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Das erste Reiseziel der Brigg CARL ist Rio de Janeiro, hier auf einem Gemälde des brasilianischen Malers Alessandro Cicarelli aus dem Jahr 1844 (Ausschnitt). Zur Ladung gehören Zylinderhüte, die bei modebewussten Herren Mitte des 19. Jahrhunderts enorm begehrt sind.

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LAEISZ WAGT SICH AUFS MEER

Die schwierigen Anfänge der Reederei

Ende der 1820er-Jahre ist Ferdinand Laeisz das, was man heute als erfolgreichen Start-up-Unternehmer bezeichnen würde. Auch privat geht es ihm gut, am 27. April 1828 wird sein Sohn Carl Heinrich geboren, was sein „häusliches Glück dauernd begründet“. Es wird freilich sein einziges Kind bleiben. 1839 geht Ferdinand ein Wagnis ein, indem er der Lübecker Werft J. Meyer den Auftrag zum Bau eines eigenen Schiffs erteilt. Es soll eine Brigg sein, also ein Zweimaster, der mit 96 Commerzlasten vermessen wird, was etwa 220 Bruttoregistertonnen entspricht. Es ist ein ansehnliches Schiff, das auch seinen Preis hat. 42 000 Mark Banco kostet der Segler, der 1840 fertig ist. Sehr wahrscheinlich ist der damals zwölf Jahre alte Carl Laeisz stolz, denn das Schiff trägt seinen Namen. Nun kann sich Ferdinand Laeisz auch als Reeder fühlen, hat damit aber am Anfang anscheinend nicht sonderlich viel Glück. Von der Brigg CARL sind nur zwei Reisen bekannt, von der die erste nach Recife und nach Rio de Janeiro führt, während die zweite Guayaquil zum Ziel hat, den wichtigsten Hafen von Ecuador. Die Ladung besteht aus Stückgut und – natürlich – aus Zylindern mit farbigem Seidenbezug.

Höchstwahrscheinlich hat die CARL auch noch weitere Reisen unternommen, nur sind deren Ziele nicht überliefert worden. Offenbar ist das Schiff für Laeisz nicht besonders profitabel. Und das dürfte zum Teil auch daran liegen, dass das Aufnehmen und Löschen von Ladung in dieser Zeit noch eine recht mühselige Angelegenheit ist, die von der Mannschaft mit Muskelkraft erledigt werden muss. Da es noch kaum Agenten gibt, muss sich der Kapitän selbst um Verkauf und Kauf von Ladung kümmern – und das kann dauern. Allerdings verfügt Laeisz ja inzwischen in Südamerika über eine ganze Reihe von Niederlassungen, was Absprachen ermöglicht und das Geschäft erleichtert. Erfolgreiche Reeder, daran besteht kein Zweifel, brauchen ein festes Netz von Niederlassungen in Übersee. Dumm nur, dass ausgerechnet in den 1840er-Jahren der Absatz von Zylinderhüten deutlich zurückgeht. Zum Glück gibt es noch jede Menge andere Handelsgüter, die zwischen der Alten und der Neuen Welt transportiert werden.



Als im Mai 1842 in Hamburg der Große Brand ausbricht, reagiert Ferdinand Laeisz couragiert. Er lässt die Waren aus seinem Lager räumen und auf Schuten abtransportieren und setzt seine Angestellten erfolgreich zur Brandbekämpfung ein.

Die CARL liegt gerade in Hamburg und soll eigentlich wieder nach Südamerika auslaufen, als der Große Brand am 5. Mai 1842 in einem Haus an der Deichstraße ausbricht und weite Teile der Hansestadt vernichtet. Warenlager und Kontorhaus der Firma Laeisz liegen auf der Marschinsel Grimm im Mündungsgebiet der Alster in die Elbe, nur unweit vom Brandherd entfernt. Als das Feuer ausbricht, reagiert Ferdinand Laeisz schnell, couragiert und weitsichtig. Er trommelt seine Leute zusammen und lässt die wertvollen Güter, die übrigens nur unzureichend versichert sind, in Windeseile auf Schuten laden und so in Sicherheit bringen. Außerdem funktioniert er kurzerhand Rumfässer in Löschkübel um, die immer wieder aufs Neue mit Winden ins Dachgeschoss gezogen werden, von wo aus die Angestellten das Kontorhaus gegen die Flammen verteidigen – und das Nachbarhaus, dessen Bewohner zuvor in Panik geflohen sind, gleich mit. So bleibt die Firma von Verlusten verschont und ihr Besitzer gewinnt weiter an Ansehen. Dank seiner guten Südamerikakontakte wird er Konsul der Republik Peru und gehört damit ohnehin zu den Honoratioren der Hansestadt.

Gegen ungünstige politische Rahmenbedingungen ist aber auch Ferdinand Laeisz machtlos. Eigentlich ist es nämlich eine gute Geschäftsidee, mit der Tran-Großfirma Tietgen & Robertson zu kooperieren. Der beim Walfang gewonnene Tran ist Mitte des 19. Jahrhunderts äußerst begehrt, weil Tranleuchten ein viel helleres Licht spenden als die herkömmlichen Rüböllampen. Also beteiligt sich Laeisz 1843 mit 20 000 Mark Banco an der „Südsee Fischerey Compagnie zu Hamburg“. Mit der Bark HAMBURG und dem Vollschiff ELBE will man auf Walfang gehen, um anschließend den begehrten Tran gewinnbringend zu verkaufen. Da bricht 1848 der Konflikt zwischen dem Deutschen Bund und Schleswig-Holstein einerseits und Dänemark andererseits aus. Im Zuge dieser sogenannten Schleswig-Holsteinischen Erhebung blockiert die dänische Marine die Elbe, sodass der norddeutsche Seehandel zum Erliegen kommt. Eines der beiden Laeisz-Schiffe sitzt monatelang samt Besatzung und Ladung in England fest, die Walfang-Firma verdient kein Geld, schreibt tiefrote Zahlen und muss schon fünf Jahre nach ihrer Gründung wieder aufgelöst werden. Und auch die Brigg CARL wirft für Laeisz nicht den erhofften Gewinn ab, sodass er sich 1847 entschließt, sie wieder zu verkaufen. Bringen mir Schiffe einfach kein Glück? könnte sich Ferdinand Laeisz damals gefragt haben, ohne zu ahnen, dass seine große Karriere als Reeder damals noch vor ihm liegt.

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