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Hexenjagd

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Schneller, denke ich. Die Hunde hinter mir sind schon ganz nah. Ihr Kläffen dringt durch die dichten Bäume deutlich zu mir. Hastig blicke ich mich um, während ich weiterlaufe. Ich kann sie noch nicht sehen. Ein Ast schlägt mir ins Gesicht, als ich wieder nach vorne blicke. Meine Haare verfangen sich im Dickicht, durch das ich mich kämpfe. Im Wald habe ich einen Vorteil. Zumindest rede ich mir das ein, denn hier kenne ich mich aus. Hier bin ich aufgewachsen. Meine Füße tun weh, vom vielen Laufen, doch ich eile weiter. Ignoriere den Schmerz, der mit jedem Schritt mehr zu werden scheint. Durch dichtes Gestrüpp muss ich mich hindurchkämpfen. Das ist der schlimmste Teil des Weges, den ich vor mir habe. Dornen zerkratzen mir Arme und Beine. Äste schlagen mir ins Gesicht. Ich habe Blut an den Händen und weiß nicht woher. Mir fehlt die Zeit meine Wunden zu begutachten. Ich muss weiter, ehe sie mich einholen. Noch ein Ast, der mir direkt unter dem Auge auf die Wange schlägt. Verdammt, ich habe nicht aufgepasst. Tannenzapfen stechen in meine Fußsohlen. Hier, im Dickicht, gibt es keinen weichen Moosteppich, auf dem man laufen könnte.

Endlich komme ich aus dem dichten Bewuchs in einen Teil des Waldes, der etwas offener ist. Der Boden hier ist weich und warm. Ich werde schneller, doch auch meine Verfolger werden es leichter haben. Gerne würde ich stehen bleiben, nur für einen Augenblick, um wieder Luft zu holen. Doch das kann ich mir nicht leisten. Atemlos haste ich auf die Anhöhe, die sich zwischen den Buchen vor mir erstreckt. Wenn ich den Hügel wieder hinunter komme, werde ich mitten auf einer Lichtung stehen. Ich versuche, mich auf die Geräusche hinter mir zu konzentrieren. Schätze ab, ob ich die Lichtung überquert haben werde, bevor sie mich dabei sehen können. das Bellen ist leiser geworden. Ich vermute sie hinter dem dichten Teil des Waldes.

Die Lichtung liegt vor mir. Ich laufe, so schnell ich kann, durch das hohe Gras. Ein Gespräch mit Marie fällt mir ein, das ich vor etwa einem Jahr hatte. Irgendwie kamen wir auf die witzige Idee, uns auszumalen, was wir wohl tun würden, wenn man uns als Hexen jagen würde.

"Ein Baum. Ich würde auf einen Baum klettern. Mich in der Krone verstecken." Ihr Lachen hallt in meinem Kopf nach. Arme Marie. Der Baum hat ihr nicht viel geholfen. Die Hunde haben sie gefunden und auch die Jäger. Es sind nur noch wenige Schritte und ich verschwinde wieder im Dickicht des Waldes. Das Bellen wird wieder lauter. Und auch Rufe der Männer, die mich verfolgen, mischen sich unter die Laute der Tiere. Erschöpfung durchdringt meinen Körper. Weiter, weiter, ruft die Stimme in meinem Kopf. "Ich kann nicht mehr." will ich sagen, doch stattdessen schlage ich eine andere Richtung ein und laufe. Je schneller ich mich bewegen kann, umso schneller sind auch die Jäger. Ein neuer Weg fällt mir ein. Schon lange bin ich ihn nicht mehr gegangen, doch dort werden sie mich nicht so einfach verfolgen können. Ich wechsle die Richtung noch einmal, halte auf die Felsen im Wald zu. Ich weiß nicht, ob ich die Kraft noch habe sie zu erklimmen, wenn ich erst einmal dort bin. Egal, ich muss. Es dauert scheinbar ewig, bis ich die Stelle erreiche, die ich gesucht habe. Es ist ein schmaler Pfad, der beinahe senkrecht im Stein liegt. Hastig nehme ich den Weg auf mich. Der kühle Fels fühlt sich gut an. Doch ich weiß, es wird nicht lange dauern, bis sich die Kanten der Steine in mein Fleisch fressen. Warum habe ich nur meine Schuhe nicht angezogen?, frage ich mich. Du wolltest sie schonen. Für Sonntag aufheben, antwortet die Stimme in meinem Kopf.

Meine Fingerkuppen graben sich in die Falten des Felsens. Jetzt wird es schwierig. Ich muss mich konzentrieren, denn es reicht ein falscher Griff, um den Halt zu verlieren und in die Tiefe zu stürzen. Plötzlich greife ich ins Leere. Taste nach. Der Stein, an den ich mich mit der anderen Hand klammere fängt an zu knacken. Endlich bekomme ich Halt und ziehe mich nach Rechts. Der Fels bricht und ein großes Stück fällt krachend nach unten. Mein Blick gleitet in die Richtung, in der ich meine Verfolger vermute. Ich bin hoch genug gekommen, um sie im lichten Wald zu sehen. Schnell kommen sie näher. Ich beeile mich, um auf die Spitze des Felsens zu gelangen. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit, doch ich schaffe es gerade noch rechtzeitig, mich über die Kante zu ziehen. Schwer atmend bleibe ich einige Sekunden auf der Plattform liegen. Dann drehe ich mich auf den Bauch, um in die Schlucht sehen zu können, die ich gerade hinter mir gelassen habe. Es sind ungefähr zwanzig Männer, die mit Langbögen vor dem Fels stehen. Ihre scharfen Hunde kläffen die steinerne Wand an.

"Verdammt, wie ist das Luder da hinaufgekommen?", fragt einer der Männer verärgert.

"Sie ist eine Hexe. Hexen können fliegen." lautet die Antwort eines anderen.

"Kommen wir auf einem anderen Weg nach oben?", will der Wütende wissen.

"Nicht, wenn wir sie vor dem Fluss erwischen wollen. Du weißt, die Hunde verlieren im Wasser die Spur."

"Und wie kommen die Hunde auf den Felsen?!", schreit er zurück.

Noch immer liege ich auf dem Bauch. Mein Herzschlag hat sich wieder beruhigt. Mir ist klar, dass ich gerade Zeit vergeude. Jede Minute, die ich mich nicht von ihnen weg bewege, ist eine Minute zuviel. Meine Füße bluten. Meine Handflächen sind aufgerissen. Der Aufstieg hat all meine letzte Kraft aufgebraucht und doch muss ich weiter. Ich kann nicht liegen bleiben. Das wäre mein Todesurteil. Vorsichtig krieche ich ein Stück vom Abgrund weg, bevor ich mich aufrichte. Es gibt nur eine Richtung, in die ich fliehen kann. Meine Beine setzten sich wie von alleine in Bewegung. Als würden sie wissen, was das Beste für mich ist. Sie tragen mich auf dem Grasrücken des Felsens in Richtung Fluss. Es ist ein kleiner Vorsprung, den mir der Fels verschafft hat. Der Boden verändert sich, wird wieder weicher, weil das Gras dichter wird, je weiter ich mich von dem Abgrund entferne. Es ist Wiese, über die ich laufe und ich frage mich, ob ich nun Gott, oder dem Teufel dafür danken soll. Langsam versinkt die Sonne hinter dem nächsten Waldstück, als ich den Fluss erreiche. Ich habe Glück, denn er führt nicht viel Wasser in diesem Sommer. Am Rand laufe ich ein Stück Flussabwärts, bevor ich eine passende Stelle finde, an der ich in den Fluss steigen kann, ohne mir dabei die Beine zu brechen. Bis zur Hüfte stehe ich in dem Gewässer, als ich wieder leises Kläffen vernehme. Ich fange an zu schwimmen. Tränen der Dankbarkeit laufen mir über die Wangen, dass mein Onkel mir das beigebracht hat.

"Es sind zu viele Seen in der Umgebung. Ich möchte nicht, dass meine Nichte ertrinken muss, weil sie einen falschen Schritt am Ufer macht." Die Strömung wird stärker und ich lasse mich mit ihr den Fluss hinab treiben. Mit Schwimmbewegungen lenke ich meinen Weg auf das andere Ufer. Wenn das Wasser noch schneller fließt, wird es mich einfach bis zum Wasserfall mit sich mitreißen. Die Kühle, die meinen überhitzten Körper einhüllt tut gut. Nahe dem anderen Ufer lasse ich mich noch ein Stück weitertreiben. Jeder Meter, den ich nicht laufen muss, ist ein Geschenk. Erst, als ich den Wasserfall höre, sehe ich zu, dass ich aus dem Wasser komme. Vollkommen ausgelaugt ziehe ich mich ins Trockene, krieche aufs Land und bleibe erschöpft liegen.

Meine Augen öffnen sich. Der Mond strahlt sein silbernes Licht in mein Gesicht. Ein Mann taucht vor meinen Augen auf. Er lächelt mich freundlich an, reicht mir die Hand und hilft mir auf.

Er führt mich zu einem hellen Punkt. Als wir näher kommen, sehe ich, dass es ein Feuer ist. Er ist nicht alleine. Es warten bereits andere Männer auf ihn. Angst steigt in mir hoch und ich halte mit panischem Blick Ausschau nach Hunden. Dann entdecke ich Frauen. Sie haben Schüsseln voller Essen, das sie untereinander verteilen.

"Wer ist das?", fragt einer der Männer, als wir am Lager ankommen.

"Ich vermute, eine Flussnixe." erwidert mein Begleiter. Plötzlich fällt mein Name.

"Katharina!" Ich suche das Gesicht zu der Stimme, die ihn gerufen hat. Brigitte stürmt auf mich zu und fällt mir um den Hals. Sie war die erste Hexe, die ihren Häschern entkommen war.

Zauberbesen Hexenkessel

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