Читать книгу Mhou - Miriam C. Förster - Страница 10

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Mhou kommt in den Straußenkindergarten

„Mami, was machen wir heute? Wieso packst du mir einen Rucksack mit Broten? Gehen wir etwa heute schon in diesen komischen Kindergarten?“, fragte der kleine Mhou traurig. „Ich will nicht weg von dir! Du bist da doch gar nicht dabei! Was ist, wenn die Kinder ganz böse zu mir sind?“

„Aber nein, das sind sie nicht.“

Mhous Mutter Stella war eine sehr gute Mutter. Sie erfüllte ihm jeden Wunsch. Aber da es um den Kindergarten ging, konnte sie ihn nicht daheim lassen. Es war nämlich festgelegt, dass er angemeldet war, und junge Sträußchen mussten ja bis zu ihrem Jugendalter in den Kindergarten gehen. Natürlich kamen sie auch wieder zu ihren Eltern zurück, aber Mhou hatte seine Bedenken. Der Kindergarten fing nämlich schon um 8 Uhr an und hörte erst um 15 Uhr wieder auf. Also musste er sieben Stunden lang an diesem Ort sein.

Es war ganz einfach: Er würde alles so blöd wie möglich finden, sodass die Eltern sicher der Meinung wären, dass er die nächsten Jahre nicht noch dort hingehen sollte.

„Aber da findest du doch neue Freunde! Andere Sträußchen sind ja auch ganz nett“, versuchte Stella, ihn zu beruhigen.

„Ja schon, aber die sind doch alle fremd!“, jammerte er, als sie hingingen. „Und was ist, wenn mich vielleicht jemand verletzt oder so etwas Ähnliches passiert? Da sind ja noch ältere Sträußchen.“

„Aber nein, der Kindergarten hat erst dieses Jahr aufgemacht. Und außerdem ist immer eine Klasse in einem Kindergarten, also bleibt es auch so! Und keine Älteren und Jüngeren kommen hinzu!“

„Ach, deswegen sind gleich 16 Kindergärten in diesem Ort und im Nachbarort sogar fast 20! Da soll es ja nur so wimmeln vor lauter kleinen Sträußchen, nicht wahr, Mami?“

Endlich waren sie da. Ein junger Straußenherr mit einem großen Schopf und freundlichem Blick kam auf ihn zu.

„Hallo, du bist bestimmt Mhou! Ich weiß, es gibt hier viele Kindergärten, aber ich bin froh, dass du dir diesen Kindergarten ausgesucht hast. Wir sind ja ganz neu! In den anderen Kindergärten sind über 40 Straußenküken und bei uns sind es nur 21! Du hast also noch viel Platz bei uns. Ich bin übrigens Herr Schnurributz, ich bin der Erzieher der kleinen Sträußchen. Ich passe auf, dass es euch gut geht und meine Frau kocht euch leckeres Essen. Komm gleich mit hinein!“

Herr Schnurributz führte Mhou einen Gang entlang bis zu einer Tür. Dort hatte Mhou vorher viele lärmende kleine Sträußchen gesehen. Jetzt saßen sie alle still da und sahen ihn mit ihren großen erstaunten Augen an.

„Guckt mich nicht so an!“, wollte er gerade sagen. Doch da erklärte schon Herr Schnurributz mit lauter Stimme: „Hallo Leute, das ist Mhou. Er wird ab heute in unseren Kindergarten kommen. Sorgt dafür, dass er hier froh ist, und helft ihm, sich einzufügen in unser schwieriges Leben.“

„Das ist eigentlich gar nicht so schwierig!“, hörte Mhou ein paar andere gleichzeitig rufen.

Dann rief Herr Schnurributz aufmunternd: „Los, Mhou, jetzt geh mal zu den anderen Sträußchen hin!“

Aber Mhou musste nicht zu den anderen gehen. Im Gegenteil: Sie kamen zu ihm! Ja, sie stürmten sogar zu ihm und riefen: „Hallo Mhou, sei herzlich willkommen!“

Ein kleiner Strauß, der ungefähr einen Monat jünger war als er, gab ihm seinen Flügel und holte ihn zu den anderen. Er sah eigentlich ganz nett aus. „Hallo Mhou, ich heiße Charles. Komm mit, ich zeige dir unseren Kindergarten.“

Als Mhou noch einen sehnsüchtigen Blick zur Tür warf, sah er, dass dort nicht nur Herr Schnurributz, sondern auch seine Mutter stand. Noch bevor er etwas zu ihr sagen konnte, rief Charles: „Guck mal, das hier ist die Kuschelecke. Wir benutzen sie auch gerne beim Spielen als Schlafzimmer, damit du das schon einmal weißt.“

„Ihr kuschelt euch doch sicher in die Kissen, oder Charles? Und manchmal gibt es bestimmt eine Kissenschlacht, nicht?“

„Genau, Mhou!“, antwortete Charles und zwinkerte ihm zu.

Dann zeigte Charles ihm noch die Spielecke, die Lego-Ecke, die Küchen-Ecke, den Brotzeittisch und den Lunchtisch.

„Nun, Mhou, sag mal, gehen wir noch etwas herum? Da draußen ist unser Garten. In den werden wir später gehen. Dann zeig ich dir alles, was es da gibt. Zum Beispiel den …“

Doch bevor er weitersprechen konnte, eilte ein Straußenjunge vorbei, der es anscheinend etwas eilig hatte. Er hatte einen strengen Blick aufgesetzt, trug schwarze Federhosen und noch eine schwarze Maske um die Augen, mit der er aussah wie ein Ganove.

Und so benahm er sich auch. Blitzschnell ging er an Mhou vorbei und schubste ihn auf den Boden.

„Mach Platz, du Streber!“, zischte er und ging weiter.

„Aua“, sagte Mhou.

„Dieser Blödmann!“, wollte er gerade schimpfen, doch da fiel ihm ein, dass der Knabe ja auch einer von Charles’ Freunden sein könnte.

„Komm, ich helfe dir auf“, sagte Charles. „Übrigens: Das ist Straußenspotter, der Griesgram unserer Klasse! Keiner hat ihn bis jetzt gemocht und er mag auch keinen, weil er sich immer für den Tollsten hält. Und er nennt mich auch immer Streber, weil ich ihm immer seine bösen Pläne durchkreuze. Aber diesmal hast DU ihm wohl den Weg durchkreuzt.“ Mhou kicherte.

Dann hörten sie plötzlich eine laute Stimme: „Straußenspotter, benimm dich mal ordentlich gegenüber unserem Gast!“

„Na hoffentlich verschwindet der bald wieder!“, murmelte Straußenspotter und setzte einen mürrischen Blick auf. Seine schwarze Maske war dabei gut zu erkennen.

„Wenn der jetzt bei uns bleibt, dann beiß ich mir eine meiner schwarzen Federn aus und ess sie roh! Das wäre doch dann tatsächlich ein Streber zu viel!“

„Straußenspotter!“, ermahnte ihn eine zweite Stimme.

Nun kam Mhous Mutter auf ihn zu. Sie sagte etwas Wütendes zu ihm, das Mhou nicht hören konnte, und bevor sich die Mutter verabschieden konnte, rief Herr Schnurributz alle zum Begrüßungsritual zusammen: „So, alle stellen sich in ihren Gruppen auf. Los, Leute, fünf Vierergruppen, eine Zweiergruppe!“

Die Zweiergruppe waren Charles und Mhou.

„Kommt Kinder, jetzt machen wir alle zusammen das Begrüßungsritual: zwei Füße vor, fünf Füße zurück, zwei Füße vor, fünf Füße zurück!“

„Ich hab doch gar keine fünf Füße“, sagte Mhou erstaunt, „und wenn ich meine beiden Füße nach vorne stelle, dann falle ich ja um!“

Straußenspotter murmelte irgendetwas Finsteres wie: „Wär auch gut so, wenn du dir was brichst!“ Aber da warf ihm Mhous Mutter einen warnenden Blick zu. Als Charles ihm vor allen erklärt hatte, dass die beiden vordersten neben Herrn Schnurributz bei Zwei Füße vor einen ihrer Füße nach vorne stellten und bei Fünf Füße zurück alle anderen einen ihrer Füße nach hinten stellten, sagte Mhou: „Aber das ist ja ganz lustig, Mami! Ich glaube, den EINEN Tag bleibe ich hier. Ich meine, du kannst gehen, Mami.“

„Also gut, mein Kleiner. Tschüss!“

Mhou winkte ihr noch nach.

„Kommt, ihr Lieben“, sagte Herr Schnurributz, „jetzt machen wir mal unsere Brotzeit!“

„Aber es hat doch gerade erst angefangen!“, fiel ihm Mhou ins Wort. „Wie können wir dann gleich Brotzeit essen?“

Doch Herr Schnurributz antwortete nur mit einem leisen Lächeln wie seine Mutter bei der Taufe: „Alte Straußentradition!“

Zusammen saßen sie nun am Tisch und aßen Brotzeit. Währenddessen fragte Charles: „Mhou, wollen wir Freunde werden?“

„Aber natürlich, warum denn nicht?“ Mhou war ganz begeistert. „Ich wollte mich doch gerade eben bei dir bedanken, dass du mir so toll die Gegend gezeigt hast.“ Er warf dabei einen verschwörerischen Blick auf Straußenspotter, der nun gegenübersaß.

„Wie doof, jetzt bleibt der Streber doch hier!“, murmelte dieser. Und dann rief er laut durch den ganzen Kindergarten: „Wisst ihr, was ihr seid? Ihr seid feige! Ihr macht zwei gegen einen – so was von feige!“

„Mit dem ersten hast du recht, Straußenspotter, aber mit dem zweiten … äh …“

Da lachte Straußenspotter spöttisch. Das war zu viel für Charles. Er sprang vom Stuhl direkt auf den Tisch, ging zu Straußenspotter, packte ihn am Hals und würgte ihn so lange, bis dieser keuchte: „Lass mich los, ich krieg keine Luft mehr! Willst du mich umbringen?“

„Also gut“, sagte Charles. Zu Straußenspotters Glück hatte er ja ein gutes Herz, auch wenn das Ganovensträußchen sein Feind war.

„Aber lach nie wieder meinen neuen Freund Mhou aus!“

Später spielten sie bis zum Mittagessen drinnen. Mhou und Charles nahmen sich gemeinsam alle Ecken des Kindergartens vor. Dummerweise war an jeder neuen Ecke immer Straußenspotter. Entweder sie schubsten ihn die Leiter hinunter oder sie drängten ihn zur Tür hinaus oder sie bewarfen ihn mit Lego-Steinchen oder sie nahmen Anlauf, gingen in die Hocke und schubsten ihn von den Beinen aus so, dass er ganz weit bis auf den Stuhl vom Mittagessen flog. Damit sich Straußenspotter aber richtig ärgerte, rief Mhou extra laut, damit alle es hörten: „Straußenspotter hat’s gut. Er hat einen Platz für sich reserviert.“

Straußenspotter blickte wütend hinter seiner Maske hervor: „Na wartet, ihr Streber!“, flüsterte er. „Nach dem Essen mach ich euch den Garaus!“

Und tatsächlich, sie gingen nach dem Mittagessen nach draußen. Charles zeigte seinem neuen Freund die Rutsche, die Schaukel, das Klettergerüst, den Tunnel und den Sandkasten. Doch während sie so spielten, kam ihnen plötzlich Straußenspotter in die Quere.

„Na, ihr beiden Streber“, sagte er schon von Weitem.

„Mach dir nichts draus“, sagte Charles und wandte seinen Kopf zu Mhou. Doch dieser pickte gerade ein paar Steinchen aus dem Sandkasten und schluckte sie hinunter. Man konnte direkt sehen, wie sie durch den Hals liefen.

„Ha, ha, ha, ha, der Streber muss operiert werden. Jetzt dreht er total durch.“

„Verschwinde oder wir bespucken dich mit Steinchen“, rief Mhou und versuchte zum Schein, die Steinstücke aus seinem langen Hals wieder hervor zu käuen.

Aber Straußenspotter war nicht so leicht hereinzulegen: „Ihr macht nur Quatsch, das sag ich euch, ihr Streber!“

„He, Herr Schnurributz, gerade hat der Oberstreber einen Stein verschluckt. Er muss in die Krankenstation! Rufen Sie sofort die Sanitäter, aber dalli!“

„Ja, wie redest denn du mit mir?“, rief Herr Schnurributz empört. „Zur Strafe musst du den ganzen Tag im Haus bleiben und den Staub vom Teppich saugen und die uralten Vorhänge erneuern.“

„Nanana, so schlimm hat er’s nicht gemeint. Er hat nur Scherze gemacht!“, nahm ihn Mhou in Schutz. „Und er wusste doch sicher nicht, dass Strauße Steinchen schlucken, das ist wie die Beilage zum Salat.“

In diesem Moment strahlte die Sonne über Straußenspotter.

„Iiiiih, die Sonne blendet, ich will rein!“

„Tja, jetzt macht er wohl die Hausarbeit von ganz allein, nicht wahr, Mhou?!“, kicherte Charles und zwinkerte seinem Freund zu.

Als Mhou an diesem Abend abgeholt wurde, sagte die Mutter zu ihm: „Und wie war dein erster Tag im Kindergarten?“

„Wundervoll“, antwortete Mhou.

„Ach übrigens, mein Sohn, ich habe dir noch zu sagen, dass du den Weg zum Kindergarten und zurück bald alleine gehen darfst, wenn du ihn kennst.“ „Danke, Mami. Ich habe übrigens einen neuen Freund gefunden. Er heißt Charles und er ist echt hilfsbereit.“


Mhou

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