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6. Winter

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Seit einer geschlagenen Stunde schlief Dairine friedlich in ihrem Bett, während ich mir verzweifelt überlegte, wie ich ihr so schonend wie möglich die Wahrheit beibringen konnte und am besten so, dass sie mir auch noch glaubte. Ich hatte es schon die ganze Zeit gewollt, aber immer wieder aus Angst vor ihrer Zurückweisung aufgeschoben. Nun wäre ihr beinahe etwas Schreckliches angetan worden, nur weil sie ahnungslos in ein Haus voller Schattenwandler getappt war. Wenn ich ihr schon früher alles erzählt hätte, wäre sie niemals mit ihrem Vater zu der Einweihungsfeier gegangen. Sie hätte auch ihn davon abgehalten.

Sie drehte sich von der Wand zu mir herum. Noch waren ihre Augen geschlossen, aber es konnte nicht mehr lange dauern, bis sie aufwachen würde. Was würde ich denken, wenn sie mir so eine verrückte Geschichte erzählen würde? Würde ich ihr glauben? Konnte ich etwas glauben, an das ich mich nicht erinnern konnte und für das es keinerlei Beweise gab? Es war schwierig.

Ich ging vor ihrem Bett auf die Knie und betrachtete eindringlich ihr Gesicht. Sie war mir inzwischen so vertraut, dass ich den Gedanken, sie zu verlieren, kaum ertragen konnte. Zuerst waren wir nur eine Zweckgemeinschaft gewesen, dann war Freundschaft daraus geworden und die Geheimnisse rund um die Schattenwandler hatten uns endgültig aneinander geschweißt. Meist verstand sie mich besser als jeder andere und selbst wenn nicht, hielt sie trotzdem zu mir.

Urplötzlich schlug sie die Augen auf. Erschrocken wich ich zurück und fühlte mich ertappt, obwohl ich nichts verbrochen hatte. Mein Herzschlag beschleunigte sich.

„Was machst du da?“, fragte sie verständnislos und stützte sich auf ihrem Ellbogen ab. „Hast du mich etwa beim Schlafen beobachtet?“

„Nein“, gab ich sofort zurück. „Ich …“

„Du?“

„Doch, habe ich, aber …“ Mir fehlten die Worte.

„Aber?“, echote sie und musterte mich schon jetzt, als hätte ich den Verstand verloren. Sie strich sich ihr Haar hinters Ohr. „Hör mal, es ist völlig ok, wenn du auf mich stehst“, sagte sie todernst. Als sie meinen entsetzten Gesichtsausdruck sah, brach sie jedoch in Gelächter aus.

Ich atmete erleichtert auf und wusste immer noch nicht, wie ich anfangen sollte.

Sie setzte sich auf und drehte sich verwirrt zum Fenster herum. „Was für ein Tag ist heute überhaupt?“

„Sonntag.“

Auch meine Antwort schien ihr nicht weiterzuhelfen. „Waren wir verabredet und ich bin einfach eingeschlafen?“

Scheinbar erinnerte sie sich nicht einmal mehr daran, überhaupt zu ihren neuen Nachbarn gegangen zu sein. Ihre Erinnerung an die vergangenen Stunden war wie ausradiert.

„Nein, ich habe dich eher zufällig bei der Einweihungsfeier getroffen“, antwortete ich ihr. Ihre Verwirrtheit nahm noch weiter zu und sie runzelte die Stirn. „Ich war nebenan?“

Zumindest schien sie sich noch daran zu erinnern, eingeladen worden zu sein. Sie schlug die Bettdecke zurück und wollte aufstehen, doch ich hielt es für besser, wenn sie sitzen blieb. Deshalb ließ ich mich neben ihr nieder und legte meine Hand auf ihre.

„Dir ging es nicht gut.“

Irritiert sah sie von meiner Hand auf ihrer zu meinem Gesicht. „Was hatte ich denn?“

Als ich nicht sofort etwas sagte, beschlich sie ein mulmiges Gefühl. „Winter, jetzt sag schon! Was war los? Ich kann mich an überhaupt nichts mehr erinnern.“ Ich konnte ihr ansehen, dass sie verzweifelt versuchte, eine Erinnerung heraufzubeschwören.

„Dairine, was ich dir jetzt erzähle, hört sich total verrückt an und wahrscheinlich wirst du mir kein Wort glauben, aber ich schwöre dir, es ist die Wahrheit.“

Ihre Augen weiteten sich und bereits jetzt starrte sie mich voller Unglauben an. „Du machst mir Angst!“

„Du solltest auch Angst haben, denn eure neuen Nachbarn sind wirklich gefährlich. Es sind nicht nur Schattenwandler, sondern auch noch Fomori. Charles Crawford ist ihr Oberhaupt und er ist unsterblich, weil er seinen eigenen Sohn in einem Ritual geopfert hat.“

Sie kniff die Augen zusammen. „Woher weißt du das? Von Eliza?“ Ich konnte nicht sagen, ob sie mir glaubte. Vielleicht wusste sie es selbst noch nicht so genau.

„Nein, ich weiß es, weil ich dabei war, als er versucht hat, dasselbe mit Eliza zu machen.“

Dairine schüttelte verständnislos den Kopf. „Was?“

Ich drückte ihre Hand etwas fester, um sie spüren zu lassen, wie wichtig mir das war und dass es definitiv kein Scherz war. „Du warst auch dabei, aber du kannst dich nicht daran erinnern. Genauso wenig wie Eliza und jeder andere, der dabei war. Mit Ausnahme von Evan und mir. Er ist ein Zeitmaler.“

Sie verstand kein Wort.

„Zusammen haben wir einen Punkt in der Vergangenheit neu gemalt und dadurch hat sich alles verändert. Menschen, die unsere Freunde waren, kennen uns nicht einmal mehr.“

Sie starrte mich an, ohne irgendetwas zu sagen oder auch nur eine Miene zu verziehen, fast als würde sie darauf warten, dass ich zu lachen begann und sagte, dass dies alles nur ein Scherz sei. Als es gegen ihre Zimmertür klopfte, zuckten wir beide erschrocken zusammen.

Eine Frau mittleren Alters steckte den Kopf zur Tür herein. Sie trug ihr langes braunes Haar zu vielen schmalen Zöpfen geflochten. Ihre Haut war gebräunt, umso auffälliger stachen daraus ihre eisblauen Augen hervor.

„Mum!“, kreischte Dairine aufgeregt und fiel der Frau um den Hals. Diese drückte ihre Tochter fest an sich und lächelte dabei glücklich.

„Warum hast du nicht gesagt, dass du kommst? Dad und ich hätten dich doch vom Flughafen abholen können“, klagte Dairine, ohne ihre Mutter loszulassen. Es war das erste Mal, dass ich sie sah. Generell hatten Dairines Eltern nur wenig Zeit für sie. Während ihr Vater oft auf Geschäftsreisen oder in irgendwelchen Meetings war, trieb sich ihre Mutter in der Dritten Welt herum und kümmerte sich um die Ärmsten der Armen.

„Ich wusste nicht, ob ihr zu Hause seid“, antwortete ihre Mutter. „Außerdem war alles ganz spontan.“ Sie schaute in meine Richtung und löste sich von ihrer Tochter. Daraufhin streckte sie mir mit freundlichem Lächeln die Hand entgegen. „Hallo. Ich bin Roisin, die Mutter von Dairine.“

Ich erhob mich vom Bett und ergriff die ausgestreckte Hand. „Ich bin Winter.“

„Oh, was für ein schöner, aber ungewöhnlicher Name“, lächelte sie und hielt meine Hand einen Moment länger als nötig fest. Es war jedoch nicht unangenehm, denn Dairine musste die herzliche und offene Ausstrahlung von ihrer Mutter geerbt haben. Roisins Händedruck war fest und warm. Ich bildete mir ein, dass sie nach Sand und Sonne roch. „Möchtest du mit uns essen? Wir könnten etwas vom Italiener bestellen.“

Ehe ich antworten konnte, kam mir Dairine zuvor. „Winter muss jetzt nach Hause.“

Es versetzte mir einen Stich ins Herz. Zwar konnte ich verstehen, dass sie ihre Mutter in der spärlichen Zeit, die sie in Irland sein würde, für sich haben wollte, aber ich schob es mehr auf mein Geständnis, denn zuvor hatte sie meine Gegenwart nie gestört.

„Ja, ich hab meine Hausaufgaben noch nicht gemacht“, stimmte ich ihr zu. „Aber trotzdem vielen Dank für das freundliche Angebot!“

Roisin lächelte und zwinkerte mir zu: „Dann holen wir das wann anders mal nach.“

Ich sah ein letztes Mal zu Dairine, um an ihren Augen ablesen zu können, ob sie meine Geschichte glaubte, doch sie ignorierte meinen Blick, sodass ich mich geknickt und unwissend auf den Heimweg machte.

Dairine fehlte am Montag in der Schule. Es war das erste Mal, seitdem sie aus Colorado nach Irland gezogen war. Das war mittlerweile schon vier Jahre her. Ich glaubte nicht, dass sie krank war, sondern schob es darauf, dass ihre Mutter wieder da war und sie Zeit mit ihr verbringen wollte. Aber insgeheim fürchtete ich, dass es mit mir und meinem Geständnis zu tun hatte. Obwohl ich wusste, dass Dairine keine Person war, die unangenehmen Gesprächen aus dem Weg ging. Sie war direkt und sagte, was sie dachte, anstatt sich zu verstecken und in Ausreden zu üben.

Nach der ersten Unterrichtsstunde schrieb ich ihr eine SMS und fragte sie, was sie hätte und ob sie länger wegbleiben würde. Danach holte ich mir einen Kaffee und setzte mich alleine in der Cafeteria an einen Tisch. Lucas und die anderen Schüler des Abschlussjahrgangs mussten diese Woche nicht mehr in die Schule, damit sie Zeit hatten, sich zu Hause auf die Prüfungen vorzubereiten. Mona und Aidan gingen in dieser Realität nicht auf unsere Schule und so war ich ohne Dairine ganz allein. Eigentlich hatte ich mich schon längst bei Mona melden wollen, aber die Fomori waren dazwischengekommen und außerdem musste ich immer wieder darüber nachdachten, was Evan zu mir gesagt hatte. Was, wenn Mona ohne uns besser dran war? Sie hatte bei unserem zufälligen Aufeinandertreffen wirklich einen guten Eindruck auf mich gemacht. Zudem lag mir Smalltalk nicht besonders und ich wusste nicht, worüber ich mit ihr reden konnte, ohne zu viel von mir preiszugeben. Wenn ich ihr die Wahrheit erzählte, würde sie mich für verrückt halten. Dairine war meine beste Freundin und deshalb hoffte ich, dass sie mir irgendwann doch glauben würde. Aber für Mona war ich eine völlig Fremde.

Wie es Aidan wohl ging? Ob er noch immer in Velvet Hill war? Ich nahm mir vor, das bei Gelegenheit zu überprüfen. Auch wenn er in der letzten Zeit vor seinem Tod mehr Monas Freund als irgendetwas anderes gewesen war, so verband uns doch der gemeinsame Aufenthalt in der Psychiatrie. Ohne ihn hätte ich die Zeit nicht durchgestanden. Mittlerweile war ich mir sogar sicher, dass ich nie wirklich in ihn verliebt gewesen war. Es war mehr der Wunsch nach Nähe gewesen. Lucas hatte mich für Eliza verlassen, Liam war durch meine Hand gestorben … Ich hatte mich so sehr nach jemandem gesehnt, der mich liebte, dass ich Zuneigung mit Liebe verwechselt hatte. Für Aidan musste es ähnlich gewesen sein. Ich hatte seinen tristen Klinikalltag aufgewirbelt und war die Erste gewesen, die ihm Hoffnung auf ein normales Leben gegeben hatte.

Ein Räuspern ließ mich erschrocken zusammenfahren. Meine Gedanken hatten mich völlig eingenommen und ich hatte nicht damit gerechnet, von jemandem angesprochen zu werden. Ungläubig blickte ich in stahlgraue Augen empor. Liams Hand lag auf dem Stuhl neben mir. Ich spürte, wie mir eine Hitzewelle durch den gesamten Körper jagte.

Er lachte auf, was mir bewusst machte, dass ich sicher ein ziemlich dummes Gesicht machte. „Darf ich dich kurz stören?“

„Ja, klar“, antwortete ich viel zu begeistert und fragte mich gleichzeitig, wie es dazu kam, dass er meine Nähe suchte. Bisher hatte ich nicht den Eindruck gehabt, dass irgendeiner meiner Annährungsversuche von Erfolg geprägt gewesen wäre. Aber bei ihm konnte man sich nie sicher sein.

Er zog den Stuhl zurück und ließ sich neben mir nieder. Unauffällig ließ er den Blick durch die Cafeteria wandern, die sich langsam leerte. Es würde bald zur nächsten Stunde klingeln. Er rutschte ein Stück zu nah an mich heran, als es für einen Lehrer und seine Schülerin üblich gewesen wäre. Sein Knie berührte meines und jagte einen Stromstoß durch meinen Körper. Als er sich zu mir vorbeugte, hatten sich meine Nackenhärchen bereits aufgestellt. „Du hast am Samstag meine Freundin Faye kennengelernt, oder?“

Eine Mischung aus Panik und Enttäuschung machte sich in mir breit. Er wollte mit mir ausgerechnet über Faye sprechen? Ich hatte ihr viel zu viel verraten. Ich beschloss, dass es besser war, nichts zu sagen, bevor ich nicht mehr wusste, und nickte deshalb lediglich.

Erneut sah er sich um, als fürchte er, dass jemand unser Gespräch belauschen könnte. „Du hast ihr Angst gemacht.“

„Ich ihr?“, stieß ich ungläubig hervor. Warnend sah er mich an, da ich etwas zu laut geworden war. Sofort mäßigte ich meine Stimme. „Sie hat mich bedroht und nicht anders herum“, raunte ich in dem Versuch, mich zu verteidigen.

Er runzelte die Stirn, als hätte er keine Ahnung, wovon ich sprach. „Woher weißt du, dass sie bei den Fomori war?“

„Sollte die Frage nicht eher sein, woher ich überhaupt von der Existenz der Fomori weiß?“

Er musterte mich und schien mich zum ersten Mal überhaupt wirklich wahrzunehmen. Vielleicht war es doch nicht so schlecht, dass ich mich vor Faye beinahe geoutet hatte. Das weckte zumindest sein Interesse an mir. „Du bist keine Schattenwandlerin“, stellte er verständnislos fest.

„Ich nicht, aber meine Schwester“, klärte ich ihn auf. Über seine Mundwinkel zog sich ein triumphierendes Grinsen. „Wusste ich es doch“, murmelte er, was mir einen Stich versetzte. Die Erinnerung daran wie er kaum die Augen von Eliza hatte lassen können, war allgegenwärtig, ob es mir lieb war oder nicht.

„Unsere Tante ist die rechte Hand von Charles Crawford“, fuhr ich fort, um seine Aufmerksamkeit wieder auf mich zu lenken. Es funktionierte, denn sein Grinsen verschwand. Stattdessen starrte er mich entsetzt an. Erneut ließ er seinen Blick misstrauisch über mein Gesicht wandern. Er schien abzuwägen, ob eine Gefahr von mir ausging. „Hat Faye etwas zu befürchten?“

„Also gehört sie wirklich nicht mehr zu ihnen?“

„Nein“, versicherte er mir und sah mir dabei eindringlich in die Augen. „Ich weiß nicht, wie viel du weißt, aber …“

„Ich weiß alles“, unterbrach ich ihn etwas zu vorschnell. Ich wusste mehr als jeder andere, mehr, als ich hätte wissen dürfen.

Irritiert blickte er mir entgegen. „Du weißt, dass Charles Crawford unsterblich ist?“

„Nicht nur das, ich weiß auch, was er dafür tun musste.“

Wir sprachen es beide nicht aus. „Genau, das ist der Grund, warum Faye die Fomori verlassen hat. All dies ging ihr zu weit. Deshalb ist sie zu mir gekommen, um sich hier vor ihnen zu verstecken. Und dann tauchst du plötzlich auf und stellst solche Fragen. Du wirst sicher verstehen, dass ihr das eine Heidenangst eingejagt hat.“

Bisher hatte Faye nicht den Eindruck bei mir erweckt, vor irgendetwas Angst zu haben. Aber es war irgendwie beruhigend zu wissen, dass nicht nur ich ihretwegen unruhige Nächte hinter mir hatte, sondern dass dies auf Gegenseitigkeit beruhte. „Soweit ich weiß, interessieren sich die Fomori nicht für sie“, versuchte ich Liam zu beruhigen. „Ich glaube, dass sie aus anderen Gründen hier sind.“

„Macht“, stimmte er mir zu. „Erst der Bürgermeisterposten …“

„Und danach der Rest der Welt“, schloss ich. Wir sahen einander in die Augen, wobei mein Herz wie wild gegen meine Brust hämmerte. Ohne, dass ich es geplant hatte, hatte ich etwas gefunden, das uns verband.

„Was ist mit deiner Tante? Rhona, oder?“

„Ich weiß es nicht genau. Sie ist zwar seine rechte Hand, aber ich glaube, dass sie Eliza und mich vor den Fomori zu schützen versucht. Es ist nicht leicht sie zu durchschauen.“

„Ihr solltet sie besser im Auge behalten“, schärfte er mir ein. „Hältst du mich auf dem Laufenden?“ Er schob seinen Stuhl zurück, was ein eindeutiges Zeichen dafür war, dass für ihn das Gespräch wohl an dieser Stelle beendet war. Für meinen Geschmack jedoch viel zu schnell. Die leere Cafeteria verriet mir, dass die nächste Stunde bereits begonnen haben musste. „Wir könnten zusammen einen Kaffee trinken gehen und über alles reden“, schlug ich ihm vor.

Er sah von mir zu meinem Kaffeebecher, der immer noch voll, aber mittlerweile kalt vor mir stand. „Du scheinst Kaffee nicht besonders zu mögen“, witzelte er, was mich erröten ließ.

„Ich mag vor allem den Duft“, gab ich verlegen zu, denn es würde ihn sicher nicht interessieren, dass ich mir zu viele Gedanken gemacht hatte und dabei meinen Kaffee völlig vergessen hatte.

„Hast du jetzt keinen Unterricht?“

„Nein“, log ich, wohl wissend, dass er das leicht würde nachprüfen können. Mein Herz raste bei der Vorstellung, noch länger neben ihm sitzen zu können. Er schien tatsächlich darüber nachzudenken, doch etwas ließ ihn doch zögern.

„Gibt es denn noch etwas Wichtiges, das du mir in Bezug auf die Fomori erzählen möchtest?“

„Nein, aber wir könnten doch unser Wissen austauschen und besprechen, wie wir gegen sie vorgehen wollen.“

Er hob abwehrend die Hände. „Ich habe nicht vor, etwas gegen sie zu unternehmen.“

„Aber Charles wird sich nicht damit zufrieden geben! Er wird versuchen, auch die anderen Fomori unsterblich zu machen …“

„Das ist mir egal“, unterbrach er mich. „Ich möchte keinen Ärger mit ihnen, deshalb ist es am besten, wenn ich mich aus allem raushalte.“ Das hörte sich ganz und gar nicht nach dem Liam an, den ich kannte.

„Ich muss jetzt meine nächste Stunde vorbereiten. Sollte noch etwas sein, sag mir bitte Bescheid“, schloss er und wandte sich endgültig zum Gehen. Ich konnte und wollte ihn nicht so einfach gehen lassen.

„Würdest du mir deine Handynummer geben?“ Er blieb stehen und drehte sich unschlüssig zu mir um. „Für den Notfall“, setzte ich nach. Skepsis spiegelte sich auf seinem Gesicht und ich erkannte, dass ich etwas falsch gemacht hatte. „Entschuldigung. Ich meine, würden Sie mir Ihre Handynummer geben?“, stammelte ich verlegen und sicher mit knallrotem Kopf. Umso mehr überraschte es mich, dass er tatsächlich darauf einging.

„Na gut, aber nur für den Notfall“, brummte er und zog sein Notizbuch aus der Tasche. Er riss einen Zettel heraus, kritzelte eilig seine Nummer drauf und reichte ihn mir.

Meine Haut kribbelte dort, wo mich die unebenen Kanten des Papiers berührten. Ich schloss meine Hand darum und sah ihm sehnsüchtig nach, als er die Cafeteria verließ. Innerlich vollführte ich einen Freudentanz – ich hatte seine Handynummer! Zugegeben, es hätte durchaus besser laufen können, aber es war ein Fortschritt. Wir hatten nun zumindest ein Gesprächsthema.

Schattenchance

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