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Welch ein Abend

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Nun stehe ich schon geschlagene fünfzehn Minuten in Unterwäsche vor dem Spiegel und kann mich nicht entscheiden, was ich anziehen soll. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich mich für eine Frau halten. Was nun? Den Schwarzen mit dem weißen Hemd oder doch lieber den sandfarbenen Cord? Aber da habe ich keine passenden Schuhe dazu. Ach was, ich mache einen auf cool und locker, ziehe Jeans an und dazu ein kariertes Hemd. Jetzt noch einen lockeren Schal um den Hals und schon habe ich das passende Outfit gefunden.

Dann nehme ich noch die große Schüssel Spagettisalat unter den Arm, den ich vorhin noch gezaubert habe. Das ist ja keine große Sache, so nach meinem eigenen Rezept. Ein gutes Pfund Spagetti, dann feingeschnittene getrocknete Tomaten, ein halbes Pfund halbierte Cocktailtomaten und zwei in Würfel geschnittene Mozzarellas. Dazu Balsamico-Essig, Olivenöl, Salz, Pfeffer und zum Abrunden noch eine Ladung mediterrane Kräuter, schon ist er fertig, der schlempertsche Nudelsalat.

So, nun muss ich aber los. Susie und Chrissi habe zu diesem Anlass extra das Clubheim der Veilchenzüchter in Völkersweiler angemietet. Als ich eintreffe, sind die meisten schon da. Es sind auch erstaunlich viele gekommen. So um die zwanzig, würde ich sagen. Wenn man bedenkt, dass wir in unserer Klasse nur dreißig Schüler waren, dann ist es ein guter Schnitt. In diesem elitären Kreis feiern wir unser Klassentreffen zu Ehren des dreißigjährigen Jubiläums unseres Schulabschlusses.

Anfangs sitzen wir noch etwas verhalten um die große Tafel herum und gedenken der drei Klassenkameraden, die nicht mehr unter uns weilen.

Da ist zum ersten der Paul, der schon kurz nach unserem Schulabschluss mit seinem Moped tödlich verunglückt ist. Seinen Tod haben wir bei unseren bisherigen Treffen schon ausreichend besprochen. Dann ist da Rolf, der vor ein paar Jahren den Freitod gewählt hat. Eine Sache, die wir alle nicht verstehen können. Er war immer fröhlich und wollte alle um ihn herum zum Lachen bringen. »Klassenkasper« würde es wohl treffend beschreiben. Wir verarbeiten seinen Tod, indem wir die alten Geschichten von ihm erzählen. Als er zum Beispiel bei der Klassenfahrt die Schrauben vom Lehrerklo herausgedreht hat, was zur Folge hatte, das unser Lehrer samt der Schüssel umgekippt ist. Das war zwar eine Riesensauerei, aber lustig war es trotzdem. Auch hier auf der Party vermissen wir ihn. Gemeinsam sind wir der Meinung, dass, wenn Ralf hier wäre, die Stimmung schon am Kochen wäre. Zu guter Letzt ist vor wenigen Wochen der Hubert gestorben. Er ist der Erste von uns, der eines natürlichen Todes gestorben ist. Vermutlich ein Schlaganfall, aber ganz genau weiß es keiner von uns. Nun wird die Stimmung noch bedrückter, da wir unserer Vergänglichkeit bewusst werden. Immerhin sind wir ja nun alle kurz vor der Fünfzig. Um das leidige Thema loszuwerden, beschließen wir für unsere drei Kameraden eine Schweigeminute einzulegen, um dann endlich mit dem lustigen Teil des Abends zu beginnen.

Als erstes erzählt uns Franz Ulmer, der von uns nach wie vor Franzi genannt wird, voller Stolz, dass er inzwischen Opa geworden ist. Alle schauen sich begeistert die Handyfotos von dem kleinen Racker an. In mir löst es ein weiteres beklemmendes Gefühl aus. Opa, so alt sind wir inzwischen geworden. Egal, der Kleine ist wirklich zuckersüß. Ob mir meine Kinder auch schon bald solche Zwerge schenken werden?

Plötzlich kommt die ganze Meute auf mich zu sprechen:

„Na Schlempi“, so haben die mich schon zu Schulzeiten genannt, „was macht die Kunst? Über dich gibt es ja andauernd etwas in der Zeitung zu lesen. Du bist jetzt Oberbulle oder so etwas.“

„Ja schon“, versuche ich mich herauszureden, „aber da gibt es nichts Spannendes zu erzählen. Ist alles megalangweilig. Ich hocke fast nur an meinem Schreibtisch und delegiere.“

„Ja, ja, hockt am Schreibtisch und delegiert“, lacht Freddy gleich laut los. „Weißt du Schlempi, ich wohne in Gräfenhausen und habe genau mitbekommen, wie du damals den Mörder von unserem Ortsvorsteher gejagt und dann dingfest gemacht hast.“

„Na ja, so eine große Sache war das auch nicht damals“, spiele ich die Sache nun herunter. Immerhin hatte ich damals einen alten Kollegen ins Gefängnis gebracht.

„Ach ja“, wirft nun Susi ein, „und wie war das mit dem Doppelmord? Warst du nicht der, der das alles aufgeklärt hat und dabei noch so ne Art Menschenhändlerring ans Licht brachte? So hat es zumindest in allen Zeitungen gestanden.“

„Man soll doch nicht alles glauben, was in den Zeitungen steht“, versuche ich mich auch hier herauszuwinden.

„Und wie war das vor kurzem, als, wie war das nochmal …?“, sagt Schorsch und kratzt sich dabei am Kopf. „Das waren doch auch zwei Morde und ein Umweltskandal, was du aufgedeckt hast.“

„Mann, habt ihr denn nichts Besseres zu tun, als in der Zeitung herumzuschnüffeln? Ich mach doch auch nur einen Job, wie ihr alle. Schaut euch doch den Reginald an, der hat von seinem Vater die Autowerkstatt übernommen und muss sich um einige Angestellte kümmern, für die er verantwortlich ist. Wenn der Scheiße baut, dann sitzen die auf der Straße. Schaut mal, wenn ich rausfliege, dann macht eben ein anderer den Job.“ Hoffentlich habe ich es nun geschafft, die Aufmerksamkeit auf den Regi zu lenken, um nun wieder meine Ruhe zu haben.

Meine alten Kameraden nehmen glücklicherweise den Faden auf und der Reginald erzählt die alten Geschichten, als wir auf seinem Abstellplatz die Schrottautos verheizt haben. Dabei spiele ich zwar auch eine tragende Rolle, aber immerhin brauch ich nicht mehr vor allen zu reden. Das hab ich in der Schule schon nicht gerne gemacht und mache es auch jetzt nicht gerne. Auch heute noch steht mir der Schweiß auf der Stirn, wenn ich eine Pressekonferenz abhalten muss.

Langsam nimmt nun die Party auch an Fahrt auf und der Alkohol fließt in Strömen. Der Freddy beginnt nun, wie bei jeder anderen Gelegenheit, wenn er genug getrunken hat, sich an Chrissi heranzumachen. Regi stimmt das Autofahrerlied von der »Dorfcombo« an und Lilo kotzt sich über ihre misslungene Ehe aus.

„Das ich an so einem faulen Arsch hängen geblieben bin“, heult sie in die Runde.

Regi ist derweil beim Refrain angekommen: „Ich liebe meine Frau und die Kinder“, grölt er, „du weißt, ich lieb sie so sehr, aber ganz unter uns sag ich dir, dich lieb ich noch mehr.“ Damit meint er seinen alten Ford Capri, mit dem er in seiner Freizeit an historischen Rallyes teilnimmt. Das sind Veranstaltungen, bei denen es nicht so sehr auf Geschwindigkeit ankommt, sondern darum, eine gewisse Durchschnittsgeschwindigkeit einzuhalten. So werden die alten Wagen geschont, damit sie noch lange erhalten bleiben, um unser Herz zu erfreuen.

Lilo erklärt gerade, dass für sie keine Trennung in Frage kommt, da sie ja schließlich »ja« gesagt hat bei »bis der Tod euch scheidet«.

Oh weh, hoffentlich muss ich da nicht einmal ermitteln, wenn sie das mit dem »bis der Tod euch scheidet« wörtlich nimmt.

Da nun alle besoffen sind, würde ich mich gerne verabschieden. Aber die Klassenkameraden machen mir einen ordentlichen Strich durch die Rechnung. Schließlich bin ich ja der einzige Abstinenzler und habe deshalb die ehrenvolle Aufgabe, zu guter Letzt die Meute nach Hause zu fahren. Also werde ich der Letzte sein, der ins Bett kommt, wenn sich das ins Bett gehen bis dahin überhaupt noch lohnt.

Inzwischen zeigt Holger eine seiner berühmten Strippeinlagen, die ich nicht sehen möchte. Na ja, immerhin hat er seinen Körper, im Gegensatz zu mir, in Schuss gehalten. Er ist solariumgebräunt und hat von der Fußspitze bis zum Hals einen dreiköpfigen Drachen tätowiert.

Das ist der Moment, an dem Lilo aufhört zu weinen, um sich Holger an den Hals zu werfen. Aber da hat sie die Rechnung ohne ihn gemacht, denn der stößt sie rüde zurück. Na ja, sie ist eben nicht gerade solariumgebräunt und tätowiert, sagen wir einmal, sie ist eher der Typ Mauerblümchen. Ist ja auch kein Wunder, sie wird ja bekannterweise seit Jahren von ihrem Mann unterdrückt und somit konnte sich das Blümchen Lilo auch nicht entfalten. Apropos Wunder, mich wundert eigentlich, dass dieser nicht mitgekommen ist, um seine Lilo zu bewachen. Sicherlich späht er durch ein Fenster aus, was seine Frau hier so treibt. Lilo unterbricht meine Gedanken, indem sie erzählt, dass ihr Gatterich sich in einer Kur befindet, um mit den Problemen seines Alltags besser umgehen zu können. Klar, es ist ja auch ein harter Alltag, vor dem Fernsehen zu hocken und dabei die Frau zu schikanieren.

„Das ist gar nicht mehr so“, verteidigt sie ihn jetzt auch noch, „seit er die Playstation hat, schaut er gar nicht mehr so viel fern.“

Okay, mein Respekt, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob das ein Fortschritt ist. Ich mache mir darüber auch keine weiteren Gedanken, da Lilo, was ihre Ehe angeht, ein hoffnungsloser Fall ist.

Regi singt inzwischen Mercedes-Benz von Janis Joplin. Da nun genug Alkohol in der Luft liegt und eh jeder das Lied kennt, wird unsere alte Klasse nun zum Chor der schrägen Töne. Allerdings ist Regi nun so glücklich, dass er Rotz und Wasser heult.

Ich muss schon zugeben, dass unser Klassentreffen ein voller Erfolg ist.

Inzwischen liegen die ersten Alkoholleichen in den Ecken, was allerdings nicht heißt, dass hier schon einer nach Hause möchte. Somit ist auch für mich noch nicht abzusehen, wann ich ins Bett komme. Und das an einem ganz normalen Dienstagabend im Dezember. Zumindest schneit es heute nicht, was es mir erleichtern sollte, die Meute nachher nach Hause zu karren.

Die Musik ist inzwischen auch leiser geworden, was wieder Unterhaltungen ermöglicht. Die Gerda hat neben mir Platz genommen. Gerda ist so eine, die man nicht wahrnimmt. Man hört sie nicht und man sieht sie auch nicht, so unauffällig ist sie. Auch damals zur Schulzeit hat sie niemand wirklich wahrgenommen.

„Hallo Dieter“, sagt sie nun mit ihrer zarten, kaum hörbaren Stimme.

„Na Gerda, wie ist es dir so ergangen?“, frag ich mehr aus Anstand als aus Interesse.

„Ach ja, du weißt ja“, wispert sie, „meine Eltern sind damals jung gestorben und seitdem habe ich den großen Hof am Hals. Ganz alleine, einen Mann habe ich doch auch nicht gefunden.“

Klar, wir haben damals schon gewitzelt, dass die Gerda wohl mit intakter Unschuld altern wird. Und wenn das so ist, möchte ich das auch ganz sicher nicht ändern. Allerdings muss ich zugeben, dass sie hier wohl das einzige menschliche Wesen ist, welches sich noch klar artikulieren kann, außer mir versteht sich.

„Ist ja auch nicht schlimm“, spricht sie weiter, „dann brauch ich auch niemanden hinterherzuräumen, hab ich mir immer gedacht, hahaha, grunz, hahaha, grunz.“

Jetzt fällt es mir wieder ein. Dieses grunzende Lachen hatte sie auch damals schon. Genau, deshalb haben wir derzeit auch Grunzi zu ihr gesagt. Und nun sitzt sie genau neben mir und grunzt noch genauso, als wären nur Tage anstatt Jahre vergangen.

Da Freddy inzwischen bei Chrissi mehrmals abgeblitzt ist, versucht er sein Glück nun bei Lilo. Die ist immerhin Strohwitwerin. Vielleicht fallen seine Bemühungen ja bei ihr auf fruchtbareren Boden.

„Aber du musst wissen, so alleine bin ich gar nicht mehr hahaha, grunz“, bemüht sich Gerda Grunzi weiterhin um meine Aufmerksamkeit.

„So Gerda, hast du nun einen Mann bei dir wohnen?“, heuchele ich Interesse.

„Ach Dieter, hahaha, grunz, du alter Schelm, doch kein Mann, hahaha, grunz, nein, nein. Ich habe zwei Flüchtlingsfamilien bei mir aufgenommen. Platz hab ich ja genug und so bin ich nicht mehr so alleine, hahaha.“

Wie war das noch gleich? Da fehlt doch was. Genau, wo ist das Grunz? Schnell schaue ich zu Gerda rüber, um zu kontrollieren, ob sie noch atmet. Alles in Ordnung, anscheinend hat sie das Grunzen einfach vergessen.

„Ach ja? Flüchtlingsfamilien, das ist aber interessant. Mensch, du hast ja eine ganz soziale Ader, das hätte ich gar nicht von dir gedacht“, bin ich erstaunt.

Das Flüchtlingsproblem hat sich ja im ganzen Land breit gemacht. Wir von der Polizei hätten reichlich damit zu tun, die Flüchtlinge zu überprüfen. Allerdings vergeuden wir die nötige Zeit damit, irgendwelche Demonstrationen gegen die Flüchtlinge zu überwachen. Das ist einfach ein Teufelskreis, wenn wir die Flüchtlinge nicht überprüfen, dann können die Straftäter unter ihnen ihr Unwesen treiben und somit ist das wiederum Wasser auf die Mühlen der Gegner.

Aber nun wieder zur Gerda: „Erzähle, wie ist das mit den Familien?“

„Ach du, das sind ganz nette und hilfsbereite Leute, die sind ja so froh, dass ich sie aufgenommen habe. Ich habe endlich eine Aufgabe und es ist endlich wieder Leben auf dem großen Anwesen.“

„Ach ja? Die Landwirtschaft hattest du nach dem Tod deiner Eltern doch nicht weitergeführt“, nun entwickele ich sogar echtes Interesse an dem Gespräch. Dem Regi ist inzwischen die Lust an den Autoliedern vergangen und er grölt nun »Trink, trink Brüderlein trink«.

„Aber nein doch, ich hatte ja zu der Zeit gerade die Ausbildung als Krankenschwester beendet und so ganz ohne Mann, hahaha, grunz, da hätte ich doch die schwere Arbeit nicht geschafft. So hab ich dann alles, was ich zu Geld machen konnte, verkauft und den Rest in die Scheune gepackt.“

Freddy hat bei Lilo mehr Glück, zumindest liegen die beiden wild knutschend auf dem Läufer neben dem Ofen. Wenn man bedenkt, dass beide verheiratet sind, ich meine, es ist ja nichts dagegen einzuwenden, wenn zwei verheiratete Menschen miteinander knutschen, nur sollten sie dann auch miteinander verheiratet sein. Ich beschließe die beiden im Auge zu behalten, um zu stören, wenn es mir zu viel wird.

„Also hast du keine schlechten Erfahrungen mit den Flüchtlingen gemacht?“, hake ich noch einmal nach.

„Oh doch“, sagt Gerda, „also mit den Flüchtlingen habe ich keine schlechten Erfahrungen gemacht, nur mit den Einheimischen. Einige Nachbarn reden nicht mehr mit mir und ich bekomme auch öfter Anrufe, dass diese Ausländer doch nicht hierhergehören würden und so. Aber weißt du“, nun kommt sie etwas näher an mein Ohr, „wenn man so lange alleine war wie ich, dann gibt man nicht mehr so viel auf das Geschwätz der Leute, hahaha, grunz.“

Regi ist nun verstummt nachdem er mit dem Kopf in der Gurkensalatschüssel eingeschlafen ist. Freddy fummelt inzwischen der Lilo unterm Pulli herum. Noch lass ich die beiden gewähren, allerdings ist meine Toleranzgrenze in Kürze erreicht.

„Und was für Familien sind das, die du bei dir aufgenommen hast?“, führe ich mein Gespräch fort.

„Ach, das sind zwei ganz liebe Familien. Die einen kommen aus Syrien und haben sechs Kinder, weißt du die verhüten dort nicht, hahaha, grunz, da kommt so etwas schon vor. Die anderen kommen aus Afrika und sprechen ganz schlecht Deutsch. Da müsste die Regierung etwas machen. Wie sollen sich die armen Leute denn verständigen können?“, dies findet Gerda wohl nicht ganz so lustig, denn das »hahaha, grunz« bleibt aus.

„Aha und wo kommen die dann genau her?“, will ich noch wissen.

„Ach die sprechen ja so furchtbar schlecht Deutsch, wenn ich es richtig verstanden habe, kommen sie aus Nigeria, also zumindest irgendwo aus Zentralafrika. Genau weiß ich das nicht. Sie brauchten Hilfe und die habe ich ihnen gewährt“, sagt Gerda und bleibt dabei weiterhin erstaunlich ernst.

Der Regi wird gerade wach und nimmt den Kopf aus der Schüssel. Irgendwie schaut er aus, als hätte er eine Schönheitsmaske aufgelegt, so mit den Gurkenscheiben auf den Augen.

„Erzähle nur weiter“, sag ich zur Gerda, „ich höre dir zu.“

„Ach was soll ich da erzählen? Die Afrikaner leben in der alten Scheune und versorgen sich selbst. Ich kann dir nicht einmal sagen, wie viele Kinder die haben. Da sind auch öfter junge Männer da. Das wären alles Cousins.“

So sehr mich auch die Geschichte von Grunzi Gerda noch interessiert, muss ich nun bei Freddy und Lilo eingreifen, denn sie hat inzwischen ihren Oberkörper entblößt und das ist ein Anblick, den man nüchtern nicht ertragen kann. Da hat die Schwerkraft ordentliche Arbeit geleistet. Das hat inzwischen auch Freddy festgestellt, worauf sie: „Ach, mein Mann hat es mir verboten, einen Büstenhalter zu tragen“, entschuldigend sagt.

Der Freddy nimmt einen ordentlichen Schluck aus der Wodkaflasche. Nun knutscht er weiter, so funktioniert das mit dem Schöntrinken also.

Egal, jetzt ist handeln angesagt. Ich stehe auf, hole mein Handy aus der Tasche und mach in Ruhe ein schönes Foto von dem Treiben auf dem Teppich neben dem Ofen.

„Hey Schlempi, was soll der Scheiß?“, schreit mich Lilo an, die gar nicht so betrunken ist. Jetzt, da sie steht, sieht man erst so richtig, was Schwerkraft so alles anrichten kann.

Nun rappelt sich auch Freddy wieder auf die Beine und verlangt schwankend: „Komm wieder zu mir runter Mausi, war doch gerade so schön mit uns.“

„Mensch, der Schlempi macht hier Bilder und tut diese zum guten Schluss noch auf Facebook posten oder wie das auch immer heißt“, brüllt Lilo weiter, was ihren ganzen Körper in Schwingungen versetzt. Was da so alles mitschwingt, möchte ich hier nicht erwähnen. Auch dies sind Bilder, die ich meinem Kopf gerne erspart hätte.

Jedenfalls hat das hysterische Gekreische nun sämtliche Partystimmung versaut und die ersten Alkoholleichen wünschen den Heimtransport. Als ich dann endlich alle zu Hause habe, muss ich feststellen, dass nun auch das leidige Aufräumen an mir hängen bleibt. Jetzt denke ich tatsächlich darüber nach, ob ich zum Vierzigjährigen überhaupt erscheinen werde. Wie ich so wutentbrannt rumstehe, kommt Gerda aus einer Tür gehuscht und sagt: „Die Küche und die Klos habe ich fertig, machen wir zusammen noch den Saal, dann können wir nach Hause fahren. Jetzt frage ich mich allen Ernstes, weshalb diese Frau keinen Mann abgekommen hat.

Als sie die Flaschen zusammenstellt, macht sie noch einmal „hahaha, grunz, hahaha, grunz“ und schon fällt mir wieder ein, weshalb sie keinen Mann abbekommen hat.

Süßer die Schellen nie klingen!

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