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ОглавлениеPassagierschiff ‚Maaru‘
Kleine Antillen
„Morgen wollten wir in Barbados anlegen“ Da Sibo war sauer. Dieser schmierige Kapitän wand sich wie ein Aal.
„Die Reederei hat Anweisung gegeben, auf offener See zu bleiben, Professor. Wir müssen jedem Risiko aus dem Weg gehen. Natürlich in erster Linie im Interesse unserer Passagiere.“
„Sie verdammter Feigling“. Da Sibo begann ganz leise. Und dann wütend und immer lauter: „Auf Barbados wurden noch keine Infektionen gemeldet. Dann hat jeder hier seine Verpflichtungen und Zeitpläne. Und noch etwas: Wie wollen Sie – wie will Ihre verdammte Reederei der Öffentlichkeit erklären, dass da draußen die Leute zu Tausenden infiziert werden und jämmerlich sterben, während hier auf Ihrem Kahn zwanzig der besten Mikrobiologen in der Sonne liegen und sich am Hintern kratzen?“ Dann stellte Solejow diese Frage; „Infektion? Woher wollen Sie wissen, dass es eine Epidemie ist?“
Da Sibo drehte sich einfach um und ging nach Achtern. Dort würden sie alle sitzen und zum hundertsten Mal alle Neuigkeiten durchkauen.
Unterwegs fing ihn Sara ab: „Mann Alva, ziehst du ein Gesicht“ maulte sie. „Mach‘ mal ein bisschen Sonnenschein, wir haben gleich `ne Videokonferenz mit New York, die wollen uns im Krisenstab haben.“
Er mochte Sara, sie ist klein, hübsch und quietschlebendig, leider aber auch anstrengend, weil mitunter aufdringlich und vorlaut. Aber sie ist auch die Assistentin von Prof. Elaine Mauters und damit gelegentlich ganz nützlich. Sie arbeiteten im selben Institut in Pittsburgh, kannten sich aber vor der Schiffsreise nur vom Sehen.
Im Konferenzraum quatschten alle durcheinander. Es war laut, es stank nach Schweiß und Qualm. Da Sibo war wohl der Einzige, den das störte. Misstrauisch blickte er zum Klimaschacht. Die Anlage war an, aber offensichtlich hoffnungslos überlastet.
Das Standbild auf dem Monitor wich einem freundlichen asiatischen Gesicht. Natürlich Caspian Shen, der Privatsekretär der UN-Chefin. Er begrüßte alle, stellte sich formvollendet vor und gab die bisher bekannten Fakten langatmig wieder. Da Sibos Aufmerksamkeitspegel sank rapide.
`Warum macht er das? ` sinnierte er und gab sich der Vermutung hin, dass es noch neue und uninformierte Teilnehmer der Konferenz gab.
„ …Da wir jetzt alle auf demselben Stand sind, können wir in die Diskussion eintreten. Vorher möchte ich Ihnen noch die angeschlossenen Standorte zeigen.“ Eine Weltkarte erschien mit einer Reihe von hervor gehobenen Punkten.
„Mann“, staunte Sara „das sind mindestens 20, reife Leistung bei dem Chaos!“.
Die Mikrofone waren wohl schon offen, so dass Shen sofort reagierte: „Tatsächlich sind es 22, und zwar weltweit. Wir hoffen, dass es in den nächsten Minuten noch mehr werden.“
Ein müdes Gesicht erschien auf dem Schirm: „Anna Kampa“ stellte sie sich sinnloserweise vor. „Ich möchte Ihnen, bevor die Experten zu Worte kommen, das Ergebnis der heutigen Ratssitzung bekannt machen. Die Bildung dieses Krisenstabes ist das eine. Hier werden in einer möglichst großen, weltweiten Vereinigung von Instituten, Hilfsorganisationen usw. in erster Linie Daten gesammelt. Wir wollen überhaupt erst einmal begreifen, mit welcher Heimsuchung wir es zu tun haben und wie sie bekämpft werden kann. Es geht hier ausschließlich um den wissenschaftlichen Aspekt.
Zum Zweiten: Die logistischen Probleme wie die Entsorgung der Toten, die Versorgung der übrig gebliebenen Bevölkerung, die Verhinderung bzw. Bekämpfung von Sekundärseuchen obliegt anderen Krisenstäben. Wir werden uns natürlich gegenseitig zuarbeiten.
Die gesammelten wissenschaftlichen Daten werden zentral an das Kreuzfahrtschiff ‚Maaru‘ gesandt.
Ich weiß nicht, ob ich es einen glücklichen Umstand nennen soll, aber zum Zeitpunkt des Seuchenausbruches fand auf dem Schiff eine internationale Konferenz zu einem aktuellen mikrobiologischen Thema statt. Das heißt, dort sind zurzeit ein großer Teil unserer besten Virologen und Epidemiologen an Bord.
Das Schiff wird weiter in internationalen Gewässern kreuzen und nähert sich weder dem Festland noch irgendeiner Insel. Die „normalen“ Passagiere und ein großer Teil der Besatzung werden ausgeflogen. Es wird einiges an zusätzlicher Ausrüstung unter allen möglichen Vorsichtsmaßregeln an Bord geschafft werden, besonders um der Datenflut Herr zu werden. Vielleicht können wir später einige Techniker an Bord bringen, aber im Moment ist die Gefahr einer Infektion zu groß. Sie sind also erst einmal auf sich gestellt.“
Da Sibo fühlte sich regelrecht betäubt. Irgendwie war alles, was in den letzten Tagen auf ihn eingeprasselt war, weit weg und sehr theoretisch. Jetzt betraf es ihn direkt. Er war Gefangener auf diesem Kahn. Zwar ein Luxusgefängnis, aber ein Gefängnis. Andere dachten ähnlich: „Können nicht wenigstens unsere Familien… Hier ist doch Platz genug!“ begehrte eine Frau auf.
„Hast du nicht zugehört?“ kam sofort wütend zurück. Sekunden später brüllte der ganze Saal durcheinander. Prof. Mauters sprang auf einen Stuhl und breitete die Arme aus. Es dauerte noch mehrere Minuten, bis der Lärm verebbte. Mauters wollte etwas sagen, aber Kampa kam ihr zuvor.
„Danke, Frau Professorin. Bevor Sie sich weiter echauffieren, meine Damen und Herren, sollten Sie sich in die Lage der Menschen versetzen, die nicht das Glück haben, auf einem Luxusdampfer in relativer Sicherheit das Ende der Krise abzuwarten.
Und was die Frage nach Ihren Familien angeht – jeder von Ihnen hat natürlich die Möglichkeit, sich ausfliegen zu lassen, Ich würde Sie nur bitten, diese Entscheidung innerhalb der nächsten 24 Stunden zu treffen. Für die anderen wird es wohl eine sehr lange ‚Kreuzfahrt‘ werden.“ Kampa blickte scheinbar ruhig auf die Gruppe der etwa fünfzig Leute im Konferenzraum. Wer genau hinschaute, sah ihre Unterlippe zittern.
„Heute werden wir nur noch einige zusammenfassende Gedanken von Dr. Graber und Dr. Li zu den neuesten Fakten und Daten hören, die uns gestern und heute erreichten. Ich bin gebeten worden, noch einmal eindringlich darauf hinzuweisen, dass die meisten der Erkenntnisse eher den Charakter der Spekulation haben. Man kann in diesem Stadium keinesfalls von fundierter wissenschaftlicher Arbeit sprechen. Aber Sie wissen ja: Außergewöhnliche Situationen erfordern… “ Es war Kampa sichtlich peinlich, zu einem solchen Gemeinplatz gegriffen zu haben.
„Lassen Sie uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt eher von einem Brainstorming reden als von wissenschaftlicher Analyse. Bitte, Dr. Li“
Eine keineswegs zierliche Chinesin erschien auf dem Bildschirm. Ohne jede Einleitung begann sie in ruhigem Ton: „Wie Sie bereits vorhin gehört haben, wissen wir noch so gut wie nichts über diese Pandemie, außer dass sie eine Letalität von nahezu oder gleich 100 Prozent zu haben scheint, was für sich schon praktisch unerklärlich ist.“
„Entschuldigung, dass ich mich noch einmal einmische“, meldete sich Kampa „ich möchte Sie bitten, das Ganze in eher populärwissenschaftlichen Begriffen darzustellen, da zur Zeit auch Regierungsvertreter und andere Nicht-Experten anwesend sind.“
„Natürlich, das heißt also, dass wahrscheinlich jeder, der infiziert wird, auch stirbt. Wenn das so wäre, sprechen wir von einem Novum. Dann wäre diese Epidemie, Pandemie -nennen Sie es, wie Sie wollen - die erste Krankheit, die nicht wenigstens zehn Prozent der Erkrankten die Chance gibt, zu überleben. Es ist sinnlos für einen Krankheitserreger, alle seine befallenen Wirte zu töten – das würde bedeuten, dass er seine eigene Überlebenschance auf ‚Null‘ setzt, wenn er alle Infizierten tötet.
Wir wissen noch nicht, ob es Personen gibt, die immun sind. Die Inkubationszeit konnten wir auch noch nicht bestimmen, sie scheint aber so extrem kurz zu sein, wie es noch nie beobachtet wurde. Wir schließen das aus der Tatsache, dass die Seuche praktisch an mehreren Orten der Welt gleichzeitig ausgebrochen zu sein scheint. Verstehen Sie, wenn die Pandemie, also die Krankheit an einer Stelle ausbricht, dann muss sie an die anderen Stellen übertragen…“ Li verhaspelte sich. In die Stille platzte ein Bass: „Was war denn das? An mehreren Stellen gleichzeitig? Warum hat davon noch niemand gesprochen?“
Li fand ihre Sicherheit wieder. „Weil wir erst vor Kurzem darauf gestoßen sind. Fakt ist, dass der gegenwärtige Ausbruch an drei Stellen innerhalb weniger Stunden stattfand. Das lässt sich nicht mit herkömmlichem schulmedizinischen Wissen allein erklären. Es gibt allerdings doch zwei Erklärungsansätze. Der eine wäre dieser: Es gab schon vor Wochen oder Monaten einen Ausbruch der Seuche, der sich dann wieder 'tot lief'. Das ist schon öfter beobachtet worden, zum Beispiel bei Ebola. Es gab Ausbrüche, die einige Dörfer entvölkert haben. Dann breitete sich die Seuche nicht weiter aus. Das lag aber wahrscheinlich daran, dass es keine Überträger mehr gab, die die Krankheit in die nächsten Dörfer tragen konnten.
Es könnte sein, dass wir hier einen ähnlichen Fall haben, allerdings mit anderen Hintergründen. Wenn wir irgendwo einen früheren Krankheitsausbruch finden, könnte es erklären, wie die gleichzeitigen Ausbrüche an drei Stellen entstanden sind. Das Virus ist zunächst in einer schwächeren Form entstanden, dann mutiert und weiter getragen worden.“ Man sah ihr an, dass sie kein Freund von Spekulationen war.
„Moment!“ Anna Kampa unterbrach. „Nur für mein Verständnis – wenn wir schon bei Ebola sind – wie erklären Sie dann den großen Ausbruch in Westafrika? Wann war das, 2015? Damals lief sich nichts ‚tot‘, im Gegenteil, hier musste man monatelang mit Hilfe aus aller Welt die Epidemie bekämpfen.“
Doktor Li schüttelte den Kopf. „Anfangs, im Frühjahr 2014, waren wir tatsächlich der Meinung, es mit einem neuen, deutlich virulenteren Stamm von Ebola zu tun zu haben. Das hat sich aber schnell als Irrtum herausgestellt. Der Stamm war bekannt, die Erklärung für die schnelle Ausbreitung der Epidemie war ein Bündel von Ursachen. Die neue Qualität in der Krankheitsausbreitung war in erster Linie dem religiösen Totenkult in dieser Ecke der Welt zuzuschreiben. Bei diesem Kult kommen die Lebenden mit den Toten in engen Körperkontakt – der ideale Weg zur Ansteckung. Dazu kam, dass der Ausbruch erstmals in einer dicht bewohnten Gegend mit größeren Städten stattfand und nicht, wie früher irgendwo im Busch, wo höchstens ein paar Hundert Menschen in wenigen Dörfern wohnten.“
„Aber man konnte doch die Leute aufklären; ihnen beibringen, Erkrankte und Tote zu isolieren oder in Auffangstationen zu bringen.“
„Sie glauben nicht, wie schwer es ist, gegen jahrhundertealte Traditionen anzukämpfen. Dazu kam, dass die Menschen dort von den Priestern aufgehetzt wurden. Man machte ihnen weis, die Kranken und Toten würden nur von ihren Familien getrennt, weil man ihnen Organe entnehmen wollte.“
„Tja,“ da Sibo hatte wieder diesen Gesichtsausdruck, den nur Sara verstand. „Religiosität korreliert mit dem Alter, fehlender Intelligenz und, wie vor allem hier, mit mangelnder Bildung.“
„Ja, aber stellen Sie sich die Situation vor, als die Zahl der Infizierten Ende 2014 regelrecht explodierte. Es kam zu kaum vorstellbare Szenen. In den Dörfern und Städten wurden Kranke und Tote stunden- manchmal tagelang von einem Krankenhaus zum anderen gekarrt, praktisch ohne die Möglichkeit, Hilfe zu finden, weil alle medizinischen Einrichtungen, die Ebola-Patienten aufnehmen konnten, hoffnungslos überfüllt waren.“
„Doktor Li?“ Sara fragte ganz leise. „Sie waren damals dabei?“
Die Chinesin hatte sich im Griff. „Mit den ‚Ärzten ohne Grenzen‘. Ab Mitte 2014 bis zum Ende. Das heißt - zwölftausend Tote später.“
Der Bass meldete sich wieder: „Wir sind ziemlich weit vom Thema abgekommen. Was ist jetzt mit der zweiten Möglichkeit, die Sie uns versprochen haben? Ich hoffe nicht, dass Sie uns erzählen wollen, dass jemand so ein Monstrum absichtlich und an drei Orten gleichzeitig unter die Leute gebracht hat!“
Wieder mischte sich Mauters ein: „Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte, dass Krankheitserreger bewusst freigesetzt werden.“
„Aber das wäre vielleicht das letzte Mal, weil die Menschheit dann ausgerottet ist.“ Diesmal sah da Sibo den Sprecher, denn er war aufgesprungen: Ein hagerer Hüne von über zwei Metern, mindestens siebzig Jahre alt, mit einem Raubvogelgesicht. In dem Moment wusste er auch, woher er diese Stimme kannte. Sie gehörte Dr. Søren Ringstrøm, Professor der Paläomikrobiologie an der Smithsonian Institution. Alva hatte ihn als Student erlebt und wusste, dass ihm der Ruf vorausging, keinem Streit aus dem Weg zu gehen.
Li hatte offensichtlich nicht vor, mit dem Professor in den verbalen Clinch zu gehen. Sie schwieg einfach. Ringstrøm sah wohl ein, dass im Moment die Situation entschärft war und setzte sich.
Anna Kampa war wieder zu sehen. „Da hierzu noch keine Fakten vorliegen, bitte jetzt Sie, Dr. Graber!“
Das nichtssagende Gesicht eines Mittfünfzigers erschien. Graber räusperte sich mehrmals und begann: „Wir sind seit vier Tagen dabei, die Todesursachen zu ermitteln. Das gelingt uns zwar in praktisch jedem Fall, ist aber genauso vielfältig wie verwirrend. Vorwiegend ist es eine Art multiples Organversagen, manchmal auch Infarkte, innere Blutungen - besonders Hirnblutungen. Wir haben aber auch regelrechte Organverflüssigungen gefunden, die tatsächlich an Ebola erinnern, allerdings nur in einem kleinen Teil der Fälle. Hier kann man noch am ehesten erkennen, was passiert ist – nämlich die Zerstörung der Zellstruktur, d.h. der Zellwände. Es gibt jedoch keinen gemeinsamen Faktor, ja, wir haben es noch nicht einmal geschafft, einen Virus oder ein Bakterium nachzuweisen. Die Krankheit beginnt meist mit schwerem, wässrigem Durchfall, Bauchschmerzen, Erbrechen, heftigen Brust- und Lungenschmerzen, Halsschmerzen und Husten. Das erinnert an die anfänglichen Krankheitsbilder von Malaria, Typhus oder Gelbfieber.“
„Ein hämorrhagisches Fieber?“ Das war wieder Ringstrøm.
„Ja, schon möglich, aber wie gesagt, wir konnten bisher noch keinen Erreger nachweisen.“
„Und wenn es weder ein Virus noch ein Bakterium ist?“ hörte sich da Sibo erstaunt selbst fragen. Ihm war die Frage des Kapitäns nicht aus dem Kopf gegangen.
„Ah, Professor da Sibo“ Graber grinste „wenn die Frage nicht von Ihnen gekommen wäre, hätte ich sie wohl ignoriert.
Also, woran denken Sie?“
„An nichts Konkretes“, versuchte da Sibo zurück zu rudern „ich möchte nur, dass wir uns alle Optionen offen halten und nicht in irgendetwas verrennen.“
Aber zu spät, Ringstrøm stand schon wieder: „Soso, Professor, jetzt wird nicht gekniffen, Sie haben doch eine Idee – raus damit!“
Da Sibo wusste, dass er sich zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte. „Vielleicht eine Art Vergiftung oder irgendetwas völlig Neuartiges, wir sollten einfach alles in Erwägung ziehen.“ Jetzt hatte Ringstrøm den Anlass, den er gesucht hatte.
„Sie meinen also“, höhnte er „dass irgendjemand mit der Giftspritze herumläuft und wahllos Leute zu Tausenden abmurkst?“ Bevor da Sibo antworten konnte, war Kampa übergroß auf dem Bildschirm. „Was soll das, meine Herren, wir sind hier nicht auf dem Schulhof.
In einem Punkt hat Professor da Sibo allerdings recht: Wir sollten uns alle Optionen offen halten. Und wenn wir die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass diese Pandemie bewusst ausgelöst wurde, sollten wir auch in Erwägung ziehen, dass irgendwelche Irren Tausende Menschen vergiften oder infizieren.“
Ringstrøm setzte sich schulterzuckend und da Sibo atmete auf.
Graber ergriff wieder das Wort: „Bevor ich fortfahre, möchte ich etwas zu dem Euphemismus sagen, der noch im Sprachgebrauch ist. Es ist immer noch von Tausenden Toten die Rede, das dürfte aber der Stand von vor drei oder vier Tagen sein. Inzwischen gehen wir von einigen Hunderttausend aus, es gibt Schätzungen von ein bis zwei Millionen weltweit zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Aber dazu kann der Krisenstab Logistik sicherlich mehr sagen.
Jetzt noch ein paar Worte zum Krankheitsverlauf. Auch hier gibt es große Unterschiede, aber auch viele Gemeinsamkeiten. Manche Patienten sterben ohne vorherige Anzeichen einfach binnen weniger Minuten. Das sind die, die wir der Kategorie multiples Organversagen zuordnen. Andere klagen Stunden vorher über diffuse Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen aller Art, vor allem Bauchschmerzen, Schwindelgefühle. Später kommt es zu Tremor, Hyperkinesien, Koordinations- und Sprachstörungen, außerdem psychischen Veränderungen, vor allem Aggressivität und Verfolgungswahn. Die letzteren Symptome lassen zum Teil an die Veränderungen der Patienten im Endstadium von Chorea Huntington denken – allerdings in einem nie zuvor beobachteten Tempo. Tatsächlich lassen sich degenerative Veränderungen an sämtlichen Nervenzellen der Patienten finden. Gerade diese Veränderungen, die eher an eine Zellstoffwechselstörung denken lassen, geben Anlass zu Zweifeln, dass wir es mit einem klassischen Virus zu tun haben. Ich denke, dann hätte Dr. Li ihn schon gefunden.
Noch ein Bemerkung zu dem Typ des Patienten. Normalerweise ist es so, dass zunächst Alte, Schwache und Kleinkinder von Massenerkrankungen betroffen sind. Hier sieht es so aus, als ob Kinder nicht und Menschen jenseits der fünfzig nur bedingt betroffen sind. Die Bevölkerung in den mittleren Jahrgänge wird praktisch ausnahmslos ausgerottet.“