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Die Entwicklung des Babies

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Auf den ersten Blick erscheint die Schwangerschaft mit einer durchschnittlichen Dauer von 280 Tagen für die eine oder andere werdende Mutter unglaublich lang. Schließlich ist die Länge im Vergleich zu anderen Primaten (bspw. Gorilla mit 221 Tagen) verhältnismäßig hoch. Ganz so außergewöhnlich langgezogen wie Sie jetzt vielleicht denken, ist der Zeitraum jedoch nicht, denn das werdende Leben benötigt Zeit, um sich vollständig zu entfalten – gewissermaßen entsteht aus nur einer einzelnen befruchteten Eizelle auf wunderbare Weise ein menschliches Wesen.

Natürlich vollzieht sich die Entwicklung des werdenden Lebens nicht auf einen Schlag. Vielmehr durchläuft das Kind je nach Entwicklungsstadium mehr oder minder intensive Phasen der Reifung. So ist der erste Abschnitt der Schwangerschaft durch die Ausbildung und Anlage der wichtigsten Organe und Gliedmaßen geprägt, während im zweiten Teil der Fokus auf dem Heranwachsen und dem Training für die spätere Nutzung liegt. Im abschließenden Schwangerschaftsdrittel wächst das Kind bis auf kleinere Reifungsprozesse nur noch heran und legt gewissenhaft an Gewicht zu.

Das erste Drittel der Schwangerschaft

Im Gegensatz zur Mutter, die in den ersten Wochen nur selten Kenntnis von Ihrer Schwangerschaft hat, entwickelt sich das Kind in den ersten Wochen der Schwangerschaft explosionsartig. Die Entstehung startet am ersten Tag, an dem eine mikroskopisch kleine Eizelle, Follikel genannt, dem Eierstock entspringt und von dort in den Eileiter wandert, wo sie auf eines der rund 250 Millionen Spermien einer durchschnittlichen Ejakulation des Mannes trifft. In Folge der Befruchtung verändert sich die Eizelle, indem die äußere Schicht verhärtet und einen Schutz vor dem Eindringen weiterer Spermien gewährleistet. Nach Abschluss des Vorganges beginnt die Eizelle mit der Teilung und erreicht nach nur wenigen Tagen eine beachtliche Größe von ungefähr 150-200 Zellen. Mit Erlangen der Größe wandert die Zellanhäufung in Richtung Gebärmutter, dem endgültigen Nistplatz des Fötus. Lediglich 7-10 Tagen später schließt der Prozess der Einnistung ab und die eigentliche Entwicklung des Kindes beginnt.

Zum Schutz der sensiblen Zellengemeinschaft stellt der Fötus in der dritten Schwangerschaftswoche Gewebeflüssigkeit bereit und formt eine erste zarte Hülle. Noch ist die Oberfläche dünn und empfindlich, im Verlauf der Schwangerschaft übernimmt sie jedoch die schützende Funktion der Fruchtblase. Mit Beginn der vierten Schwangerschaftswoche beherbergt die Zellanhäufung (auch Blastozyste genannt) bereits zwei unterschiedliche Gruppen von Zellen, wobei die sogenannten inneren Zellen der Morula für die spätere Entwicklung des Kindes zuständig sind und die äußeren Zellen die Bildung des Mutterkuchens übernehmen. Noch ist der Fötus im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung nicht zu erkennen; zum Ende der vierten Schwangerschaftswoche wird er jedoch schon einen knappen Millimeter messen, durchsichtig und sehr sehr weich sein.

Die fünfte Schwangerschaftswoche kennzeichnet ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt des Fötus. Stammzellen, die sich noch in verschiedene Zelltypen oder Gewebe ausdifferenzieren können, erschaffen drei sogenannte Keimblätter, aus denen sich zum einen die Atemorgane und der Verdauungsapparat formen, ein weiterer Teil in Kochen, Muskeln, Gewebe, Fortpflanzungsorgane, Nieren und das Kreislaufsystem differenziert sowie aus dem dritten Teil Haut, Haare, Gehirn und Wirbelsäule entstehen. Spätestens ab dem 22. Lebenstag ziehen sich weitere Stammzellen zu Herzzellen zusammen und formen ein sehr, sehr kleines rohrförmiges embryonales Herz, dessen Herzschlag mit viel Glück bei einer Vorsorgeuntersuchung wahrgenommen werden kann.

Im Verlauf der sechsten Schwangerschaft stellt der Fötus eine Verbindung mit der Gebärmutter her, wodurch ein weiterer Schritt der Entwicklung, die Bildung der Wirbelsäule, beginnen kann. Im Zuge des weiteren Wachstums sorgen die ursprünglichen Zellen ferner für die Entstehung von Hals- und Brustwirbeln sowie für eine Veränderung des Herzens, das primitive Vorhöfe und Herzkammern herauskristallisiert. Im Verlauf der folgenden Schwangerschaftswoche setzt der Fötus sein beschleunigtes Wachstum fort und nimmt täglich rund einen Millimeter an Größe zu. Das zunehmende Wachstum betrifft in dieser Phase vornehmlich die großen inneren Organe wie Herz, Lunge, Gehirn, Leber oder Verdauungstrakt) und setzt sich soweit fort, das bei den meisten Föten; am Ende der Woche ein erstaunlicher Entwicklungsstand erreicht wird.

Mit voranschreitender Schwangerschaft nimmt der Embryo Tag für Tag eine menschlichere Gestalt an. Einen gewichtigen Beitrag für den Fortschritt leisten insbesondere Arme, Hände, Beine und Füße, die sichtbar wachsen. Darüber hinaus bildet der Fötus kleine Schädelknochen die bereits nach kurzer Zeit das komplette Gehirn bedecken und die Entstehung von Anoxen in den Nervenzellkörpern begünstigen, mit denen der Embryo wiederum Kontakt zu den Nerven- und Muskelzellen herstellen kann. Gegen Ende der neunten Schwangerschaftswoche ist die optische Entwicklung des Fötus schon so weit voran geschritten, dass oberhalb der Augen kleine Augenlider ansetzen und an den Kopfseiten kleine Beulen erscheinen, die die späteren Ohren bilden. Mit dessen Hilfe entwickelt der Fötus auch den ersten Sinn, das Hören, mit dem er zunächst Geräusche in der näheren Umgebung wahrnimmt. Spätestens in der zehnten Schwangerschaftswoche ist der aktuelle Entwicklungsschritt in vollem Gange, wobei sich die Gesichtskonturen schärfen; Ohren, Nase und Mund markanter werden und im Mund die Zahnanlagen ihren endgültigen Platz finden. Insgesamt betrachtet wird der Körper bei gleichzeitiger Verhärtung von Muskeln und Knorpel nun stetig länglicher und erreicht am Ende der zehnten Schwangerschaftswoche eine beachtliche Größe von durchschnittlich 25 bis 34 mm.

In den letzten drei Wochen des ersten Schwangerschaftsdrittels ist der Prozess der grundlegenden Anlage von Organen und Gliedmaßen nun fast vollständig abgeschlossen, sodass der Embryo Zeit zum wachsen hat. Finger und Zehen treten noch deutlicher hervor, Arme und Beine sitzen am angedachten Platz und bilden Proportionen, die einem Menschen nahezu entsprechen. Gegen Ende der 13. Schwangerschaftswoche ist die elementare Grundentwicklungsstufe des Fetus sogar soweit abgeschlossen, dass der kleine Körper in den nächsten Wochen seiner Entwicklung den Fokus auf das Training der Organe und Gliedmaßen legen kann.

Das zweite Drittel der Schwangerschaft

Mit Beginn der 15. Schwangerschaftswoche ist der Fötus auf die Größe einer kleinen Melone herangewachsen, sein Kopfdurchmesser beträgt im Durchschnitt 28 bis 37 Millimeter, die Körperlänge liegt bei erstaunlichen 12 Zentimetern und das Gewicht ist im Mittel auf 80-100 Gramm gestiegen. Im Verlauf der 15. und 16. Schwangerschaftswoche wächst der Fötus nun kontinuierlich weiter, fast alle Muskeln reagieren auf vom Gehirn gestreute Reize und werden entsprechend ihrer Funktion eifrig bewegt. Obendrein ist das Herz fast vollständig ausgereift; Vorhöfe, Herzkammern und Herzklappen arbeiten hervorragend zusammen und gestatten es dem Fötus, den eigenen Blutkreislaufes ohne zusätzliche Unterstützung durch den mütterlichen Körper zu nutzen.

Je nach individuellem Entwicklungsstand des Fötus sprießen gegen Ende der 17. Schwangerschaftswoche im Gesicht des Kindes erste Augenbrauen- und Kopfhaare sowie kleine Ansätze von Haarwirbelchen. Zusätzlich werden in der darauf folgenden Schwangerschaftswoche Wangenmuskeln sichtbar, die dem Fötus den typischen runden, babyhaften Gesichtsausdruck verleihen. Mit Blick auf die innerer Organe ist die Entwicklung größtenteils abgeschlossen und die Aufnahme der entsprechenden Funktion (bspw. Produktion Gallenflüssigkeit und Insulin in Leber und Bauchspeicheldrüse) kann beginnen.

Am Anfang der 20. Schwangerschaftswoche erreichen Fötus und Mutter die Halbzeit der Schwangerschaft. Der Fötus ist in den letzten Wochen stetig weiter gediehen und wiegt bei einer Scheitel-Steiß-Länge von durchschnittlich 20 Zentimetern zwischen 250 Gramm und 350 Gramm. Auf Grund des Fortschrittes in der Entwicklung naht für das junge Leben auch die Zeit, in der das zum Verarbeiten von Sinnesreizungen und Wahrnehmungen wichtigste Organ, das Gehirn, zwischen 12 – 14 Milliarden Nervenzellen bildet und den Fötus damit um Geschmacks-, Hör-, Tast- und Sehsinn bereichert.

Mit Erreichen der 21. Schwangerschaftswoche ist das Training der Organe und Gliedmaßen in vollem Gange. Reflexartig werden die Augenlieder geöffnet und geschlossen, Arme und Beine bewegt und der noch junge Kreislauf unter Last gesetzt. Damit der Fötus nach der Geburt seine Körpertemperatur regulieren kann, entsteht ab der 23. Schwangerschaftswoche unter der Haut eine spezielle Fettschicht, deren Anteil bei Neugeborenen um etwa 5 Prozent des Körpergewichtes liegt. Daneben bietet ab der 25. Schwangerschaftswoche eine feine Schmiere, die sogenannte Käseschmiere, einen zusätzlichen Schutz für die Haut, die das Baby gleichzeitig bei seinem späteren Weg aus dem Geburtskanal unterstützt. Am Ende des zweiten Schwangerschaftsdrittels erreicht der Fötus bereits eine Größe von durchschnittlich 33 Zentimeter und hat die Marke von 1000 Gramm Gewicht durchbrochen.

Das letzte Drittel der Schwangerschaft

Die Schwangerschaftswochen schreiten emsig dahin und mit Woche 28 biegen Mutter und Kind auf die Zielgerade in Richtung Geburt ein. Das Baby fühlt sich im Bauch der Mutter jetzt pudel wohl und nimmt beständig an Körpergewicht und –länge zu. Das Knochengerüst des Ungeborenen wird von nun an härter, Muskeln, Gehirn und sämtliche Organe reifen zügig heran. Merkbar für die Mutter wird nun auch der gesteigerte Nährstoffbedarf des Fötus, der bis zur 36. Schwangerschaftswoche seinen Höchststand erreicht.

Zu Beginn der 30. Schwangerschaftswoche löst sich die ursprüngliche Körperbehaarung und eine zweite Generation von Haaren, das echte Haar, wächst heran. Bis zur Geburt wird deren Verwandlung soweit vollzogen sein, dass das ursprüngliche „Lanugo-Haar“, das zwischen der 13. und 16. Schwangerschaftswoche entstand, vollständig verschwunden ist. Mit dem Verlust der „Wollbehaarung“ verliert der Fötus ebenfalls den Schutz der Haut, der bislang durch die in den Talgdrüsen der Lanugohaare gebildete Käseschmiere bestand. Lediglich ein kleiner Rest der Käseschmiere wird verbleiben, um dem Baby den Weg durch den Geburtskanal zu erleichtern.

Mitte des letzten Schwangerschaftsdrittels ist der Fötus fähig, seine Körpertemperatur selbstständig zu kontrollieren und regeln. Bis zu diesem Zeitpunkt oblag die Aufgabe dem mütterlichen Körper, der beide Kerntemperaturen auf einem konstanten Niveau von 35,8 bis 37,2 Grad Celsius hielt. Auf Grund der Größe und des stetig steigenden Gewichts ist der mütterliche Körper auch nicht mehr im Stande eine alleinige Regelung zu garantieren.

Spätestens zur 34. Schwangerschaftswoche rückt die Ziellinie in Sicht, denn nur noch wenige Wochen und das Kind wird das Licht der Welt erblicken. Der Fötus wiegt jetzt durchschnittlich 2300 Gramm und kann eine mittlere Größe von 38 Zentimetern vorweisen. Sorgen um eine Frühgeburt sind ab der 35. Schwangerschaftswoche unbegründet, denn rund 99 Prozent der in Woche 35 geboren Kinder kann ohne größere Schwierigkeiten außerhalb des Mutterleibes überleben, zumal bei einem Großteil der Kinder die Entwicklung der Organe und Gliedmaßen vollständig beendet ist. In den folgenden Wochen wird der Fötus jetzt nur noch an Körpergröße und -gewicht zunehmen, bis er zur Geburt rund 3500 Gramm und ein Maß von 45 Zentimetern erreicht. Löst sich bei der werdenden Mutter abschließend der Schleimpfropf, ist der Weg zur Geburt frei – dann dauert es nur noch kurze Zeit und 280 Tage Schwangerschaft sind vorüber.

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