Читать книгу Sieben Kerle, sieben Storys – ein Finale - Meli Telmann - Страница 9
ОглавлениеLove, Love, Love
Wow, er hatte gehalten, was Kerstin sich versprochen hatte. Es war ein wunderbarer Abend, wie sie ihn schon sehr lange nicht mehr erlebt hatte. Sie mit einem sechsundzwanzigjährigen Mann, Meister seines Liebesfachs im Hotel. War allerdings nicht die Suite, sondern nur ein bemerkenswertes Zimmer. Ein französisches Bett, Möbel aus edlem, dunklem Holz, kleiner Balkon, den sie ja nicht brauchten; Vorhänge aus einem kunstvoll kreierten Dekostoff in kräftigem Blau und dezentem Rot mit geometrischen Figuren. Tom, Kerstins Loverboy, saß nackt auf der Bettkante. Er schenkte beiden noch ein Glas Sekt aus.
Sie hatte in ihrem Leben schon einige Liebhaber gehabt, mit nur wenigen Highlights, was die Kunstfertigkeit oder auch das Vorwissen anging. War sie länger mit jemandem zusammen, verliebt also, dann ergab sich die Freude an dem Liebesspiel von selbst. Auch war es selten beim ersten Mal ein vollkommener Genuss. Das geschah ja in der Regel nach einem Abend in der Kneipe, einer Party bei Freunden, im Urlaub oder einem Abendessen zu zweit mit einigen Gläschen Alkohol. Meist war sie also schon etwas neben der Spur. Nicht, dass sie nicht wusste, was sie tat. Sie fühlte nur nicht mehr so viel dabei, war körperlich zwar empfänglich, aber unempfindlicher. Einerseits gut, was das Öffnen für die Situation betraf, andererseits schlecht, was die Intensität anging. Meist war die Erinnerung, das Schweben und Schwelgen am darauffolgenden Tag das Beste daran.
Beim zweiten oder dritten Zusammenkommen erwies sich der gute Liebhaber. O ja, sie konnte sich noch an den Franzosen erinnern, den sie bei einem Urlaub in Südfrankreich kennengelernt hatte: Charles. Intensive Berührung, und zwar dort, wo es wirkte. Mit dem Mittelfinger in der Vagina hin und her zu hecheln, erzeugt wenig Wirkung, törnt nach dem fünften Mal ab … aber die richtige Stelle, die Klitoris vorsichtig, aber intensiv zu bearbeiten, sich langsam ranzutasten, um wieder zurückzufahren, das machte Lust auf mehr. Er besaß damals auch die Unverschämtheit, der Franzose, sie am After zu berühren, auch einzudringen. Was eher schmerzhaft war, aber ein Gefühl der Versautheit und gleichzeitig Vertrautheit erzeugte und die Gefühle überborden ließ. Und am nächsten Tag spürte man die Berührung immer noch, was wieder Lust erzeugte.
Tom hatte sie angefasst, wie sie es liebte, fest, aber mit Gefühl. Schon als er sie im Hotelzimmer in den Arm genommen hatte, nein, schon vorher. War natürlich peinlich die Situation. Zimmer öffnen, Stromschalter drücken, Licht einschalten. Dann wieder die großen Leuchten ausschalten. Da hatte sie alles bereut, wäre am liebsten abgehauen. Aber Tom erzählte von seiner letzten Übernachtung in einem Jugendhotel – passte ja vom Alter – mit fünf anderen in einem Zimmer. Stickig, warm, schnarchig und stinkig. Da konnte Kerstin auch was beitragen; ein Zimmer mit Kunststoffmatratzen an einem regnerischen, aber warmen Januartag in Brüssel: feucht und heiß – jedoch nicht auf die lüsterne Art und Weise. Wobei, ja, heiß und feucht stimmte momentan. Ihr Kopf war heiß, nur die Hände waren kalt. Umgedeutet: sie hatte kalte Füße.
Tom setzte sich in den Sessel, der in der Ecke gegenüber vom Bett stand. Er streckte alle Viere von sich: Sumsemann, der Maikäfer in Peterchens Mondfahrt. Mein Gott, was Kerstin alles einfiel. Je tiefer die Gefühlsspirale ging, umso tiefer scheinbar auch der Rückgriff. Nun blieben ihr zum Hinsetzen nur Stuhl oder Bett. Sie entschied sich für das Bett. Sie wollte nicht steif wirken, wenn sie es schon war.
Tom griff zum Telefon:
„Sekt oder was anderes?“
Kerstin überlegte, ob sie nicht lieber ein Bier hätte.
„Bestell doch auch zwei Bier. Flaschen am besten und ein großes Wasser. Vielleicht willst du ja auch was ganz anderes? Du musst nicht den üblichen Sekt trinken. Vielleicht lieber Rotwein?“
Das mit dem üblichen Sekt hatte sich Kerstin nicht verkneifen können. Obwohl sie sich geschworen hatte, ironische oder sarkastische Bemerkungen zu unterlassen. Auch sich selbst gegenüber.
So einen Redeschwall hatte er wohl nicht erwartet. Er reagierte schnell.
„Ich bestelle noch einen Roten, italienisch. Was das Bier angeht, wir können nachher auch noch in die Kneipe gehen und was trinken.“
Das waren goldene Worte für Kerstin. Sagte man das: goldene Worte. Oder hatte sie das gerade erfunden? Musste sie bei Gelegenheit mal googeln. Wie auch immer. Genau das hatte sie gebraucht: Nachher in die Kneipe. Dieser Satz hatte sie entspannt. Der Situation das Peinliche genommen. Nun fühlte sie sich auf sicherem Terrain. Fühlte sich auch zurückversetzt in ihre goldenen Jahre – schon wieder golden –, als sie mit Kumpels und Freundinnen in Kneipen unterwegs war, öfters auch mit dem ein oder anderen vögelte.
Nun war sie in dem Hotelzimmer als ganze Person angekommen. Vorbei war die Angst vor der neuen Situation, ihre Selbsteinschätzung als ältliche, naive, unnütze Tussi.
Tom hatte bestellt und drehte sich zu ihr um.
„Wie heißt du eigentlich richtig?“ Als sie sich im Portal kennenlernten, hatte er als Tom gesprochen, geschrieben. Nun zweifelte sie, ob er auch wirklich so hieß.
Sie hatte ihn das vorher nicht gefragt, sie hatte Angst gehabt vor der Vertrautheit, davor, dass sie in ihm etwas sah, was er nicht war.
„Tom.“
Ja, das gefiel ihr. Der Name und plötzlich auch die Situation. Sie war die Heldin, sie wagte, was viele Frauen nicht fertigbrachten. Sie war die Göttin. Tom stand auf und kam auf sie zu – um sie zu küssen. Den letzten halben Meter kam sie ihm entgegen und berührte mit den Lippen seinen Mund und öffnete die Lippen einen schmalen Spalt. Ja, sie konnte ihn gut riechen. Es war, wie es sein sollte. Sie legte ihre Hand in seinen Nacken und küsste ihn. Er fühlte sich warm und weich und fest an, so wie sie es sich gewünscht hatte. Es klopfte an der Zimmertür und ihre Körper trennten sich wieder.
Der Kellner schob einen Servierwagen herein, auf dem die Getränke und Gläser standen. Sekt in einem Kühler, Rotwein, eine Karaffe Wasser – daneben standen große Rotweinkelche und Sektgläser; in einer kleinen Vase eine einzelne Gerbera. Ebenfalls ein Schälchen mit gesalzenen Nüssen.
Kerstin nutzte die Unterbrechung und verzog sich ins Bad, klein mit grauen Fliesen und lachsfarbenen Banderolen, etwa zwanzig Zentimeter unterhalb der Decke. Es gab eine Dusche, keine Badewanne. Sie war sehr feucht geworden – ach, wie schön –, nachdem sie sich in die Situation eingelebt hatte. Nun befürchtete sie, unangenehm zu riechen. Sie setzte sich auf die Toilette.
Kann ja nicht schaden.
Dann sprang sie wieder auf. Kann sehr wohl schaden. Sie dachte an den Frauenarzt, der ihr geraten hatte, nie mit leerer Blase … und hinterher gleich auf die Toilette. Zur Vermeidung von Blasenentzündung.
Das Hinterher ist ihr momentan egal. Doch bei dem Gedanken an das vor ihr Liegende steigt in Kerstin eine Hitze auf, eine unangenehm trockene. Von der Toilette war sie wieder aufgestanden, ihren Slip ließ sie unten, fuhr mit der Hand zwischen ihre Beine und roch daran. Nee, nicht unangenehm, eher sexy. Das war so, seit sie die Wechseljahre hinter sich gebracht hatte. Ist nicht mehr so feucht, ihre Muschi, riecht aber auch nicht mehr so aufdringlich, nur wenn sie im Sommer arg schwitzte.
Trotz bestandener Geruchsprobe nimmt Kerstin ein Kleenex aus dem Metallspender neben dem Spiegel, hält es unter den Wasserhahn, der ohne Berührung reagiert, befeuchtet das Tuch und drückt es auf ihre Muschi. Sie rubbelt ein bisschen, wirft das Tuch weg und fährt nochmals mit einem Handtuch darüber. Nun ist alles kalt. O je, hoffentlich hatte sie keinen Fehler gemacht mit der Putzaktion. Die sie gut und gerne hätte unterlassen können.
Ihr Blick fällt in den Spiegel. Sie hatte rote Bäckchen bekommen. Schnell noch etwas kaltes Wasser. Die Hände waschen. So jetzt wieder raus auf die Bühne.
Der Erste-Kuss-Moment von vorhin war natürlich verflogen und die Bedenken krochen an ihren Darmwänden hoch.
Doch als Kerstin das Zimmer betritt, ist die Stimmung anheimelnd und erotisch, das Licht ist noch etwas heruntergedimmt, es läuft Musik: ‚Why worry' von Dire Straits. Amüsant – eine Art Wiegenlied, aber es entspannt. Tom hat die Sektgläser gefüllt und steht vom Bett auf, als sie hereinkommt. Er hat die Schuhe ausgezogen und das Hemd hängt über der Hose und ist aufgeknöpft. Kerstin ist geflasht von seinem guten Aussehen. Ja, sein Oberkörper ist perfekt, nein, kein Sixpack, aber ein flacher Bauch, seine Haltung ist aufrecht, er wirkt aber auch etwas verloren und schüchtern. Sollte das Absicht sein, fragte sich Kerstin. Er sieht sie an aus blauen Augen, sein schmales Gesicht mit gepflegten und weichen Zwei-Tagesbart-Stoppeln ist umrahmt von dunklen Haaren, auf dem Oberkopf länger, fast wie eine Tolle, an den Seiten kurz und mit Geheimratsecken. – Ein anderes Wort dafür hatte Kerstin noch nicht gehört. Sie beschreibt auch selten Menschen genauer.
Seine Nase ist gerade, lang, aber vollkommen harmonisch ins Gesicht eingebettet. Sein Mund etwas größer als schmal, auch hier fällt ihr nichts Besseres ein. Vor allem ist sein Mund fest und gespannt, mit einem zurückhaltenden Lächeln. Gott sei Dank, einen Makel hat er: seine Ohren stehen leicht ab. Kerstin atmet aus. Seine Ohren hindern sie jedoch nicht daran, an ihre hängenden Brüste und den Bauchspeck zu denken. Die Orangenhaut an den Oberschenkeln würde man bei dem Schimmerlicht und im Liegen nicht sehen.
Tom tritt auf sie zu, reicht ihr das Glas. Ein edles Champagnerglas mit einem sehr hohen Stiel, darin eine Erdbeere („Ich bin verrückt nach deinem Erdbeermund.“).
„Zum Wohl, Kerstin, schön, dass ich dich gefunden habe.“
Jetzt fließt Wärme durch ihren ganzen Körper, fast kommen ihr die Tränen. Sie stößt an sein Glas:
„Schön, dass wir hier sind.“
Er stellt sein Glas hinter sich auf den Servierwagen und nimmt ihr ihren Kelch ab.
„Machen wir doch einfach weiter, wo wir unterbrochen wurden.“
Er nimmt ihren Kopf in beide Hände und drückt ihr einen Kuss auf den Mund – freundschaftlich. Sie lehnt kurz den Kopf an seine Brust und drückt sich fest an ihn – anlehnend. Nun streicht er über ihr Haar und küsst sie lange, lange und intensiv, Zärtlichkeit schwingt mit, und immer mehr Begehren, ohne dass sein Kuss hart wird, nur fordernder. Kerstin streicht über seinen Rücken und wagt sich sogar an seinen Po vor. Er zieht ihr die Bluse aus, öffnet den Rock, der fällt runter. Nun zieht er das geöffnete Hemd aus, setzt sich auf den Bettrand und zieht sie mit sich. Kerstin landet mit geöffneten Schenkeln auf seinem Schoß. All ihre Bedenken sind verflogen, all ihre Ängste verflüchtigen sich. Er lässt sich nach hinten fallen, sie folgt ihm. Er streicht über ihre Schenkel, über ihren Po, küsst sie auf den Mund, auf den Hals, zwischendurch auf den Kopf, eine liebvolle Geste. Kerstin öffnet seine Hose, zurrt am Gürtel, zieht den Reißverschluss nach unten. Tom setzt sich kurz auf und streift die Hose ab, beide tragen nur noch die Unterwäsche. Sie liegen auf der Seite und Tom streicht ihr zärtlich übers Haar. Kerstin fährt ihm über die glatte Brust.
Sie bahnt sich einen Weg in seinen Slip und spürt seinen Penis. Zieht seinen Slip herunter, ganz langsam bis ganz nach unten an die Füße. Sie streift dabei an seinen Beinen entlang und lässt ihn ihre Brüste spüren, die noch im Büstenhalter stecken. Seinen erigierten Schwanz hat sie bereits begutachtet, als sie begonnen hatte, ihm den Slip herunterzuziehen. Groß, aber nicht zu groß, und was sie so sehr liebt an jedem männlichen Glied: fest und weich zugleich. Gibt es auf der Welt ein schöneres Objekt zum Ertasten? Sie kniet sich etwas hin und streckt ihren Po nach oben, das erregt sie und ihn hoffentlich auch. Als sie seinen Slip über die Füße gezogen hat, bewegt sich Kerstin wieder nach oben, schaut auf ihn herunter. Wie schön, wie stolz, wie liebevoll er ist.
Sie berührt seinen Schwanz, drückt ihn leicht und lässt wieder los. Ertastet ihn dann komplett – immer mit festem Griff – ertastet die Eichel, ihn in seiner Länge, entlang der dicken Ader bis zur Wurzel. Er stöhnt leicht. Nun dreht er sie nach unten, streicht an ihren Oberschenkeln entlang und landet dann sehr schnell zwischen ihren Beinen. Sie ist feucht, o ja. Er legt den ganzen Zeigefinger mit Nachdruck auf ihren Erdbeermund. So spürt sie ihn gleichzeitig überall, auf der Klitoris, am Eingang zur Vagina, auf dem Damm. Wunderbar erregend. Er schiebt den Finger leicht nach oben und unten. Jetzt lässt er wieder los und streicht über ihren Po. O nein, bitte nicht aufhören, stöhnt sie innerlich.
Er kehrt zurück zu ihrem Erdbeermund.
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