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DER ULTIMATIVE RTF-KNIGGE

Es hat mal einer aus dem Laktatexpress gesagt, dass immer noch jeder dazu in der Lage ist, den anderen ab und zu mal Qualen zuzufügen. Das mag für konditionelle Belange vielleicht nicht ganz stimmen, aber seelische Schmerzen können ja auch grausam sein. »Was für seelische Schmerzen?«, mag da der eine oder andere einwenden. Nun, wer hat noch nie wegen einer totalen geschmacksmäßigen Verirrung an Kleid, Körper oder Bike eines mitfahrenden Zeitgenossen echten Ekel verspürt oder gar ins hintere Peloton gekotzt? Na also, kennt doch jeder, deswegen hier die ultimativen DOs & DON’Ts für die nächste RTF.

Hier erst mal die Klassiker:

Gelbe Regenjacken, zumeist schon bei strahlendem Sonnenschein getragen, gehören in Kombination mit grauen Wollsocken zu den Standardverunstaltungen auf RTFs. Es könnte ja heute oder morgen noch regnen. Der Vorteil ist, dass diese Jacken aerodynamisch derart unvorteilhaft sind, dass solche Gestalten meist nur kurze Zeit hinten in der Gruppe drinhängen. Bei den Socken gilt derweil die alte Lagerfeld-Regel: klassisch weiß oder passend zum Trikot. Sonst nicht wundern, wenn der Hintermann versucht, mit klebrigem, rotem Eistee aus der Trinkflasche die Sockenfarbe etwas zu verändern.

Kappe statt Helm. Einige meinen ja, das wäre cooler, weil Jan das in Alpe d’Huez auch so gemacht hat. Deswegen wird im Sauerland an 250-Meter-Hügeln auch kein schützender Helm getragen. Total daneben! Gerade weil RTFs meist in einer größeren Gruppe mit teilweise unerfahrenen Radlern gefahren werden. Und wer jetzt denkt, ist doch jedermanns eigene Entscheidung, der hat noch nicht darüber nachgedacht, dass es dann die lieben Mitfahrer sind, die einen mit offenem Gehirn wieder aus der Leitplanke ziehen müssen. Also, liebe helmlosen Kappenfahrer: Wir lassen euch einfach im Rollsplitt liegen und sagen an der nächsten Verpflegung Bescheid. Sorry for that!

Teamtrikots. Wer Anhänger einer bestimmten Radsportgruppe ist, kann das ja mal zeigen. Aber bitte nur mit Originalrad! Telekom-Trikot, Banesto-Hose und Colnago-Käppi auf einem Gios, das geht wirklich nicht!! Und wer schon professionell gekleidet ist, sollte mindestens einen 30er Schnitt in GA1 absolvieren können – und das bitteschön vorne im Wind und nicht hinten lutschend. Generell ist allen schon damit geholfen, wenn Bekleidung, Helm und Rad insgesamt harmonisch kombiniert sind und man nicht daherkommt wie eine Wurst in bunt. Sonst wird man nämlich gefressen, und zwar mittendrin.

Vereinstrikots fallen fast unter dieselbe Kategorie. Die GS1/2/3-Radsportgruppen auf Mallorca machen vor, wie man sich da verhalten sollte, um nicht als Kasperlehaufen aufzufallen. Dann können durchaus auch mehr als zehn Leute dieselben Trikots stilgerecht tragen. Kleiner Tipp: Gleichfarbige Helme, Handschuhe und Socken steigern die Wirkung gewaltig. Die Räder sind eh meist Einheitsbrei in Naturcarbon…

Die Beine. Unrasierte Waden signalisieren: Mir ist egal, was du von mir denkst, eigentlich bin ich… a) Wanderer, b) Mountain-biker, c) Toupetträger, d) ADFCler. Leider sind diese Artgenossen manchmal stärker, als einem lieb ist. Versteckt sich doch manch starker Muskel unter der Kraushaarmatte. Über solche Leute sollte man sich spätestens dann nicht mehr beschweren, wenn man selbst schon vor Schwäche Kettenschmiere am rechten Bein hat.

Namen auf dem Oberrohr. Das ist so eine Unart und vielleicht notwendig bei den Triathleten, die ihr Rad in der Wechselzone auf Hawaii einfach nicht wiederfinden. Auch bei Teamfahrerinnen, die auf Mallorca schon mal mit dem identischen Rad der Kollegin aus dem Keller kommen, mag das praktikabel sein. Aber für den normalen Radler ist so was ein definitives Armutszeugnis. Es hat doch jeder ein individuelles Rad, das ihn aus der Masse hervorhebt – da braucht keiner beim Vorbeifahren genötigt werden, immer Vor- und Nachnamen lesen zu müssen. Abknibbeln, und zwar sofort!

Parfüm in der Spitzengruppe. Es gibt ja immer so einige Transpiranten, die riecht man schon ab der dritten Doppelreihe im Windschatten. Bei einigen ist der Geruch wirklich ekelhaft, weil das Trikot schon sichtlich Schweißränder hat und anscheinend seit März nicht mehr die Waschmaschine gesehen hat. Andere versuchen durch massiven Einsatz von Deodorant verzweifelt, den eigenen Elektrolythaushalt zu schonen und die anderen im Windschatten in ein totales Sauerstoffdefizit einzunebeln. Diese beiden Typen und alle, die am Vortag beim Spanier eine Überdosis Knoblauch gefressen haben, gehören ans Ende des Feldes, pfui!

Übergroße Packtaschen unter dem Sattel. Meist baumeln diese wie schlabbrige Hodensäcke unter den Sätteln von Leuten, die meist nicht mal die 100er Runde fahren. Einen Kettennieter haben sie dann trotzdem nicht dabei. Fragt sich, was sonst noch in den Taschen rumschlingert. Dazu kommt noch, dass die Dinger alle Mitfahrer nerven, weil sie rappeln und klappern wie ein Alu-Bidon im Flaschenhalter.

Und noch zwei, drei kleine Hinweise für die Pedanten:

Logos auf den Reifen gehören immer auf Höhe der Ventile, das zeugt von Symmetrie, beweist Liebe fürs Detail, kostet nix und hilft beim Finden von tückischen Durchstichlöchern.

Weiße Lenkerbänder sollten sauber und wenn schon, dann auch blendend weiß sein, nicht schmandgrau.

Überhaupt: Rahmen bitte niemals mit Farbverlauf lackiert.

Zum Abschluss noch ein paar Transalp-Sünden, die in Zukunft zu vermeiden sind:

Gummitiere auf Helm oder Lenker, das ist ungefähr genauso cool wie das Siegel am neu gekauften Flite-Sattel baumeln lassen.

Hörnchen gehören in eine nahezu waagerechte Lage! Perfekt sind sie seitlich gesehen in Verlängerung der Mittelachse des Vorbaus – vorausgesetzt, der ist nicht auch schon auf +55 Grad montiert.

Vorbau und Sattelstütze in einer auffälligen Farbe oder achtzigerjahremäßig in Magenta eloxiert oder gar bunt gescheckte Lenkerbänder sind definitiv out und ebenso eine grobe Beleidigung für die Augen der Betrachter und Mitstreiter wie Schutzbleche bei strahlendem Sonnenschein oder gar Körbchen und Gepäckträger!

Vorder- und Hinterreifen in verschiedenen Farben sind ein Verbrechen!! Du trägst ja auch nicht einen roten und einen schwarzen Schuh, oder? Never!

Na also, dann klappt’s ja auch mit dem harmonischen, stilvollen Miteinander, und demnächst können wir alle als Role Model für die Procycling herhalten.

Laktatexpress - Im Tal der Ortsschildsprinter

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