Читать книгу Erfahre dein wahres Selbst - Matthias Dhammavaro Jordan - Страница 14
ОглавлениеErwartungen
„Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, dann erzähle ihm von deinen Plänen“.
SPRICHWORT
Ohne Erinnerungen gibt es keine Erwartungen. Erwartungen erhoffen ein Wiedererleben einer gleichen oder ähnlichen Situation aus der Vergangenheit, in einem neuen Moment, oder entstehen aufgrund von Vorstellungen, wie etwas zu sein hat.
Das echte, neue Erleben kann dann aber nicht empfangen werden, weil der Stuhl schon von der Erwartung besetzt ist. Und so rauschen die neuen Erlebnisse direkt an einem vorbei und können einfach nicht empfangen werden, weil die Erwartung das Empfangen verhindert.
So ist man auch nicht mehr in dem erlebten Moment. Auch hier die Einladung, sich auf diesen Moment zu besinnen, ins Hiersein zu kommen, egal, welches Erleben dieses Hiersein einem anbietet. Denn das ist alles, was es gerade gibt, das, was das momentane Erleben einem anbietet.
Erwartungen führen bei Nichterfüllung immer zur Enttäuschung, es sei denn, sie werden durchschaut und als das gesehen, was sie sind.
Werden sie nicht durchschaut, bleiben die Enttäuschung und die damit einhergehenden Gefühle, wie Verlust, Ärger, Trauer oder die Angst, etwas versäumt zu haben, oder man macht sich selbst, anderen und dem Leben Vorwürfe.
Der Satz, schon oft gehört, schon oft zitiert: „Akzeptieren, was ist“, ist leicht gesagt, und bei genauerer Betrachtung eröffnet sich eine sehr tiefe Bedeutung dieser Einladung: das Jasagen zu dem ‚Hier‘, egal, welche Farbe es trägt. Egal, ob angenehm oder unangenehm, aber es wird in diesem Moment erlebt, in diesem Jetzt. Das ist alles, was es gerade gibt. Alles andere entspringt der Fantasie, der Vorstellung oder den Erwartungen.
Wie oft nehmen die Gedanken einen mit in die Zeit, und Zeit ist nie jetzt! Zeit ist immer messbar und vergleichbar, der reine gegenwärtige Moment ist nicht messbar. Womit auch?
Aber gegenwärtiges Erleben ist vergleichbar, nämlich gedanklich mit vergangenem Erlebtem.
Gedanken sind immer alt, so sagt Krishnamurti, denn sie schöpfen aus einem Fundus akkumulierter Erinnerungen, und die sich darauf aufbauenden Vorstellungen können wieder eine Fantasie über die Zukunft zusammenbrauen.
Wenn ich akzeptiere, was ist, ohne es anders haben zu wollen, mache ich den Weg frei für neues Erleben. Es sind die Situationen gemeint, wo ich nicht eingreifen kann.
Es gibt Ausnahmen: Ich muss nicht akzeptieren, dass mich jemand schlecht behandelt oder dass mein Kühlschrank leer ist oder dass die Bäume im Garten vertrocknen.
Hier gibt es dann etwas zu tun, aber dafür sorgen meine innere Weisheit und meine Fähigkeit zu wissen, was zu tun ist, welche Aufgaben zu erfüllen sind.
Dem Leben ist es egal, welche Haltung ich den unausweichlichen Ereignissen gegenüber einnehme. Ich kann mich sträuben, dagegen kämpfen, nicht einverstanden sein, mich ärgern. Trotzdem werde ich manchmal krank, verliere meinen Job, der Partner verlässt mich, das Wetter ist anders, als ich es mir wünsche, der Urlaub ganz anders als letztes Jahr, und überhaupt, nichts ist so, wie ich es erwartet habe, und irgendwann klopft der Tod an meine Tür. Welche Haltung werde ich dann einnehmen?
Nieselregen auf dem Berge LU und wilde Wellen auf dem Che-chiang.
Solange Du nicht dort gewesen,
wirst Du Dich darum grämen.
Warst Du erst dort
und wendest wieder heim den Schritt,
wie nüchtern sehen dann die Dinge aus:
Nieselregen auf dem Berge LU
und wilde Wellen auf dem Che-chiang.
SU TUNG-P’O