Читать книгу Werwolfsgeheul - Melanie Ruschmeyer - Страница 9
Der Sumpf der Stadt 1
ОглавлениеEndlich! Ein fester Boden unter den Füßen und kein weiterer Zwischenstopp sollte mich mehr plagen. Die Euphorie überflutete mich, denn ich war verdammt stolz. Alle Passagiere von den drei Flügen waren unversehrt und erfreuten sich – soweit ich das beurteilen konnte – bester Gesundheit. Mein Magen war da eher anderer Meinung. Nach dem Stopp in Shanghai glaubte ich ihn dort vergessen zu haben. Er war taub und so leer, dass die Vermutung nahe lag, dass ich ihn getötet hatte. Vielleicht war er es aber auch nur einfach leid geworden, ständig mit Knurrattacken aufzuwarten.
Nun war ich mal wieder in Hong Kong. Die Stadt war mir annähernd bekannt und vertraut, daher war sie meine erste Wahl gewesen, obwohl ich nicht gerade die besten Erinnerung an sich hegte.
Irgendwie war es seltsam gewesen die Türen des Flughafens zu benutzen, denn beim letzten Mal hatte ich keine Zeit gefunden mir alles genau anzusehen. Die elektrische Eingangstür schloss sich gerade hinter mir und ich blickte in den Himmel. Am heutigen Tag schien die Sonne und es war nicht mehr annähernd so ungewöhnlich eine Sonnenbrille zum Schutz zu tragen. Lediglich der Smog zog sich wie eine zähe, dickflüssige Wand um den Flughafen und versperrte die Sicht auf die Außenwelt. Viele Menschen trugen einen Mundschutz da sie kaum richtig durchatmen konnten und auch mir fiel es erschöpfend schwer mich an diese Luft zu gewöhnen. Sie war abstoßend und vermischte sich zusätzlich mit dem standhaften Geruch der Wölfe. Auch wenn dies nicht unbedingt hieß, dass mir in den nächsten Minuten einer begegnen würde, musste ich Vorsicht walten lassen. Durch ihre Allgegenwärtigkeit war es schwer einen wahren Werwolf zu erkennen.
Die Tür schob sich erneut mit einem Zischen auf und unzählige Passanten zwängten sich hindurch. Sie quetschten sich an mir vorbei. Wie etwas sehr kostbares drückte ich die frisch erworbene Zeitung an meine Brust und schützte sie vor der Ungeschicklichkeit der Leute. Wie ein Sandwisch pressten sie mich zusammen.
Kurz nach meiner Landung war ich schnell in einem kleinen Zeitschriftenladen verschwunden und hatte mich um eine Zeitung bemüht. In den letzten Monaten war mir klar geworden, wie wichtig diese wenigen Seiten aus dünnem Papier wirklich waren. In ihnen fand man Artikel, die mehr über Vampire und Werwölfe verrieten, als es dem Anschein gab. Immer vorausgesetzt man wusste wonach man suchte.
Noch etwas war mir bewusst: In dieser überfüllten Großstadt wollte ich nicht lange verharren! So suchte ich nach einer Fahrgelegenheit. Nicht weit von mir stand eine ganze Reihe von Taxen am Straßenrand und wartete bereits auf ihre Kundschaft.
Ich suchte mir ein Auto aus, stieg in das Taxi ein und gab dem Fahrer die Adresse des alten Lagergebäudes in Form eines kleinen Zettels. Brummig musterte er mich schief und fuhr los.
Ein tiefer Seufzer drückte sich durch meine Kehle, als ich die Menschen auf den Gehwegen musterte. Es waren so viele. Wenn man sie so sah, schien alles normal zu sein. Sie gingen zur Arbeit, einkaufen oder trafen Freunde. Niemand glaubte wirklich zu wissen in welchem Revier sie lebten und vor allem, welcher vermeidlichen Gefahr sie ausgesetzt waren. Vor nicht all zu langer Zeit war ich auch einer von ihnen gewesen. Heute schien mir diese Seite makaber und fremd.
Der Verkehr in einer Stadt wie Hong Kong war schleppend und nagte an meiner Ungeduld. Straße für Straße kamen wir nur sehr langsam vorwärts. Auch wenn sich der Flughafen nicht im Zentrum befand, herrschte hier hektisches Treiben.
Um mir die Fahrtdauer etwas zu verringern, nutzte ich die Chance, um die Zeitungsartikel genauer zu durchleuchten. Dabei stachen mir prompt zwei sehr auffällig ins Auge:
Mensch von Wolf getötet
Am Donnerstag ereignete sich in einer Kleinstadt, nahe der ukrainisch, russischen Grenze, ein Blutbad. In einer Vollmondnacht wurde ein Bauernpärchen von ihrem Hund aufgeschreckt. Er schlug derart laut an, dass sie befürchten mussten, jemand würde um das Bauernhaus schleichen.
Als sie niemanden auffinden konnten und der Hund sich aber noch immer nicht beruhigte, ertönte ein lautes Wolfsjaulen. Nur schemenhaft erkannten sie wilde Lichter im angrenzenden Wald. In Blau und Rot wirbelten die Lichtpunkte umher und waren wohl angeblich schlecht für ihre Augen zu verfolgen. Ein schrecklicher, männlicher Schrei trieb das Pärchen an, mit Taschenlampen und Mistgabeln bewaffnet, dem Menschen zu helfen. Doch sie kamen zu spät! Was für den Bruchteil einer Sekunde in den Lichtstrahl ihrer Taschenlampe huschte, stellte alles in Frage, was sie bisher gesehen hatten. Der Wolf war übernatürlich groß. Seine Augen funkelten wie blaue Diamanten und in seinem Maul hing schlaff der tote Mann heraus. So schnell wie er in das Licht getreten war, war er auch schon wieder verschwunden.
Ist dieser Wolf einer Mutation erlegen? Gibt es noch mehr solcher Monster im Wald? Und stehen sie vielleicht in Verbindung mit den seltsamen Lichtern vor mehreren Wochen, die am Flughafen Hong Kongs gesichtet wurden? ...
Ein eisiger Schauer lief mir den Rücken herunter. Der Verfasser wusste gar nicht wie nah er an der Wahrheit vorbeigeschlittert war. Natürlich standen die Lichter in direkter Verbindung mit diesen hier.
Eine Vollmondnacht war für Werwölfe der Inbegriff von Kraft und Energie. Sie nährten sich von ihm und besaßen in solchen Nächten übernatürliche Stärke, die es für Vampire schwer werden ließ. Dieser arme Mann musste wohl der Grenze zu nah getreten sein. Der Duft hatte den Werwolf wohl magisch angezogen. Das Bauernpaar hatte die roten Augen des Vampirs nicht mehr erkennen können. Da der Glanz darin wohl bereits erloschen war und der Werwolf ihn nur noch verbrennen musste. Eine Suche nach diesem vermeidlichen Menschen würde ins Nirgendwo führen.
Dies war nur ein Beispiel wie die Kampflust zwischen den zwei Parteien zu kitzeln begann. Die andere Schlagzeile fand sich wenige Seiten dahinter:
Badeurlauber kamen mit dem Schrecken davon
Sochi/Russland
An der russischen Riviera (schwarzes Meer) befindet sich die Stadt Sochi. Ein sehr beliebter Urlaubsort, der sogar für nächstes Jahr die olympischen Spiele ausrichtet.
Die Idylle nahm gestern ein jähes Ende, denn mehrere Hotels standen meterhoch in Flammen. Unzählige Brandherde zeugten von Brandstiftern. Die Feuerwehr befand sich im Dauereinsatz. „Wir waren überlastet!“ sagte uns der Oberst.
Uns wurde mitgeteilt, dass es an ein Wunder grenzte, dass niemand zu Schaden gekommen sei. „Uns sind ein paar starke Männer zur Hilfe geeilt. Mit Hubschraubern schafften sie große Behältnisse an, die sie sehr schnell mit Wasser befüllten. Sie stemmten schwere Eimer, die ich nicht einmal ansatzweise hätte heben können.“, so die Aussage des Oberst der Feuerwehr.
Die Hubschrauber kippten das Wasser über die Brände und konnten mit Hilfe der Feuerwehr Herr über die Flammen werden.
Da alle in extremer Hast und Schnelligkeit agierten, kam niemand zu schaden.
Folgenden Männern dankt die Stadt Sochi und empfängt sie immer mit offenem Herzen: ...
Das war ein gefundenes Fressen für jeden Vampir, der sich eventuell rächen wollte. Vielleicht hatten die Unruhen dazu geführt, dass ein Freund oder gar der Partner getötet worden war. Dann Hotels einer stark besuchten Urlauberregion in Flammen zu setzten, um möglichst viele Werwölfe dabei zu töten, war schon irgendwie gerissen, das musste ich zugeben. Allerdings erfüllten mich all die Worte nicht mit Freude. Sie vergifteten mich. Es tat so sehr weh, dass sich ein klebriger Kloß in meinem Hals bildetet. Ich versuchte ihn hinunter zu schlucken, aber er war hartnäckig. Er sandte seine klebrige Substanz zu jeder Zelle meines Körpers und ließ sie aufschreien. Angst packte meine Glieder und ich fragte mich aufs Neue, was ich hier eigentlich tat. In welche gefährlichen Gefilde hatte ich mich begeben? All dies zeigte die drohende Gefahr eines Krieges. Die Zeit eilte schnell voran. Sie rann mir durch die Finger wie Sand. Ich musste mich beeilen. Um jeden Preis würde ich Carlos finden und ihn zur Strecke bringen und im Anschluss? Ja, danach würde ich mich ergeben. Irgendwie musste ich es schaffen zum König der Werwölfe vorzudringen und all dem ein Ende zu setzten! Denn ich war Schuld an dem Desaster. Mein Handeln sorgte für einen Aufruhr, der die ganze Welt erneut ins Chaos stürzen sollte. Das durfte nicht sein! Ich wollte nicht, dass irgendjemand, der mir wichtig war, Schaden nahm. Diesmal würde ich stark sein und dabei war es mir gleich, was mit mir passierte.
Der Kloß verharrte noch lange in meinem Hals, doch ich verfluchte ihn nicht. Er zeigte mir die Angst, die ich empfinden sollte und die allgegenwärtige Bedrohung. Irgendwie spendete er sogar Trost, denn ich hatte schon geglaubt nach den Ereignissen im Flugzeug zu einer ganz anderen Person mutiert zu sein. Doch ich hatte mein Ziel eben doch nicht verloren! Das war gut zu wissen!
Nach geraumer Zeit wandelte sich das Umfeld. Fahrzeuge und Passanten nahmen stetig ab. Die prachtvollen Gebäude wurden Schritt für Schritt ersetzt. Hier und da war ein Fenster eingeschlagen. Der Boden war verdreckt. In diesen Teil des Außengebietes der Stadt waren eher keine Touristen erwünscht oder gar angedacht. Der Müll rollte über den Gehweg und zeugte von Einsamkeit. Die Straßen wurden durch Armut erdrückt und obwohl es helllichter Tag war, schienen sie wesentlich dunkler zu wirken. Wände waren mit Grafitti beschmiert und von Menschen fehlte jede Spur. Einsam. Verlassen. Trostlos. Nicht gerade einladend und genau aus diesem Grund perfekt für jemanden, der untertauchen wollte!
Vor einem großen, verlassenen Industriegebäude blieb mein Taxifahrer schließlich stehen und schaute in den hinteren Bereich zu mir herüber. Fordernd hielt er mir die offene Hand hin und zeugte von Gleichgültigkeit. Kein Wort verließ seine Lippen. Hecktisch kramte ich in meiner Handtasche und holte meine Geldbörse heraus.
In China hatte ich nicht mehr vor mit Karte zu bezahlen. Alexander durfte mich hier nicht so einfach finden. Die Transaktionen wären viel zu leicht nachzuvollziehen. Somit hatte ich mir genügend Bargeld in der richtigen Währung beschafft. Am Flughafen allerdings war es leider unumgänglich gewesen, da dort eine Barzahlung nicht die Norm war. Außerdem sollte mein Tarnflug nach Deutschland nur noch mehr unterstrichen werden. Gut, Li würde sicherlich auch der andere Flug sauer aufstoßen, aber da verharrte noch immer die Hoffnung, dass die Erkenntnis zu spät kommen würde.
Ich reichte ihm sein Geld und stieg aus.
Die große Fläche rund um das verwahrloste Gebäude war mit einem niedrigen Zaun umringt. Er war von langer, unbenutzter Zeit geprägt und wies etliche Löcher auf. Der Lehm am Boden war aufgeweicht und von unzähligen Schuhabdrücken durchzogen. Vermutlich fanden viele Obdachlose hier ihren Schlaf, wenn die Nacht hereinbrach. In diesen Gefilden würde es schließlich enorm kalt werden. Automatisch zog ich den Kragen meines Anoraks hoch und lehnte mich wartend an den Zaun. Meine Uhr verriet mir, dass es noch dauern würde, bis das Päckchen zu ihrem eigentlichen Besitzer zurück fand. Zeit, die schleppend vergehen würde.
Prompt knurrte mein Magen und rebellierte. Vermutlich hatte er nur auf die Ankunft seiner Mahlzeit gewartet und wurde nun je enttäuscht. Denn sein Ziel lag trotzdem in weiter ferne. Das Knurren hallte durch die Gassen und brach die Stille.
Ich presste die Lippen aufeinander und senkte den Kopf. Mit den verstauten Händen im Anorak und einer leicht angesäuerten Miene passte ich mich meiner Umgebung an. Es stank abartig. Der Geruch der Kanalisation stieg empor wie Gase und vermischte sich mit dem nach Schwefel riechender Luft. Nicht einmal hier wurde der Werwolfgeruch vom Winde verweht. Er klebte an den Wänden wie Kaugummi und ich hoffte mich schnell daran zu gewöhnen. Ich hatte es schon einmal vollbracht, warum nicht ein zweites Mal?
In diesem Stadtteil kamen nur wenige Passanten vorbei. Es handelte sich nicht gerade um eine Sehenswürdigkeit, mit der die Stadt prahlen konnte. Die wenigen jedoch, die sich hierher verirrten, schenkten mir keine Beachtung. Darüber war ich sehr erleichtert.
Als das Dunkel über die Stadt hereinbrach, begann die Straßenbeleuchtung ihre Arbeit. Flimmernd versuchten die wenigen Laternen Licht in die drohende Schwärze zu schicken. Doch was sie wirklich vollbrachten, waren verängstigte Schatten. Graue Schleier huschten über Müll, Wände und Asphalt. Der Dreck verwandelte sich in kleine, schleimige Monster, die nach den letzten Menschen griffen, die an mir vorbeigingen. Früher hätte ich in diesen Gefilden Angst verspürt, heute gehörte ich irgendwie in diese dunkle Welt.
Als ich zum gefühlt tausendsten Mal auf die Uhr schaute und diese kurz vor zwanzig zeigte, grollte ein Motorengeräusch durch die angehende Nacht. Wie eine Dampfwalze polterte sie über die vielen Straßenschäden und hielt genau auf mich zu. Der Fahrer, den ich hinter der Windschutzscheibe ausmachte, war sichtlich verunsichert. In geduckter Haltung blickte er in jede Richtung. Die Augen angsterfüllt aufgerissen und die Hände in das Lenkrad gekrallt. Sein Bulli kam mit einem ohrenbetäubenden Quietschen, direkt vor mir, zum Stehen. Der arme Mann schien diese Gegend nicht wirklich zu mögen, denn als er ausstieg, guckte er abermals in jede Himmelsrichtung. Er war geplagt von Verfolgungswahl. Hier war niemand, außer wir beide, das wusste ich ganz genau.
Er stellte das Paket sehr vorsichtig vor mir ab und verbeugte sich mehrere Male. Betend, als wenn ich ihn gleich erschießen würde, stand er vor mir. Herrschte etwa hier die chinesische Mafia? Gelassen, als wäre seine Geste gerechtfertigt, deutete ich auf seinen Scanner. Er nickte schnell und flüsterte etwas unverständliches. Vielleicht ein „natürlich“ oder „selbstverständlich“? Endlich scannte er das Paket ein und ich durfte unterschreiben. In meiner Anoraktasche hatte ich mittlerweile einen überschüssigen Geldbetrag zurechtgelegt und reichte es ihm. Eigentlich war die Lieferung bereits beglichen worden, aber ich fand es angemessen ein Trinkgeld zu geben. Mit offenem Mund musterte er das Geld und war sehr angetan. Doch dann sträubte er sich und schob seine Hände abwertend in die Höhe. Der arme Mann konnte einem regelrecht leid tun. Er schien Sorge zu haben, sich mit der Mafia einzulassen, oder gar von dieser auf die Probe gestellt zu werden. Wieder drückte ich die Geldscheine an seine Hand und nickte ihm auffordernd entgegen. Er begann mit sich zu hadern und wechselte den Blickkontakt zwischen dem Geld und mir. Mit einem Mal siegte die Gier und er wiegte die Scheine ab, als bestanden sie aus purem Gold.
Mit vollem Eifer widmete ich mich nun endlich dem Paket und riss die Pappe auf. Das Geräusch drückte sich durch die Gassen wie ein Schuss. Ich hörte wie ein paar Ratten die Flucht antraten. Mit einem Griff holte ich den schwarzen Rucksack heraus. Der Postbote schaute mich leicht verwirrt, durch meine hastige Geste an, beließ es aber dabei. Er starrte lieber zu meinem üppig gewähltem Trinkgeld. Somit machte er sich aus dem Staub. Ich hätte schließlich noch einmal Wechselgeld verlangen können, doch danach war mir gerade ganz und gar nicht. Nachdem der Postwagen sich wieder fortbewegt hatte, hechtete ich über die Straße und verschwand in einer engen Seitengasse. In der dunkelsten Ecke hinter einem großen, überfüllten Müllkontainer, verbarg ich mich, zog eine Blutkonserve aus dem Rucksack heraus und trank in übertrieben großen Schlucken. Ein Tropfen rann mir über den Mundwinkel herunter. Die Kraft, die in meinen Körper schoss, war atemberaubend. Wie nach einer langen Durststrecke glaubte ich wieder zu erblühen. Alles hatte nach genau diesem Moment gelechzt und fühlte sich mehr und mehr befriedigt. Ich kostete den Augenblick voll aus und lehnte mich an die nasse Hauswand. Auf einmal war es mir egal, ob dieser Ort vor Ekel strotzte. Denn genau jetzt war er das Paradies! Wieso hatte ich nur diese dumme Idee mit der Abstinenz gehabt? Eigentlich war sie berechtigt gewesen, aber irgendwie auch ziemlich dumm. Als die Konserve leer war, wischte ich mir mit dem Handrücken über den Mund. Die Reste des Überschwänglichen mussten beseitigt werden.
Mit leisem Ratschen sank ich an der Wand herunter und stellte den Rucksack zwischen meine Beine. Ein lautes Stöhnen dröhnte durch die Kehle und ich schloss die Augen damit mein Gemüt zur Ruhe kam. Der Marathon war vorerst zu Ende und diese Erkenntnis musste erst vollends in mir ankommen.
Ein Knall gewann meine Aufmerksamkeit. Die Birne einer Straßenlampe war geplatzt. Kleine Glassplitter fielen klirrend auf den Asphalt. Ohne die Augen zu öffnen und die Umgebung mit meinen Schallwellen zu erkunden, schloss ich den Reißverschluss des Rucksacks und stand auf. Es war an der Zeit zu gehen!
Die Finsternis begann ihre Fangarme immer weiter auszustrecken. Die Gassen versanken in ihr und ich huschte hindurch wie eine flinke Katze. Geräuschlos und unantastbar bewegte ich mich in der Schwärze. Mit der Nase im Wind versuchte ich eine Witterung auszumachen, doch es stellte sich als äußerst schwer heraus. Trotz der Armut fand ich nicht wonach ich suchte.
Die Obdachlosen schienen sich bereits zu versammeln, um der Kälte gemeinsam zu trotzen, oder sie waren in andere Stadtteile gegangen, um im Feierabendtumult zu betteln.
Ein Hang von Verzweiflung versuchte sich in mir breit zu machen. Nach etlichen Gassen, Straßen und verlassenen Bushaltestellen glaubte ich kein Glück mehr am heutigen Tag zu haben.
Verbissen stieß ich einen kleinen Kieselstein in die Dunkelheit und schnaubte. Dumpf prallte er gegen eine Metallmülltonne und fiel zu Boden.
Allmählich begann Autolärm an mein Ohr zu dringen. Lichtkegel erhellten die Gasse in der ich stand und zeigten mir den Weg zu einer befahrenen Straße. Mit gesenktem Kopf und die Hände in den Taschen versunken, trat ich auf den Bürgersteig.
Es waren nicht all zu viele Autos zu sehen, aber eines blieb mir nicht verborgen: Ein Obdachloser! Direkt gegenüber auf der anderen Seite saß er auf einer alten Decke und hoffte, dass ihm jemand etwas Geld in seine Mütze, wenige Zentimeter vor ihm, warf. Er sah müde und erschöpft aus. Seine Schultern waren schlaff nach unten gezogen und mit einem kleinen Buckel hatte er sich vorgebeugt. Er spielte mit einem zerkratztem Knopf, den er unaufhörlich in seiner Hand drehte. Die Zuversicht schien ihn schon lange verlassen zu haben, denn der Blick war leer und leblos.
Auch wenn ich nicht wissen konnte, wieso der Mann arm war, tat er mir sofort leid. In meiner Vorstellung konnten die meisten Menschen nichts für ihren Umstand.
Als ich vor ihm stand, schaute er auf den Asphalt und trauerte innerlich. Der Knopf schien in diesem Augenblick der Mittelpunkt seines Lebens und all sein Hab und Gut zu sein. Ich schluckte schwer, als mir die wenigen Geldstücke in der Mütze auffielen, die nun direkt zu meinen Füßen lag. Er schaute nicht auf. Hatte bereits die Hoffnung aufgegeben, dass ihm noch jemand Beachtung und Hilfe spendete.
Wahrscheinlich hätte ich vielen Obdachlosen mein Geld geben können, aber ich wollte jemanden finden, der es hart getroffen hatte und der sich trotz seiner Probleme nicht dem Alkohol verschrieben hatte. In meinen Augen war es eine Art Stärke, denn viele dieser verarmten Menschen verkrochen sich hinter einer Maske aus Betrunkensein und Vollrausch.
Dieser Mann jedoch roch nach Schweiß und nicht nach Alkohol. Seine schwarzen Haare waren von Fett getränkt, verdreckt und zerzaust und seine Kleidung durchlöchert wie ein Käse. Er musste schrecklich frieren, aber wahrscheinlich hatte ihn der letzte Winter abgehärtet.
Noch immer schaute er nicht auf und ich zog aus meiner Geldbörse einen großen Schein. Die Geste war so langsam und bedacht, dass ein paar Fahrzeuge Zeit fanden, hinter mir vorbeizufahren.
Leicht wie eine Feder flatterte das Papier in die Mütze und bedeckte die kleinen, runden Metallscheiben. Es war nur der Bruchteil einer Sekunde, in der er seine Augen weit aufriss und sein Atem abrupt stehen blieb. Geschockt hob er seinen Kopf und starrte mich aus fragenden, faltigen Augen an. Vielleicht glaubte er gerade, dass jemand einen schlechten Scherz mit ihm machte. Irgendjemand reiches, der ihn gleich auslachen würde, wenn er ihm das Geld wieder wegnahm. Er konnte ja nicht wissen, oder gar glauben, dass wirklich jemand es derart gut mit ihm meinte.
››Ich hoffe, du setzt es weise ein‹‹, begann ich auf Chinesisch zu sprechen und hoffte, dass jedes Wort einwandfrei war.
Der Mann sagte nichts, schaute abwechselnd zu mir und zu dem Geldschein. Man hörte nur das Vorbeifahren eines Autos, selbst seinen Herzschlag vernahm ich in diesem Moment nicht mehr. Der Mann war fassungslos und ich bekam nach wenigen Minuten Angst, er würde an Herzversagen sterben.
››Ich hätte gerne im Tausch deinen Mantel. Du bekommst dafür auch meinen.‹‹ Ich hoffte so sehr auf irgendeine Reaktion von ihm. Ein Stottern, ein Freudenschrei, ein Danke oder was auch immer! Nichts. Er war zu Stein mutiert.
Demonstrativ klemmte ich meinen Rucksack zwischen die Beine und zog den Anorak aus. Jeder konnte sehen, dass er extrem teuer und warm war. Sicher könnte auch der Obdachlose nicht widerstehen, sich in ihm zu wärmen. Mir würde ein löchriger Mantel nichts ausmachen.
An einem Finger baumelte das guten Stück und wartete auf seinen neuen Besitzer. Vermutlich würde mich Josy dafür ohrfeigen, wenn ich sie wieder sah, doch das machte mir gerade recht wenig aus. Dieser Mensch konnte ihn weitaus mehr gebrauchen, als ich.
Krampfhaft stand er auf und versuchte sich steif den Mantel abzustreifen. Dabei ließ er seine Auge nicht einen Zentimeter von dem Geldschein abweichen. Zitternd reichte er mir sein altes, zerschlissenes Kleidungsstück. Es war der erste Moment, in dem er es wagte sich von dem Geld zu lösen. Fragend und durchdringend betrachtete er mich. Der Mann rieb sich die Augen. Er glaubte wohl dass alles nur ein schlechter Traum sei.
››Ich bin sicher, dass du kein schlechter Mensch bist und nicht wirklich die Schuld hieran trägst. In diesem Sinne nutze deine Chance‹‹, sagte ich in ruhigem, sanftem Ton und streifte nur kurz seine Hand bei der Kleidungsübergabe. Hastig zuckte er vor meiner äußeren Kälte zurück, drückte meinen Anorak an seine Brust und rieb sich die Hand. Geschockt hatte sich sein Mund geöffnet und er linste zu meinem Geldschein hinunter. Er war noch da.
Mir war nicht bewusst, ob er wegen der Berührung zu zittern begonnen hatte oder ob es die Erkenntnis war, das sich womöglich sein Leben doch noch in die rechten Bahnen lenken ließ. Für mich war es nicht viel Geld gewesen, doch für ihn könnte es wirklich ein neues Leben bedeuten.
››Danke‹‹, gab er von sich und ließ dennoch seine überraschte Miene nicht abklingen.
Ich lächelte.
››Ich danke ihnen vielmals‹‹, sagte er noch einmal und zog seinen neu errungenen Anorak an. Er war ihm viel zu klein und dennoch würde er ihn um einiges mehr wärmen können, als sein alter. Der Obdachlose schien sich sichtlich wohl zu fühlen. Er kuschelte sich in den Stoff.
Plötzlich fiel er auf die Knie. Hob und senkte seinen Oberkörper. Er schien zu beten oder mir auf unglaubliche Art seine Dankbarkeit auszusprechen.
Ich hüllte mich mit dem Mantel ein und erstickte so zum größten Teil meinen Eigengeruch. Der Stoff stank nach Schweiß, nasser Gosse, Urin und Müll. Er kitzelte derart in meiner Nase, dass ich das Gefühl hatte wie durch eine Zwiebel weinen zu müssen. Somit war diese Errungenschaft genau das Richtige!
Ich drehte mich ohne ein Wort um und ging. Aus dem Hintergrund hörte ich, wie der Mann hastig seine Sachen zusammenpackte.
Nun konnte meine eigentliche Jagd endlich beginnen. Das Adrenalin überflutete mich. Jeder weitere Schritt auf dem Gehweg fühlte sich an wie ein Höhenflug. Allmählich wurde mir bewusst, dass ich das erste Kapitel meiner Reise abgeschlossen hatte. Auch wenn es nur ein kleiner Teil war, hatte ich ihn dennoch vollkommen alleine bewältigt. Tief versank mein Kopf in dem übergroßen Mantel und ich grinste breit, als ich durch die Dunkelheit spazierte.
Das Licht der wenigen Laternen mied ich und schlich wie ein Schatten an ihnen vorbei.
Alles ging von ganz alleine. Ich fühlte mich wie ausgetauscht; wie auf der Pirsch, der ich mich vollends hingegeben hatte. In völligem Einklang mit meinem inneren Tier, schaute ich mich um. Jetzt stand ich dem größten Problem meines Abenteuers gegenüber. Etwas, was ich im Vorhinein nicht genau durchleuchten konnte. Viel hatte ich darüber nachgedacht und war doch immer zu ein und dem selben Schluss gekommen: Die Zeit würde es mir offenbaren. Ich durfte nicht zu ungeduldig sein.
Doch wo sollte ich anfangen? Ich wollte nicht den Werwölfen direkt in die Arme laufen. Mein Weg sollte mich nicht sofort nach Tibet führen. Das war viel zu gefährlich, denn meine Informationen waren einfach zu gering und zu schwankend. Umsonst sollte ich mein Dasein nicht aufs Spiel setzten. Es musste eine andere Lösung geben, um sicherer und schneller zu Reisen. Vielleicht konnte ich mehr über das Gebirge erfahren?! Vielleicht sogar über die Unruhen! Jede noch so kleine Kleinigkeit könnte mir helfen und mir einen Vorteil verschaffen.
Im Internet hatte ich durch ein Forum über eine kleine Kneipe am Stadtrand erfahren. Dort hielten sich viele Journalisten auf. Es war ein Ort, wo sie Informationen, Hirngespenster und eventuelle Schlagzeilen austauschten. Die Zeiten waren korrupt und finster, was diese Kneipe wohl sehr prägte. Die Schlagzeilen wurden oft gezinkt und mit Geld bezahlt. In einer solchen Großstadt gab man sich nicht mit Kleinigkeiten zufrieden! Eine Hand wusch die andere, so war es leider. Jeder war sich selbst der Nächste.
Schlägereien waren dort an der Tagesordnung. Angeblich war es der Sumpf der Stadt. Ausgestoßene, Straßendiebe, Verbrecher und anderes Gesindel erhielten in diesen Wänden Unterschlupf. Ich wollte mich davon überzeugen.
Dies war der einzige Rettungsanker, der mir blieb und nachdem ich energisch griff. Ich musste alles aufsaugen wie ein Schwamm.
Sicherlich würde es nicht die Art Gegend sein, in der ich mich gerne herumtrieb, aber zur Zeit hatte ich kein Recht Ansprüche zu stellen. Schließlich entschied ich mich für einen Weg, der nicht gerade von Anstand strotzte.
Zielstrebig machte ich mich auf, dem Pfad zu folgen, den ich so oft auf der Landkarte abgetastet hatte. Ich kannte jeden Winkel und jede Ecke in diesem verlassenen Stadtviertel. Alles schien perfekt, als ich wie eine schwarze Katze durch die Finsternis trat. Die Nacht war der beste Verbündete dieser korrupten Menschen, die dort verkehrten und würde heute hoffentlich auch der Meinige sein.
Während die Straßen stetig an Dunkelheit gewannen, je mehr ich mich meinem Ziel näherte, wuchsen auch die gespenstischen Schatten um mich herum.
Die Laternen erfassten Silhouetten und projizierten sie auf den Boden unter meinen Füßen. Ich zog die Kapuze meines Mantels weit über mein Gesicht und verzog den Mundwinkel, als der stinkende Stoff meine Nase berührte. Den Kopf auf den Boden gerichtet, folgte ich dem Verlauf der schmalen Nebengasse und lauschte den Geräuschen den Nacht. Leise tropfte das Regenwasser vergangener Tage aus der vollen Rinne eines Hauses in eine Pfütze. Meine fast tonlosen Fußsohlen würden für Menschen vermutlich unhörbar sein und umso näher ich meinem Ziel kam, desto lauter wurden die Geräusche von zwei Betrunkenen, die sich energisch stritten. Gern hätte ich hier um die Ecken geschaut, so wie Alexander es mir einst beigebracht hatte. Allerdings war dies nur möglich, wenn sich reflektierende Bilder an Spiegeln oder Glas brachen. Leider stand ich hier nur leblosem Stein und Müll gegenüber.
Als ich um die Ecke bog, sah ich schon von weitem die zwei sich gegenseitig anpöbelnden Gestalten. Mit je einer großen Flasche in der Hand schwankten sie mir entgegen. Immer wieder krachten sie an ihren Schultern zusammen und mussten sich lauthals darüber auslassen, was der jeweils andere doch für ein Dummkopf war. Angewidert bei ihrem Gestank rümpfte ich die Nase. Diese Art von Geruch drängte sich sogar durch den Duftschleier meines Obdachlosenmantels. Ihr Atem triefte regelrecht von Alkohol und drohte jedem, der ihn roch, ebenfalls zu betrinken.
Angetrunken sangen und stritten sie im Wechsel. Ich war sehr darauf bedacht den beiden nicht aufzufallen und ging ihnen weitestgehend aus dem Weg. Auf eine Auseinandersetzung hatte ich weiß Gott keine Lust.
Nur wenige Meter hinter ihnen erhob sich die zerkratze Holztür zur Kneipe. Der Schuppen war verwahrlost und glich einem Haus, das jeden Augenblick in sich zusammenstürzen mochte. Der Türknauf triefte von einer Flüssigkeit, die in der Dunkelheit grünlich wirkte. Niemand, allen voran ich nicht, wollte wissen, was diese Masse wirklich war. Es hatte somit noch einen weiteren Vorteil meine Hände mit Lederhandschuhen zu schützen. Tief atmete ich ein und nahm all meinen Mut zusammen, denn irgendwie weigerte sich plötzlich alles in mir, diesen Schuppen zu betreten. Ich lauschte den Getöse im Inneren. Dumpf drangen sie an mich heran. Es wirkte wie jede gut besuchte Kneipe: Gelächter, Geschwätz und Heiterkeit.
Hastig griff ich nach dem Türknauf und ignorierte das rebellische Gefühl in meinem Unterbewusstsein. Ich trat ein und begutachtete das Geschehen, während das Holz der Tür knarrte.
Der Geruch von penetrantem Alkohol, betrunkenen Kehlen und verdünntem Blut schwappte mir entgegen. Herzen pochten so wild, wie die aufgewühlte See. Die Lautstärke etlicher Gespräche erfasste meine Aufmerksamkeit. Während ich durch die Reihen von überfüllten Tischen ging, suchte ich nach einem kleinen Platz in einer Nische, wo man mich nicht so schnell bemerkte. Abseits von jeder Mann wollte ich jeglichem Treiben eine Beurteilung zukommen lassen. Auffallen um keinen Preis, das war meine Devise!
Die Bar befand sich auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes und endete nur wenige Meter vor der rechten Wand. Somit blieb eine kleine Durchgangsmöglichkeit für die Bedienung. Dort fand ich einen Hocker, der genau in eine Ecke passte, die dunkel und teilweise unantastbar war. Die Fangarme der spärlichen Deckenbeleuchtung schafften es nicht mehr bis hierher.
Der Hocker war unbequem und erschien auch nicht wirklich viel Gewicht zu vertragen. Doch ich war zuversichtlich, dass er einer schlanken Frau lange genug standhalten würde.
››Was willst du?‹‹, fragte der Barkeeper prompt. Er trocknete gerade ein Glas ab und musterte mich messerscharf. Seine Augenbraue zog sich nach oben, als ich keine Anstalten machte meinen Mantel auszuziehen oder gar meine Kapuze herunter zu ziehen.
››Ein Bier‹‹, gab ich mit extra rauer Stimme von mir und schwang meinen Rucksack auf meinen Schoß. Mir war bewusst, dass ich nicht drum herum kam wenigsten ein Glas vor mir stehen zu haben. Sicherlich wäre es alles andere als höflich und passend gewesen nichts zu bestellen.
Der dicke, glatzköpfige Barkeeper stellte das Bier vor mir ab und ich zog es zu mir heran. Über das Glas gebeugt, verbarg ich mein Gesicht und lauschte den unzähligen Stimmen im Raum. Versuchte jede Konversation und jeden kleinen Wortfetzen auf seine Wichtigkeit abzuschätzen und ihn zu filtern. Es waren so viele Gespräche, dass es mir mit der Zeit immer schwerer fiel sie alle aufzusaugen, doch der Wille trieb mich an.
An diesem Abend fand sich nichts von Wichtigkeit. Die etlichen politischen Themen und Skandale interessierten mich nicht. Es stimmte mich mürbe, ohne Erfolg wieder gegangen sein zu müssen, doch irgendwann in den frühen Morgenstunden hatte die Kneipe geschlossen. In der penetranten Kanalisation suchte ich weiteren Schutz und verharrte. Das regelmäßige Geräusch des fließenden Wassers beruhigte mich ein wenig, doch es erinnerte mich auch daran, wie lange ich hier eigentlich verweilte. Zu gerne hätte ich die Zeit mit einem ausgiebigen Schlaf verbracht, doch das war etwas, was mir niemals mehr gelingen würde. Einerseits vermisste ich es sogar, unbeschwert ein paar Stunden zu verschlafen, doch andererseits hatte auch dies seine Vorteile. Wenn ich diese zwar gerade weitaus weniger nutzen konnte, denn meine Gedanken fraßen mich fast auf. Sie nagten wie nimmersatte Aasgeier an mir. Ich war enttäuscht und verärgert darüber, nichts Wichtiges in Erfahrung gebracht zu haben. Meine Ungeduld war wieder einmal daran schuld, dass ich innerlich mit mir haderte. Ich wollte weiter! Wollte etwas erreichen und konnte es einfach nicht abwarten. Dazu kam die Unsicherheit, was wohl schon alles in Amerika passiert sein mochte. Waren sie mir schon auf den Fersen? Würde Alexander gleich, wie damals, neben mir stehen?
Als endlich der neue Abend einkehrte, machte ich mich wieder auf den Weg zur Kneipe. Wenn man mal von dem einen Passanten absah, der mich den Gullydeckel hat zur Seite schieben und herauskommen sehen, war ich recht unauffällig. Wie den Tag zuvor schien die Finsternis mir hold zu sein. Doch sie stand ganz im Gegensatz zum Glück. Denn auch heute wurde ich bitter enttäuscht. Nicht einmal die vermeidlichen Unruhen an den Grenzgebieten wurden erwähnt oder besprochen. Diese Leute interessierte nur Geld, Politik, Sex und Verbrechen. Wäre ich ein Polizist gewesen, hätte ich nun einen Hafen Arbeit zu erledigen, doch wie sich herausstellte, wurden auch diese gut bezahlt und mit eingebunden! Nichts überließ man dem Zufall!