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Fall 2: Zweckabhängige Unternehmensbewertung: Ermittlung von Entscheidungs- und Schiedswerten

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Sachverhalt:

Steuerberater Heinrich Tippe hat kürzlich seinen 92. Geburtstag gefeiert und sich auf Drängen seiner Enkel entschlossen, etwas kürzer zu treten. Deshalb plant er den Verkauf seiner Steuerberatungskanzlei zum 31.12.2019. Die Bilanz seiner Kanzlei hat folgendes Aussehen:

Tabelle 4: Bilanz der Kanzlei „Tippe“

Bilanz (in €) zum 31.12.2019
Software, Lizenzen40 000Eigenkapital187 000
Grundstück Neudorf100 000Jahresüberschuss25 000
Betriebsausstattung158 000Rückstellungen3 000
Forderungen aus LuL7 000Verbindlichkeiten aus LuL5 000
Bank und Kasse15 000Bankdarlehen100 000
Bilanzsumme320 000Bilanzsumme320 000

Die zugehörige Kapitalflussrechnung (Cashflow-Rechnung) weist das nachstehende Bild auf:

Tabelle 5: Cashflow-Rechnung der Kanzlei „Tippe“

Cashflow-Rechnung (in €)
2019
Honorareinzahlungen360 000
Honorare Vereine0
Miete Neudorf8 000
Summe Einzahlungen368 000
Löhne224 000
Büromieten42 000
Fachliteratur15 000
Telefon, Porto4 000
Grundstücksauszahlungen Neudorf3 000
Ersatzinvestitionen in das AV10 000
Sonstige laufende Auszahlungen39 000
Zinsauszahlungen6 000
Summe Auszahlungen343 000
Nettocashflow25 000

Zusätzlich informiert Sie Tippe darüber, dass er die örtlichen Sportvereine in Steuerfragen kostenlos berät und daher jährlich auf ein Honorar von 5 000 Euro verzichtet. Tippe ist auf die Erhaltung seiner Geschäftsausstattung bedacht. Er investiert daher regelmäßig in einer Höhe, die den Wertverlust seiner Vermögensgegenstände ausgleicht. Im Übrigen sind die Auszahlungen und Einzahlungen des Geschäftsjahres 2019 stabil. Tippe erwirtschaftet den Nettocashflow von 25 000 Euro seit Jahren und geht auch für die Zukunft von entsprechenden Zahlungen aus.

Tippe ist risikoscheu. Er plant, das Geld aus dem Verkauf des Unternehmens bei seiner Hausbank langfristig zu 5 % anzulegen. Wäre er bereit, mehr Risiko zu übernehmen (was er nicht ist), so könnte er seinem Portfolio Aktien beimischen und eine – kapitalmarkttypische – Durchschnittsrendite von 8,5 % erzielen.

Carlo Neumeier ist an dem Erwerb der Kanzlei interessiert. Er kennt die Kanzlei schon seit seiner Kindheit und hat sich schon immer gewünscht, sie zu erwerben. Neumeier hat gerade seine Steuerberaterprüfung erfolgreich abgelegt und möchte ein Kaufpreisangebot abgeben. Er teilt Ihnen mit, dass er auf dem Gebiet der internationalen Besteuerung sehr beschlagen ist, sich sein Können sehr schnell herumspricht und er allein durch sein spezielles Fachwissen jährliche Mehreinnahmen von 30 000 Euro erzielen wird. Natürlich würde er als rational handelnder Unternehmer auch die Sportvereine zukünftig entgeltlich beraten (Einzahlungszuwachs = 5 000 Euro). Auch kann Carlo Neumeier die jährlichen Raumkosten, die der Kanzlei „Tippe“ durch das Anmieten eines großen Archivs und einer üppig ausgestatteten Bibliothek entstehen, deutlich senken. Neumeier ist nämlich bereits Eigentümer einer gut gehenden Unternehmensberatung, die er in eigenen Räumen betreibt. Wenn die Mitarbeiter dort ein wenig zusammenrücken, kann er auf der frei gewordenen Fläche Archiv und Bücher unterbringen. Die damit verbundene Mietersparnis beläuft sich auf 10 000 Euro.

Carlo Neumeier müsste den Kaufpreis bei seiner Hausbank zu 10 % refinanzieren.

Aufgabenstellung:

 – Berechnen Sie die Grenzpreise für Tippe und Neumeier. Was ist unter dem Zweckadäquanzprinzip zu verstehen? Stellen Sie die Hauptfunktionen der Kölner Funktionenlehre dar. Welches Unternehmensbewertungsverfahren sollte zur Ermittlung von Grenzpreisen herangezogen werden?

 – Nehmen Sie nun an, dass Neumeier für die Kanzlei 800 000 Euro zahlte. War der Kaufpreis angemessen? Verdeutlichen Sie den Zusammenhang zum Gesamtertragsprinzip.

 – Wie hoch wäre ein fairer Schiedspreis im vorliegenden Sachverhalt?

 – Gehen Sie davon aus, dass Neumeier aktuell bei einer Steuerberatungsgesellschaft angestellt ist. Er verdient dort 65 000 Euro. Neumeier plant aber, nach dem Erwerb der Kanzlei „Tippe“ seine Anstellung zu kündigen und in der Kanzlei vollzeitlich mitzuarbeiten, um den Prognose-Cashflow zu erzielen. Hat diese Information Einfluss auf den Grenzpreis des Neumeier (Unternehmerlohnprinzip)? Argumentieren Sie unter Bezugnahme auf die Äquivalenzgrundsätze.

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