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Zur Einführung

An wen sich dieses Buch wendet

Natürlich an erster Stelle: an die Hauptpersonen! Und das sind die Studierenden für Lehrämter an Schulen, die zum ersten Mal ein komplettes Praxissemester absolvieren. Ganz gleich, ob sie in Nordrhein-Westfalen, in Niedersachsen oder in Thüringen studieren: Das Praxissemester macht Schule – und man muss kein Hellseher sein, um zu prognostizieren, dass über kurz oder lang immer mehr Bundesländer dazu übergehen werden, in das Studium nicht nur wie bisher Praxisphasen einzuflechten, sondern ein ganzes Semester lang das künftige Berufsfeld für Studierende zu öffnen. Dass dieses Buch vor allem Studierende mit dem Fach Theologie/Religionspädagogik im Blick hat, die später in der Schule als Religionslehrkräfte fungieren werden, bedeutet eine gewisse Begrenzung, lässt aber auch Konzentration zu. Über die Studierenden hinaus – das macht der Untertitel deutlich – sind auch alle Berufsanfängerinnen und -anfänger angesprochen, die sich des Handwerkszeugs vergewissern wollen, das sie für ihren Berufsalltag benötigen. Dazu gehören auch Lehramtsanwärterinnen und -anwärter, die auf der Suche nach einer konzentrierten Einführung in professionelles Handeln sind.

Die Spannbreite der Adressaten erschöpft sich nicht in den unmittelbar Betroffenen. Studierende, Berufsanfängerinnen und -anfänger, Lehramtsanwärter und -anwärterinnen sind eingebunden in institutionelle Kontexte. Aufseiten der Hochschule kommen die Lehrenden und Lehrbeauftragten ins Spiel, die Studierende im Praxissemester begleiten und fachdidaktische Angebote machen; in der Institution Schule sind Mentorinnen und Mentoren beteiligt, die vielleicht schon länger keinen Kontakt mehr zur wissenschaftlichen oder fachdidaktischen Arbeit an den Universitäten hatten; und schließlich kommen länderspezifisch auch Aufgaben auf Ausbilderinnen und Ausbilder der Studienseminare und Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (NRW) zu. Allen drei Personengruppen mag dieses Buch eine Hilfe sein, wie die Studierenden im Praxissemester möglichst praxisnah unterstützt werden können.

Warum wir dieses Buch geschrieben haben

In Nordrhein-Westfalen beginnt das Praxissemester für die meisten Hochschulen im Jahr 2015. In § 12 des Gesetzes über die Ausbildung für Lehrämter an öffentlichen Schulen (Lehrerausbildungsgesetz – LABG) vom 12. Mai 2009 heißt es: Das Praxissemester „wird von den Hochschulen verantwortet und ist in Kooperation mit den Schulen sowie den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung durchzuführen.“ Nicht in allen Bundesländern, in denen ein Praxissemester eingeführt wurde oder wird, ist die Zusammenarbeit zwischen den drei Institutionen Hochschule, Schule und Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (=Studienseminare) so prägnant und verbindlich geregelt wie hier. Diese Regelung folgt der Einsicht, dass die seit Jahrzehnten beklagte Segmentierung der Lehrerausbildung nur durch ein striktes Gebot zur Zusammenarbeit – so schwierig sich diese im Einzelfall gestaltet – zu überwinden ist. Und dazu braucht man Menschen, die eine solche Kooperation vor Ort praktizieren wollen.

Wir, die Autorin und der Autor des Buches, sind der Ansicht, dass das Praxissemester eine ausgezeichnete Chance ist, fachdidaktische Wissenschaft und schulpraktische Erfahrung miteinander zu verknüpfen. Unsere Berufsbiografie – wir haben beide lange Jahre in der Schule, im Studienseminar und in der Hochschule gearbeitet – mag erklären, warum wir daran interessiert sind, dass das Praxissemester für die Studierenden zu einem Erfolg wird. Erfolg insofern, als sie besser als bisher eine Brücke zwischen Theorie und Praxis schlagen können, als der Weg der Professionalisierung bruchloser als früher verläuft und schließlich auch die Qualität des Religionsunterrichts durch eine solide berufsfeldbezogene Ausbildung gestärkt wird.

Wofür dieses Buch gedacht ist

Rezepte, Tipps, Ratschläge sind sowohl in der pädagogischen als auch in der religionspädagogischen Zunft verpönt – werden ihnen doch Theorielosigkeit und missbräuchliche Fixierungen auf alltagstaugliche, aber eben auch fragwürdige Routinen unterstellt. Erst recht gilt das für den Begriff „Handwerkszeug“, der der Selbsteinschätzung von Pädagogen, Unterrichten sei eine ‚Lehrkunst‘, geradewegs entgegenläuft. Aber brauchen nicht auch Künstler zuerst eine gute handwerkliche Ausbildung, müssen z.B. Bildhauer nicht auch gute Steinmetze sein? Außerdem lehren die Erfahrungen etwa in der Ausbildung am Studienseminar, dass Auszubildende nachdrücklich darauf pochen, konkrete Hinweise auf praktizierbare Strategien und Verhaltensweisen zu erhalten.1 „Angehende Lehrer wollen wissen, what works, und sie erwarten, dass die Ausbildung ihnen genau (und einzig) diese Frage beantwortet.“2 Zwischen beiden Polen zu balancieren, ist nicht einfach, riskiert man als Autor oder Autorin doch, weder den Vorbehalten und der Kritik der einen wirksam begegnen noch die dringenden Wünsche der anderen erfüllen zu können. Das Konzept, das wir mit diesem Buch verfolgen, ist daher eher bescheiden angelegt. Wir versuchen, die konkreten Herausforderungen des – im Praxissemester noch weitgehend experimentierend erfahrenen – Berufsfeldes theoriegestützt, aber praxistauglich aufzuarbeiten. Dass wir uns dabei auf das „Handwerkszeug“ beschränken, deutet an, dass der Lehrerberuf weitaus komplexer, schwieriger und anspruchsvoller ist als das, was man – hoffentlich – durch eine reflexive Praxis erlernen kann. Aber ein solches Handwerkszeug gehört eben auch dazu!

Was Sie vermissen werden? Dieses Buch kann und will keine ausgeführte Fachdidaktik Religion bieten. Daher fehlen z.B. Darstellungen zum Verständnis religiöser Bildung3, zu gängigen religionspädagogischen Konzeptionen und Ansätzen4, zu spezifischen Fragen etwa der Bibeldidaktik5, der Kirchengeschichtsdidaktik6 oder des interreligiösen Lernens, zu Modellen religiöser Entwicklungsverläufe7, zu spezifischen Methoden8 und zum aktuellen ‚Megathema‘ Inklusion9. Auch Themen wie Schulentwicklung, Schulkultur und Religion in der Schule, zu denen Religionslehrkräfte einiges beizutragen haben, konnten wir nicht entfalten. Erst recht nicht haben wir die Problemlagen des RU in den unterschiedlichen Schulformen und Schulstufen ansprechen können. Dies alles (und noch viel mehr) kann unser Buch nicht leisten und deshalb haben wir konsequent darauf verzichtet, verweisen aber schon hier und an den entsprechenden Stellen auf einschlägige Fachliteratur.

Wie man mit diesem Buch arbeiten kann

Das Buch ist mit seinen Texten und Arbeitsaufgaben als seminarbegleitende Lektüre im Rahmen des Praxissemesters angelegt. Deshalb werden teilweise auch Anregungen angeboten, die in Gruppen oder im Tandem bearbeitet werden sollen. Themen aus der Praxis für die Praxis werden theoretisch aufgearbeitet, Arbeitsaufgaben zur Vertiefung und Weiterarbeit sowie wichtige Literatur werden genannt. Das Buch kann aber auch selbstständig als Vorbereitung oder begleitend zum Praxissemester gelesen bzw. bearbeitet werden oder einzelne Themen, die z.B. aus der Praxis heraus als interessant erscheinen, können damit vertieft werden.

Der besseren Lesbarkeit halber werden Sie, liebe Leserinnen und Leser, an manchen Stellen direkt angesprochen: Wir versuchen, Sie über Beispiele und Szenen des Schulalltags mit hineinzunehmen in die Praxis, um dann in der theoretischen Aufarbeitung deutlich zu machen, wie eng in diesem Bereich Theorie und Praxis verzahnt sind und wie wertvoll theoretische Hinweise für die Praxis sein können.

Deshalb haben wir sowohl Wissenschaftler und Mitarbeitende aus der Universität als auch Lehrkräfte aus der Schule gebeten, das Buch kritisch gegenzulesen. Von allen Seiten haben wir wertvolle Anregungen erhalten. Dafür möchten wir uns bei Prof. Dr. Gerhard Büttner, Prof. Dr. Rita Burrichter und Prof. Dr. Ludwig Huber, Julian Enners, Saskia Flake und Lisa Unruh-Naber, Dr. Oliver Arnhold, Dr. Gabriele Obst und Sebastian Reichelt ganz herzlich bedanken.

Mirjam ZimmermannHartmut Lenhard

Alle im Buch angeführten Internet-Adressen finden Sie zur bequemen Nutzung in einer Link-Liste unter

www.v-r.de/praxissemester-religion oder unter www.utb-shop.de/9783825242664.

1Ähnlich das Anliegen schon bei Jendorff, 1994 „Fachpraktikum Religion. Leitfaden gegen den Praxisschock“.

2Oelkers, 1996, 9.

3Vgl. Schröder, 2012; Lämmermann 2005 u.a.

4Vgl. Platow/Lämmermann, 2014; Hilger/Ritter/Lindner/Simojoki/Stögbauer, 2014; Mendl, 2014, 2008; Brinkmann, 2013; Pohl-Patalong, 2013; Sajak, 2013; Hilger/Leimgruber/Ziebertz, 2013; Lindner, 2012; Schröder, 2012 (Religionsdidaktik S. 554-658); Kalloch/Leimgruber/Schwab, 2010; Grethlein, 2005; Lämmermann, 2005 Büttner/Dieterich, 2004.

5Vgl. Zimmermann/Zimmermann, 2013.

6Adam/Englert/Lachmann/Mette, 2008.

7Vgl. jüngst die zusammenfassende Darstellung bei Büttner/Dieterich, 2013.

8Adam/Lachmann, 2010; Bosold/Kliemann 2012; Rendle 2014.

9Kammeyer/Zonne/Pithan, 2014; Schröder/Wermke, 2013; Pemsel-Maier/Schambeck, 2014.

Praxissemester Religion

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