Читать книгу Ein Engel für Luzifer - Melanie Weber-Tilse, Alisha Mc Shaw - Страница 7

Angelique - Zur Hölle mit dem Himmel!

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Ohne Mühe hatte sie die Räumlichkeiten gefunden, in denen sie den Wagen befüllen konnte, mit dem sie gleich die Minibar des Penthouse aufstocken würde. Während sie mechanisch eine größere Auswahl an alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken verstaute, glitten ihre Gedanken erneut zu Lord Adrian Scott.

Nachdem ihre Synapsen wieder angefangen hatten zu arbeiten, und sie nicht mehr wie ein sabberndes Etwas in der Tür stand und ihn anstarrte, überkam sie ein ungutes Gefühl. Es war nicht direkt greifbar, aber der Mann strahlte etwas aus, dass sie beunruhigte. Als er sie dann auch noch für eine Prostituierte gehalten und sie an sich gepresst hatte, war ihr schlagartig eines klar geworden: Dieser Mann war ihre Prüfung von Gabriel.

Da allerdings schon bei der ersten Berührung ihr komplettes Gehirn abgeschaltet und sich seinen ganz eigenen Interpretationen von Prüfung hingegeben hatte, könnte es durchaus schwierig werden, diese Aufgabe ohne größere Schäden zu bestehen. Was hatte sich der Erzengel nur dabei gedacht, sie vollständig zum Menschen zu machen! War ihm nicht klar, dass sie damit auch den seltsamen Gefühlen und Gelüsten derselben vollkommen hilflos ausgeliefert war?

Dass sich der Kerl auf die Liebelei mit der Prostituierten freute, hatte sie nicht nur gesehen, sondern auch überdeutlich in ihrem Rücken gespürt. Zu ihrer Erleichterung hatte sich das Ganze recht schnell als Missverständnis herausgestellt, und die echte - wobei die Frage, was an der noch echt gewesen war, sich eigentlich nicht stellte – käufliche Dame war kichernd in Scotts Schlafzimmer verschwunden.

Herrje, was verlangte Gabriel da nur von ihr! War sie nicht genau deshalb aus dem Himmel geflogen? Weil sie einem Mann mit ähnlichem Hintergrund wie Adrian zu seinem Glück ›verholfen‹ hatte? Patrick St. Claire war ein harter Brocken gewesen, aber schon jetzt dämmerte es Angelique, dass Lord Scott alles toppen würde, was sie jemals erlebt hatte.

Seufzend schob sie den Servierwagen auf den Flur und näherte sich der Tür zum Penthouse. Schon jetzt hatte sie nicht mehr die geringste Lust auf diesen Job. Zögernd blieb sie stehen. Vielleicht könnte sie ja ...? Das Buch mit den ›Informationen‹, das Gabriel ihr dagelassen hatte, war leer gewesen. Wer also sagte, dass sie nicht ihren eigenen Weg gehen könnte, um zum Ziel zu gelangen! Dumm nur, dass sie nicht einmal wusste, was dieses Ziel eigentlich war.

Entschlossen streckte sie ihren Rücken durch. Sie würde einfach gehen. Eine neue Arbeit suchen. Das sollte doch nicht so schwer sein! Wenn ihr Gabriel diesen Job samt seinen Fähigkeiten sprichwörtlich auf den Leib geschrieben hatte, sollte es ja wohl möglich sein, eine andere Anstellung zu finden.

Mit neuem Willen marschierte sie, einen letzten finsteren Blick auf die Tür des Penthouse werfend, weiter durch zum Aufzug. Sie betätigte den Knopf, um den Aufzug zu rufen, und tippte ungeduldig mit der Fußspitze auf den Boden. Mit einem leisen ›Bling‹ traf der Fahrstuhl ein und dessen Türen öffneten sich geräuschlos. Hah, das ging ja einfacher, als sie dachte. Energisch setzte sie an, den Aufzug zu betreten, und – prallte mit nicht geringer Wucht zurück.

Es gelang ihr gerade so, nicht zu stürzen und mit weit aufgerissenen Augen starrte sie den offenen Fahrstuhl an. Noch einmal hub sie an, ihn zu betreten, diesmal allerdings etwas vorsichtiger, mit den Händen voran tastend. Da war eine Barriere! Sie kam nicht weiter. Eine unsichtbare Wand hielt sie davon ab, den Aufzug zu betreten. Erkenntnis machte sich in ihr breit und Angeliques Blick glitt nach oben gen Decke.

»Du mieser, kleiner ...«, fluchte sie. Dann schlug sie sich erschrocken die Hand vor den Mund. Seit wann konnte sie fluchen wie ein Gossenkind? War das auch einer der Dinge, die Gabriel ihr mitgegeben hatte? »So viel zum Thema nicht einmischen, was?«, murrte sie und blickte unglücklich in Richtung des Servierwagens. Die Türen des Fahrstuhls schlossen sich wieder ebenso geräuschlos, wie sie sich geöffnet hatten.

Also gut, offensichtlich wollte man nicht, dass sie das Hotel verließ. Sollte dieser ungehobelte Kerl hinter den Penthouse-Türen also wirklich die ihr auferlegte Strafe sein? Langsam kehrte sie zurück zu dem Wagen, umfasste den Griff und nach einem kurzen Zögern klopfte sie.

Diesmal öffnete er selbst die Tür und grinste sie zufrieden an, nachdem er einen Blick auf den Bestand des Servierwagens geworfen hatte. Ihm einen misstrauischen und zugleich fragenden Blick zuwerfend, schob sie den Wagen energisch ins Zimmer. »Ich hoffe, die Auswahl ist zu Ihrer Zufriedenheit, Lord Scott?«, sagte sie und bemühte sich, souverän zu klingen. Es konnte doch nicht sein, dass dieser Mann sie nur mit Blicken fast dazu bringen konnte, sich aus ihren Klamotten zu schälen, oder? Waren Menschen wirklich so einfach gestrickt?

Als ihr Blick durch die geöffnete Schlafzimmertür auf das Bett fiel, auf dem sich die Prostituierte in einer Art und Weise rekelte, die ihr das Blut ins Gesicht schießen ließ, war ihre Frage beantwortet. Menschen waren so einfach gestrickt.

»Interesse?«, erklang da direkt an ihrem Ohr die raue Stimme von Scott, und ein Schauder fuhr ihr den Rücken herunter. »Ein Plätzchen wäre noch frei! Ich bin auch einem Dreier nicht abgeneigt!«

Oh! Mein! Gott! Gabriel musste sie wirklich hassen, um ihr eine solche Strafe aufzuerlegen.

Wie erstarrt stand Angelique da, spürte seinen Atem im Nacken und konnte förmlich das hämische Grinsen sehen, das sich mit Sicherheit jetzt auf seinem Gesicht abmalte. So einfach würde sie nicht klein beigeben. Sie machte einen Schritt in Richtung Schlafzimmer, atmete einmal tief durch und wandte sich dann um. Adrians Gesicht zeigte deutliche Überraschung.

»Ich zähle bereits drei Personen in diesem Raum, Lord Scott!«, lächelte sie dann und deutete auf seinen seltsamen Diener. »Und vier sind dann einer zu viel. Meine Durchwahl auf dem Telefon ist die 086. Wenn Sie sonst noch etwas benötigen, klingeln Sie gern bei mir durch. Guten Tag!« Mit diesen Worten ging sie schnellen Schrittes zur Tür.

Dort lehnte, süffisant grinsend – Adrian Scott. »Nicht so hastig, kleine Ms. le Ciél!« Wie zum Geier hatte er es geschafft, vor ihr an der Tür zu sein? Sie starrte ihn verblüfft an.

»W ... was wollen Sie eigentlich von mir?«, stammelte sie. »Ihr Betthäschen liegt doch schon mehr als bereit im Schlafzimmer und wartet nur darauf, von Ihnen beglückt zu werden!«

Scott hob seine Nase an und schnupperte. »Ja, das kann ich riechen«, sagte er dann trocken, machte aber keinerlei Ansatz, sie vorbei zu lassen. Langsam hob er die Hand und strich mit seinem Finger sachte über ihre Wange. Sofort ging Angeliques Atem schneller und ihr Herzschlag beschleunigte sich.

Wie verweichlicht waren diese Menschen eigentlich? Eine Berührung und schon schmolz sie dahin? Sie hatte über ihren Brunnen schon ganz andere Szenen auf der Erde beobachtet, aber nicht einmal ansatzweise so auf eine davon reagiert, wie auf diese simple Berührung Adrians. Er beugte sich vor, glitt mit der Nase an ihren Hals und berührte hauchzart ihre empfindliche Haut dort.

Dann fasste er sie in einer einzigen Bewegung an der Hüfte, drehte sich mit ihr zusammen um und presste sie gegen die Tür. Seine Augen blitzten dunkel auf sie herab, dann verzog sich sein Mund zu einem erschreckend sinnlichen Lächeln. »Ich habe mich geirrt«, flüsterte er. »Du bist es, die hier so duftet!«

Ihr Atem ging immer hektischer und panisch durchforstete sie ihre Erinnerungen, um eine Lösung für ihre Bredouille zu finden, die nicht beinhaltete, dass sie ohne Kleidung auf seinem Bett landete und um Erlösung bettelte. Auf dem Bett ... wo noch immer die Prostituierte wartete.

Ihre Entschlossenheit kehrte zögerlich zurück und mit einem Ruck schob sie ihre Hände nach oben zu seiner Brust – Gott, was für ein definierter Körper! – und schob ihn ein Stück von sich. »Vielleicht sollten Sie Ihre Energie lieber für das ... für die ... also für Ihr Schlafzimmer aufheben. Sicherlich war das ... teuer!«, zischte sie dann, all ihren Willen zusammenreißend.

Adrians Braue hob sich, ein amüsiertes Glitzern trat in seine Augen. »Keine Bange, kleine Angelique! Sie wäre die Erste, die nachher nicht auf allen vieren mein Zimmer verlässt ...« Ein letztes Mal strich er mit seiner Hand über ihre Wange, hinterließ eine Spur aus Kribbeln. Dann drehte er sich abrupt um und marschierte auf die Schlafzimmertür zu, sein Hemd aufknöpfend. »Ich wünsche ein energiereiches Mittagessen für zwölf Uhr, wir werden es nötig haben. Danke, Ms. le Ciél, das wäre dann alles!« Mit diesen Worten verschwand er und schloss die Tür hinter sich.

Verblüfft starrte Angelique ihm nach. Dann wurde sie gewahr, dass sein seltsamer Butler immer noch im Raum war und die ganze Szene vollkommen regungslos mit angesehen hatte. »Ist er immer so?«, fragte sie und sah den missgestalteten Mann an, während sie hastig die mitgebrachten Flaschen in der Minibar verräumte.

»Nein«, der Butler schüttelte den Kopf. »Ist er nicht. Normalerweise ist er noch viel schlimmer.«

Fast schon fluchtartig hatte sie das Penthouse verlassen und war zu ihrem Zimmer geeilt. Interessanterweise konnte sie den Aufzug diesmal ohne Probleme betreten und zu dem Stockwerk fahren, auf dem sie untergebracht war. Mit zitternder Hand schob sie die Personalkarte in den dafür vorgesehenen Scanner und betrat das Zimmer. Sie schloss die Tür und lehnte sich stöhnend von innen dagegen, die Augen schließend. »Scheiße, Scheiße, Scheiße!«, entwich es ihr.

»Gar nicht so einfach, jemandem gegenüberzustehen, den man sonst nur aus der Ferne manipuliert, oder?«, erklang da eine vergnügte und ihr nur allzu bekannte Stimme aus Richtung ihres Bettes.

»Gabriel!«, fauchte sie und riss die Augen wieder auf. Richtig, dort saß breit grinsend der Erzengel und musterte sie. Sie stieß sich von der Tür weg und ging auf ihn zu. »Ich hab's kapiert, okay? Du kannst mich wieder in den Himmel lassen, ich werde mit Sicherheit nie wieder eingreifen, wenn ich es nicht von höherer Stelle befohlen bekomme!«

Gabriel lehnte den Kopf leicht in den Nacken und lachte. Der Kerl hatte Spaß dabei, sie leiden zu lassen, gab`s das? »Oh nein, Ms. le Ciél, so einfach ist das nicht!«, schüttelte er den Kopf, als er sich wieder beruhigt hatte. »Du hast hier eine Aufgabe zu erfüllen, und die wirst du erledigen!«

Angelique trat an ihren Schreibtisch und ließ sich in den Bürostuhl fallen. »Welche Aufgabe denn?«, ächzte sie und deutete auf das kleine Notizheft, das sie heute früh in der ansonsten leeren Akte gefunden hatte. »Dein dummes, kleines Buch ist nämlich leer, falls es dir nicht aufgefallen sein sollte!«

»Ach?« Der Erzengel griff nach dem Buch und blätterte es durch. »Oh, tatsächlich!«, murmelte er dann und sah grinsend wieder auf. »Tja, dumm gelaufen, würde ich behaupten.«

Es war nicht zu übersehen, wie sehr er es genoss, sie so zu erleben. »Du wirst mich nicht gehen lassen, oder?«, fragte sie nach einer Weile des Schweigens schließlich leise.

»Natürlich nicht, Angelique. Ich glaube kaum, dass du deine Lektion schon gelernt hast. Das hier war nur der Anfang. Aber ich kann dir eins garantieren ...« Der Engel erhob sich und warf das Büchlein achtlos zurück auf das Bett. »Du wirst an dieser Aufgabe wachsen. Und du wirst erst zurückkehren, wenn ich der Meinung bin, dass du wirklich etwas gelernt hast. Also streng dich an!« Gabriel schnipste mit dem Finger und verschwand.

Ein Engel für Luzifer

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