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1. Mesopotamien.
ОглавлениеWas den asiatischen Orient anlangt, so liegt das Material, welches die erstaunlichen Leistungen der Keilschriftforschung zutage fördern, bis jetzt, auch nach der Auffindung des »Codex Hammurabi«, nicht in einer solchen Verfassung vor, daß derjenige, welcher auf das Studium der übersetzt vorhandenen Texte und im übrigen auf das Schöpfen aus zweiter Hand angewiesen ist, von definitiven Resultaten für die Analyse des Wirtschaftslebens wird sprechen dürfen. Gerade die für die juristische und sozialgeschichtliche Betrachtung wichtigsten Texte sind in der Deutung oft unsicher. Und bei Verwendung der alttestamentlichen Schriften bleibt die Frage, wo die nachexilische »Staatsroman«-Produktion aufhört, die tatsächlichen Zustände zu färben, gerade für manche charakteristischen Institutionen trotz der Arbeiten von Wellhausen, E. Meyer, Guthe, Jeremias, Winckler, jüngstens: A. Merx noch höchst dunkel. Auch die nachfolgenden notgedrungen kurzen Bemerkungen können daher nur mit allem Vorbehalt gemacht werden.
In den mesopotamischen Kulturstaaten ist neben der Aufzucht der sämtlichen Haustiere die Landwirtschaft sehr früh – besonders in Babylonien – in starkem Maß zur intensiven Gartenkultur entwickelt. Neben dem Getreide erscheinen namentlich die Dattelpalmengärten als regelmäßige Bestandteile aller erheblichen Vermögen und Sesam als ein Hauptbedarfsgegenstand; daneben finden sich in den Urkunden alle denkbaren Gemüse und Hülsenfrüchte, Rüben, Rettich, Gurken, Koloquinten, Zwiebeln, Knoblauch, – dieser ist in ungeheuren Quanten (Hunderttausende von Maßeinheiten) Gegenstand von Lieferungsgeschäften, – Dill, Lattich, Mangold, Koriander, Safran, Ysop, Thymus, Brombeeren usw., die namentlich in den königlichen Gärten gezogen wurden. Dagegen fehlt der Wald: Bauholz erobert der König von Assyrien im Libanon, von seinen Jagden in den Wäldern der nördlichen Berghänge berichten die Inschriften promiscue mit Kriegstaten. Die Viehzucht (Schafe und Rindvieh) spielt in Hammurabis Kodex eine erhebliche Rolle, offenbar ist aber der weitaus größte Viehbesitzer der König selbst. – Grundlage der Bodenbebauung ist die Bewässerung: mit jeder Neusiedelung ist die Anlage eines Kanals verbunden, der Boden in spezifischem Sinne Arbeitsprodukt; die Stelle der relativ individualistischen Rodung im Urwald vertritt hier der notwendig in irgendeiner Form gemeinwirtschaftliche Kanalbau. Im letzten Grunde hierin ist das ökonomische Motiv der, ähnlich wie in Aegypten (s.u.), auch hier übermächtigen Stellung des Königtums zu sehen. Schon Inschriften aus dem ältesten (»sumerisch-akkadischen«) Kulturzentrum wimmeln von Kanal- und Bewässerungsfragen, und im assyrischen Nordland ist es später nicht anders. Alle möglichen Deich- und Kanalfronden auf der einen Seite, zahlreiche königliche Aufseher auf der anderen lenkten das alte Stadtkönigtum alsbald in die Bahn bureaukratischer Verwaltung. Im Kriege erobern die Könige von Babel und Assur, – namentlich diejenigen des letzteren, eines expansiven Raubstaates, – vor allem regelmäßig Eins: Untertanen, welche alsdann einen neuen Kanal für eine neue Stadt zu graben haben und in dieser, mit zeitweiligen Fronden- und Abgabeprivilegien, angesiedelt werden, um demnächst die Einnahme- und Machtquellen des Königs zu vermehren. Die Assyrerkönige der Eroberungszeit heben hervor, daß die Unterworfenen »Tribut und Steuern zahlen gleich den Assyrern«, – welche also auch ihrerseits als Besitzobjekt des Königs gelten. Das ist nicht das Ursprüngliche und auch später nicht voll durchgeführt. Die Stadt Babel beruft sich in einem Schreiben an den Assyrerkönig auf Privilegien, die ihr von dessen Vorfahren erteilt worden seien (Immunitäten bestimmter Art, vor allem ein sehr günstiges Fremdenrecht im Interesse des Handels). Auch andere Städte haben garantierte Privilegien. Es kommt vor, daß die »Aeltesten«, etwa von Babel und Sippar, zur Beratung über einen Tempelbau zusammenberufen werden, wie auch der Assyrerkönig die »Edelen und Bürger« der Assyrer nach Erbauung seines neuen Palastes darin bewirtet. Aber den Grundcharakter alteriert das nicht mehr.
Die Wirtschaft des Königs ist ein die Privatwirtschaften überragender Oikos. Er wird gespeist 1. aus den Domänen des Königs und seinem umfangreichen Leibeigenen- und Hörigenbesitz – der Sumererkönig hat, ebenso wie offenbar alle späteren Könige, eigene Hirten –, 2. aus den a) Fronden und b) Naturalabgaben der Untertanen. Wie sich in den einzelnen Zeiträumen die Bedarfsdeckung auf Domänen (bzw. Eigenbesitz an Vieh) und Tribute verteilt hat, ist unsicher. Für die Feldfrüchte überwiegen wohl – im Gegensatz vielleicht (wenigstens in der Frühzeit) zum Vieh – die letzteren. Ebenso ist das Verhältnis von Sklavenbesitz des Königs und Untertanenrobot unsicher, – aber wohl auch ziemlich flüssig. Das liegt in der Sache begründet: Ganz wie die Pharaonen haben schon die sumerisch-akkadischen Stadtkönige mit Regulierung der Robot, Fürsorge für Speise und Trank der requirierten Arbeiter und für die ihnen zu gewährenden Naturalgratifikationen unausgesetzt zu schaffen. Der König hat die allerverschiedensten Speicher (Wagenhaus, Getreidehaus, Rinderhaus, Gewürzhaus, Schatzhaus usw.) und Werkstätten. Der sumerische König läßt Gold importieren und verarbeitet es zu einem Prunkköcher in eigener Werkstatt, Steine werden gebrochen und in eigener Werkstatt Statuen daraus hergestellt, vor allem alles für die Bauzwecke des Königs in eigener Regie bereitet, dazu Holz von weither importiert. Es sind offenbar um die Königsburg herum mit Grundstücken angesiedelte und zur Robot verpflichtete Handwerker, die ihm dabei als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Die Assyrerkönige benutzen später für ihren kolossalen Baubedarf nebeneinander die Kriegsgefangenen und ihre einheimischen robotpflichtigen Handwerker, letztere für die feineren Arbeiten. Sanherib rühmt sich technischer Neuerungen in der Bronzeplastik und macht sich über seine Vorfahren lustig, die »in ihrem Unverstand .... alle Handwerker stöhnen ließen«. Eine sichere Grenze zwischen Königssklaven und robotpflichtigen politischen Untertanen bestand also offenbar nicht. – 3. Der Sumererkönig hebt »Bootsleute und ihren Kapitän« aus und dediziert sie dem Tempel: Eigenhandel selbst zu treiben scheint der König also damals nicht geneigt gewesen zu sein. Daß er es aber ursprünglich tat, erscheint zweifellos, und daß in Form eines stetigen »Geschenk«-Austausches mit fremden Fürsten dieser Eigenhandel noch 1000 Jahre später bestand, ist bekannt. Sicherlich ist gerade die Monopolisierung des Zwischenhandels an den Strommündungen die älteste Grundlage der Machtstellung der Stadtkönige des Südlandes, welches deshalb der älteste Träger königlicher »Oiken« war, wie die Deltagegend in Aegypten. – 4. Namentlich in Assyrien flossen dem Tresor des Königs Mittel zu aus der Beute der, auf der Höhe der Macht alljährlich, unternommenen Raubkriege.
Als eines der wichtigsten staatlichen Machtmittel, speziell als Reservefonds zu Anleihezwecken, haben hier, wie im ganzen orientalischen und auch im hellenischen Altertum, die Tempelschätze gedient. Die Speisung dieser Schätze, die Fixierung der Kasualien und (speziell: Ehe-)Gebühren und die Verfolgung von Winkelpriestern (»Zauberern«) und Ketzern zugunsten des Monopols des anerkannten Gottes ist eine Angelegenheit schon der sumerisch-akkadischen Stadtkönige. Der König schuf freilich so, durch die Entstehung von großen Edelmetall- und Naturalienvorräten, auch Grundbesitz, in den Händen der Tempelpriesterschaft eine ökonomische Macht, welche ihm eventuell gefährlich werden konnte und welche tatsächlich weiterhin mit den weltlichen Lehensträgern und Beamten fast überall in einen wechselvollen Interessenkampf um die Beherrschung des Thrones und die Ausbeutung dieser Herrschaft getreten ist. Die Priestergeschlechter verhalten sich sozial, wo sie die Macht haben, nicht anders als die Stadtgeschlechter in Althellas. Das alte lokale Stadtkönigtum der Zeit vor Hammurabi hat fortwährend einerseits gegen Gebührenüberforderung, Verschuldung und Besitzberaubung der »Armen« durch die Priester zu kämpfen. Andererseits muß es die Beamten 1. an Ausbeutung der Fronpflicht der Untertanen im eigenen Interesse, 2. an Verkürzung der bei Ableistung der Robot zu gewährenden Kost, 3. an Preisdruck beim Abkauf ihrer Produkte oder direkten Zwang zum billigen Verkauf (speziell von Vieh) an die »Großen« hindern, – letzteres durch Feststellung von Preistarifen. Wenn ein Sumererkönig von sich sagt, er habe die »Freiheit eingesetzt« und »die ehemals bestehende Leibeigenschaft« beseitigt, so ist damit wohl nur gemeint: 1. die Herabsetzung oder der Erlaß gewisser öffentlicher Fronden (»in dem Gebiet von X war fortan kein Aufseher mehr«), 2. wohl auch die Beseitigung privater Aneignung des Rechts auf solche, vor allem aber immer wieder 3. der Schutz der »Armen« durch Sicherung konstanter Rechtssprechung, und des bäuerlichen und kleinbürgerlichen Erwerbes und Besitzes gegen willkürliche Eingriffe, – in welchem speziellen Sinn letzteres, bleibt zweifelhaft (s.u.). Namentlich das Drückende des Verlangens der »Großen« (d.h. der Beamten und der großen Besitzer, weltlicher oder, unter Umständen, Priester-Geschlechter), daß der dem Staat oder dem weltlichen oder geistlichen Adel verschuldete (dies heißt: »leibeigene«) Kleinbesitzer bares Geld zahlen solle, wird erwähnt. Die ökonomische Situation ist also wohl ziemlich ähnlich wie in Hellas in der Zeit vor den »Gesetzgebungen«: – die übermächtige Stellung der Priesterschaft und die bureaukratische Staatsorganisation bilden den entscheidenden Unterschied. Der König sucht – wie der griechische »Tyrann« (wenigstens in Althellas) – sich die Sympathie der Bauern und Kleinbürger zu sichern. Aber: bei allem Kampf mit den Beamten bedarf der König des bureukratischen Apparates, und trotz des Kampfes mit den Priestern ist ihm die Legitimität unentbehrlich, welche nur entweder durch Apotheose (Aegypten) oder göttliche Bestätigung zu erlangen ist. Reine Militärkönige auf Eroberungsgebiet (Assyrien) suchten sich der Priesterkontrolle wohl erfolgreich zu entziehen. Alte »Kulturstaaten« duldeten das schwerer. In Babylon, wo die Theokratie weit ausgeprägter war als in dem assyrischen Militärstaat, gilt der König als göttlicher Lehnsmann (alljährliche Neuinvestitur!).
Zu den Abgaben der Untertanen gehören von jeher, soweit wir sehen können, mehrere wohl kaum sicher zu unterscheidende Getreideabgaben, später nach rechtlichen und Qualitäts-Bodenklassen abgestuft, ebenso jedenfalls Naturalabgaben von allen übrigen Produkten, von anscheinend sehr bedeutender Höhe: – die Pachtverträge pflegen über ihre Zahlung Bestimmungen zu enthalten. (Bruchstücke von Katasterkarten sind erhalten.) Ferner eine anscheinend auch von Freien, jedenfalls von Frauen [vielleicht ursprünglich: von allen nicht Wehrfähigen] erhobene Kopfsteuer. Daneben finden sich später einzelne Verkehrsabgaben, so von Sklaven- und Grundstücksverkäufen. Wo eine Kontraktbruchsbuße an den Staat vereinbart wird, scheint dies in der älteren Zeit noch die Leistung von Fronden an den König gewesen zu sein: Strafarbeit als Rest des Fronkönigtums. Zu den Leiturgien, die auf dem Boden ruhten, gehörte auch die Gestellung von Kriegern (in der Perserzeit durch Stellvertretung erfüllt). Wie aber im übrigen, namentlich in dem spezifischen Militärstaat Assyrien, ökonomisch die (auch wenn alle möglichen – übrigens keineswegs an sich zu vermutenden – Uebertreibungen der Inschriften abgezogen werden) sehr bedeutende, disziplinierte, zu Pionierarbeiten und gewaltigen Marschleistungen befähigte Heeresmacht beschafft und sustentiert wurde, ist noch nicht ganz deutlich. Die grundsätzliche Wehrpflicht aller Untertanen – mit Ausnahme des Tempelpersonals, des königlichen Hofhalts, der Hirten und, wie es scheint, der königlichen Kolonen, – ergibt sich aus Hammurabis Briefen. Allein dieses Aufgebot war sicherlich nur als Landsturm in den äußersten Fällen zur Verteidigung praktikabel. Die Wagenkampf-Technik, auf welcher die militärische Expansion der Euphratstaaten beruht, erforderte sicherlich den Berufskrieger, und auch die Reiterei und das bei größeren Kriegen immerhin wohl nach mehreren Zehntausenden zählende Fußvolk – Salmanassar II. will in Syrien einem Heer von rund 70000 Mann (bei rund 4000 Wagen), dessen Bestandteile er aufzählt, gegenübergestanden haben – sind bei den Generationen hindurch jährlich geführten Kämpfen natürlich nicht mehr durch Aushebung selbstwirtschaftender Bauern nach Art des (recht bald fiktiv gewordenen) germanischen Heerbanns beschafft worden. Ein militärisch geübtes und dabei nationales Heer wäre der Königsmacht gefährlich gewesen, und die gartenartige Kultur machte seine Schaffung ökonomisch unmöglich: eine sich selbst equipierende Hoplitenschaft fehlt diesem von Anfang an theokratisch-bureaukratischen Städtestaat. Die später üblich werdende Werbung gehört der Frühzeit schwerlich an. Sondern: die Wagen, Speere und Rüstungen stellt der König aus seinen Zeughäusern. Die Pferde wird er demgemäß vielleicht ebenfalls aus seinen Herden oder durch Requisition beschafft haben. Was die Menschen anlangt, so finden wir für die Zeit Hammurabis die »Soldaten« des Königs als Inhaber von Dienstlehen, auf denen der Berufskriegsdienst als Leiturgie ruht. Die Lehensinhaber bilden dabei offenbar keine den übrigen Untertanen gegenüber ständisch bevorzugte Schicht. Daß ihnen ein Mal eingebrannt worden sei (Daiches), kann allerdings vielleicht auf terminologischer Identifikation mit privaten Schuldknechten beruhen. Doch ist die Identität der Bezeichnung in jedem Falle auffallend. Sollte die betreffende Urkunde tatsächlich auf einen königlichen Heerespflichtigen (der einem Großen zur Verfügung gestellt war) zu beziehen sein, so wäre sie zugleich ein Beleg dafür, daß die – fränkisch gesprochen – »in truste« oder »in hoste« des Königs Befindlichen aus ihren Familienrechten (Erbrecht) damit ebenso ausscheiden, wie ein Stammfremder oder Versklavter. (Die Familie gibt dem Eingezogenen nur Beisitz, kein Erbrecht, als er, entlassen, zurückkommt). Die Kriegerlehen werden von Hammurabi in einem Satz mit den, ebenfalls mit Land belehnten, Fischern des Königs genannt. Das »Lehen« ist eben, wie überall im Orient – bis zu den Kleruchen der Lagiden – plebejisch klein, da die Equipierung sicher sehr einfach, überdies wahrscheinlich gänzlich Sache des Königs ist. – Sie müssen bei Todesstrafe den Dienst persönlich leisten und ihre Bedrückung und widerrechtliche Besitzentsetzung wird an den Statthaltern schwer geahndet. Sie werden auch zu Schanzarbeiten – zum Bau einer Stadt z.B. – aufgeboten. (Die bei Einverleibung fremden Gebiets dorthin im Austausch »verpflanzte« Bevölkerung setzte sich wahrscheinlich auch aus solchen Lehensmannen zusammen.) Mit dem Hof überträgt ihnen der König Vieh zur Nutzung. Alles natürlich unter Ausschluß der Veräußerung, aber der Regel nach erblich (falls der Sohn tauglich ist) und mit Witwen- und Waisenversorgung. Bei dreijähriger Nichtleistung der Dienstpflicht fällt es an den, der es unter Erfüllung der Obliegenheiten übernimmt. Obwohl der Lehnsmann hiernach dem König persönlich auf Grund speziellen Entgeltes dient, gilt er doch auch als Funktionär der Gesamtheit: wer einen gefangenen Soldaten ausgelöst hat, darf sich, wenn das Vermögen desselben nicht reicht, an den Tempelschatz seiner Stadt wegen Erstattung des Lösegeldes halten; subsidiär haftet auch der königliche Schatz. – Neben diesen mit Land beliehenen Soldaten stehen die nicht »vollfreien«, daher im Wehrgeld den Freien nicht gleichgestellten, aber in ihrem Sklavenbesitz – offenbar im Interesse ihrer »Abkömmlichkeit« – besonders geschützten »Ministerialen« (wie Peiser übersetzt) des Königs, welche offenbar am Hofe zu seiner ständigen Verfügung leben. In Assyrien finden sich »Reiter und Eunuchen« des Königs als Besatzungstruppen in eroberten Städten, – also wohl königliche Gefolgsleute neben Leibeigenen, – und Gefangene verleibt der König zu Tausenden einfach seinem Heere ein. Andererseits werden bei Neubesiedelung von Städten in diesen eine bestimmte Anzahl von Truppen »ausgehoben«, – was nur die Auferlegung der Gestellung durch die Ansiedler oder aber die Ausweisung einer entsprechenden Anzahl von Soldatenlehen bedeuten kann. – Das Heerwesen wandelt sich bald in der Richtung zum Soldheere. Das Dienstlehenheer war ersichtlich nur Reservetruppe; denn die assyrischen Soldaten waren schon in Sargons Zeit verheiratete Leute, deren Versorgung in Zeiten des Friedens dem König, der in Kriegszeiten sein Heer verstärkt hatte, Sorge machte, weil sie (s.o.) durch die Aushebung aus ihren Familienbeziehungen ausschieden und nun versorgt sein mußten. Noch in den Zeiten des Artaxerxes wird bei den Steuern z.B. »Bogenland« von »Zehntland« unterschieden. Es war die Entwicklung also wohl die: die Gestellung von Wehrpflichtigen – ursprünglich (s.o.) eine strikt persönlich geschuldete Lehnspflicht – war später als Leiturgie an den Besitz bestimmter Grundstücke geknüpft, schließlich aber von diesen durch Abgaben, aus denen der König nunmehr fremde Söldner zahlte, abgelöst worden. Wie früh und wie vollständig dies geschehen war, können wir zunächst wohl nicht wissen. – Jedenfalls ist das Heer der letzten Assyrerkönige ein gänzlich unnationales und ist auch das babylonische Bogenschützenkorps der Perserzeit aus den königlichen Magazinen gekleidet und gespeist worden, also keine »nationale« Truppe im ökonomischen Sinn. –
Die Bewegungsfreiheit des privaten Verkehrs wird durch den königlichen, wesentlich naturalwirtschaftlichen, Oikos in der Frühzeit wohl ähnlich eingeschnürt gewesen sein wie in Aegypten (s.u.). Aber dies lag in der Periode, aus welcher keilinschriftliche Privaturkunden vorliegen, ziemlich weit zurück. Schon vor und gleich nach der Zeit Hammurabis ist die Verkehrsentwicklung eine relativ außerordentlich (und ersichtlich zunehmend) freie. Die theokratische Monarchie reguliert zwar den inneren Verkehr, speziell auch die Arbeitslöhne, durch Tarife, wie wir sie in Hammurabis Gesetz finden. Aber praktisch ist der Güterverkehr im Prinzip frei. Er ist begreiflicherweise in Babylon, welches in weit stärkerem Maße aus dem Zwischenhandel emporgewachsen war, reicher gestaltet als in dem Militärstaat Assur. Der Versuch einer Scheidung beider und ebenso einer Scheidung von einzelnen Perioden einer Entwicklung, welche von der »ersten« Dynastie Babylons bis zum Aufgehen in den Islam uns ein in den meisten wesentlichen Zügen wohl sich selbst höchst ähnlich bleibendes, im Grunde nur in dem Grade des Durchdringens (und gelegentlichen Wieder-Abebbens) der Verkehrswirtschaft (denn der Ausdruck »Geldwirtschaft« paßt nur bedingt) schwankendes Bild bietet, kann hier des Raumes sowohl als des vorerst dazu noch ungenügenden Quellenmaterials wegen nicht unternommen werden. –
Ziemlich dunkel und hier nicht zu erörtern ist die Frage der Gliederung der Bevölkerung in älterer Zeit: wieweit gentilizisch nach hellenisch-römischer Art und wieweit beruflich nach ägyptischer Art? Beides findet sich auch im Okzident häufig in Kombination (s.u.), und demgemäß kommen auch hier beide Arten von »Tribus« vor. Von »Kasten« im eigentlichen Sinne kann dabei in Babylon natürlich noch weniger als in Aegypten die Rede sein. Vielmehr sind sehr wahrscheinlich hier ebenso wie im älteren Aegypten die ursprünglichen Leiturgien der Gewerbe Grundlage einer Gliederung gewesen, welche den (vielleicht solidarisch haftenden) Berufsgenossen möglicherweise auch gewisse Rechte an den Besitz der Mitbelasteten gab. Wenigstens kommen anscheinend Retraktrechte einer Webergenossenschaft bei Landverkäufen vor. Doch scheint dies alles noch unsicher.
Das Recht am Lande galt in der Zeit voller Entwicklung des alten Fronkönigtums offenbar allgemein, nicht nur beim Soldatenlande, als Entgelt der damit verknüpften öffentlichen Pflichten: die Leistung der Gespannfronden von einem Grundstück wird im altbabylonischen Recht als Eigentumsbeweis erwähnt. Die »Amtslehen« sind offenbar nur deshalb in ihrer Gebundenheit länger verblieben, weil bei ihnen die persönliche Qualifikation des Besitzers für den König besonders wichtig war. Von einer öffentlichen oder priesterlichen Konzession und Bestätigung des sonstigen Bodenbesitzes in Uebertragungsfällen (wie zeitweise in Aegypten) ist aber urkundlich nichts mehr zu finden, außer etwa, daß die Erbteilung sehr oft durch Priester vollzogen wird. Nachbarrechte von »Markgenossen« sind nicht sicher erkennbar. Die Haftung der Gemeinden besteht zwar in der Form der Friedensbürgschaft bei Verbrechen. Ob aber Samthaft für Steuern und Fronden (wie im »Alten Reich«) bestand, ist nicht sicher. Ob die Andeutungen von einer Aenderung der Rechtslage der Untertanen, welche in den Inschriften mancher sumerischer Könige (s.o.) vorkommen, als eine Emanzipation auch des Bodenbesitzes und -Erwerbes (genannt werden nur Fischteiche und Vieh) der Bauern von grundherrlichen Fesseln angesehen werden dürfen, ist recht fraglich. Daß die Gesetzgebung der theokratischen Monarchien als Ganzes den Effekt der Sicherung des privaten Verkehrs gehabt hat, ist selbstverständlich. Aber wenn Fesseln des Bodens bestanden, waren sie wohl wesentlich leiturgisch gewesen. Dagegen schränkten in historischer Zeit – außer für die Amtslehen – öffentliche Interessen den Bodenverkehr nicht generell ein. Die freie Veräußerlichkeit des erworbenen Bodenbesitzes setzt der Codex Hammurabi ausdrücklich voraus. Dagegen blieb, wie die Urkunden erkennen lassen, der ererbte Bodenbesitz zugunsten der Hausgemeinschaft und der Gentilen derart gebunden, daß die (offenbar ursprünglich nicht mögliche) Veräußerung jenen Berechtigten und dem Veräußerer selbst ein Retraktsrecht gegen Erstattung des von dem Erwerber des Grundstücks geleisteten Preises nebst Zinsen gab. Dies letztere ist augenscheinlich der gewohnheitsrechtliche Niederschlag einer typischen, auf Beseitigung dieser Retraktsgefahr abzielenden Vertragsabrede, neben welche Verfluchungen des Retrahenten und Konventionalmulten in den Urkunden zu treten pflegen. Faktisch ist so schließlich aller private Boden frei veräußerlich und frei teilbar geworden. Die Naturalteilung im Erbgang ist – neben zeitweiser Erbengemeinschaft – in den erhaltenen Urkunden die Regel. Flurgemeinschaftserscheinungen sind begreiflicherweise nicht zu konstatieren mit Ausnahme des allgemeinen Stoppel- und Brachweiderechts, über dessen Modalitäten der Codex Hammurabi Bestimmung trifft. Im übrigen sind die Grundstücke individuell abgegrenzt, regelmäßig (offenbar) eingehegt, und die Veräußerung des Landes erfolgt mit genauer Angabe der Grenzen nach Lage, Wegen, Nachbargrundstücken. Die Größe wird dabei teils und regelmäßig nach Flächenmaß, gelegentlich, wie es scheint, nach Aussaat angegeben. (Es kommt auch Kauf nach »modus agri« in dem Sinne vor, daß Abweichungen der wirklichen Größe von dem vorausgesetzten Gehalt nachträglich zu vergüten sind.) Die für Tempelbauzwecke in Assyrien inschriftlich bezeugte Expropriation ist vielleicht (aber nicht notwendig) rechtlicher Ausfluß eines prätendierten königlichen Bodenregals, wenigstens rühmt sich der König, daß er die aus dem Besitz Gesetzten entschädigt habe. Daß das durch Kanalanlagen neu gewonnene Land vom König – in Assyrien mit Angabe der Art, wie es zu bebauen ist (z.B. zum Gärtenanpflanzen) – vergeben wurde, legte ja die Annahme eines königlichen Obereigentums an allem Land an sich nahe (welches vielleicht in Babylon die Form eines göttlichen Bodeneigentums angenommen hatte). Das Land, welches an die von auswärts her verpflanzten Fremdvölker vergeben wurde, war offenbar teils neu zu kanalisierendes Land, teils waren es wohl auch Dienstlehen, deren bisherige Inhaber im Austausch nach auswärts übersiedelt wurden. Verlehnungen von Land und Leibeigenen an verdiente Beamte, königliche Landschenkungen, steuerfreie Wiederverleihung des väterlichen Besitzes an einen Beamten kommen, ebenso wie von jeher in Babylon, auch in Assyrien vor, – regelmäßig aber ist der Beamte des Königs sicher ebenso wie der Tempelbeamte auf Naturaldeputate aus den Magazinen und Abgaben angewiesen. Bestanden die Anfänge einer allgemeinen grundherrlich-feudalen Entwicklung des Staatswesens, so sind sie nicht zur Reife gekommen: der Staat wurde dem Schwerpunkt nach Beamtenstaat mit, vor allem, theokratischem Einschlag. Aber es finden sich allerdings die Elemente grundherrschaftlicher Entwicklung. Freilich: rein private Grundhörigkeit ist direkt nicht unzweideutig erweislich. Aber in Hammurabis Briefen wird eine Bevölkerungskategorie als militärdienstfrei erwähnt, welche, wohl richtig, als (königliche) schollenpflichtige Kolonen gedeutet wird. Ob die »Gärtner« oder »Bauern«, welche die Urkunden auf privaten Gütern sitzend erwähnen, etwas anderes als verehelichte Sklaven sind, ob sie etwa als »rechtlich« schollenfeste, insbesondere auch gegen den Willen ihres Herrn (im Staatsinteresse also) schollenfeste Halbfreie anzusehen sind, ist unsicher. Die Tempelbauern werden bei Verpachtungen von Tempelland ganz wie die Viehbestände einfach mitverpachtet. Ferner zeigt eine Inschrift aus der Regierung Assarhaddons die königliche Bestätigung einer privaten Grundherrschaft, welche nach Angabe der Grenzbestimmungen zweifellos ganze Dörfer umfaßt haben muß. Und in den Eroberungsstaaten ist schon in der Zeit des Stadtkönigtums die lehensweise Vergebung von ganzen Städten neben Terrains, später – wie schon erwähnt – Vergebungen von Land und Leuten an verdiente Beamte, und ebenso zweifellos die Konstituierung auch grundherrlicher »Immunitäten« kraft erblichen, gelegentlich erneuerten Privilegs seitens des Reichskönigs vorgekommen. Der Staat hat sowohl stets einen stark feudalen Einschlag neben seinem theokratisch-bureaukratischen Grundcharakter behalten, gleichviel ob sich dies bereits in entwickeltem »Kolonat« äußerte. –
Die Grundlagen des Familienlebens sind die der Antike ursprünglich gemeinsamen: die Hausgemeinschaft ist Wirtschaftsgemeinschaft der patriarchalen Familie, und zwar, trotz des naturgemäß häufigen Vorkommens von Erbengemeinschaften, offenbar normalerweise bereits der Kleinfamilie. Die Frau wird von dem Haupt ihrer Familie vergeben, in älterer Zeit einfach verkauft. Ueber die ursprünglich arbiträre Gewalt (Strafgewalt und Verstoßungsrecht) des Mannes treffen die Kontrakte meist Bestimmungen (Reugelder im Fall der Verstoßung usw.); die Nebenfrau, insbesondere das Dazuheiraten der Schwester, findet sich neben der aus dem A.T. bekannten Stellung der »Magd«. Die Herkunft der »legitimen« Ehe aus: kontraktlicher Sicherung der mit einer Ausstattung in die Ehe gegebenen Frau und des Erbrechts ihrer Kinder gegen die ursprünglich schrankenlose Willkür des Mannes, ist auch aus dem Codex Hammurabi noch klar ersichtlich. Die so in den besitzenden Schichten zuerst geschaffene Stellung der »legitimen« Frau generalisierte die Gesetzgebung allmählich als die allein sittliche. Die sumerischen Könige (Gudea) verbieten den gemeinsamen Erwerb einer Frau durch mehrere Männer und verfolgen mit furchtbarer Härte den Ehebruch (scil.: der Frau). Weit entgegenkommender gegen die Frau ist schon Hammurabis Gesetz (Scheidungsrecht der Frau, Bußen bei Verstoßung). Ihre Ausstattung besteht in älterer Zeit regelmäßig in Hausgerät, Schmuck, Kleidern und einigen Sklaven (wie noch der Talmud zeigt, nicht nur zu ihrer persönlichen Bedienung, sondern auch: um ihr die Pflicht zur Bedienung des Mannes abzunehmen), ebenso finden sich später, mit der Abnahme der militärischen Bedeutung des Bodenbesitzes, Grundstücke; und im neubabylonischen Recht ist die Mitgiftehe ohne Kaufpreis, aber mit Witwenversorgung, die Regel. Ob der älteste Sohn, wie es nach einigen Spuren scheint, ursprünglich nach dem Tode des Vaters eine Vorzugsstellung und eine Vorzugsquote bei der Teilung erhielt, muß dahingestellt bleiben. Wie in Italien im Mittelalter beginnt mit Entwicklung der Verkehrswirtschaft und Erweiterung des Spielraums des privaten Gütererwerbs das ursprünglich streng patriarchale Hausvermögen als Assoziationskapital der Familienglieder betrachtet zu werden. Unbeschadet der patria potestas gilt doch auch der filius familias in gewissem Sinne als Anteilshaber. Es wird z.B. bei der Adoption, die ein Kauf des Adoptierten von seinen Eltern ist, das Anrecht desselben an das Adoptivvatervermögen kontraktlich, insbesondere für den Verstoßungsfall, festgestellt. Die Adoption selbst, d.h. der Kauf zu Sohnesrecht im Gegensatz zum Sklavenkauf, funktionierte ursprünglich als die primitive Form, in welcher die Hausgemeinschaft sich durch fremde Arbeitskräfte ergänzte. Adoption von Sklaven, Heirat mit Sklavinnen usw. ergeben eine gewisse Flüssigkeit zwischen Freiheit und Unfreiheit in der Hausgemeinschaft, – womit die Gleichbehandlung der filii familias mit den factores und discipuli in den mittelalterlichen Handlungshäusern zu vergleichen ist. Aus den Altenteilsverträgen – Gutsübergabe retento usufructu – entwickeln sich allmählich testamentarische Dispositionen inter liberos. –
Die Sklaven sind in altbabylonischer Zeit nicht sehr zahlreich: – Mitgiften von 1-3 Sklaven überwiegen. Offenbar aber schwoll mit Zunahme des Verkehrs ihre Zahl stetig bis in die Perserzeit, wo der Sklave vom Herrn sehr regelmäßig in geldwirtschaftlicher Form als Rentenquelle (so wie die Obrok-Leute in Rußland und, in ganz anderer Art, die »Leibeigenen« in West- und Süddeutschland bis ins 18. Jahrhundert) ausgenützt wird, und wo wir demgemäß das Sklavenpekulium und die Teilnahme des Sklaven an allen Geschäften, auch das Sich-Freikaufen desselben, sogar Beweisverträge zwischen Sklaven desselben Herrn finden. Die Haussklaven sind auch später – außer beim König und den Tempeln – nicht zahlreich: 4 Sklaven zur Bedienung geben, scheint es, schon einen anständigen bürgerlichen Haushalt. Aber auch die Feld- und Gewerbesklaven dürfen offenbar nicht als eine Unterschicht von allzu großer Breite angesehen werden.
Die königlichen Domänen, auch die an Beamte verliehenen, ebenso die großen babylonischen Tempelgüter und wohl auch der, zumal in Babylon – sicher mehr als in Assyrien – in den Händen des Handelspatriziats allmählich angesammelte Grundbesitz wurden, soweit sie nicht parzellenweise verpachtet waren, mit Kaufsklaven und daneben ursprünglich mit den Fronden von verehelichten Unfreien, »Gärtner« oder »Bauern« genannt, bewirtschaftet; – ob Veranlassung besteht, die Rechtsstellung dieser letzteren als die von »Kolonen« von derjenigen der Sklaven zu unterscheiden, bleibt, wie erwähnt, fraglich. Sklavenfamilien sind oft Kaufgegenstand. Die Schuldsklaverei ist in Babylon konsequent entwickelt und die Promptheit ihrer Realisierung (private Haftnahme!) ist die Grundlage der mächtigen Entwicklung des Kredits: Frau und Kinder folgen in die Schuldknechtschaft, werden jedoch nach Hammurabis Kodex nach 3 Jahren frei. Garantierte ein vermögender Verwandter, so entließ man den Schuldsklaven mit beschränkter Freizügigkeit, um ihm Verdienstgelegenheit zum Abtragen der Schuld zu geben, aus der Haft. Wie weit die Schuldsklaven in der uns urkundlich zugänglichen Zeit noch eine quantitativ ins Gewicht fallende Kategorie schollenfester Abhängiger darstellten, wissen wir nicht. – Die primitive Form der zeitweiligen Beschaffung von Arbeitskräften ist die Miete von Sklaven oder Haussöhnen gegen Unterhalt, Kleidung und Zins (in Naturalien, später in Geld). So werden besonders die Erntearbeiter beschafft. Daraus hat sich, als Vorläufer des freien Arbeitsvertrages, das Mieten eines freien Mannes »von ihm selbst« entwickelt. Nicht nur in dieser Formel tritt die ursprüngliche Behandlung des zeitweiligen Arbeitsverhältnisses als befristeter Versklavung (= dem römischen in mancipio esse) hervor, sondern auch darin, daß der sich selbst Vermietende ursprünglich eines Patrons – der offenbar als der eventuelle assertor in libertatem gedacht ist – bedurfte. Natürlich kann diese befristete Selbstversklavung sehr wohl auch Schuldversklavung sein und ist es in historischer Zeit wahrscheinlich. Denn schon in Hammurabis Zeit ist die freie Arbeit in der Landwirtschaft sehr verbreitet. – Der Eindruck, den man aus Hammurabis Gesetz und den älteren Urkunden gewinnt, ist der, daß neben Kleinbetrieben, die auf Obst- und Gemüsebau abgestellt sind und vom Eigentümer bewirtschaftet werden, auch größere Betriebe stehen, deren Inhaber stadtsässig sind und teils mit unfreien, vielfach aber auch mit freien Wirtschaftsinspektoren (deren Treue das Gesetz strafrechtlich sichert) und mit freien, oft auf ein Jahr gemieteten Arbeitern ihren Besitz verwerten. Deren Lohn reglementiert das Gesetz, offenbar sowohl im Interesse des Herrn wie – dem theokratischen Prinzip des »Schutzes der Schwachen« (Frauen, Schuldknechte, Sklaven) entsprechend – der Arbeiter. Der Viehbesitz ist erheblich. Die Viehleihe ist tarifiert und geregelt, ebenso die Pflichten des (wohl als der Gemeinde gemeinsam gedachten) Hirten gegenüber den Grundbesitzern. Die Pfändung von Arbeitsvieh ist im Codex Hammurabi untersagt. – Alles in allem lassen die Quellen auf eine Besitzverteilung und Betriebsweise schließen, welche sich von den Verhältnissen der römischen Landwirtschaft etwa in der Zeit Catos wesentlich 1. durch das, auch bei Hammurabi merkbare, Hervortreten der Bewässerungsinteressen, 2. durch die vielseitigere Entwicklung des Gemüsebaues, und vor allem 3. durch die geringe Entwicklung der organisierten Sklavenarbeit unterscheiden. Das letztere hängt sicherlich damit zusammen, daß eine solche Ueberschwemmung des Sklavenmarktes einerseits, und eine solche Masse von Land andererseits, wie sie die römischen Kriege der privaten Ausbeutung zur Verfügung stellten, im Orient fehlten. Die Sklavenpreise sind nicht hoch, aber die Zahl der Sklaven ersichtlich nicht groß. Das Land und die Menschen, welche im Kriege erbeutet wurden, konfiszierte der König. Er verteilt zwar, wie der Pharao, einen Teil des erbeuteten Viehes und der Gefangenen, und auch wohl erobertes Land, an die Heeresmannschaft: das letztere aber regelmäßig entweder in Form der Garnisonierung in Feindesland, während die neueroberten Untertanen dafür nach Mesopotamien verpflanzt wurden, oder aber so, daß die Landempfänger die Verpflichtung des Kanal- und Gartenbaues auferlegt erhielten, also doch vor allem als Steuerquelle des Königs galten. Ebenso wurden die Gefangenen und ihre Habe in erster Linie als eine solche behandelt, – sehr im Gegensatz gegen die römische Republik, deren Kriegsbeute an Land und Menschen fast gänzlich zu Ausbeutungsobjekten von privaten Gefällpächtern, Domänenpächtern und Käufern von Sklaven (speziell für den Plantagenbetrieb) wurden. Der begrenzte, von Bewässerung abhängige Bodenvorrat Mesopotamiens selbst war keine geeignete Basis für die Eigenart (s.o.) der Sklavengroßbetriebe. Die Nutzung des Bodenbesitzes seitens des nicht selbst wirtschaftenden babylonischen Patriziats entwickelte sich daher zunehmend nach der Seite der Kleinpacht: der Pacht mit festem Zins (unter Ausschluß von Remissionsansprüchen) und der Teilpacht. Dabei geht in beiden Fällen die ausdrückliche gesetzliche Auffassung dahin, daß der Pächter die Pflicht der sorgsamen Bestellung des Landes übernehme. Die Pachtdauer war nach Ausweis der Urkunden eine meist ziemlich kurze: 1-3 Jahre: – der Kleinpächter, speziell der Teilpächter, ist der Sache nach zweifellos häufig auch damals nur eine am Ertrage interessierte, kündbare, aber meist durch Verschuldung faktisch an den Betrieb geheftete Arbeitsmaschine des Bodenbesitzers, wie die spätrömischen coloni und die Parzellenpächter der Mittelmeerländer bis in die Gegenwart hinein. Wie seine Gesamtsituation sich im Laufe der Zeit verschoben hat, bedürfte gesonderter Untersuchung. Ziemlich klar tritt nur das allmähliche Vordringen der Geldpacht – aber nicht bis zum Ueberwiegen – in den Quellen hervor. Ebenso zeigen manche Bestimmungen der Kontrakte deutlich, daß der Verpächter in Mesopotamien regelmäßig als städtischer Kapitalist zu denken ist, der zusammengekauften Boden entweder neu anpflanzen lassen oder schon in Kultur befindlichen als Rentenfonds verwerten will. –
Das Entleihen von Mitteln (namentlich Silber) zur Zahlung der Miete für den Bedarf an Erntearbeitskräften ergibt, zusammen mit dem Entleihen von Getreide, Datteln usw. als Saatgut – bei beiden mit Versprechen der Rückerstattung nach der Ernte – die ältesten Fälle des Produktivkredits, der schon in altbabylonischer Zeit neben das meist ebenfalls bei der Ernte fällige Getreideanlehen zum Zwecke der Eigenkonsumtion tritt. Die Saatgutentlehnung speziell dürfte die älteste Form von Produktivkredit, und doch wohl noch älter als die Viehleihe (Hainisch) sein.
Die Entwicklung der Verkehrserscheinungen überhaupt ist im ganzen asiatischen Orient wesentlich fortgeschrittener als wenigstens in der eigenen Kulturentwicklung Aegyptens (s.u.), – eine Folge des städtischen Charakters der babylonischen Kultur und der Lage Babylons als Zwischenhandelsplatzes, in dem die Formen der Verkehrswirtschaft zu besonders freier Entfaltung gelangen mußten. Babylon und sein Recht sind geradezu Träger der Entwicklung zum »Kapitalismus« im ganzen Orient geworden und dies, obwohl die Edelmetallvorräte des Landes sicher fast durchweg importiert waren. Das Königtum und namentlich die Tempel haben sich bei diesem Zustand, sobald die Abgaben die Robott überwogen, offenbar ökonomisch sehr wohl befunden und daher die verkehrswirtschaftliche Entwicklung nicht gehemmt. Daß die babylonische Theokratie als solche sich prinzipiell der Anerkennung der Sonderstellung des Geldes im Verkehrsrecht ungünstig gezeigt habe – wie (viel leicht!) die Priesterschaft in Aegypten (s.u.) –, trifft schwerlich zu. Was sich von derartigem findet, geht nicht über Analogien okzidentaler Staaten hinaus. Allerdings suchen schon die Sumererkönige (s.o.) die spezifische Härte der Geldforderung zugunsten der Untertanen zu mildern. Aber eine Seisachthie ist nicht erwiesen und nicht wahrscheinlich. Die Milderung der Strenge des Schuldrechts im Codex Hammurabi durch Zulassung von Zahlungen in quo potuerit vollends entspricht ähnlichen Vereinbarungen in Privatkontrakten und überhaupt der Funktion, welche das »Geld« als solches im Verkehr der altorientalischen Welt einnahm. Der phönizische Handel kannte ja während der ganzen Zeit seiner eigentlichen Blüte (auch in Karthago bis ins 4. Jahrh.) die Münze im modernen Rechtssinn nicht. In Babylon finden wir eine anfangs nicht nur der Münzen, sondern auch des regelmäßigen effektiven Geldgebrauchs im Binnenverkehr entbehrende, trotzdem aber hoch entwickelte Naturaltausch-Technik. Das Geld, im altbabylonischen Reich noch Silber in Gebrauchsgutsform (Ringe) und nach Gewicht, funktioniert zwar auch als Preisgut, aber hauptsächlich als Wertmesser der in natura gegeneinander getauschten Güter, als effektives Tauschmittel dagegen im inneren Verkehr (wie in Aegypten) meist nur für die in natura nicht auszugleichenden Wertunterschiede. Erst spät nimmt es eine Art von Münzform an, – zuerst, wie es scheint, mittels Privatbeglaubigung des Gewichts durch renommierte Firmen: es kommen »Fünftelsekelstücke mit dem Stempel des X« urkundlich vor –, und beginnt erst damit allmählich die effektive Preisgutfunktion zu monopolisieren. Im altbabylonischen Reich werden noch oft Datteln gegen Korn, Häuser gegen Felder getauscht, hier und da mit Ausgleichung des Preisüberschusses durch Silber. Daneben treten dann höchst komplexe Tauschakte auf, bei denen nur die Abschätzung der beiderseitigen Waren in Silber den Tausch ermöglicht: so ein Tausch von Land gegen 816 Sekel Silber, von denen 100 durch einen Wagen, 300 durch 6 Pferdezeuge, 130 durch einen Esel, 50 durch ein Eselgerät, 30 durch ein Rind, der Rest in kleinen Posten durch Oel, Kleider usw. belegt werden. Für diesen Verkehr nun waren gerade wegen seines Charakters als Naturalienverkehr, bankartige Unternehmungen früh als Vermittelungs- und Ausgleichstellen unentbehrlich. Der »Geldmann« ist eine dem Codex Hammurabi geläufige Kategorie. Wir finden die Verwertung der Naturalieneinkünfte durch Berufshändler, welche Korn-, Datteln- usw. Konti neben den Silberkonti führen. Ferner einen höchst eigenartigen Verkehr mit Anweisungen auf diese Naturalienguthaben, selbst mit einer Art von Lagerscheinen au porteur, welcher der näheren Analyse bedarf und wert ist: wahrscheinlich entlehnte er seine Formen ursprünglich der Verwaltung der königlichen Magazin- und der Tempeleinkünfte. – Die Tempel sind in Babylon Korn- und Geldverleiher größten Maßstabes, – ursprünglich wohl neben den königlichen Magazinen, den Angehörigen des königlichen Hauses (die urkundlich als solche vorkommen) und manchen »Großen« des Staates die einzigen, die daraus eine kontinuierliche Einnahmequelle machen. Da mit jeder Kolonieanlage das »Aufschütten« der Korntribute der betreffenden Gegend in einem (meist einem Tempel angegliederten) Magazin verbunden ist, überwog überall ihre Stellung die der Privaten. Aber auch die später neben ihnen stehenden privaten »Bank«-Geschäfte gelangten zu offenbar beträchtlichem Umfang. – Fast alle Hauptgeschäftsformen der Geldwirtschaft sind – wennschon zumeist noch archaistisch – vorgebildet. Jene oben erwähnten Naturaldarlehen – in Korn, Datteln, Ziegelsteinen usw. – stehen neben Darlehen in Sekeln (wobei vermutlich oft diese Sekel nur den Vertragswert der gegebenen Naturalien darstellten) mit Zinsen, die beim Korndarlehen in Höhe von 1/3 des Schuldbetrags vorkommen, beim Gelddarlehen häufig den recht niedrigen Satz von 1/5 betragen. Es findet sich das Pfand, bei Sklaven und im Grundstücksverkehr als Antichrese (z.B. zinsloses Gelddarlehen gegen mietlose Hausbenutzung) und auch als Bodenhypothek, zunächst noch ohne klare rechtliche Entwicklung von Nachhypotheken; später zeigt der gelegentliche ausdrückliche Vorbehalt des Rechts des Gläubigers vor anderen Befriedigung zu suchen, oder die Feststellung, daß ein verpfändetes Grundstück schon anderweit belastet sei, daß dies Hypothekenrecht ungefähr dem hellenischen entspricht (so jedenfalls in der Perserzeit). Es taucht ferner die diskontinuierliche kapitalistische Unternehmung und zwar insbesondere in ihrer auch unser frühes Mittelalter beherrschenden charakteristischen primitiven Form – der Kommenda – auf. Ihre Wurzeln gehen auseinander. Ein Teil entstammt vielleicht der Landwirtschaft (obwohl es wahrscheinlicher ist, daß die Sozietätsverhältnisse, z.B. in der Meliorationspacht, umgekehrt dem Handel nachgebildet sind). Es finden sich neben den schon erwähnten Parzellenverpachtungen an Rückenbesitzer gegen Anteil (meist 1/3) oder festem Natural- oder Geldzins: 1. die Großverpachtung von fundi instructi seitens der Tempel, 2. neben der langfristigen Anpflanzungspacht (der Vorläuferin der hellenistischen Emphyteuse) die Neubruchskommenda: Der Kommendanehmer baut – so scheint das Verhältnis – auf dem Land seine Hütte, lebt von den Früchten, gibt in den ersten Jahren »Vorgewinn« von dem, was über seinen Bedarf hinaus geerntet wird und teilt später den Ertrag mit dem Kommendanten in natura, z.B. nach dem Codex Hammurabi das zur Aufschonung übernommene Land nach 5 Jahren. Schon im altbabylonischen Recht findet sich als Parallelerscheinung die Waren- und Geldkommenda als Form der Kapitalanlage im auswärtigen Handel, mit noch vielfach in der Deutung unsicheren, im Prinzip aber den mittelalterlichen islamitischen und genuesischen gleichartigen Bestimmungen (nur meist 1/2-Anteil des Kommendatars am Gewinn statt der typischen genueser quarta proficui). Später begegnet auch die Kramladenkommenda als Form der kapitalistischen Binnenunternehmung. – Wie weit sich in Alt-Mesopotamien in der Zeit vor dem Eindringen des Hellenismus Steuerpacht entwickelt hat, bedürfte der genauen Untersuchung. Mir ist ihr Vorkommen bisher nicht sicher bekannt geworden. Noch unter Artaxerxes findet sich in größtem Maßstabe die vorschußweise Leistung von Naturalabgaben der Grundbesitzer durch eine Firma, welche dagegen durch Hypothek von den Steuerschuldnern gesichert wird. Insbesondere scheint diese Intervention des Kapitals da zu erfolgen, wo Getreide- (bzw. Mehl-) Lieferungen dem König geschuldet werden, der Schuldner aber das pflichtige Land z.B. als Dattelplantage angelegt hat. Der Gläubiger kauft das Mehl und liefert es dem König, erhält dafür vom Schuldner Datteln und verkauft diese. – Es findet sich ferner (nachweislich in persischer Zeit) Mietswucher im großen, wobei der Vermieter oft vielleicht nur antichretischer Pfandgläubiger war. –
Im Gewerbe steht neben dem im Codex Hammurabi der Lohntarifierung unterworfenen »Lohnwerker« der Bücherschen Terminologie: – Weber, Schneider, Schmiede, auch Goldschmiede z.B. erhalten vom Kunden den Rohstoff zugewogen – der »Preiswerker«: – Buntweber z. B. scheinen dahin zu gehören, bei Tischlern u.a. ist dies an sich höchst wahrscheinlich, – und später die Ausnutzung von Sklaven in Form der gewerblichen Absatzproduktion, aber regelmäßig nicht im Sklavengroßbetriebe, sondern als unfreie Kommenda eines Pekuliums seitens des Herrn an den Sklaven. Insbesondere findet sich auch, als einzige Form der »unternehmungsweisen« Organisation industrieller Arbeit, die »unfreie Heimarbeit«, speziell bei den Tempelsklaven, welche den Rohstoff und oft auch die Geräte zugeteilt erhalten und das Produkt abliefern. Der königlichen Robotthandwerker der ältesten Zeit wurde bereits oben gedacht. Auch in Urkunden aus späterer (auch persischer) Zeit finden sich der König und die Prinzen im Besitz gelernter Handwerker als Sklaven (bei denen z.B. Privatleute andere Sklaven in die Lehre geben). Wie im einzelnen das »freie« Gewerbe und die Arbeit für Private und den »Markt« sich im Verhältnis zu den Leiturgien entwickelt hat, ist aus den Quellen nicht zu entnehmen; die Uebergänge waren naturgemäß flüssig und von dem Leiturgienbedarf des Königs, der Zahl der Handwerker, dem Vorhandensein von kriegsgefangenen gelernten Handwerkern abhängig. Jedenfalls sind unfreie Handwerker als Lehrherren fremder Sklaven in den Urkunden häufig. Die Ausnutzung der Handwerkssklaven als Rentenfonds (mandaku = »Obrok«) war namentlich in der späteren Zeit die Regel. Die Sklavenpreise sind auch in der Spätzeit, wenn der Sklave nicht gelernt ist (was, je nach dem Handwerk, oft Jahre, beim Weber 5 Jahre, dauerte) mäßig, die Sklavinnen stehen dann höher im Preis.
Neben den primitiven Erscheinungsformen der Pachtrente, des Unternehmer- und Leihkapitalzinses, findet sich, – als eine Art Remplaçant moderner Kapitalanlagen in zinsbaren öffentlichen Anleihen – die, als Gegenstand des Tauschverkehrs, der Pfand- und Mitgiftbestellung schon im altbabylonischen Reich auftretende, Beamten- (spez. Tempelbeamten-) Pfründe. In Babylon entwickelt sich in diesen Pfründen ein regelmäßiger Verkehr. Die Pfründen haben die Gestalt von Naturaliendeputaten, welche die Stelle teils ursprünglicher Rechte der Beamten auf Freitisch, d.h. auf Teilnahme an den gemeinsamen Mahlzeiten der Priesterschaft und auf »freie Station« aus den Einnahmen der Tempel, teils wohl auch von ursprünglichen Belehnungen der Beamten mit Land eingenommen hatten, und welche sich nun weiter zu erblichen und schließlich auch veräußerlichen Naturalrentenrechten entwickelten. Wir finden in den Urkunden sehr häufig Ländereien erwähnt, welche zugunsten der Tempel mit Naturalleistungen verschiedener Art an bestimmten Monatstagen – z.B. dem 30. jeden Monats – belastet sind, sei es infolge von Stiftungen, sei es weil sie ursprünglich Tempelland und vom Tempel unter derartigen Auflagen verliehen waren. Aus den hieraus und aus den sonstigen Naturalieneinnahmen des Tempels fließenden Bezügen werden die in Fleisch-, Brot-, Bier-, Kleidungs- usw. Lieferungen bestehenden Naturaliendeputate der Pfründner bestritten, welche von diesen tageweise – z.B. das Bezugsrecht jedes 15. und 30. Monatstages – veräußert und Gegenstand des Verkehrs werden.
Von der Tragweite der skizzierten, immerhin schon ziemlich komplexen, Verkehrserscheinungen für die Struktur der Wirtschaft haben wir eine gesicherte und klare Anschauung vorerst nicht. Trotzdem dieser Verkehr technisch hochentwickelt ist, steht offenbar die Preisbildung, auch soweit sie nicht, wie in Babylon zu Hammurabis Zeit, obrigkeitlich direkt reglementiert war, unter dem überragenden Einfluß der königlichen und Tempelmagazine. In Assyrien wird, abgesehen von der unter Assurbanipal erwähnten Veräußerung des Beuteviehes zu festen Preisen an die Assyrer, unter Sargon der Korn- und Sesamvorrat der königlichen Magazine teuerungspolitisch zur Regulierung der Preishöhe beider Produkte benutzt; teuerungspolitische Konsumbeschränkung scheint auch die »Begrenzung der Mahlzeiten« durch den gleichen König zu sein, soweit sie nicht dem Bestreben, neben dem Könige keine anderen sozial hervortretenden Klassen zu dulden, entsprang. Aehnlich wie die königlichen Magazine werden die Tempelvorräte oft funktioniert haben, und zweifellos diente auch der typische Tempelzinsfuß faktisch – ob planvoll, bleibe dahingestellt – der Regulierung und Fixierung des privaten Zinsfußes. Wenn wir also im altbabylonischen Recht, wo das Kommissionsgeschäft im Karawanenhandel als Vieh- und Sklaven-Einkaufskommission schon vollständig entwickelt ist, Kaufaufträge »zum Preise, der sein wird«, finden, so ist dies schwerlich ein Konkurrenz-Marktpreis, wahrscheinlich vielmehr der Verkaufspreis der königlichen oder Tempelmagazine. –
Von den bald gegen 200000 Keilschrifttexten ist der übersetzte Bruchteil so gering, die Uebersetzungen so sehr verstreut und manche gerade bei wichtigen Urkunden so bestritten, daß wenigstens ich nicht wagen kann, den Versuch einer eigentlichen Entwicklungsgeschichte auf das mir zugänglich gewesene Material aufzubauen. –