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Vorwort

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Es gibt wohl kaum ein deutlicheres Anzeichen für den fortgeschrittenen Reifegrad eines Handlungsfeldes oder Wissensgebietes als das Erscheinen von Büchern wie das vorliegende. Wenn Fachautoren sich in ihrer eigenen Praxis so weit entwickelt haben, dass Sie konzeptionelle Grenzen leichtfüßig überwinden, unangestrengt und elegant Metaperspektiven auf das professionelle Handeln entwickeln und damit im besten Sinne integrierend wirken, dann wissen wir: Die mit der Arbeitsform »Coaching« verbundene Innovation von einst ist längst im Praxisalltag angekommen. Und ungeachtet aller Einmaligkeit jedes Beratungsfalles: Wir haben als reflektierende Praktiker inzwischen in unseren Konzepten auch einige handwerkliche Routinen, sie ermöglichen die Weitergabe von ersten Kompetenzen und erleichtern den beraterischen Alltag. Und auch die Phase bausteinhaften Proklamierens immer neuer methodischer Varianten und Werkzeuge in der beraterischen Fachliteratur geht langsam dem Ende entgegen, jetzt offenbar auch im Arbeitsfeld Coaching. Die professionelle Praxis ist nicht nur erwachsen, sondern zeigt Anzeichen von Reife, sonst könnte ein solches Buch nicht geschrieben worden sein.

Dass ein Buch mit diesem Titel und ohne jedes esoterische G’schmäckle erscheint, das lässt doch hoffen: Nun können wir uns als arrivierte professional community qualitativ neuen Fragen unseres Handelns zuwenden. Fragen, die sich viel stärker um das Kontextuelle und die Rahmung drehen, weniger um lehrbare Praktiken des Intervenierens. Damit ist neue Relevanz in Sicht, der professionelle Blick wird deutlich ausgeweitet. So viel grundlegend Operatives ist inzwischen erarbeitet und vielfältig dargestellt, jetzt geht es eher um das Einordnen, Vergleichen, Abstimmen, um die Suche nach Entsprechungen und Kontrasten. Die Flughöhe unserer Beobachtung nimmt zu, wir sehen das Gelände und nicht mehr die Grashalme der Wiese. »Endlich!«, könnte man ausrufen.

Dabei dürfte dieses Buch bei Anfängern im Arbeitsfeld Coaching durchaus ambivalente Reaktionen hervorrufen, also seien sie schon mal etwas gewarnt: Hier schreibt ein Könner seines Faches. Es werden spielerisch und im schnellen Wechsel verschiedene Ebenen beraterischen Vorgehens angesprochen, der Verfasser jongliert gekonnt mit diversen konzeptionellen Zugängen und methodischen Mustern. Es wird also durchaus auch einiges vorausgesetzt, man lasse sich durch die illustrativen Beispiele und Fallvignetten nicht täuschen, inhaltlich wird hier Vollkornkost gereicht. Solche Opulenz muss nicht verschrecken. Wer sich selbst als professionell jung und lernend versteht, sich aber hinreichend intensiv für dieses faszinierende Arbeitsfeld mit dem – etwas unglücklichen – Namen »Coaching« interessiert, wird gerne und gelassen akzeptieren, bei der Lektüre gelegentlich auch überfordert zu sein. Nur Mut, den Ulysses von James Joyce liest man ja auch nicht mal eben so durch. Und vielleicht macht es Sinn, erst mal mit Einführungsliteratur einzusteigen, sie ist reichlich und erprobt vorhanden.

Wer hingegen schon einigermaßen in unserem beraterischen Zirkus zu Hause ist, wer seinen Luhmann und Buber etwas kennt, von Aurobindo und Pirsig schon mal was gehört hat, der wird beim Lesen sicherlich Freude haben. Spaß an gedanklichen Abenteuern beim Tanz durch Psychologie, Philosophie, Literatur und Transzendenz sei unterstellt. Auf erfahrene Praktikerinnen warten allerlei Aha-Erfahrungen, beglückende Einsichten im Sinne »einer Sicht« auf Verstreutes, auch wohl ein wiedererkennendes Lächeln bei den kleinen Fallgeschichten. Und am Ende keimt beim Lesen sogar die Hoffnung, dass aus all den Mühen beim ungewohnten Querschnittsblick irgendwann sogar eine handlungsleitende Theorie der Beratung hervorgehen könnte.

Selbstredend wünsche ich dem Buch eine breite Rezeption auch und gerade bei den arrivierten Praktikern unserer Professionswelt. Und dass es andere zu ähnlichen originellen Gesamtschauen ermutigen möge, damit unser fachlicher Diskurs wieder etwas saftiger wird. Die Ereignisse entlang der Corona-Krise zeigen, dass wir künftig substanzreiche Orientierungsproduktion werden betreiben müssen.

Wolfgang Looss Darmstadt, im März 2020

Zen in der Kunst des Coachings

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