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a) Inhalt des Vollzugsverbots
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Was genau unter dem Begriff des „Vollzugs“ zu verstehen ist, wird in der FKVO nicht definiert. Unstreitig ist zunächst, dass der Abschluss des dem Erwerbsvorgang zugrundeliegenden Kausalgeschäftes, etwa eines Kaufvertrags über Unternehmensanteile, keinen Vollzug darstellt, da der Erwerbsvorgang hierdurch noch nicht bewirkt wird. Vollzugshandlungen sind jedoch alle Rechtshandlungen, die die Vollendung des Zusammenschlusses herbeiführen, wie etwa die dingliche Übertragung von Gesellschaftsanteilen oder von Vermögenswerten. Aus diesem Grund sollte das dingliche Vollzugsgeschäft in einem Unternehmenskaufvertrag stets unter die aufschiebende Bedingung der Freigabe durch die Kommission gestellt werden. Darüber hinaus können auch rein tatsächliche Handlungen einen faktischen Vollzug eines Zusammenschlusses bewirken. Solche faktischen Vollzugsmaßnahmen sind tatsächliche Handlungen, welche die Wirkungen des Zusammenschlusses vorwegnehmen. Die Abgrenzung zu zulässigen Vorbereitungsmaßnahmen kann im Einzelfall schwierig sein. Nach der Rechtsprechung des EuGH werden vom Vollzugsverbot alle Vorgänge umfasst, die ganz oder teilweise, tatsächlich oder rechtlich zu einer Veränderung der Kontrolle über das Zielunternehmen beitragen bzw. hierfür erforderlich sind.[76] Beispielsfälle für unzulässige faktische Vollzugshandlungen sind die Möglichkeit zur faktischen Einwirkung des Erwerbers auf die Unternehmensführung, auf die Ernennung oder Abberufung von Führungskräften der Zielgesellschaft oder der vorzeitige Transfer von Managementverantwortung auf den Erwerber, die organisatorische Zusammenführung und Integration der sich zusammenschließenden Unternehmen, das Aufsetzen eines gemeinsamen Reportings, die Integration von EDV-Systemen, die Abstimmung und Anpassung von Produkten, die Abstimmung der jeweiligen Marketing- und Absatztätigkeiten, ein gemeinsamer Marktauftritt (z.B. bei Messen) oder ein gemeinsamer Vertrieb. Grundsätzlich zulässig sind dagegen reine Vorbereitungshandlungen wie gemeinsame Personalplanungen und Benennung zukünftiger Teams und Führungspositionen (sofern die Posten erst nach Freigabe übernommen werden), die Erarbeitung der (gemeinsamen) Reporting- und Organisationsstrukturen, das Erarbeiten der zukünftigen Unternehmensstrategie, des gemeinsamen Marktauftritts oder des Geschäftsplans für die Zeit nach Wegfall des Vollzugsverbots und Informationsveranstaltungen mit den Mitarbeitern des Zielunternehmens. Nicht abschließend geklärt ist, ob bereits die einseitige Zahlung des Kaufpreises durch den Erwerber gegen das Vollzugsverbot verstößt. Zum Teil wird argumentiert, dass ein Veräußerer, der bereits den vollständigen Kaufpreis und nicht nur eine Anzahlung erhalten habe, das Geschäft automatisch im Interesses des Erwerbers weiter führen wird. Hiergegen spricht jedoch, dass eine solche Rücksichtnahme im Geschäftsleben keineswegs pauschal angenommen werden kann und überhaupt nur dann in Betracht kommt, wenn der Veräußerer bislang selbst unmittelbar in die Unternehmensführung eingebunden war (z.B. als geschäftsführender Gesellschafter).