Читать книгу Revolution der Kinder - Men N. Coni - Страница 19
Mangelnde Liebe und Selbst-liebe der Eltern, Liebesentzug durch die Eltern, Gleichgültigkeit
ОглавлениеSo banal es klingt – da die meisten von uns denken, es wäre doch selbstverständlich, dass man seine Kinder liebt – mangelnde Liebe der Eltern ist einer der Hauptgründe, warum manche Kinder lebenslang seelische Beschwerden haben und unglücklich sind.
Ich erzähle euch das Beispiel einer Klientin.
Sie ist 42, nicht verheiratet und nach zahlreichen schlimmen Beziehungen ist sie nun mit einem Mann zusammen, der sie liebt, weil er sich selbst minderwertig fühlt – glaubt sie zumindest.
Sie erzählte mir, dass sie ihr ganzes Leben niemals den Satz „ich liebe dich“, oder „mein Schatz“, oder ähnliches von ihrer Mutter gehört hat. Ihre Mutter war stets kalt zu ihr. Sie kümmerte sich ordentlich um sie, hielt sie immer sauber, gab ihr stets etwas zu Essen und spielte auch mit ihr, aber alles war so mechanisch. Nichts war wirklich herzlich. Sie glaubt, dass auch ihre beiden Brüder darunter litten, da der eine sehr früh die Schule verließ und Alkoholiker wurde und der andere – obwohl er sogar studierte und Ingenieur wurde – war medikamentenabhängig, musste früh seinen Job aufgeben und beging schließlich Selbstmord. Und alle waren erstaunt: Warum, wieso? Alles war doch immer toll? Der Junge war doch immer lustig und gut drauf?
Der Vater war Polizist, arbeitete viel und wenn er einmal zu Hause war, redete er zwar wenig, zeigt aber zumindest Gefühle, konnte die Kinder auf dem Schoß ertragen, sie an der Hand halten, aber viel mehr auch nicht. Meine Klientin hatte das Gefühl, dass die beiden sich gar nicht mehr liebten, aber trotzdem eine Familie blieben.
Sie selbst hatte sich hochgekämpft und war nun Personalchefin einer großen Dienstleistungsfirma. Sie war hübsch, elegant, intelligent, erfolgreich – alles, was eine moderne Frau ausmachen sollte, eine Bilderbuchfrau, wie die Medien sie uns gerne zeigen, aber dennoch war sie totunglücklich.
Sie kam zu mir, weil sie zur Personalchefin befördert wurde und die Arbeit schien sie zu überfordern. Trotz mehrerer Führungscoachings hatte sie immer noch Angst im Beruf; obwohl sie ständig aufstieg, hatte sie kein starkes Selbstvertrauen und das belastete sie sehr. Sie hatte ständig Angst, etwas falsch zu machen, der Position nicht gewachsen zu sein, und die Angst, dass sie sich nicht gegen die Männer durchsetzen könnte. Sie erklärte mir, was sie wollte: Im Beruf stark und selbstbewusst werden.
Nach nur einem Gespräch mit ihr sah ich das Problem nicht im Beruf mit den vielen Belastungen und der gestiegenen Verantwortung und auch nicht in den drohenden männlichen Kollegen und der Konkurrenz. Nein, das Problem lag bei ihr. Aber wie die meisten sehr erfolgreichen Frauen wollte sie nicht glauben, dass ihr mangelndes Selbstvertrauen mit etwas zu tun hatte, worüber sie keine Macht hatte, nämlich mit ihrer Kindheit und ihrer Mutter.
„Ja, aber ich bin nun erwachsen und kann selbst über mich bestimmen. Meine Mutter hat kaum Macht über mich, das ist Blödsinn. Wir verstehen uns gut“, sagte sie vehement und lehnte so ab, dass das Coaching persönlich wurde. „Es geht hier nur um meinen Job, es ist schlimmer, seitdem ich Chefin geworden bin, deswegen glaube ich, dass meine Angst mit dem Job zu tun hat“, fügte sie hinzu.
Ich änderte meine Strategie, als ich über eine Hintertür aber doch zu ihrem Verhältnis mit ihrer Mutter kam, explodierte sie und weinte fürchterlich ohne Ende und so kamen wir zurück, leider zurück zu ihrer Kindheit, dem Heim unseres Glücks oder Unglücks.
Sie erzählte von ihrer Angst, wenn sie ihre Mutter besuchte. Sie hatte Angst, Worte und Sätze wieder zu hören, die ihr Leben kaputtgemacht hatten, die ihre Seele krank gemacht hatten:
„Ich liebe dich nicht, geh weg.“
„Ha, verschwinde, verschwinde auf der Stelle, du bist beruflich erfolgreich, aber das kann leider nicht meine Liebe erzwingen.“
„Geld macht nicht unbedingt sexy? Warum siehst du so aus?“
„Du fragst mich, warum ich dir keine Liebe zeige? Wer liebt mich denn?“
„Ja, du hast Recht, ich frage mich selbst, warum ich euch auf die Welt gebracht habe, mir wäre lieber, ich hätte euch nicht gekriegt.“
„Von mir aus kannst du zum Teufel gehen und dich nie mehr hier blicken lassen.“
„Du verdienst nicht, geliebt zu werden, sei froh, dass er bei dir ist.“
Und viele mehr.
Sie hatte jahrelang alles unterdrückt und nie darüber reden wollen. Sie wollte über ihren beruflichen Erfolg die persönliche Niederlage wettmachen. Deswegen waren diese schlimmen Sätze immer aus ihren aktiven Gedanken verbannt.
Aufgrund der mangelnden Liebe ihrer Mutter hatte sie sich Männer ausgesucht, die die so behandelten, wie ihre Eltern sie behandelt hatten, nämlich lieblos.
Sie war nach außen stark und innen zerbrechlich. Sie litt unter mehreren Arten von Zwangsstörungen, sie zeigte mir ihre Beine, wo sie sich ständig zerkratzte. Sie fand sich selbst hässlich und habe deswegen immer nur nach Männern gesucht, die mit ihren eignen Worten „hässlich und dumm“ waren.
Nun sagte sie mir, ihr großer Traum wäre, dass ihre Mutter sie in den Arm nehme und sie einfach festhält. Sie müsste gar nicht „ich liebe dich“ sagen, einfach nur in den Arm nehmen. Sie würde ihr so gerne alles verzeihen.
Wir können Anhand dieses Beispiels sehen, was für ein Leid die mangelnde Liebe der Eltern den Kindern auch im Erwachsenalter verursacht.