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Er ist tatsächlich in die Stadtbibliothek eingedrungen, während er auf eigene Faust in einem Kriminalfall ermittelt. Und das Stadthaus ist um diese Uhrzeit noch immer bevölkert. Das ist nicht gut. Dass die Bücherei in einem öffentlichen Gebäude liegt und es keine nennenswerten Sicherheitsvorkehrungen gibt, mildert das Vergehen nur unwesentlich.

Er sieht sich um. Zwischen den zahlreichen Bücherregalen kann er Eva nicht entdecken. Bedächtig schleicht er durch die schmalen Gänge und sucht sie. Wie konnte sie nur so schnell verschwinden?

»Ich hab etwas gefunden!«

Kimski fährt zusammen. Eva brüllt von der anderen Seite des Kuppelbaus zu ihm herüber. Er presst die Beine aneinander, als er zu ihr herüber spurtet, um so wenig Lärm wie möglich zu machen.

»Nicht so laut!«, fährt er sie an, als er sie endlich in der Abteilung für Mannheimer Geschichte entdeckt. »Das ist ein offener Kuppelbau. Man kann Sie im ganzen Gebäude hören, wenn Sie so schreien!«

Eva steht mit einem dicken Buch, das sie aufgeschlagen in den Händen hält, vor ihm und blickt ihn mit ihren Rehaugen an.

»Immer mit der Ruhe. Sehen Sie mal hier«, sie zeigt mit dem Finger auf die offene Buchseite. »In D 2 Nummer 14 war bis 1801 die Buchhandlung Schwan. Während der Regentschaft von Kurfürst Carl Theodor war das eine wichtige Stätte geistigen Fortschritts. Dort wurde auch die deutsche Sprache gefördert, die damals im Kulturbetrieb nicht anerkannt war. Und die ersten Stücke von Friedrich Schiller veröffentlicht.«

»Woher wussten Sie das?«

»Ich wusste es ja gar nicht mehr mit hundertprozentiger Sicherheit. Aber während meines Studiums habe ich mal eine Seminararbeit zum Thema Bildungsbürger in Mannheim geschrieben. Da durfte die Buchhandlung Schwan natürlich nicht fehlen. Ich habe mir damals das Haus angesehen, in dem das Ladengeschäft gewesen war. Ich bin nie drin gewesen und hatte die genaue Adresse nicht mehr im Kopf. Als ich heute aus dem Gebäude kam und mich umgesehen habe, ist es mir wieder eingefallen. Und dann habe ich an die Bücher gedacht, die am Tatort lagen.«

»Sie meinen, dass die Wohnung in ein Büchermeer verwandelt worden ist, soll uns darauf aufmerksam machen, dass in dem Haus früher eine bekannte Buchhandlung war?«

»Genau.«

»Wieso?«

Kimski nimmt ihr das Buch aus der Hand und wirft einen Blick darauf. Er dreht es um und liest den Titel des Werks. MANNHEIM IN VERGANGENHEIT UND GEGENWART. BAND 1.

»Vielleicht will jemand ein Rätsel hinterlassen.«

»Darüber habe ich auch schon nachgedacht.«

»Ist es nicht so, dass geisteskranke Mörder sich oft danach sehnen, geschnappt zu werden?«

»Kann schon mal vorkommen.«

»Vielleicht handelt der Täter mit gestohlenen antiquarischen Büchern?«

Kimski klappt das Buch zu. »Ich weiß nicht, ob Sie alle Details in Ihre Überlegung mit einbezogen haben.«

»Tja. Was ist zum Beispiel mit den seltsamen Ziffern, die mit Bleistift auf dem Plan notiert waren?«

Eva beugt sich vor, greift in ihre Handtasche und zieht ihr Handy hervor. Kimski beobachtet sie. Als er bemerkt, dass er in den Ausschnitt ihres Sommerkleides blickt, reißt er seinen Kopf hoch. Eva ruft ein Foto auf und hält es ihm unter die Nase.

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»Sie haben alles fotografiert! Gründlich.«

»Sehen Sie, ein Zahlen- und Buchstabencode. Keine Ahnung, was das zu bedeuten hat. Aber Sie müssen zugeben, sehr geheimnisvoll.«

»Zeigen Sie mal her.« Er nimmt ihr das Telefon aus der Hand.

»Haben Sie das Schachbrett auch aufgenommen?«

»Klicken Sie einfach vor und zurück.«

Kimski betrachtet sich die Schachfiguren. »Wie ich dachte.«

»Wie?«

»Das ist einfach. Das sind zwei Züge einer Schachpartie. Sie

wissen, wie man eine Schachpartie auf Papier festhält?«

»Nein.«

Kimski ruft wieder das Bild mit der Ziffernfolge auf.

»Zuerst notiert man bei jedem Zug das Feld, von dem die Figur loszieht, hier zum Beispiel c7. Dahinter schreibt man das Feld, auf dem die Figur landet«, er deutet auf das c5. »Wenn die Figur dabei eine andere Figur schlägt, schreibt man ein x in die Mitte. Das bedeutet also, dass wir hier zwei Züge sehen, zuerst schlug Weiß eine Figur von dem Feld c5, dann zog Schwarz nach und schlug seinerseits die Figur von c5 herunter. Mit der Stellung der Figuren auf dem Brett passt es zusammen.«

»Bravo«, bemerkt Eva.

»Stellt sich immer noch die Frage, was das zu bedeuten hat – und ob es überhaupt etwas bedeutet.«


Manfred Knabb schwitzt. Wie hat er das nur übersehen können?

Er sitzt in seinem stickigen Büro beim Cymertec Sicherheitsdienst und schaltet die Bilder auf den vielen kleinen Monitoren immer wieder hin und her. Er ist für die Videoüberwachung von zwölf Objekten zuständig. Da kann einem schon mal etwas entgehen. Doch jetzt sieht er ihn ganz klar: einen herrenlosen Koffer, exakt in der Mitte des Bildausschnitts abgestellt.

»Positiv. Hier ist tatsächlich eine verdächtige Aktentasche. Woher wussten Sie das?«

»Das tut nichts zur Sache.« Die aufgebrachte Stimme des Kommissars klingt durch den Hörer an sein Ohr. »Dann müssen wir das Gebäude evakuieren«, sagt er. »Wenn Sie noch irgendetwas Auffälliges entdecken, rufen Sie uns diesmal bitte sofort an.«

Aufgelegt. Manfred atmet tief durch und greift zur Kaffeetasse. Er nimmt einen großen Schluck.

Ganz schön sauer, der Kommissar. Aber immerhin passiert mal etwas. Auf einmal verschluckt er sich und prustet die heiße Brühe über den halben Schreibtisch. Hat sich eben etwas in der Bibliothek bewegt?

Die Partie. Thriller

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