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Der Initialtraum der Psychoanalyse

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Freud träumte den »Traum von Irmas Injektion« in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1895 im Schloss Bellevue am Kahlenberg bei Wien. Er publizierte ihn in der Traumdeutung in der Form eines Traumprotokolls.

Eine große Halle – viele Gäste, die wir empfangen. – Unter ihnen I r m a, die ich sofort beiseite nehme, um gleichsam ihren Brief zu beantworten, ihr Vorwürfe zu machen, dass sie die »Lösung« noch nicht akzeptiert. Ich sage ihr: Wenn du noch Schmerzen hast, so ist es wirklich nur deine Schuld. – Sie antwortet: Wenn du wüsstest, welche Schmerzen ich jetzt habe im Hals, Magen und Leib, es schnürt mich zusammen. – Ich erschrecke und sehe sie an. Sie sieht bleich und gedunsen aus; ich denke, am Ende übersehe ich da doch etwas Organisches. Ich nehme sie zum Fenster und schaue ihr in den Hals. Dabei zeigt sie etwas Sträuben wie die Frauen, die ein künstliches Gebiss tragen. Ich denke mir, sie hat es doch nicht nötig. – Der Mund geht dann auch gut auf, und ich finde rechts einen großen Fleck, und anderwärts sehe ich an merkwürdigen, krausen Gebilden, die offenbar den Nasenmuscheln nachgebildet sind, ausgedehnte weißgraue Schorfe. – Ich rufe schnell Dr. M. hinzu, der die Untersuchung wiederholt und bestätigt … Dr. M. sieht aber ganz anders aus als sonst: er ist sehr bleich, hinkt, ist am Bart kinnlos… Mein Freund O t t o steht jetzt auch neben ihr, und Freund L e o p o l d perkutiert sie über dem Leibchen und sagt: Sie hat eine Dämpfung links unten, weist auch auf eine infiltrierte Hautpartie an der linken Schulter hin (was ich trotz des Kleides wie er spüre)… M. sagt: Kein Zweifel, es ist eine Infektion, aber es macht nichts; es wird noch Dysenterie hinzukommen und das Gift sich ausscheiden… Wir wissen auch unmittelbar, woher die Infektion rührt. Freund O t t o hat ihr unlängst, als sie sich unwohl fühlte, eine Injektion gegeben mit einem Propylpräparat, Propylen … Propionsäure … Trimethylamin (dessen Formel ich fettgedruckt vor mir sehe) … Man macht solche Injektionen nicht so leichtfertig … Wahrscheinlich war auch die Spritze nicht rein.13


Abb. 3: Schloss Bellevue am Kahlenberg bei Wien. Hier träumte Freud in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1895 den »Traum von Irmas Injektion«, den »Initialtraum« der Psychoanalyse (© Österreichische Nationalbibliothek).

Aus meiner Sicht erzählt dieser Traum vor allem von den Hoffnungen und Ängsten des Träumers bei seiner Beschäftigung mit der Psychoanalyse, die er selbst entwickelte.

Dieses Motiv klingt übrigens bereits in der Auswahl des Mottos an, unter dem er die Traumdeutung publiziert: Flectere si nequeo superos, acheronta movebo.14 In ihm ist Freud als Hoffnungsträger mit Aeneas identifiziert und wendet sich als Gründer der jungen Wissenschaft, die das neue Jahrhundert mit einen umwälzenden Werk begrüßt, direkt an die Götter. Zugleich zeigt es aber auch in der Identifikation mit Hera und Alekto die Furcht vor den Kräften der Unterwelt und ihrem zerstörerischen Potenzial.15

So auch im Irma-Traum. Er zeigt Freud in der Situation des Goetheschen Zauberlehrlings, der von den Kräften bedroht wird, die er herbeigerufen hat. Diese Auffassung beruht auf der Analyse und den Assoziationen, die Freud selbst in seiner Traumdeutung mitgeteilt hat, und auf meinen eigenen Ideen.

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