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Intro Jenseits von Scha-la-la-Land

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Soll niemand sagen, Songs könnten keine unmittelbaren gesellschaftlichen Veränderungen bewirken. Es ist noch nicht lange her, da verursachten ein paar tumbe Beats und Lyrics ein geistiges Beben und brachten den bekanntesten deutschen Musikpreis zu Fall. Wir erinnern uns: Am 12. April 2018 wurden Kollegah & Farid Bang für ihr Album Jung, brutal, gutaussehend 3 mit dem „Echo“-Musikpreis in der Kategorie Hip-Hop/Urban National ausgezeichnet, und das vor dem Hintergrund kontroverser Diskussionen. Denn schon im Vorfeld hatte der auf dem Album enthaltene Track 0815 mit Zeilen wie „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“ polarisiert. Ein Ethik-Rat der „Echo“-Verantwortlichen hatte das kontroverse Album überprüft und seine Nominierung mit Verweis auf die künstlerische Freiheit zugelassen. Es war die Fehlentscheidung des Jahres, mit fatalen Konsequenzen: Das Preisspektakel 2018 befeuerte die Debatte um antisemitische Tendenzen im deutschen Rap. Aus Protest gaben mehrere Künstler ihre „Echos“ zurück, „Echo“-Beiratsmitglieder traten aus. Am Ende ging der „Echo“ selbst k. o.: Der Musikpreis wurde eingestellt, mitsamt den Sparten Klassik und Jazz. Für 2019 soll ein neuer Preis aufgesetzt und vor allem die Sparte Pop gegen solche Debakel immunisiert werden, zum Beispiel durch die Einsetzung einer stärker qualitativ wertenden Jury.

Denn was die Verantwortlichen vor allem in die Bredouille gebracht hatte, war die Tatsache, dass ihr „Echo“ nicht etwa künstlerisch wertvolle Leistungen auszeichnete, sondern den kommerziellen Erfolg. Und dummerweise hatte das Duo Kollegah/Farid Bang von Jung, brutal, gutaussehend 3 so viele Einheiten abgesetzt, dass es zwangsläufig nominiert werden musste. Hierin liegt das eigentliche Problem: dass sich abseits der Radio-Charts grenzwertige Songs wie geschnitten Brot verkaufen, dass in derben Genreversen, deren wahrer Charakter sich schwer bemessen lässt, problematische Botschaften transportiert werden, die sich Unmengen junger Fans bedenkenlos reinziehen. Womöglich eine „ästhetische“ Entsprechung zu den diffusen ausgrenzenden Haltungen, die sich in der globalisierten Gesellschaft von heute Bahn brechen? Ganz sicher aber eine Entwicklung, die Besorgnis erregt.

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