete das Böckchen. Der Koch ging nun selbst an Bord.

»Niemand hat’s gesehen«, sagte er.

»Alle haben’s gesehen, Lammert.«

Der Koch zuckte mit den Schultern.

»Wind sechs bis sieben«, sagte der Kapitän. »Du kriegst es gar nicht erst aufs Schiff. Und ich nehm’s nicht mit zurück.«

»Es gibt für alles eine Lösung, Kapitän«, sagte der Koch.

Es wurde eine raue Überfahrt. Beim Auslaufen ging es noch, das Marsdiep lag bei Südwind im Schutz der Küste. Doch bald kämpfte die Zaandam gegen grobe See, das war eindeutig nicht mehr Windstärke fünf. Sie stampfte eine Seemeile, ging dann genau auf Westkurs und fuhr nun quer zu den anrollenden Wellenbergen.

Lammert saß auf dem Achterschiff hinter dem Decksaufbau und hatte wie gewohnt schon mit dem Kartoffelschälen angefangen, zusammen mit dem Jungmann, dem jüngsten Matrosen. Das Böckchen sprang auf die Kiste mit den Rettungswesten, fand aber auf dem lackierten Holz keinen Halt und purzelte hinunter. Der Koch holte den Strick ein und klemmte das kleine Tier fest zwischen Hüfte und Ellbogen. Es beruhigte sich ein wenig und blickte sich leise meckernd um. Manchmal steckte es das Schnäuzchen in den wachsenden Kartoffelschalenhaufen. Dann war es einen Moment still.

Ein paar Matrosen kamen, um zu sehen, was los war, machten Witze und kommentierten das Geschehen. Der Koch beachtete sie nicht und schälte ruhig weiter. Hin und wieder flogen vom Bug her Gischtwolken vorbei, dann drückte er das Böckchen noch etwas fester an sich.

Er blickte erst auf, als der Leitende Ingenieur hinzugekommen war und ihn nach dem Namen des Böckchens fragte.

Der Leitende, der Kees hieß, gehörte zu den Offizieren des Feuerschiffs und hätte wegen der strikten Hierarchie an Bord eigentlich respektvoll angeredet werden müssen.

Aber der Koch, der gelernt hatte, seine alte Angst vor Höhergestellten durch Trotz und Aggressivität zu unterdrücken, starrte ihm einfach ins Gesicht.

»Willst du an Bord was zu essen bekommen?«, fragte er.

»Natürlich, Chef«, antwortete Kees.

»Dann kümmere dich um deinen Diesel und dein Licht und überlass mir meine Arbeit.« Er warf ihm eine Kartoffelschale vor die Füße. »Sonst frisst du das da.«

Dann sagte er zum jüngsten Matrosen: »Junge, in der Kombüse steht eine Flasche und Milchpulver. Gib dem Böckchen zu trinken, es darf ruhig noch ein bisschen fetter werden.«

Der Schiffskoch

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