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Alles verkohlt

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Lange hält die Ruhe allerdings nicht an, denn schon klingelt wieder mein Telefon: „Ja, Polizeiobermeister Scholl, Schlempert was fällt Ihnen denn ein, in unserem Teich zu fischen? Wissen Sie denn, was das für mich hier bedeutet? Wenn ich alleine an die Spurensicherung denke, die liegen mir dann gleich wieder in den Ohren, weil wir sie nicht gleich gestern Abend alarmiert haben. Was soll ich denn denen sagen?“

Am liebsten würde ich nun ein »Hab ich es nicht gleich gesagt« einwerfen, aber ich komm ja nicht zu Wort.

„Dann sind da noch die dummen Sprüche von meinem Chef, von wegen »der Schlempert hat den richtigen Riecher« und »ja, der Schlempert hat seinen Laden im Griff«. Hätten Sie das denn nicht einfach bei einem Selbstmord belassen können? Nein, Sie mussten sich ja wichtigmachen und ich habe nun den Salat! Vielen Dank auch“, und schon hat er aufgelegt. So liefen auch früher die Telefonate mit dem Heuler ab, als er noch mein Chef war.

Zum Verschnaufen bleibt mir keine Zeit, denn mein Telefon klingelt abermals.

„Ah Scheffe“, klar, es ist Yasi am anderen Ende, „ich weiß ja auch nicht genau, aber ich meine, dass Sie am besten einmal hierherkommen, glaube ich zumindest.“

„Wo soll ich denn hinkommen und was soll ich da?“, manchmal geht sie mir doch auf die Nerven, die Yasi.

„Ich weiß ja auch nicht, kommen Sie doch bitte in die Sandgrube, die in Richtung Lambrecht liegt, es wird besser sein so.“

Was soll ich jetzt schon wieder tun? Können die nicht einmal einen stinknormalen Fahrzeugbrand aufnehmen, ohne dass es gleich zur Chefsache wird?

Fünf Minuten später sitze ich eben im Auto und fahre dorthin. Wieso hat meine junge Kollegin nur so geheimnisvoll getan? Steckt da auch mehr dahinter? Sitzt vielleicht sogar eine verkohlte Leiche in dem Wrack?

Ich werde es gleich erfahren, denn schon bewege ich meinen Mini auf das Gelände der stillgelegten Sandgrube. Unten in der Grube kann ich gleich das schwarz verkohlte Auto erkennen, ein Ford Galaxy würde ich sagen. Außerdem stehen dort noch zwei Feuerwehrwagen, der Polizeibus von Yasi und Glaser und ein Abschleppwagen, dessen Fahrer allerdings keine Anstalten macht, das Wrack auf die Ladefläche zu ziehen. Um das Fahrzeug herum ist die dünne Schneeschicht geschmolzen. Das sieht von hier oben schon beeindruckend aus. Aber ich bin nicht hier, um ungewollte Sehenswürdigkeiten zu bestaunen, sondern um zu arbeiten. So befahre ich mit dem Mini den serpentinenartigen Weg nach unten. Auf dem Schnee und in den vereisten Pfützen bricht ab und an das Heck aus, was einen Heidenspaß macht. Allerdings bin ich nicht hier zum Spaß haben.

Einmal ausgestiegen, gehe ich zuerst zum verkohlten Auto, um zu schauen, ob sich tatsächlich eine Leiche darin befindet. Aber das Einzige, das ich finde, ist ein mordsmäßiger Gestank nach verkohltem, verbranntem Plastik.

„Frau Kalt“, werde ich förmlich, wie immer, wenn ich mich ärgere, „nennen Sie mir bitte doch nur einen Grund, warum ich hierherkommen sollte. Ich habe schon einmal ein verkohltes Auto gesehen! Etwas Sensationelles hat dieses hier nicht.“

„Aber Scheffe“, sagt sie ganz kleinlaut, „sehen Sie denn nicht, was ich meine?“

„Klären Sie mich auf!“, bleibe ich weiter bei meinem strengen Ton.

„Na, das ist doch ein Van und an der Heckklappe kann man auch noch erkennen, dass er dunkelgrau war. Also zumindest bevor er abgebrannt ist.“

Das war mein Stichwort: „Okay, alles abriegeln, die Spurensicherung muss hierher. Die Feuerwehr kann fahren, aber der Abschlepper bleibt hier. Wenn die Spurensicherung durch ist, dann kommt das Auto in die Dienststelle, damit es sich auch Klaus ansehen kann.“

„Ach zum Klausi, dacht ich es mir doch“, sagt der Fahrer des Abschleppwagens, als er auf mich zukommt.

Mir bleibt dabei fast das Herz stehen, denn es handelt sich dabei um Hans Groß, der hatte auch schon meinen Mini am Haken, nachdem ich ihn bei Annweiler in den Leitplanken verbogen hatte. Also den Mini und nicht den Hans Groß. Das an sich wäre ja kaum der Rede wert, wenn ich den Groß nicht zuvor mit einer viel zu kurz abgeschnittenen Latzhose unter dem Namen Friedhelm bei einem Psychologen getroffen hätte. Dort saß er und verspeiste einen Fisch. Nach der Fahrt mit dem Abschleppwagen von damals musste ich auch noch feststellen, dass er mit dem Klaus Reuter befreundet ist, weshalb ich mich bis zum heutigen Tag nicht für Details aus dem Privatleben von Klaus interessiere.

Ich versuche noch aus der Ferne einen Blick in den Galaxy zu erhaschen, aber ich kann nichts Verdächtiges erspähen. So bleibt mir auch nichts weiter übrig, als auf Martin Schneider und sein Team zu warten.

In der Zwischenzeit schenkt uns Hans einen Kaffee aus seiner Thermoskanne ein. Meiner schmeckt nach Fisch!

Glücklicherweise lässt die Spurensicherung nicht lange auf sich warten. Allerdings hat sich das Warten für mich nicht gelohnt. Der Martin lässt von seinen Leuten zwar das Gelände akribisch absuchen, doch die Fahrzeugreste schaut er sich kaum an. Klar, bei den frostigen Temperaturen untersucht er das Wrack lieber in der kuschelig warmen Werkstatt vom Klaus. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich auch schon eine ganze Weile in meinem kuschelig warmen Büro. Genau dort fahr ich nun auch hin, also ins Büro, um meine beiden Kollegen über Yasis Fund zu informieren.

Laura und Timo haben in der Zwischenzeit leider keine neuen Kenntnisse gewonnen. Unsere Überfallserie gleicht immer mehr der Suche nach der berühmten Stecknadel im Heuhaufen. Wenn jetzt der Wagen auch noch ein Treffer ist, wird die Suche nach den Tätern trotz allem nicht einfacher, denn dann hätten wir noch nicht einmal mehr ein Fahrzeug, nach dem wir fahnden können.

Jetzt warten wir erst einmal ab, noch wissen wir ja nicht, was es mit dem Ford Galaxy auf sich hat. Wahrscheinlich handelt es sich nur um ein Fahrzeug, das Jugendlichen als Übungsobjekt in der alten Sandgrube gedient hat. Wir hatten als Kinder auch einen Klassenkameraden, dessen Eltern auch heute noch eine Autowerkstatt betreiben. Bei denen auf dem Abstellplatz durften wir auch die Karren, die zum Verschrotten waren, vollends verheizen. Da kam es auch vor, dass wir die Kisten so heiß geprügelt haben, dass diese Feuer fingen. Nur sind wir damals nicht einfach abgehauen, sondern haben die Kisten gelöscht, sodass es keinen Ärger gab. Wir wollten ja schließlich auch das nächste Auto kaputt fahren.

Als ich endlich den Hans Groß mit seinem Abschleppwagen auf den Hof der Dienststelle fahren sehe, hält mich nichts mehr hier oben im Büro. Schon eile ich in den Keller.

„Dieter, was hab ich dir denn angetan?“, jammert Klaus gleich los. „Nicht nur, dass mir der Job hier stinkt, nein jetzt stinkt mir auch noch der ausgebrannte Kasten die ganze Werkstatt aus.“

Upps, dicke Luft! Am besten ich verschwinde gleich wieder nach oben. Doch schon kommt mir der Hans entgegen und sagt: „Machen Sie sich nichts daraus, der hat nur seine übliche Feiertagsdepression. Die hat er alle Jahre wieder im Dezember. Ich fahre heute Abend bei ihm vorbei und dann ziehen wir beide die Gummistiefel an und ich schmeiße eine Runde Fisch, dann geht es dem Klausi gleich wieder besser.“

Na, das sind ja fröhliche Aussichten und Bilder, die ich nun wieder nicht aus dem Kopf bekommen werde.

Nachdem ich Martin genau erklärt habe, worum es mir bei diesem Wrack geht, erinnert er mich daran, dass ich heute ja pünktlich Feierabend machen wollte, da am Abend noch ein privater Termin anstehe.

Ach du grüne Neune, das hätte ich mal wieder glatt vergessen.

„Vielen herzlichen Dank, Martin und ich erwarte deinen Bericht“, und schon sause ich die Treppen wieder nach oben, um mich zu verabschieden. Heute darf mein Mini auf dem Heimweg mal wieder zeigen, was er drauf hat.

Süßer die Schellen nie klingen!

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