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II. Rechtsnatur von Loyalitätsobliegenheiten

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Differenziert werden muss in diesem Bereich zwischen den allgemeinen arbeitsvertraglichen Pflichten, der fehlerfreien Erbringung der Arbeitskraft, die als Primärpflicht aus § 611 BGB i.V.m. aus dem Arbeitsvertrag erwächst, sowie den hier relevanten Obliegenheiten, die zur Loyalität gegenüber der Kirche aufrufen. Jedem allgemeinen Arbeitsvertrag liegt zugleich als Teil der allgemeinen arbeitsvertraglichen Treuepflicht ein Mindestmaß an Loyalitätspflicht zugrunde.84 Die §§ 242, 241 II BGB verpflichten einen jeden Vertragspartner und somit auch kirchliche Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber zur Rücksicht und zum Schutz und zur Förderung des Vertragszwecks.85 Ausgehend von dieser allgemeinen Formulierung haben sich in der Rechtsprechung verschiedene Fallgruppen etwa zu Aufklärungspflichten,86 zur Unterlassung von Nebentätigkeiten,87 Verschwiegenheitspflichten88 und Wettbewerbsverboten89 herausgebildet. Ein jeder Arbeitnehmer unterliegt also bis zu einem bestimmten Grad Loyalitätsobliegenheiten. Diese finden jedoch grundsätzlich ihre Grenze im privaten, außerdienstlichen Bereich. So formuliert Thüsing eingängig: „Der Privatbereich des Arbeitnehmers ist für den weltlichen Arbeitgeber tabu.“90 Der Arbeitnehmer kann nicht verpflichtet werden „ein ordentliches Leben zu führen und sich dabei seine Arbeitsfähigkeit und Leistungskraft zu erhalten.“91 Der weltliche Arbeitgeber wird also insbesondere nicht zum „Sittenwächter“ über Leben und Verhalten seines Arbeitnehmers.92 Tatsächlich kann der Arbeitnehmer nicht einmal dazu verpflichtet werden, über eben dieses Privatleben Auskunft zu erteilen.93 Ausnahmen sind nur in seltenen Grenzfällen möglich.94

Hier ist also der erste Unterschied zu kirchlichen Loyalitätsobliegenheiten zu erblicken. Die Kirchen verpflichten den Arbeitnehmer auf das Leitbild einer kirchlichen Dienstgemeinschaft,95 was ausdrücklich außerdienstliches Verhalten mit einbezieht.

Bei der Festlegung von Loyalitätsobliegenheiten handelt es sich nicht um eine Inanspruchnahme der allgemeinen Vertragsfreiheit96 oder etwa gar um Tarifrecht97, sondern vielmehr um religiöse Fragen und damit um eine Freiheit, die die Kirche als Religionsgemeinschaft wahrnimmt.98 Rechtsgrundlage der Loyalitätsobliegenheiten ist dennoch einzig der Arbeitsvertrag.99 Das Leitbild einer Dienstgemeinschaft wird also „mit den Mitteln des Vertragsrechts verwirklicht.“100

Zuletzt ist noch, der korrekten Begrifflichkeit halber, darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Loyalitätsobliegenheiten eben um solche handelt: Obliegenheiten. Im Gegensatz zu Nebenpflichten, deren Erfüllung einklagbar ist, besteht hier kein eigenständiger Anspruch auf ihre Erfüllung;101 lediglich ihre Nichtbeachtung kann gegebenenfalls eine Kündigung seitens des Arbeitgebers rechtfertigen.102

Kirchliche Loyalitätspflichten und die Europäische Menschenrechtskonvention

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