Читать книгу Local Heroes - Zukunftsfähiger Einzelhandel durch Online-/Offline-Integration - Matthias Hell - Страница 13

Оглавление

Emmas Enkel

Tante-Emma-Laden nach Online-Funktionsprinzip

Ein weiterer Local Hero aus dem Lebensmittelbereich sind Emmas Enkel. Während es beim Drive-Markt von V-Markt darum geht, das breite Sortiment eines großen Supermarkts auf einfache Weise online darzustellen, verhält sich der Fall Emmas Enkel genau entgegengesetzt: „Der Ausgangspunkt war ein kleiner Laden mit möglichst vielen Produkten“, berichtet Gründer Sebastian Diehl über das gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Benjamin Brüser im Oktober 2011 in der Düsseldorfer Innenstadt eröffnete Ladengeschäft von Emmas Enkel. Um ihrer Zielvorstellung möglichst nahezukommen, übertrugen Diehl und Brüser das schlanke Funktionsprinzip eines Online-Shops auf das klassische Format eines – zeitgemäß interpretierten – Tante-Emma-Ladens.

In der Praxis sieht das so aus, dass im Ladenbereich von Emmas Enkel nur eine recht überschaubare Anzahl an Produkten – rund 500 Artikel – präsentiert wird. Im angeschlossenen Lager, das die Verkaufsfläche deutlich übersteigt, sind allerdings noch einmal rund 1.500 Artikel verfügbar. Um ihren Einkauf zusammenzustellen, können es sich die Kunden in der Kaffee-Ecke des Ladens gemütlich machen und per iPad ihre Auswahl aus dem Gesamtsortiment von Emmas Enkel treffen. Zehn Minuten später stehen die fertig gepackten Einkaufstüten dann am Verkaufstresen zur Abholung bereit. „Wir wollten den Lebensmittel-Einzelhandel so darstellen, dass wir uns selber vorstellen konnten, dort einzukaufen“, erklärt Sebastian Diehl die Motivation hinter dem Tante-Emma-Laden für das Internet-Zeitalter.

Das Ladengeschäft und Lager verbindende Funktionsprinzip von Emmas Enkel machte eine Reihe von Weiterführungen naheliegend: „Um unseren Radius zu erweitern, kam unser Online-Shop dazu“, berichtet Diehl. So bietet Emmas Enkel neben dem Einkauf vor Ort auch die Abholung von online bestellten Waren im Laden an. Außerdem können Kunden im Düsseldorfer Stadtgebiet sich ihren Online-Einkauf am gleichen Tag nach Hause liefern lassen und haben dabei die Möglichkeit, zwischen mehreren Liefer-Zeitfenstern zu wählen. Die Lieferkosten liegen dabei mit 4 Euro vergleichsweise niedrig, ab einem Einkaufswert von 30 Euro ist die Lieferung sogar kostenlos. Inzwischen versenden Emmas Enkel auch deutschlandweit, wegen der längeren Versanddauer stehen verderbliche Waren dafür allerdings nicht zur Verfügung. „Dass wir auch in den Rest von Deutschland liefern, ist nur ein Test dafür, wie das mit einer Art virtuellen Filiale läuft“, räumt Diehl ein. „Wenn man verderbliche Waren anbietet, muss man auch die Lieferung am gleichen Tag anbieten. Das Thema ist im Online-Lebensmittelhandel noch der Knackpunkt.“

Nichtsdestotrotz bestätigt der Erfolg die intuitive Herangehensweise der Emmas Enkel-Gründer: „Wir haben das alles mit Leben gefüllt und waren dann auf einmal bei diesem umfassenden Multichannel-Ansatz, der bisher in Europa einzigartig ist und eine große Resonanz hervorruft“, beschreibt Diehl seine Erfahrungen seit der Geschäftsgründung. Zu seinen denkwürdigsten Erlebnissen zählen eine Nominierung für den prestigeträchtigen World Retail Award in London sowie der Besuch von Bundeskanzlerin Merkel am CeBIT-Messestand von Emmas Enkel. Aber auch der Wettbewerb interessiert sich lebhaft für das Multichannel-Modell der Düsseldorfer: „Die ganz Großen der Branche waren schon da, sogar auf Vorstandsebene“, berichtet Diehl. Angst, dass jemand sein Geschäftsmodell klaut, hat der Unternehmer dabei nicht: „Die Lebensmittelkonzerne sagen uns selbst, dass sie ein Konzept wie unseres so schnell nicht hinkriegen. So ein Dickschiff umzusteuern ist schwierig.“ Zudem hätten viele Wettbewerber Angst, sich mit Online-Angeboten selbst stationär zu kannibalisieren. „Und die technischen Anforderungen müssten sie auch noch meistern“, so Diehl.

Für viel Aufmerksamkeit sorgen Emmas Enkel auch mit der Außengestaltung ihres Ladengeschäfts. So ermöglicht der moderne Tante-Emma-Laden mittels einer „QR-Wand“ und der QRShopping-App von PayPal Passanten auch außerhalb der Öffnungszeiten den Einkauf. „Zum Umsatz trägt das eher nicht bei“, stellt Unternehmensgründer Diehl allerdings klar. Bei den QR-Codes handele es sich vor allem um eine Marketing-Maßnahme, um das Modell des Tante-Emma-Ladens wieder modern zu machen. „QR-Codes können aber in Zukunft noch ein Thema sein, dann aber in etwas anderer Form und auch eher weiter weg vom Laden“, erklärt Diehl.

Zunächst planen Emmas Enkel eine Reihe von konkreten Weiterentwicklungen. So sei das Cross-Selling im Shop noch ausbaufähig und man wolle beim Empfehlungs- und Newsletter-Marketing nachbessern. „Die großen Hürden habe man allerdings bereits beim Verkaufsstart gemeistert,“ gibt sich Diehl überzeugt. Für den Unternehmer sind das vor allem die Online-Darstellung von Live-Beständen sowie die angesichts der großen Produktvielfalt recht anspruchsvolle Schaffung von Standards in der Darstellung. „Das ist das Wichtigste. Für den Rest gibt es Fachleute, die können das schon“, so Diehl.

Social-Media-Maßnahmen betrachten Emmas Enkel als logischen Bestandteil ihres Unternehmenskonzepts: „Da früher Tante-Emma-Läden auch zur Kommunikation benutzt wurden, haben wir unseren Shop bei Facebook als eine Kommunikationsplattform positioniert.“ Durch eine Reihe von Aktionen und Preisausschreiben habe Emmas Enkel dafür, dass man bisher nur in einer Stadt präsent sei, bereits eine beachtliche Fanbase aufbauen können. „Die Verkaufsschiene sehen wir bei Facebook dagegen bisher eher nicht. Da wird vieles davon abhängen, welche Funktionen Facebook noch entwickelt und wie sie das Thema Verkaufen unterstützen.“

Aber auch ohne „Facebook-Commerce“ zeigt sich Firmengründer Diehl mit der Geschäftsentwicklung hochzufrieden. „Gerade die lokalen Online-Bestellungen laufen sehr gut an. Wir machen bereits mehr als 50 Prozent des Umsatzes über den Online-Versand.“ Gutes Potenzial sei auch mit Abo-Services zu erzielen. Die positiven Erfahrungen haben die Emmas Enkel-Gründer nach anfänglichem Zögern dazu ermuntert, aktiv das Thema Expansion anzugehen: In Essen haben Diehl und Brüser zusammen mit einem Partner eine Filiale eröffnet, die zwar etwas kleiner ist als der Laden in Düsseldorf, dafür aber auch ein Mittagstisch-Angebot umfasst. Weitere Emmas Enkel-Läden sollen nach dem Franchise-Modell entstehen, nach Interessenten dafür wird bereits auf der Laden-Webseite gesucht.


Quelle: Emmas Enkel

Local Heroes - Zukunftsfähiger Einzelhandel durch Online-/Offline-Integration

Подняться наверх