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2. Kontrollerwerb
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Der zum Zwecke einer weiteren Harmonisierung mit dem europäischen Kartellrecht eingeführte Zusammenschlusstatbestand des Kontrollerwerbs in § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB folgt weitgehend der Regelung in Art. 3 Abs. 1 FKVO.[87] Erfasst wird daher auch im deutschen Recht der Erwerb der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle durch ein oder mehrere Unternehmen über die Gesamtheit oder Teile eines oder mehrerer Unternehmen. Die Kontrolle kann dabei durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet werden, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder rechtlichen Umstände (dem Erwerber) die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben. Entscheidend ist somit, dass der Erwerber rechtlich oder tatsächlich die wesentlichen Entscheidungen des Zielunternehmens inhaltlich beeinflussen kann.
Der wichtigste Fall des Kontrollerwerbs ist der Erwerb von mehr als 50 % des stimmberechtigten Kapitals, der i.d.R. die Alleinkontrolle über das Unternehmen vermittelt, da der Erwerber die Möglichkeit erlangt die Zusammensetzung der Organe zu beeinflussen. Alleinige Kontrolle kann aber auch bei einer Beteiligung von deutlich unter 50 % gegeben sein, z.B. wenn der Erwerber dauerhaft die faktische Mehrheit Hauptversammlung hat, weil sich die übrigen Gesellschaftsanteile in Streubesitz befinden oder aufgrund vertraglich eingeräumter Vetorechte.
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Eine gemeinsame Kontrolle des Zielunternehmens besteht zum einen dann, wenn die Gesellschafter, die gemeinsam die Mehrheit der Stimmrechte des Zielunternehmens halten, die gemeinsame Leitung des Unternehmens vereinbaren (z.B. in einem Stimmbindungs- oder Poolvertrag). Sie ist auch im Falle einer 50:50-Beteiligung gegeben, wenn aufgrund gegenseitiger Blockademöglichkeiten ein faktischer Einigungszwang zwischen den Gesellschaftern besteht. Gemeinsame Kontrolle liegt schließlich aber auch dann vor, wenn der Erwerber nur eine Minderheitsbeteiligung erwirbt, jedoch in wesentlichen Angelegenheiten des Zielunternehmens (z.B. Verabschiedung des jährlichen Geschäftsplans, Bestellung der Geschäftsführung) Vetorechte erhält. Entsprechendes gilt für den umgekehrten Fall (der Erwerber erwirbt die Mehrheit, räumte aber dem Minderheitsgesellschafter solche Vetorechte ein). Keine Kontrolle liegt im Regelfall vor, wenn der Erwerber lediglich eine Minderheitsbeteiligung erwirbt und keine über den gesetzlichen Minderheitenschutz bei sog. Grundlagenentscheidungen (z.B. Satzungsänderungen) hinausgehenden Rechte bzw. Einflussmöglichkeiten erhält.
Ein Kontrollerwerb liegt dann nicht vor, wenn eine bereits bestehende Kontrolle lediglich verstärkt oder inhaltlich modifiziert wird, z.B. wenn eine einfache Mehrheit von über 50 % auf eine qualifizierte Mehrheit von 75 % oder auf 100 % des stimmberechtigten Kapitals aufgestockt wird.[88] Ändert sich jedoch die Qualität der Kontrolle, d.h. kommt es zu einer Umwandlung von alleiniger zu gemeinsamer oder umgekehrt von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle, so wird hierdurch ein neuer Zusammenschluss bewirkt.