Читать книгу Buchführung und Bilanz im Real Life - Matthias Hanft - Страница 4
ОглавлениеDie Gewinnermittlung bei Bilanzierung
Von der EÜR (und/oder auch von der allgemeinen Lebensauffassung) her sind Sie gewohnt, dass alle Gutschriften auf Ihr Bankkonto (seien diese nun von Kunden, die Ihre Rechnungen bezahlen; aber auch vom Finanzamt, das Ihnen z.B. Umsatzsteuer zurücküberweist) Einnahmen waren, und alle Überweisungen von Ihrem Bankkonto (z.B. wenn Sie Ihre Lieferantenrechnungen bezahlen oder Umsatzsteuer ans Finanzamt überweisen) Ausgaben. Die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben war schließlich Ihr Gewinn (abgesehen von größeren Anschaffungen, die Sie ja auf mehrere Jahre „abschreiben“ müssen – aber das ist bei Bilanzierung ganz genauso).
Einige Punkte davon unterscheiden sich bei der Gewinnermittlung durch Bilanzierung ganz grundlegend. Eine generelle Erläuterung dieser Punkte finden Sie in den nächsten Abschnitten (wie Sie das alles konkret buchen müssen, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen, finden Sie in den späteren Kapiteln).
Der Leistungszeitpunkt
Bei Kosten und Erlösen kommt es nun nicht mehr auf den Zahlungszeitpunkt an, sondern auf den Leistungszeitpunkt. Das heißt: In dem Moment, in dem Sie Ihrem Kunden etwas verkaufen, haben Sie Gewinn gemacht – unabhängig davon, wann Ihr Kunde Ihre Rechnung bezahlt. Umgekehrt haben Sie Kosten verursacht, sobald Sie etwas einkaufen – unabhängig davon, wann Sie Ihre Lieferantenrechnung bezahlen. Falls Sie Leistungen ein- oder verkaufen, die sich zeitlich über mehrere Kalender- (eigentlich Wirtschafts-) Jahre erstrecken (z.B. ein Software-Wartungsvertrag vom Juli des aktuellen Jahres bis zum Juni des Folgejahres), müssen Sie den Erlös bzw. die Kosten entsprechend aufteilen (hier z.B. halbe-halbe).
Dieses Prinzip kann (bezüglich des Gewinns) in manchen Wirtschaftsjahren besser, in manchen schlechter für Sie ausfallen als eine EÜR – unterm Strich (d.h. in der langjährigen Betrachtung) kommt allerdings logischerweise genau dasselbe heraus (schließlich fließt ja letztendlich auch genau dasselbe Geld).
Insbesondere für Dienstleister mit einem festen Kundenstamm und regelmäßigen (aber unterschiedlich hohen) Rechnungen ist die (Umsatz- und) Gewinnermittlung nach dem Leistungszeitpunkt meiner Meinung nach ein gutes Instrument, einzelne Zeiträume (z.B. Monate) vom Umsatz her miteinander zu vergleichen – unabhängig davon, wann die Kunden tatsächlich die Rechnungen bezahlen (was ja oft recht unregelmäßig geschieht).
Auch andere Dinge müssen „zeitrichtig“ gebucht werden, z.B. die Gewerbesteuer immer in dem Jahr, für das sie eines Tages bezahlt werden muss. Da Sie bei der Erstellung der Bilanz i.d.R. noch keine „Rechnung“ dafür erhalten haben, müssen Sie hierfür eine Rückstellung einbuchen (ebenso für andere Dinge, die für das laufende Jahr noch bezahlt werden müssen). Näheres dazu finden Sie im Kapitel über die Abschlussbuchungen.
Die Umsatzsteuer
Weder die berechnete noch die tatsächlich geflossene Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) führt in keinem der möglichen vier Fälle (1. vom Kunden erhalten, 2. an Lieferanten gezahlt, 3. ans Finanzamt abgeführt, 4. vom Finanzamt erstattet) zu irgendeiner Auswirkung auf den Gewinn. Gegenüber der EÜR ist dies also sogar eine Vereinfachung – bei der Gewinnermittlung kann man jegliche Umsatzsteuer außen vor lassen.
Wie die Umsatzsteuer gebucht wird, finden Sie weiter hinten in diesem Buch in einem separaten Kapitel „Umsatzsteuer“.
Der Warenbestand
Ja, Sie müssen nun am Ende eines jeden Wirtschaftsjahrs Inventur machen, also eine Liste Ihrer Handelswaren, die sich gerade im Lager befinden (und diesen Warenbestand entsprechend buchen, was im Kapitel über die Jahresabschlussbuchungen noch genauer erläutert wird). Hier haben es reine Dienstleister natürlich leichter (weil der Warenbestand immer „null“ ist).
Anders als bei der EÜR wirkt sich ein Wareneinkauf – für viele überraschend – nicht unmittelbar auf den Gewinn aus. Denn hierbei tauschen Sie lediglich „Geld gegen Ware“, d.h. das Vermögen Ihres Unternehmens ändert sich nicht: Statt tausend Euro auf Ihrem Bankkonto haben Sie dann z.B. einen Computer für tausend Euro in Ihrem Warenlager stehen. Das ist weder Gewinn noch Verlust, spielt diesbezüglich also keinerlei Rolle. Erst in dem Jahr, in dem Sie den Computer z.B. für eintausendfünfhundert Euro verkaufen, haben Sie fünfhundert Euro steuerlichen Gewinn gemacht (Verkaufspreis minus Anschaffungspreis).
Kurz gesagt entsteht die Betriebsausgabe für den Wareneinkauf erst dann, wenn die eingekaufte Ware Ihr Lager wieder verlässt (normalerweise durch Verkauf, aber vielleicht müssen Sie auch einmal etwas wegwerfen, wenn es inzwischen kaputtgegangen ist).
Unterjährig macht man sich i.d.R. allerdings nicht die Mühe, diese Dinge so aufwendig zu buchen, da zwischen Einkauf und Verkauf von Ware meistens ja nur ein paar Tage oder Wochen liegen und es furchtbar umständlich und kompliziert wäre, jede einzelne Warenbewegung ins Lager hinein- und wieder herauszubuchen. (Außer Sie haben ein sündhaft teures Warenwirtschaftssystem mit integrierter Buchhaltung gekauft, das dies automatisch für Sie erledigt. Aber dann würden Sie vermutlich nicht dieses Buch lesen.) Aus diesem Grund bucht man „unterm Jahr“ ganz normal alle Warenein- und -ausgänge auf die entsprechenden Kosten- und Erlöskonten und korrigiert den steuerlichen Gewinn am Ende des (Wirtschafts-)Jahrs durch die entsprechenden Inventurbuchungen. (Wie das genau geht, erfahren Sie weiter unten im Kapitel über die Jahresabschlussbuchungen.)