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Einsatz lokaler Antibiotika in der zahnärztlichen Chirurgie Lena Katharina Müller, Bilal Al-Nawas Historie

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Vor weniger als 100 Jahren, am 12. Februar 1941, wurde der erste Patient weltweit mit dem Antibiotikum Penicillin behandelt1. Knapp 20 Jahre später zog das Penicillin aufgrund seiner guten Verträglichkeit und seines Therapiespektrums als erstes lokal angewandtes Antibiotikum in die orale Chirurgie ein.

Große intraorale Knochendefekte wurden bis dato nicht primär verschlossen, da ein putrider Zerfall des Blutkoagulums im Knochenhohlraum befürchtet wurde. Ab einer Größe von 2 cm bei Knochenzysten kann es durch die Retraktion des Blutkoagulums im Hohlraum zum Abreißen von Fibrinfäden und der Ausbildung eines Randsaums kommen. Die bindegewebige Durchsetzung wird hierdurch erschwert und die Gefahr einer sekundären Wundinfektion erhöht sich2. Zur Stabilisierung des Knochendefekts entwickelte Willi Schulte daher ein Verfahren, welches die Verwendung von autologem Blut, Penicillin und später auch Gelatineschwämmen beinhaltete3. Die sogenannte „Schulte-Füllung“ enthält zum Ausgleich der Koagulationshemmung zudem Thrombin, da Penicillin die Blutgerinnung verzögert4,5.

Im Jahr 1976 wurde für den Bereich der Knochenchirurgie der Einsatz von Polymethylmethacrylat-(PMMA-)Ketten, getränkt mit dem Aminoglykosid Gentamicin, entwickelt6. Die Gentamicin-PMMA-Ketten geben das Antibiotikum bis zu 80 Tage lang lokal frei7. Durch die größere Oberfläche der Kugeln im Vergleich zu einem getränkten Schwämmchen oder Zementblock können lokale Konzentrationen bis zu 400 µg/ml erreicht werden8. Diese Wirkstoffkonzentrationen können deutlich höher sein als solche, die durch eine systemische Gabe von Gentamicin erreicht werden können, jedoch mit nur geringen toxischen Nebenwirkungen7,9. Der Indikationsbereich, auch in der Kieferchirurgie, ist beispielsweise die Therapie der Osteomyelitis10. Für die Therapie der Unterkieferosteomyelitis wurden Gentamicin-PMMA-Ketten 1978 erstmalig genutzt11. Die Ketten werden auch im Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie, beispielsweise nach der Entfernung infizierter Endoprothesen, angewendet.

Topische Antibiotika stehen nicht nur im Bereich der Knochenchirurgie, sondern seit Jahrzehnten auch zur Therapie infizierter Weichgewebe zur Verfügung – in Form von Pasten, Gelen oder Pudern. In einer Metaanalyse, welche die Reduktion von Wundinfektionen nach chirurgischen Eingriffen durch die adjuvante prophylaktische Anwendung lokaler Antibiotika untersuchte, zeigte sich durch die Anwendung im Vergleich zu keiner Behandlung lediglich eine Reduktion der Infektionsrate um 2 %12.

Die Anwendung lokaler Antibiotika bei Weichgewebeinfektionen ist jedoch aus mehreren Gründen umstritten: Zum einen gibt es Evidenz für eine Zelltoxizität, die die Wundheilung verzögert13, zum anderen ist die erhöhte Gefahr einer Resistenzbildung durch die rein oberflächliche Anwendung zu beachten14,15. Da systemische Antibiotika bei infizierten Wunden gut gewebegängig sind, wird eine kombiniert lokal-systemische Gabe aus den oben genannten Gründen nicht empfohlen.

Für die topische Anwendung von Antibiotika am Zahn kam bereits 1962 eine antibiotische Paste der Firma Lederle Pharmaceuticals auf den Markt. Das auch heutzutage noch bekannte und klinisch verwendete Ledermix (Riemser, Greifswald) enthält das Tetracyclin Demeclocyclin sowie das Kortikosteroid Triamcinolon und wird als provisorische medikamentöse Einlage bis zum Abschluss der endgültigen Behandlung bei Wurzelkanalbehandlungen verwendet.

Antibiotika in der Zahnmedizin

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