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VI.Einzelfall 1.Begriff

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231Dieses Merkmal dient der Abgrenzung des VA zur Rechtsnorm, die von der Verwaltung als Rechtsverordnung oder (in Selbstverwaltungsangelegenheiten) als Satzung erlassen wird. Die Unterscheidung ist wichtig. Für den Erlass von Rechtsnormen gelten andere Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen als für den Erlass eines VA (vgl. z. B. die besonderen Formerfordernisse für den Erlass einer Polizeiverordnung in § 20 PolG). Auch ist die Angreifbarkeit durch den Bürger unterschiedlich. Bei durch die Verwaltung erlassenen Rechtsnormen kommt ein Normkontrollverfahren nach § 47 VwGO vor dem VGH/OVG in Betracht. Gegen einen VA wehrt sich der Bürger grundsätzlich mit dem Widerspruch und der Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage beim zuständigen Verwaltungsgericht. Rechtliche Fehler bei Rechtsnormen führen grundsätzlich zu deren Nichtigkeit, rechtliche Fehler bei einem VA grundsätzlich nur zu dessen Rechtswidrigkeit.

232Zur Abgrenzung der Rechtsnorm vom VA gibt es nur zwei Kriterien:

Zum einen den Sachverhalt. Dieser kann konkret („Leinen Sie Ihren Hund an!“) oder abstrakt („Im Schlosspark sind Hunde an der Leine zu führen“) sein.

Zum anderen kommt als Abgrenzungskriterium die Bestimmtheit des Adressatenkreises in Betracht. Der Adressatenkreis kann individuell („Diese Versammlung wird aufgelöst“) oder generell („Versammlungen im Schlosspark sind verboten“) sein.

233Damit ergibt sich für die Unterscheidung Rechtsnorm/VA folgendes Übersichtsschema:


234Übungsbeispiele:

Versuchen Sie die nachfolgenden Beispiele

jeweils in das obige Schema einzuordnen und

die Rechtsnatur (Rechtsnorm/VA) der jeweiligen Maßnahme zu bestimmen:

Abbruchverfügung an Eigentümer E

„Die Straßenanlieger haben die Gehwege zu reinigen“.

Anordnung gegenüber A jeweils bei Glatteis den Gehweg zu streuen.

Teilnahme an der für übermorgen geplanten Demonstration wird untersagt.

Lösung:

zu 1:

Es handelt sich um eine individuelle (an E gerichtete) und konkrete (Abbruch dieses Hauses) Maßnahme. Diese individuell-konkrete Maßnahme stellt den klassischen VA dar.

zu 2:

Die Aufforderung ist generell (unbestimmte Anzahl von Personen) und abstrakt (unbestimmte Anzahl von Sachverhalten/Fällen). Sie darf nur in Form einer Rechtsnorm (Rechtsverordnung, Satzung) ergehen.

zu 3:

Die Person ist individuell. Der Sachverhalt („jeweils bei Glatteis“) ist abstrakt. Vertretbar ist auch, einen konkreten Sachverhalt anzunehmen, da die konkrete Handlungspflicht lediglich durch Hinzutreten weiterer Umstände (Glatteis) aktualisiert wird. In jedem Fall handelt es sich aufgrund der individuell bezeichneten Person um einen VA.

zu 4:

Der Sachverhalt ist konkret (übermorgen geplante Demonstration). Der Personenkreis ist aber noch nicht zweifelsfrei bestimmbar. Dennoch handelt es sich um einen VA und zwar in der Form der Allgemeinverfügung (vgl. § 35 S. 2 LVwVfG und Rn. 236).

235Damit ergibt sich folgendes Lösungsschema:


Das bedeutet: Wenn der Adressat individuell bestimmt ist, wird immer ein Einzelfall geregelt; es handelt sich um einen Verwaltungsakt. Gleiches gilt, wenn der Sachverhalt konkret ist. Auch hier wird ein Einzelfall geregelt. Es handelt sich um einen Verwaltungsakt. Lediglich wenn die Verwaltung eine generell-abstrakte Regelung treffen möchte, muss sie dies in Form einer Rechtsnorm (Rechtsverordnung, Satzung) tun.

Allgemeines Verwaltungsrecht

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