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e) Beurteilung von Gemeinschaftsunternehmen

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Gemeinschaftsunternehmen sind Unternehmen, die der gemeinsamen Kontrolle durch mindestens zwei andere Unternehmen oder Personen, die sogenannten Mütter oder Gründer, unterliegen (Art. 3 Abs. 1 lit. b). Als ein Mittel der Kooperation zwischen Unternehmen stehen sie auf der Grenze zwischen Kartellen und Unternehmenszusammenschlüssen und werfen eine Vielzahl schwieriger Abgrenzungs- und Bewertungsfragen auf. Gem. Art. 2 Abs. 4 unterliegen Vollfunktions-Gemeinschaftsunternehmen, soweit sie kooperative Elemente enthalten, einer Doppelkontrolle: Neben dem Marktbeherrschungstest, der wie bei allen anderen Zusammenschlüssen durchzuführen ist, prüft die Kommission zusätzlich anhand der Kriterien des Art. 101 Abs. 1 und 3 AEUV, ob die Gemeinschaftsgründung eine Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens unabhängig bleibender Unternehmen mitverursacht (Art. 2 Abs. 4). Allerdings führt nicht jeder Koordinierungssachverhalt zur Anwendbarkeit des Art. 2 Abs. 4, da ein gewisses Maß an Koordinierung für jedes Gemeinschaftsunternehmen wesensnotwendig ist. Entsprechend der Theorie des Gruppeneffektes (spill-over-effect) greift diese Vorschrift nur dort ein, wo die Gründerunternehmen durch ihre Zusammenarbeit im Gemeinschaftsunternehmen – infolge eines Gruppeneffektes – dazu veranlasst werden, ihr Wettbewerbsverhalten außerhalb des Gemeinschaftsunternehmens zu koordinieren. Auf eine mögliche Koordinierung zwischen den Gründerunternehmen und dem Gemeinschaftsunternehmen kommt es dagegen nicht an. Damit tritt zur Marktbeherrschung ein weiterer Untersagungs- und Genehmigungstatbestand hinzu, der allerdings innerhalb des Verfahrens und der Fristen der FKVO anzuwenden ist. Liegt eine Verhaltenskoordinierung vor, die die Kriterien des Art. 101 Abs. 1 AEUV erfüllt, so hat die Kommission innerhalb der Fristen des Art. 10 FKVO über deren mögliche Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV zu entscheiden. Eine auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 4 FKVO erteilte Freistellung ist unbefristet und kann nicht widerrufen werden.

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Die wettbewerbliche Beurteilung von kooperativen Gemeinschaftsunternehmen, die nicht in den Anwendungsbereich der FKVO fallen, bemisst sich grundsätzlich nach dem allgemeinen Kartellverbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV, der Freistellungsnorm des Art. 101 Abs. 3 AEUV und der VO Nr. 1/2003.[69] Allein die Tatsache, dass ein Gemeinschaftsunternehmen einen kooperativen Charakter hat, bedeutet jedoch nicht automatisch auch einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV. Die Gründung von Gemeinschaftsunternehmen ist vielmehr grundsätzlich erlaubt und nur dann ausnahmsweise verboten, wenn im Einzelfall die Voraussetzungen des Kartellverbots erfüllt sind, d.h. wenn die Grundvereinbarung zwischen den Müttern eine spürbare Beschränkung und Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt und sie außerdem geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

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