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2. Fehlerhaftigkeit wegen Angabe einer falschen Kündigungsfrist

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Die Anhörung könnte deshalb fehlerhaft gewesen sein, weil P dem Betriebsrat eine zu lange Kündigungsfrist mitgeteilt hat. Fraglich ist allerdings, ob durch Angabe einer falschen Kündigungsfrist das Anhörungserfordernis des § 102 I 1 BetrVG verfehlt wird.

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Das BAG zählt Kündigungsfrist und Beendigungstermin zwar grundsätzlich zu den notwendigen Anhörungspunkten i.S.d. § 102 I 1 BetrVG.[12] Die versehentliche Angabe nicht einschlägiger Kündigungsfristen oder Beendigungstermine führe jedoch nicht zu einer fehlerhaften Anhörung, da ohnehin unsicher sei, zu welchem Zeitpunkt die beabsichtigte Kündigung dem Arbeitnehmer später zugehe und damit nach § 130 I 1 BGB wirksam werde. Damit sei der Kündigungstermin selbst bei Angabe der korrekten Kündigungsfrist i.d.R. noch nicht absehbar oder gar genau berechenbar.[13] Dagegen lässt sich jedoch einwenden, dass sich durch eine Verzögerung der Abgabe oder des Zugangs der Kündigungserklärung der Beendigungstermin zeitlich allenfalls nach hinten verlagern kann. Der Betriebsrat weiß also bei Angabe der korrekten Kündigungsfrist, wann die Kündigung frühestens wirken kann. P hat dem Betriebsrat eine zu lange Kündigungsfrist mitgeteilt; der wirkliche Beendigungstermin lag damit zeitlich vor dem aus Sicht des Betriebsrats frühest möglichen Beendigungstermin.

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Allerdings ist zweifelhaft, ob die Angabe von Kündigungsfrist und Beendigungstermin stets zum Inhalt einer ordnungsgemäßen Mitteilung nach § 102 I 2 BetrVG zählt.[14] Dagegen spricht zunächst, dass diese Angaben nicht zu den „Gründen für die Kündigung“ rechnen.[15] Außerdem muss der Arbeitgeber nach § 102 I 2 BetrVG nur seine subjektiven Vorstellungen bezüglich der beabsichtigten Kündigung mitteilen.[16] Entsprechen diese Vorstellungen nicht der objektiven Rechtslage, so mag die beabsichtigte Kündigung aus anderen Gründen nicht in der vorgesehenen Form wirksam sein; zur Fehlerhaftigkeit des Anhörungsverfahrens führt dies jedoch nicht.[17] Auch für die Einwirkung auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers ist die Länge der Kündigungsfrist somit ohne Belang. Schließlich hat die Länge der Kündigungsfrist auch keinerlei Bedeutung für die sonstige Rechtewahrnehmung des Betriebsrats: Anders als bei der Unterscheidung zwischen ordentlicher und außerordentlicher Kündigung (Abgrenzung zu § 102 II 3 BetrVG) hängt der Umfang des Beteiligungsrechts des Betriebsrats aus § 102 BetrVG nicht von der Länge der Kündigungsfrist ab.

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Nach alledem führt die versehentliche[18] Falschinformation über die für A einschlägige Kündigungsfrist nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung analog § 102 I 3 BetrVG.

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Hinweis zur Klausurtechnik:

Dass die Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung zur Kündigungsfrist unwirksam ist, lässt sich mit entsprechender Argumentation ebenso vertreten. In diesem Fall ist nicht im Hilfsgutachten weiter zu prüfen, da es anschließend um gleichrangige Unwirksamkeitsgründe geht, die nicht in einem logischen Abhängigkeitsverhältnis zum vorhergehenden Prüfungspunkt stehen (vgl. noch ausführlich Rn. 94).

Klausurenkurs im Arbeitsrecht II

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