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Eine Hand wäscht die andere

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Die Kneipenatmosphäre wurde ihm zu wieder. Spöttisch nippte der Mann an seinem Glas Milch und schaute in die Runde aus Korruption und Abschaum. Er kannte viele von ihnen. Des ein oder anderen Scharlatans hatte er sich schon bedient, um an Informationen zu gelangen, die für seine Familie von Wichtigkeit waren. Anfangs hatte man ihn nicht wahrgenommen. Über ihn gelacht, weil er nicht dazu gehört hatte und somit kein Recht besaß sich hier aufzuhalten. Mittlerweile allerdings, nachdem sein Bruder diese Kneipe aufgemischt hatte, besaß er Respekt wie kein zweiter.

Heute interessierten ihn keine Informationen. Obgleich er doch wegen ihnen hierher gekommen war, verfolgte er nun ein anderes Ziel. Leicht angesäuert strich er sich durch sein schwarzes Haar. Er wartete schon viel zu lange auf die Ankunft seines Opfers. Ob sie diesen Abend nicht mehr erscheinen würde? Hatte er zu lange auf seine Chance gewartet?

Knarrend schob sich die Holztür der Kaschemme auf und zog ihn aus dem Sumpf seiner Gedanken. Diese merkwürdige Frau, auf die er gewartet hatte, trat ein und er atmete erleichtert aus. Tief im Kragen ihres zerschlissenen Mantels versunken, schien sie jeglicher Aufmerksamkeit aus dem Weg zu gehen. Doch damit war sie um einiges auffälliger, als sie zu sein glaubte. Diese Frau war nicht von hier, dessen war er sich schon sehr früh sicher gewesen.

Als sie sich umsah, kratzte er sich am Kopf und wandte sich ab, damit sie sein Interesse nicht bemerkte.

Fast unhörbar schritt sie zu ihrem altbekannten Platz, wartete auf ihr Bier und beugte sich darüber.

Am liebsten hätte er sie mit seinen Blicken durchbohrt. Zu schön war sie, als dass sie Wirklich sein konnte. Zu lange verharrte sie in einer Position ohne Bewegung. Sehr seltsam war es, dass sie ihr Getränk nie leerte. Viel zu viele Indizien! Wie naiv!

Noch lange nippt der Mann an seinem Glas und kostete jeden Tropfen Milch aus. Oh ja, er musste sich allmählich etwas einfallen lassen, denn er wusste nicht, was sie hier wollte. Und erst recht nicht, wie viel Zeit ihm noch blieb, sein Ziel zu erreichen.

Wie eh und je, wartete die Blondine bis kurz vor Schließung der Kneipe, bezahlte und ging. Warum wartete sie stets bis das Lokal schloss und auch die letzten Gäste es verließen? Er zermarterte sich nicht lange den Kopf darüber, denn er kannte diese Wesen gut. Doch wieso wagte sich einer von ihnen hier her? Er wusste um die Unruhen an den Grenzen. Waren sie etwa so erpicht auf einen Krieg?

Sie musste auf der Suche nach etwas oder jemanden sein. Niemand anderes hatte ein derart gutes Gehör. Die Frau schien jeden Tag aufs Neue den Gesprächen zu lauschen. Wie verzweifelt oder lebensmüde musste man sein sich der Gefahr dieser Gefilde auszusetzten?

Der dicke Barkeeper kam mit einem feuchten Tuch auf ihn zu, nahm sein leeres Glas zu sich und wischte über den Tisch. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, merkte er an: ››Eigentlich wollte ich jetzt schließen.‹‹

››Hm‹‹, antwortete der Chinese und sah sich im Raum um. ››Sag mal, ich habe diesen Trinker lange nicht mehr gesehen.‹‹

››Wen meinst du?‹‹, fragte der dicke Barkeeper und stellte sich wieder zu seiner vollen Größe auf.

Der Mann musterte ihn eindringlich und die Lider fielen tief über seine Augen. Ihm kam gerade eine Idee; eine sehr gute Idee. ››Dieser Trunkenbold, der hier normalerweise täglich ein und aus geht. … Kommt schon, du weißt, wen ich meine!‹‹

Sein Gegenüber schien nachzudenken. ››Du meinst sicher Saufandy. Den habe ich leider auch schon länger nicht mehr gesehen. War immer ein guter Kunde.‹‹

Der Mann grinste breit und stand auf. Da er sehr groß war und eine stattliche Statur aufwies, wirkte er so um einiges bedrohlicher. Er wusste um diese Ausstrahlung, noch dazu um den Respekt, den seine Familie auf diesen Erdball auswirkte.

››Du schuldest mir doch noch einen kleinen Gefallen‹‹, gurgelte er mit einer leichten Drohung im Unterton. Der Barkeeper reagierte prompt und versteifte sich. Tief und hörbar schluckte er, als wenn er in genau dieser Sekunde den ernst der Lage erkannte. ››Nun... ähm... ich weiß nicht...‹‹

Der Mann zog eine Braue hoch. ››Du weißt nicht?‹‹

Die Art wie er es aussprach, ließ den dicken Barkeeper stramm stehen. ››Doch... ich...‹‹

››Schon gut, schon gut. Eine Hand wäscht die andere. Ich suche deinen guten Kunden und bringe ihn wieder zu dir, dafür musst du mir einen kleinen Gefallen erweisen.‹‹, mit einem sehr breiten Grinsen, was sein Gesicht finster untermalte, sprach er weiter, ››Meine Familie wird sich sehr über deine Kooperation freuen.‹‹

Der Mann wusste, dass er nur mit seinem Gegenüber spielte. Normalerweise war er nicht so, doch diese Gefilde zwangen ihn dazu. Hier musste er jemand anderes sein. Hart wie Stein. Korrupt, wie ein falscher Politiker. Gerissen, wie ein Wolf auf Nahrungssuche!

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