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DER HUND, DES BIKERS BESTER FREUND

Wir wollen hier nicht des Menschen besten Freund denunzieren. Jeder von uns hatte mal einen Hund. Wer erinnert sich nicht liebevoll daran, mit dem Fiffi der Eltern zu nachtschlafender Zeit Gassi gehen zu müssen. Aber als Biker hat man so sein gespaltenes Verhältnis zu den bellenden Vierbeinern.

Der Spruch »Der tut nichts, der will doch nur spielen« ist jedem von uns geläufig, und jeder weiß in einem solchen Moment: Die Oma hat ihren Köter nicht mehr unter Kontrolle! Falsch wäre es jetzt, dem Tier dafür die Schuld zu geben. In der Erziehung gibt’s meist nur »Männchen« und »Leckerle«, der Rest ist antiautoritär oder gar Waldorf-Niveau.

Hat schon mal jemand einen Hundebesitzer kennengelernt, der zugibt, dass er seinen befellten Halunken nicht im Griff hat? Keiner dieser Tierfreunde ist bereit, seine sabbernde Senta, den langhaarigen Lumpi oder den räudigen Robbie an die Leine zu nehmen. »Nein, das kann man dem Tier doch nicht antun! Das Hundchen braucht seinen Auslauf. Und außerdem, wenn sie so frei rumlaufen, sind sie gleich viel ausgeglichener.« Ach so.

Unsereins Normalo-Biker ist dafür bei Feindkontakt umso unausgeglichener. Es soll sogar Wuppertaler MTB-Freunde geben, die kilometerlange Umwege in Kauf genommen haben, um nicht an einem bestimmten Hofhund vorbeifahren zu müssen.

Neulich beim Talsperren-Chillout dann der vorläufige Höhepunkt: Locker und flach dahinpedalierend macht es plötzlich »Happs!« Eine nette, hüfthohe Dogge hat sich von hinten herangeschlichen und zufällig in meinem Ärmling verfangen. Zugebissen hat sie nicht, aber das Sportlerherz verlässt kurzfristig den Grundlagenbereich.

Ich hab’ mal irgendwo gelesen, man soll Hunden nicht in die Augen schauen, um sie zu provozieren. Da die dicke Dogge hinterlistig von hinten kam, hatte ich gegen keine Regel verstoßen – und was hat’s genutzt? Ein genauso toller Tipp: die Hände vor der Brust verschränken. Wie soll das nun bitte gehen? Im Schritttempo die Hände vom Lenker nehmen und den Ellenbogen aus dem Gebiss zerren?

»Der tut nichts, der will nur spielen!«, verkündet besserwisserisch ein dahergelaufenes Herrchen, dem es offensichtlich egal ist, dass mein bestes Stück Pearl Izumi in den Fängen seines Monsters steckt. Als ich meine Sprache wiederfinde, bekommt das Tier ein schüchtern-energisches »AUS!« entgegengeschmettert. Aber erst als der nette Herr, mit der Leine um den Oberkörper geschlungen, in seiner Jackentasche fingert und raschelnd eine knisternde Tüte hervorzaubert, lässt der Weiße Hai auf vier Beinen von mir ab. »Herkules, guck mal, was Papi hier Feines für dich hat…«

Gestern dann im Gelpetal: Die Form stimmt, erste lockere Intervalle am Schlussanstieg der Sonntagsrunde. Mit Souplesse geht’s die Steigung bergan. Da kommt mir eine ältere Dame aus dem nahen Erholungsheim entgegen. Neben ihr trottet ein Mops. Besser gesagt ein Möpschen – so einer wie bei Ozzy Osbourne. Nur kleiner. Keine Gefahr für die Zwischenzeit, signalisiert mein Athletenkleinhirn. Aber der kleine knubbelige Hund sieht mich und – zack – klebt er an meinem Unterschenkel, als wolle er mich umarmen.

Die nette alte Dame mit der Perücke registriert das und meint ungerührt: »Der tut nichts, der will nur spielen!«

Ich blicke auf spitze, gelbliche Zähnchen und verlange: »Nehmen Sie bitte Ihren Hund weg.«

Sie: »Der tut wirklich nichts…«

Ich etwas lauter: »Nehmen Sie Ihr Viech weg!«

Sie: »So ein kleines Tierchen…«

Ich (inzwischen zwei Dezibel lauter): »Ihr Köter soll von meinem Bein weg.«

Sie empört: »Napoleon, komm fein zu Frauchen!«

Gäbe es Hörgeräte für Hunde, Napoleon bräuchte eins, denn mittlerweile hat er sich an meiner Wade in Stellung gebracht und beginnt, in rhythmischen Bewegungen auf meine Sidi zu onanieren. Mir reißt vollends der Geduldsfaden: »Wenn Napoleon nicht hört, dann nehmen Sie ihn gefälligst an die Leine!«

»Pfui, schämen Sie sich, komm mein Schatz!«

»Offenbar sind Sie und Ihr Köter taub, weg mit dem Vieh, aber dalli, hab’ ich gesagt! Verflixt noch mal!«

Dann rupft sie das kleine Miststück endlich von meinem Bein und führt Selbstgespräche: »Ist ein böser Mann, gell, mein Kleiner.«

Ich: »Ja, hervorragend, belohnen Sie Ihren dämlichen Köter auch noch, dass er so toll gehorcht. Dann begattet er das nächste Mal wahrscheinlich noch kleine Kinder.«

Langsam wird mir bewusst, wie grotesk die Situation ist. Ich rege mich über einen kleinen, onanierenden Mops auf und brülle einer alten Dame das Toupet vom Kopf. Damit macht man sich keine Freunde. Aber das ist mir im Moment egal, und die Intervallzeit ist sowieso im A… Ich fahre trotzdem zu Ende.

Oben an der Klinik kommt mir dann die beste Idee seit langem. Ich fahre wieder runter zum Käshammer, aber nicht langsam wie sonst, sondern ausnahmsweise mal mit Kette rechts – ganz rechts. Die Oma müsste jetzt mit ihrem obersten Feldherren so knapp hinter der lang gezogenen Rechtskurve sein. Und heute ist Waterloo! Mit Highspeed und erheblichen Kontrollproblemen schliddere über den losen Schotter, lasse mich fahrlässig weit aus der Kurve tragen. Ein furchterregendes Bild für die Oma, die gerade ihren Schoßhund auf der langen Geraden laufen lässt. Ich fahre die Ellenbogen in Four-Cross-Manier aus und brülle: »Ich tu’ nichts, ich will doch nur spielen!!« Die alte Dame wechselt schnell noch die Spur und bringt mit einem Becker-Hecht ihren Feldherrn auf dem Arm in Sicherheit und hält ihm die Augen zu.

Auf weitere Intervalle verzichte ich lieber, man muss ja nicht übertreiben. Aber Hunde? Eigentlich mag ich Hunde – solange es bergab geht.

Laktatexpress - Im Tal der Ortsschildsprinter

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