Читать книгу Ratschlag zum Verzehr der Seidenraupe - Matthias Politycki - Страница 15
Alleine reisen
Оглавление»für mich!«
ist keine ganz einfache Übung.
Am leichtesten noch gelingt
das Radioeinschalten, das Durchstarten,
sobald du die Auffahrt gefunden
zum neuen Tag. Aber dann!
Restaurants sind zu meiden. Desgleichen Cafés.
Am Meer fahr vorbei, an seinen grünen, grauen Streifen,
laß dich nicht von den Dünen locken, den Leuchttürmen!
Am besten, du verläßt den Highway gar nicht erst.
Deine Lieblingsbeschäftigung gelte
dem Drehmoment des Kilometerzählers.
Dein Lieblingsgedanke umkreise
die Zeit, die du gewonnen, indem du
Geschwindigkeitsbegrenzungen mißachtet hast.
Dein Freund sei der Tankwart,
deine Freundin die Frau, die dir
’nen Blaubeermuffin übern Tresen schiebt.
Fahr so lange wie möglich
(wenn’s regnet, ist’s gut, wenn’s hagelt,
ist’s besser), bis tief in die Nacht:
Schau streng den Mittelstreifen entlang,
bis dir die Augen zusammenschnurren vor so viel Zukunft.
Erst dann nimm das schäbigste, hörst du,
das schäbigste Hotel, denn es wird ohnehin kein anderer
als du sein, der darinnen wartet, bis er
nach ein paar Stunden wieder abfahr’n darf.
Und wenn du in dein Zimmer trittst –
mach bloß jetzt keinen Fehler mehr! –,
dann fang sofort an mit dem Warten.
Oder willst du Gefahr denn laufen,
die Nacht mit jemand andrem zu verbringen
als lauter Leuchttürmen und
Meer?
Alleine reisen, vergiß es,
ist keine ganz einfache Übung.