Читать книгу Wild Claws (3). Im Visier der Haie - Max Held - Страница 10

Оглавление

»Das sind doch mehr als hundert Meter!«, rief Jack nach einer Weile. Ein Blick zurück zum Strand bestätigte seine Befürchtung.

Logan warf einen Blick auf seine GPS-Uhr und checkte die Koordinaten. »Wir sind gleich da«, sagte er. Und wirklich: Eine Minute später hatten sie die Stelle erreicht. Direkt unter ihnen, auf einigen Felsen ruhend, lag das Wrack.

»Das sind höchstens drei Meter«, sagte Logan und wischte das Glas seiner Schnorchelmaske sauber. »Auf geht’s.« Damit setzte er die Maske auf, holte tief Luft und tauchte ab. Jack und Charlotte folgten ihm.

Der Druck auf ihren Ohren nahm rasend schnell zu und schon nach zwei Metern hatten sie das Gefühl, dass ihre Köpfe in Schraubzwingen steckten, die langsam zugedreht wurden. Hinzu kam die Schwierigkeit, überhaupt runterzukommen, denn die gefüllten Lungen trieben ihre Körper wieder nach oben. Deshalb entließen die drei Freunde etwas Luft, was ihre Zeit unter Wasser allerdings verkürzte.

Die auf der Seite liegende Jacht umgab etwas Geheimnisvolles. Automatisch fragte man sich, warum sie gesunken und was aus der Besatzung geworden war – oder war sie womöglich mit ihrem Boot untergegangen? Da die Jacht kaum Algenbewuchs aufwies, lag sie vermutlich noch nicht lange auf den Felsen. In Besitz genommen war sie allerdings schon: Schwärme kleiner Fische flitzten umher und suchten Schutz im Inneren des rund sechs Meter langen Boots. Auf dem Kajütendach befand sich ein zu den Seiten hin offener und mit einem Sonnendach versehener Aufbau, unter dem das Steuer untergebracht war. Das Heck war mit mehreren Angelvorrichtungen ausgestattet. Auch sonst entdeckten die drei Freunde nichts Ungewöhnliches. Nach einer Minute tauchten sie wieder auf und schnappten nach Luft.

»Warum ist das Boot gesunken?«, fragte Charlotte außer Atem.

»Ich sehe mir mal den Rumpf an«, japste Logan. »Vielleicht hat er ein Leck.«

»Und ich checke die Kajüte«, sagte Jack.

Damit tauchten sie erneut hinunter. Logan untersuchte den sichtbaren Teil des Rumpfs, fand aber nichts, was auf ein Leck hinwies. Allerdings entdeckte er etwas anderes auf dem Rumpf, das er kurzerhand in den Bund seiner Badehose steckte. Als er wieder auftauchen wollte, machte Charlotte ihn auf eine Öffnung am unteren Rand des Hecks aufmerksam.

»Was war das?«, fragte sie, nachdem sie wieder oben waren.

»Die Lenzklappe«, erklärte Logan. »Damit lässt sich Wasser aus dem Boot pumpen.«

»Wie denn das?«, fragte Charlotte verwundert. »Das Loch ist doch viel zu weit unten.«

»Die Lenzklappe befindet sich unterhalb der Wasseroberfläche«, bestätigte Logan. »Aber wenn das Boot schnell genug fährt, wird das Wasser aus dem Inneren durch die Sogwirkung rausgezogen.«

»Du meinst, obwohl man das Ding unter Wasser öffnet, fließt das Wasser raus?«

»Ganz genau. Aber wie gesagt: Das Boot muss dabei schnell fahren.«

»Und wenn es das nicht tut?«

»Läuft Wasser rein.«

Charlotte wurde nachdenklich. »Lässt sich eine Jacht auf diese Weise versenken?«

»Klar. Allerdings dauert das eine Weile.« Logan stutzte. »Wo ist Jack?«

Sie schauten sich um, aber ihr Freund war nirgends zu sehen. Logan tauchte mit dem Kopf unter Wasser, aber auch dort fehlte jede Spur von Jack.

»Er muss noch in der Kajüte sein«, vermutete Logan. »Vielleicht steckt er in Schwierigkeiten.«

Er setzte die Schnorchelmaske auf und stürzte sich in die Fluten. Charlottes Herz raste. Beim Gedanken, Jack könnte etwas zugestoßen sein, wurde ihr flau im Magen. Denn Jack war nicht nur ihr Freund, sondern wurde auch immer mehr zu einer Art Bruder. Seit seine Eltern Charlotte adoptiert hatten und sie im Haus der Familie Matthews ein eigenes Zimmer bewohnte, fühlte sie sich so wohl wie seit Jahren nicht mehr. Der Stress der jahrelangen Odyssee durch Heime und Pflegefamilien fiel langsam von ihr ab und in Charlotte breitete sich das Gefühl aus, angekommen zu sein. Sie fühlte sich in Devils Horn nicht nur wohl, sondern auch zunehmend heimisch. Und sie hatte wieder Spaß am Leben und Lust auf alles, was die Zukunft für sie bereithielt. Der Gedanke, dass ihre neue Familie zerstört werden könnte, schnürte ihr die Kehle zu.

Sie folgte Logan und beobachtete, wie er sich durch ein schmales Fenster ins Innere der Kajüte zwängte. Charlotte begriff sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Offenbar war Jack in der Kajüte in Schwierigkeiten geraten. Mit klopfendem Herzen erreichte sie das Fenster und zwängte sich ebenfalls hindurch. Sofort wurde sie von zwei Händen gepackt und nach oben gezogen. Sie durchstieß die Wasseroberfläche, streifte sich die Schnorchelmaske vom Gesicht und schnappte nach Luft.

»Alles okay?«, fragte eine Stimme.

»Jack!«, rief Charlotte erleichtert aus. »Wir dachten schon, dir wäre was passiert.«

»Wir sollten nicht zu lange bleiben«, sagte Logan. »Die Luft hier drinnen ist zu dritt schnell aufgebraucht.«

Erst jetzt realisierte Charlotte, dass sich innerhalb der Kajüte eine Luftblase befand, in der die drei mit ihren Köpfen steckten. »Was ist passiert?«, fragte sie.

Jack seufzte. »Ich hatte mich hier umgesehen und wollte die Kajüte gerade wieder verlassen, als direkt vor dem Fenster ein Hai vorüberschwamm.«

»Ein Ammenhai?«, fragte Logan.

Jack schüttelte den Kopf. »Ein Tigerhai.«

»Das ist ungewöhnlich.«

»Allerdings. Natürlich wollte ich sofort raus und euch warnen, aber der Hai kehrte um und hielt direkt auf mich zu. Ich konnte mich gerade noch zurück in die Kajüte retten. Dann schwamm er langsam am Fenster vorüber und starrte mit seinem Auge herein. Es kam mir fast so vor, als würde er mich beobachten.«

»Gruselig«, murmelte Charlotte.

»Wir haben den Hai nicht gesehen«, sagte Logan. »Allerdings habe ich eben auf dem Rumpf das hier gefunden.« Er zog den Gegenstand aus dem Bund seiner Badehose.

»Ein Haizahn«, sagte Jack.

»Ich hatte mich gefragt, wie der dorthin kommt«, sagte Logan. »Aber wenn hier ein Tigerhai herumschwimmt, ist die Frage ja beantwortet.«

»Vermutlich ist er schon wieder weg«, sagte Jack.

»Da wäre ich mir nicht so sicher«, sagte Charlotte. »Als wir zum Wrack rausgeschwommen sind, habe ich einen Schatten gesehen. Ich dachte, es wäre ein Tümmler oder eine Seekuh. Aber vielleicht war es auch der Hai.«

»Dann hat er uns möglicherweise schon länger verfolgt und wartet jetzt da draußen«, überlegte Logan.

»So ein Verhalten ist total unnormal«, sagte Jack. »Wieso belauert der Hai mich in der Kajüte, wenn nur ein paar Meter entfernt zwei Leckerbissen planschen?«

Logan räusperte sich. Aber Jack ließ sich nicht beirren. »Sorry, aber aus Sicht des Hais ist es nun mal so. Bei euch hätte er nur zuzuschnappen brauchen. Stattdessen bleibt er eine Weile bei mir und verschwindet dann im Nichts.«

»Ob er wirklich weg ist, wissen wir nicht«, sagte Logan. »Vielleicht zieht er immer noch seine Kreise ums Wrack, nur weiter entfernt.«

»Und was machen wir jetzt?«, fragte Charlotte.

»Zurückschwimmen«, sagte Logan. »Etwas anderes bleibt uns gar nicht übrig.«

»Und wenn uns der Hai attackiert?«

»Ich schwimme voraus und ihr folgt mir mit fünfzig Meter Abstand«, sagte Jack. »Vielleicht habe ich einen Geruch an mir und der Hai hat es deshalb auf mich abgesehen. Dann würde für euch gar keine Gefahr bestehen.«

»Blödsinn«, erwiderte Logan. »Wir lassen dich doch nicht als Köder vorausschwimmen. So was machen Freunde nicht. Außerdem: Je mehr wir sind, desto sicherer sind wir. Die Gruppe ist unser bester Schutz.« Er sah zu Charlotte. »Okay?«

Sie nickte.

»Dann los!«


Wild Claws (3). Im Visier der Haie

Подняться наверх