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Neuronen und Synapsen
Das Neuron, die Nervenzelle, die Synapsen, die Schaltstelle, das Dopamin, der Neurotransmitter, der alles in Bewegung hält.
Die Neuronen rufen in den Wald,
doch die Synapsen lässt das ganze kalt.
Der Tank ist leer, der Sprit ist alle, bin zu schnell
gefahrenen in der Lebens-Rallye.
Die Leitung scheint gekappt und tot,
das ist für Nerv und Muskel eine große Not.
Das Dopamin, blind wie ein Huhn,
hat damit viel zu tun.
Die Anschlussstellen werden nicht erkannt,
wenn der Stoff ist nicht bekannt.
Doch irgendwann flutscht die Leitung doch
und alle jubeln, Dopamin, es lebe hoch.
Die Neuronen rufen in den Wald
und die Synapsen lässt es nicht mehr kalt.
Der Tank ist voll, der Sprit, er fließt,
Morbus Parkinson, du bist und bleibst ein Biest.
Freezing
Festgefroren wie auf Eis, es ist Sommer und mir ist heiß, will auf meine Gartenbank, die unterm Birnbaum steht, mich setzen, an solchen Tagen ist sie durch nichts zu ersetzen.
Will mich setzen, muss nur die Beine kurz vernetzen, doch die Synapsen sind im Streit und die Gartenbank so weit. Kopf, Beine, Nerven es ist zum Weinen, kann nur hoffen bis sie sich wieder einen. Im Fachjargon als Freezing bekannt, nur das Problem ist nicht gebannt.
Der Schweiß strömt mir aus allen Poren alles scheint verloren, doch muss ich meine Zeit abstehen bis meine Beine wieder gehen, um das zu wollen muss ihnen Respekt zollen.
Ein kleiner Schritt, sich drehen, schon könnt ich gehen, zu schön um wahr zu sein, lasse es sein. Ein blindes Huhn hat viel zu tun und findet es ein Stück, wird es vor Freude fast verrückt. Gerate in Galopp als Peter ruft hopplahopp und ich mich im Sauseschritt auf die Gartenbank verdrück, hier sitzen wir zu zweit, vertreiben gemeinsam uns die Zeit.
Malta
Reisen mit Parkinson ist meiner Meinung nach möglich, wenn einige Punkte beachtet werden. Ein Reiseziel von uns ist die Insel Malta im Winter. Malta, die Insel im Mittelmeer, ist groß genug, um etwas zu unternehmen, alt genug, um viele Sehenswürdigkeiten zu besichtigen, klein genug, um sich nicht zu verlaufen und es gibt eine tolle italienische, arabische, maltesische Küche plus englischem Frühstück. Warum ist es diese Insel im Mittelmeer, die erst langsam in die Köpfe der Urlauber dringt, sind es fehlende Alternativen?
Schon vor meiner Diagnose 2010 waren wir auf der Insel. Das erste Mal hat es uns nicht gefallen, beim zweiten Mal war es schon besser und jetzt haben wir diese Miniinsel ins Herz geschlossen. Nach der Diagnose kam uns die Insel wieder in den Sinn und die letzten drei Jahre waren wir jeweils zwei Wochen auf Malta im Januar bzw. Februar. Zu dieser Jahreszeit ist es zwischen 18 – 20 Grad warm, der Winter in Deutschland wird um zwei Wochen verkürzt und die Temperaturumstellung ist nicht so massiv.
In dieser Zeit ist keine Saison, die Insel wird von den Einheimischen und Engländern, die überwintern, bewohnt. Es gibt genügend Platz und alles ist etwas ruhiger. So kommen wir in den Genuss von zwei Wochen nicht putzen und kochen zu müssen und das ist Erholung pur.
Wichtig ist, dass viele Hotels geschlossen sind und ein gutes Vier Sterne Hotel ist Minimum. Nachdem wir drei verschiedene Hotels getestet haben, mussten wir uns eingestehen, dass das erste Hotel das beste war im Preis-Leistungsvergleich. Es liegt auf der Halbinsel Marfa, ist aber gut mit dem Bus zu erreichen. Die Haltestelle liegt 100 Meter entfernt an der Hauptstraße zwischen der Hauptstadt Valetta und der Fähranlegestelle zur Insel Gozo. Das Hotel hat eine funktionierende Heizung, was nicht selbstverständlich ist, Innenswimmingpool, Wellnessbereich, so man möchte und einen Fitnessraum. Das Café im Eingangsbereich ist gemütlich, der Treffpunkt schlechthin und hat einen fantastischen Ausblick auf die Inseln Gozo und Comino. Mit Vollpension kommt man in den Genuss des Büfetts und bei einem Tagesausflug kann man tags zuvor ein Lunchpaket bestellen anstatt des Mittagessens. Malta ist nicht billig, aber im Winter bezahlbar und es gibt preiswerte Snacks zum Mitnehmen an jeder Ecke.
Malta hat ein gutes Gesundheitssystem und ein großes Krankenhaus, das Mater Dei. Es gibt mir Sicherheit, falls was wäre und wird regelmäßig vom Bus angefahren. Busse sind das Fortbewegungsmittel schlechthin und mit einer Wochenkarte kommt man in jeden Winkel der Insel. Der vordere Teil des Busses ist für ältere Menschen, behinderte Personen und Frauen mit Kinderwagen reserviert. Die Fahrer achten darauf und ich habe immer einen Platz bekommen. Sogar Rollstuhlfahrer können mitgenommen werden.
Der Flug dauert mit Air Malta zwei Stunden und die Sitze sind bequem, da es Linienflüge sind.
Englisch ist die Sprache der Verständigung, aber im Hotel ist das Personal fit und wir wurden als Dolmetscher spontan hinzugezogen.
Malta ist eine Überlegung wert, um den Winter zu verkürzten.
Der Rhythmus des Lebens
Teil eins der Frage meines Mannes: „Was ist Parkinson und seine Ursache und wie kann er geheilt werden?“
Meine Antwort: „Ich zeige Dir mein Material, welches ich für den Unterricht zusammengetragen habe, sammle, sichte und schreibe es lesbar zusammen“.
Warum? Es sind gerade 35 Grad in der Sonne, wir haben uns einen Kurzurlaub genehmigt und ich warte in einer schönen kühlen Ferienwohnung auf der Insel Reichenau, bis es kühler wird und ich raus kann zum Eis essen.
Ich wollte diese Krankheit nie, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sich bei mir die ersten Anzeichen (Symptome) mit 20 Jahren zeigten. Es wurde mir versichert, alles sei gut, nur etwas grenzwertig und ich wäre ein eigenwilliger Patient. Somit beschloss ich, nichts mehr zu sagen und lebte mein Leben wie ich wollte. 30 Jahre später bekam ich die Diagnose Morbus Parkinson vor den Kopf geknallt und einer Frage keimte in mir auf.
Hatte ich M. Parkinson schon immer und wie habe ich es geschafft, die Symptome so lange hinauszuschieben? Hier der Versuch, eine komplexe Erkrankung und das Leben mit ihr verständlich zu erklären.
Das Leben mit einer chronischen Erkrankung, egal welche, ist ein „on-the-job Training“ und bedeutet für mich: „Guck, wie du jetzt damit zurechtkommst“. Neues kommt auf einen zu in Form von:
– Einnahme von Medikamenten nach Menge, Medikamente und Uhrzeit sowie mögliche Nebenwirkungen.
– Selbstüberwachung; wie geht es mir heute und überhaupt?
– Aufrechterhaltung der Lebensqualität, des Lebens überhaupt, der Familie, der Arbeit und Freunde.
– Wie gehe ich mit meiner Erkrankung um, wie bewältige ich sie? Wie geht es weiter? Hoffnung, Trauer, Angst und Ungewissheit stürmen auf ein neues anderes Leben ein.
Das Ganze wurde nicht von mir erfunden, sondern von Fachleuten zusammengetragen, auch Käppselle auf Schwäbisch genannt von: Wiener (1989), Lubkin (2002) und Corbin & Strauß (2009).
Heute, sieben Jahre nach der Diagnose, steht für mich die Lebensqualität im Vordergrund, die aber leider von meinem Untermieter M. Parkinson bestimmt wird. Mein Motto ist noch immer das gleiche: „Es gibt gute und schlechte Tage, heute ist ein guter Tag.“
Ich sitze in einer kühlen Ferienwohnung und freue mich, wenn ich Eis essen gehe mit meinem Mann.
Wer ist Corbin & Strauß? Es sind Fachleute und sie haben ein Pflegekonzept für chronisch Kranke entwickelt. Sie beschäftigen sich mit der Wahrnehmung und der Reaktion der betroffenen Personen, die das Fortschreiten der Erkrankung verändert. Es entstehen neue Anforderungen und Arbeitsprozesse, die eine neue Planung der betroffenen Personen erfordert. Ich kann planen, aber mein Untermieter mischt immer mit.
Sie sagen, der Verlauf einer chronischen Erkrankung kann in sechs Stadien eingeteilt werden, das kommt einem bekannt vor. Besagte Stadien sind:
- Vor der Diagnose – es zeigen sich noch keine Symptome.
- Die Diagnose- Anzeichen einer Erkrankung zeigen sich.
- Die Krise/ Destabilisierung – das Leben wird auf den Kopf gestellt oder es entsteht eine lebensbedrohliche Situation.
- Wechsel zwischen akuter/ stabiler/ instabiler Phase - erkennen der Bedeutung der Erkrankung in der jeweiligen Phase und was ich dann tun kann.
- Der Verfall – fortschreitende Verschlechterung einer chronischen Erkrankung.
- Sterben – muss jeder in seinem Leben
Das Ganze kann ein Leben lang dauern, muss aber nicht. Eines ist meiner Meinung nach sicher. Es gab ein Leben vor der Diagnose, nach der Diagnose mussten wir das Leben wieder neu, anders zusammensetzen, es galt einen neuen Lebensfaden zu stricken, häkeln oder knüpfen. Die Krankheit als Teil annehmen und lernen mit der Diagnose und Krankheit zu leben. Das hört sich rein theoretisch an und nach sieben Jahren leben mit der Diagnose Parkinson habe ich endlich geschafft, das Ganze kurz und bündig in einem Reim zusammenzufassen.
Der Rhythmus des Lebens (Gedicht)
Dein Rhythmus soll der meine sein,
wäre dann für immer dein,
nur hast du nie gefragt,
ob ich diesen Rhythmus mag.
Das Leben soll ich mit dir teilen,
im Schönen und im Leiden,
doch dieser Platz ist schon besetzt,
auch wenn es dich verletzt.
Es ist dir aber einerlei,
kamst herbei,
in jener Nacht,
die mit zu viel Arbeit hat gebracht.
In meinem Kopf hat´s Klick gemacht,
danach war ich ganz aufgebracht
und du hast mich nur ausgelacht.
Mit der nächsten Krise kamst du an,
warst pünktlich wie die Bahn.
Scherst dich um mich einen Dreck,
lebst wie die Made im Speck.
Hast dich festgesetzt in meinem Leben,
die anderen sagen, ich soll dir vergeben.
Soll in deinem Rhythmus leben,
dann würde es mir bessergehen.
Das kann nur sagen,
wer dich nicht muss ertragen.
Wieso, weshalb, warum,
diese Krankheit, die haut jeden um.
An manchen Tagen kann ich nicht klagen,
höre dann den Takt der Welt, der uns am Leben hält.
Die Töne einst im Einklang standen,
als Kauderwelsch bei mir versanden.
Wenn ich meinen Rhythmus wiederfinde,
die Töne zu neuen Liedern binde,
dann klart nicht nur der Himmel auf,
das Leben nimmt unseren Rhythmus auf.