Читать книгу Das Ende - Матс Страндберг - Страница 13

NAME: LUCINDA TELLUS# 0 392 811 002 POST 0005

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Gegen zehn Uhr bin ich vom Müllwagen geweckt worden. Mirandas Knie hatten sich in meinen Rücken gebohrt und sie schnarchte um einiges lauter, als es bei ihrem zierlichen Körper rein physisch möglich sein dürfte. Als mein Vater kurz darauf nach Hause kam, gab ich den Versuch auf, wieder einzuschlafen, und ich stand auf, um gemeinsam mit ihm zu frühstücken.

Er war so übermüdet, dass ich erahnen konnte, wie er als alter Mann einmal aussehen würde. Und er ähnelte meinem Opa mehr denn je.

Er fragte mich, wie es mir ginge, und ich antwortete: »Ganz okay, ich hab ja nur ’n bisschen Krebs«, woraufhin er entgegnete: »Du tust aber auch wirklich alles, um nach Aufmerksamkeit zu heischen.« Früher haben wir nicht so miteinander geredet, aber seit meiner Diagnose haben wir es uns angewöhnt. Nur so gelingt es uns, damit umzugehen.

Ich erzählte meinem Vater von Mirandas Fragen zum Kometen, verschwieg dabei aber meine eigenen Ängste. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Was sollte er auch dagegen tun? Er hätte sich nur wieder Sorgen um mich gemacht, was er sowieso schon zur Genüge tat. Ich hatte uns Haferbrei gekocht und gemerkt, wie er sich darüber freute, als ich mir noch etwas nachnahm.

Danach schauten wir gemeinsam die Morgennachrichten. Auf allen Marktplätzen landesweit und in den Stadtparks, in denen das Fußballspiel übertragen worden war, hatte Chaos geherrscht, und mein Vater berichtete mir von seiner Nacht in der Notaufnahme. Er hatte diverse Wunden nähen, mehrere Schädelknochen röntgen und unzählige Mägen auspumpen müssen.

Schlägereien. Vergewaltigungen. Überdosen Kokain. Fahrlässige Tötungen. Vandalismus. Es war fast genauso schlimm wie an dem Tag, als wir vom Kometen erfahren hatten und die Leute regelrecht ausgerastet waren. Wenn es mir schon schwerfällt, mich an das Gute in der Welt zu erinnern, muss es meinem Vater noch weitaus schwerer fallen. Als Arzt bekommt er unweigerlich die Folgen instinktiven und impulsiven menschlichen Fehlverhaltens zu sehen. (Andererseits denke ich, dass mein Vater ein besserer Mensch ist als ich, denn er glaubt an das Gute im Menschen, solange sie ihm nicht das Gegenteil beweisen. Manchmal denke ich, dass es bei mir genau andersherum ist.)

Alle haben jetzt die letzte Gelegenheit, ihre heimlichen Neigungen auszuleben. Nach dem Motto Nutze den Tag. Das Risiko, verhaftet oder zur Rechenschaft gezogen zu werden, ist minimal. Dafür stehen nicht mehr genügend Polizeibeamte zur Verfügung. Außerdem bleibt keine Zeit mehr für Ermittlungen oder Gerichtsprozesse, ganz zu schweigen von Gefängnisstrafen.

Auch im Krankenhaus arbeitet nicht mehr genügend Personal, sodass es keine Langzeitbehandlungen mehr gibt. Mein Vater geht dennoch hin. Er hält es für nötig, weil so viele Ärzte gebraucht werden. Aber ich glaube, dass er es auch für sich tut. Es ist seine Art von Flucht, um bei sich selbst zu sein, obwohl die Welt um ihn herum eine andere geworden ist. Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich dasselbe getan.

Ich habe das dringende Bedürfnis, das Haus zu verlassen. Vielleicht sollte ich einen Spaziergang hinunter zum See machen. Wenn ich die Abkürzung durch den Wald nehme, werde ich schon niemandem begegnen.

Ich schreibe später weiter.

Das Ende

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