Читать книгу Luzy Bloom: Ab heute will ich S...x - Sabine Howe, Mizzi Malone - Страница 5
Kapitel 1
ОглавлениеPlane deine erotischen Abenteuer
„Nicht bewegen“, flüstert er mir ins Ohr, und ich denke noch: ‚Das kann ja heiter werden.‘ Das soll allerdings mein letzter Gedanke bleiben, denn danach rauscht das Blut aus meinem Gehirn zwischen meine Beine. Während er langsam mein T-Shirt hochschiebt, fährt er mit seiner Zungenspitze ganz leicht über mein Ohr, meinen Hals hinunter zu meinen Achseln. Er entblößt meine Brüste, streichelt sie mit seinem Atem.
Die Berührungen seines Mundes sind flüchtig, er schwebt über meinem Körper. Seine Lippen sind weich, die Zunge ist feucht – ich schwebe. Je tiefer er gleitet, umso hitziger wird mein Verlangen.
Er beugt sich zu mir herab und findet meinen Hotspot … Ich verliere jede Kontrolle und komme. Komme, wie ich noch nie zuvor gekommen bin – als würde eine Welle über mich hinwegrauschen, mich in einen Strudel unter Wasser spülen. Und für einen Moment ist es mir egal, ob ich ertrinke.
So einen Orgasmus habe ich noch nie erlebt. Als Auftakt in mein neues Leben scheint mir das ein verdammt gutes Omen zu sein.
Mein neues Leben! Ich habe mir vorgenommen, mich besser kennenzulernen, also in erotischer Hinsicht. Nicht, dass ich keine Erfahrungen hätte. Ich bin immerhin 35 Jahre alt und habe natürlich schon mit mehreren Männern Sex gehabt. Aber unter uns: Viele waren es nicht – auch wenn ich das meinen Freundinnen gegenüber nicht zugebe. Wenn die Sprache darauf kommt, halte ich mich vage. Meine sexuellen Begegnungen sind tatsächlich überschaubar. Um genau zu sein: Es waren drei. Ja, ich weiß, eine erbärmliche Zahl in Zeiten freier Liebe. Doch es hat sich einfach nicht ergeben, und in den letzten elf Jahren war ich in einer festen Beziehung.
Fangen wir mit Nummer Eins an: mein erstes Mal! Ich war 17 – ja, auch nicht wirklich zeitgemäß für eine Entjungferung – und es war … Wie soll ich sagen? Na ja, jedenfalls kein Erweckungserlebnis. Er war 16, hieß Olly und war offenbar noch unerfahrener als ich. Wir hatten uns im Schwimmbad kennengelernt. Ich übte mit ein paar Freundinnen auf unseren Badetüchern das ‚Frau-Sein’, indem wir uns gegenseitig die Rücken mit Sonnencreme einrieben und dabei versuchten, möglichst elegant unsere Haare oben zu halten, während sich links von uns eine Gruppe Jungs im ‚Mannsein‘ erprobte, indem sie sich gegenseitig laut grölend mit Wasserpistolen abschossen. Trotz dieser unterschiedlichen Interessenlage kamen Olly und ich irgendwie in Kontakt und verabredeten uns für den nächsten Tag. Irgendwann knutschten wir dann auch, und dabei stellte sich heraus, dass Olly unter einer Vorhautverengung litt, was seine Erektion offenbar sehr schmerzhaft machte und seinen Penis irgendwie seitlich verbog. Es war zwar der erste erigierte Penis, den ich sah, aber doch, das irritierte mich. Man hatte ja schon mal ein paar Exemplare auf Fotos gesehen.
Und die Tatsache, dass dieser Junge erst im Alter von 16 bemerkte, dass er eine Vorhautverengung hatte, warf die Frage auf, ob er jemals zuvor eine Erektion gehabt hatte. Was ja noch weniger zeitgemäß gewesen wäre als meine späte sexuelle Erweckung. Aber gut, so was fragt man natürlich nicht, wenn man selbst noch Jungfrau ist. Jedenfalls musste er dieses kleine Problem erst einmal beheben lassen, was einen Aufschub von circa vier Wochen bedeutete, weil das beschnittene Teil zunächst wieder heilen musste. Danach haben wir dann ein paarmal miteinander geschlafen, aber der Zauber des ersten Mals war durch die Umstände verflogen. Sein Penis blieb außerdem seltsam verbogen, was mich irgendwie abtörnte und meinem ersten Liebhaber den heimlichen Beinamen Säbel-Olly einbrachte. Ja, ich weiß, wie ungerecht das ist, sorry!
Einen Orgasmus hatte ich jedenfalls nicht. Nie. Also nie mit Olly. Keine Sorge: Ich wusste damals bereits, was ein Orgasmus ist. So weit hinter dem Mond lebte ich nun auch nicht, und mein kleines Massagegerät von Tchibo gegen Nackenbeschwerden hatte genau die richtige Vibration für selbsterfüllende Einsätze. Jedenfalls wurde aus Säbel-Olly und mir kein Paar. Immerhin hat er mit seiner krummen Planke inzwischen drei Kinder gezeugt und lebt heute glücklich verheiratet in einem Reihenendhaus mit Garten. Er hat sogar den ersten Preis in einem Nachbarschafts-Gartenwettbewerb für den gepflegtesten Rasen gewonnen. Das habe ich bei meinen Eltern in der Regionalzeitung gelesen. Da stand er, der Säbel-Olly, auf seinem grünen Gras, den Arm um seine kleine, etwas aus dem Leim gegangene Frau gelegt, die vielleicht sogar zum vierten Mal schwanger war, und lächelte stolz in die Kamera. Überschrift: Der gerade Wuchs macht’s!
Stolzer Gartenbesitzer gewinnt den ersten Preis für den schönsten Garten.
Der gerade Wuchs macht’s – wenigstens hielt sich der Rasen an die Regeln. Ich hätte unter das Bild geschrieben: Für jeden Säbel gibt’s den passenden Schaft! Den Spruch könnte ich eigentlich in meine Sammlung aufnehmen, aber dazu später mehr.
Die Nummer Zwei war Peter – der sich selbst Pete nannte. Unsere Begegnung war eine völlig andere Geschichte. In jeder Hinsicht. Ich lernte ihn auf einem Fest bei der Mutter meiner Freundin Dina kennen. Pete war mindestens 15 Jahre älter als ich, also zu dem Zeitpunkt so alt wie ich jetzt. Mein Gott, wenn ich mir das heute vorstelle: ich und ein Zwanzigjähriger. Wobei, vielleicht auch eine Erfahrung wert? So ein schnuckeliger, noch ein bisschen unerfahrener Jüngling, den ich in die Tiefen der Erotik einführe – das könnte mich schon reizen. Aber dafür muss ich erst einmal selbst in die Tiefen der Erotik eintauchen. Ich nehme mir vor, diese Idee in meinen Plan aufzunehmen, aber erst zu einem späteren Zeitpunkt umzusetzen. Zurück zu Pete. Ich glaube, er hat gerochen, dass ich noch ziemlich unerfahren war, und das hat ihn gereizt. Jedenfalls hat er mich angeflirtet. Ich war mit meiner Freundin Dina für den Ausschank an der Bar zuständig, als er sich ein Glas Weißwein bei mir bestellte. Er sah wirklich gut aus, für meinen Geschmack zumindest. Knapp 1,80 Meter groß, dunkelblondes Haar, Windsurfer-Touch, gute Figur und ein ausgesprochen anziehendes Lächeln. Ich wäre im Traum nicht darauf gekommen, dass er sich für mich interessieren könnte.
„Süß, ihr zwei“, sagte er augenzwinkernd zu Dina. „Willst du mir deine Freundin nicht vorstellen?“
„Das ist Luzy“, meinte Dina gelangweilt.
„Luzy – und weiter?“, fragte Pete.
„Luzy Bloom“, sagte ich und versuchte ein charmantes Lächeln, was mir aber angesichts meiner plötzlich aufsteigenden Nervosität entglitt. Zum Glück war Dina längst mit anderen Gästen beschäftigt, sonst hätte sie bemerkt, wie rot ich geworden war.
„Schön, Luzy Bloom. Was hältst du davon, eine kleine Pause zu machen und mir draußen beim Rauchen Gesellschaft zu leisten?“
„Ich rauche nicht“, antwortete ich und dachte im selben Moment: ‚Oh mein Gott, ich bin ja so bescheuert.‘
„Musst du auch nicht. Es reicht, wenn du mir Gesellschaft leistest.“
„Okay, in fünf Minuten“, stammelte ich und überlegte fieberhaft, wie ich es in dieser Zeit schaffen sollte, mich unter den Achseln frisch zu machen. Fünf Minuten später taumelte ich nach draußen in den Garten, nachdem ich vorher auf dem Klo überprüft hatte, ob ich a. Mundgeruch hatte (durch Anhauchen der Handinnenfläche), b. mein Achselgeruch erträglich war (kurzes Einseifen, schnelles Abspülen) und ich c. nicht meine ausgeleierte und ausgewaschene schwarze Lieblingsunterhose trug (nein, ich trug eine rosa-grau-gestreifte). Ich erspare Euch jetzt das weitere Geplänkel – bis zu dem Moment, an dem Pete meine Hand nahm, um mich die Wölbung in seiner Hose spüren zu lassen. Ich war perplex über diese Dreistigkeit, aber die Souveränität, mit der er mir seine Erregung präsentierte, machte mich auch an.
„Willst du ihn sehen? Er ist wirklich schön“, pries er seinen ganzen Stolz an und zog mich tiefer in den Garten. Ich wollte. Es war totales Neuland, und ich fühlte mich geschmeichelt. Und sein Teil sah – entschuldige, Säbel-Olly – tatsächlich gut aus: gerade gewachsen, mit heller Haut und von angemessener Größe. Pete hob meinen Rock an, schob mir, das weiß ich heute noch, nur einen Finger in mein Höschen und fingerte äußerst virtuos an meinem Hotspot herum. Er war fast so gut wie mein Tchibo Massage-Apparat, aber leider nicht so geduldig. Bevor mich die ultimative Lust überkam, schob er gleichzeitig seine Zunge in meinen Mund und seinen Schwanz in meine dafür vorgesehene Körperöffnung, stöhnte leise, bewegte sich dann schnell und schneller vor und zurück, und nach zwei Minuten war es um ihn und seine schöne Erektion geschehen. Orgasmus auf meiner Seite: Fehlanzeige!
Aber ich fand’s aufregend und kam mir unheimlich verrucht und erwachsen vor. Zurück hinter der Bar war ich sicher, dass mir jeder ansehen musste, dass ich gerade mein erstes echtes Abenteuer hinter mir hatte, aber komischerweise drehte sich die Welt in ihrem normalen Rhythmus weiter, obwohl mein Herz ins Stolpern geraten war. Als Pete ging, zwinkerte er mir noch einmal zu und katapultierte sich damit – und natürlich mit der kleinen, heißen Gartennummer und seinem ‚wirklich schönen Schwanz‘ – für die nächsten drei Monate in meine Träume. Leider hatte ich bei ihm offenbar keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Als ich mich zehn Tage später bei ihm meldete – die Nummer hatte ich heimlich aus dem Handy von Dinas Mutter kopiert – wusste er zunächst nicht, wer ich war. Als es ihm wieder einfiel, würgte er mich unter irgendeinem Vorwand ab. Ich war gekränkt, aber nicht gekränkt genug, um mich nicht noch weiter in die Todesspirale der Selbsterniedrigung zu schrauben. Ich schrieb ihm einen romantischerotischen Liebesbrief, in dem ich noch mal die Schönheit seines Geschlechtsteils pries und mich selbst als frivoles Früchtchen darstellte (das Gegenteil war der Fall). Ich hatte ernsthaft die Hoffnung, ihn mit einem eindeutigen Angebot locken zu können. Aber da kam nichts mehr, was natürlich schwer auf meinem Selbstwertgefühl lastete. Ich brauchte sicher ein halbes Jahr, um über diese Demütigung hinwegzukommen. Als ich ihn ein paar Jahre später auf einem anderen Fest von Dinas Mutter wiedersah, erkannte er mich nicht einmal. Von Dina, der ich zum Glück nichts von dieser Begegnung erzählt hatte, habe ich neulich gehört, dass er nach einem Thailandurlaub von einer seltenen Mückenart gestochen worden sei.
„Er lag dort drei Wochen lang im Krankenhaus. Der Arme war ganz allein. Seitdem leidet er unter einer Art Lymphgefäßerkrankung, die ihm monströs dicke Beine beschert hat. Du kannst dir nicht vorstellen, wie ekelig das aussieht.“
Dina blickte mich angewidert an.
„Zwei riesige Fleischsäulen in Schuhen.“
„Schrecklich“, sagte ich und dachte: ‚Jetzt sieht sein schöner Schwanz ganz klein aus, zwischen den riesigen Schenkeln.’
„Hast du dich eigentlich mal gefragt, was ein Fünfzigjähriger allein im Thailandurlaub macht?“, fragte ich.
Wir sahen uns in die Augen, und Dina blinzelte.
„Nee, meinst du echt? Der Peter …? Das hat er doch gar nicht nötig.“
„Na ja, wenn er auf junge Mädchen steht, vielleicht schon.“
Dina sah mich angewidert an.
„Wenn’s so war, ist es ja jetzt vorbei. Ich meine, mit solchen Beinen kann er wahrscheinlich nicht mehr reisen, geschweige denn, was reißen.“
„Was trägt er denn für Schuhe?“, wollte ich noch wissen.
„Offene Schlappen mit Tennissocken. In was anderes passen seine Füße nicht mehr rein.“
„Wie unsexy“, erwiderte ich und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Auf Peter mit dem schönen Schwanz und den Elefantenbeinen (umgekehrt wäre es spannender gewesen) folgten ein paar Knutschereien, hier und da ein bisschen Rumgemache, aber irgendwie hatte ich keine Lust mehr auf schnelle Nummern. Ich meinte, ich hätte schon alles erlebt und wollte jetzt endlich etwas Festes – mit Zukunft und Sicherheit. Da lernte ich David-Alexander kennen. Jetzt mal Hand aufs Herz: Wen stellt Ihr Euch unter diesem Namen vor? Jemanden aus gutem Hause? Richtig. Studiert? Natürlich. Zuverlässig? Bingo! Und, ja klar: Rechtsanwalt. Damals zwar noch nicht, aber im Geiste war David-Alexander schon Senior-Partner einer großen Kanzlei, als er noch in den Windeln lag.
„So alt, wie David-Alexander rüberkommt – also ich meine natürlich, so reif – so alt kann ich gar nicht werden“, witzelte mein Vater, der Fotograf war, nachdem die beiden sich zweimal begegnet waren. Und meine Mutter, die Journalistin, unkte:
„Er sieht aus wie Bill Gates in jung. Ganz nett, aber auch ein bisschen langweilig.“
Genau das liebte ich an ihm.
David-Alexander hielt im Grunde keinerlei Überraschungen bereit, außer ganz zum Schluss. Alles an ihm war angenehm berechenbar. Samstagvormittags wurden die Hemden gewaschen, sonntags wurden sie gebügelt, das machte er selbst, dienstagabends ging er nach Feierabend mit seinem besten und einzigen Freund Ben-Maximilian aus der gleichen Kinderstube zum Squash, donnerstagabends zum Schwimmen. Er hatte ein paar kleine Spleens, mit denen ich aber gut leben konnte, zum Beispiel trocknete er die Dusch- und Shampooflaschen nach dem Duschen sehr sorgfältig ab, im Supermarkt musste er immer eine Packung von ganz hinten nehmen, weil er glaubte, dass sie noch unberührt war, und wenn er sich ein Brot machte, musste es exakt bis an den Rand mit Butter beschmiert werden und der Belag durfte nicht über den Rand hinausragen. Abgesehen von seiner Hypochondrie und anderer kleiner Panikattacken, auch dazu später mehr, war’s das auch schon. Obwohl, da gibt’s noch eine Sache, die mir erst nach zwei Jahren des Zusammenlebens aufgefallen ist: Ich habe David-Alexander in den elf Jahren unserer Beziehung kein einziges Mal pupsen hören. Keine Ahnung, wie er das gemacht hat.
Nach einem Jahr sind wir zusammengezogen, in eine Zweizimmerwohnung, ganz klassisch mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, einer kleinen Küche und Bad. Ich beendete mein Germanistikstudium, David-Alexander sein Jurastudium. Er fing als Steueranwalt in einer großen Kanzlei an, ich versuchte mich bei verschiedenen Werbeagenturen als Texterin. Im ersten Jahr hatten wir noch dreimal in der Woche Sex, in den Jahren zwei bis fünf noch zweimal, danach immerhin noch einmal. Und zwar immer am Samstagmorgen. Leider war David-Alexander im Bett ebenso berechenbar wie im sonstigen Leben. Unsere Begegnungen verliefen mehr oder weniger stereotyp. Er begann immer damit, mich im Nacken zu kraulen. Das bedeutete: Ich wäre so weit. Dann küssten wir uns ein bisschen (mit den Jahren wurde diese Phase immer kürzer) und zogen uns aus, am Anfang noch gegenseitig, später jeder für sich. David-Alexander befummelte meine Brüste und hatte seine Hand dann sehr schnell zwischen meinen Beinen. Und wenn er meinte, ich sei feucht genug, drang er in mich ein. Von diesem Szenario gab es nur seltene Abweichungen. Das Aufregendste, was wir gemeinsam erlebt haben, war ein Quickie auf der Toilette seiner Steuerkanzlei während eines Betriebsfestes im dritten Jahr unserer Beziehung. David-Alexander war ein wenig angetrunken, ich hatte mich sehr sexy gekleidet, einer seiner Kollegen flirtete mich an, und ich glaube, für einen winzigen unkontrollierten Moment war David-Alexander eifersüchtig. Er zog mich an der Hand durch den Raum und schleppte mich über den Flur Richtung Toilette. In der Kabine drängte er mich unerwartet fordernd an die Wand, und weil ich ihn in diesem Moment so herrlich unkonventionell fand, habe ich mich auf die Kloschüssel gesetzt, seinen Schwanz in den Mund genommen und ihn mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zum Höhepunkt gebracht. Noch während wir dabei waren, betrat jemand die Toilettenräume. Ich wurde heftiger, und als ich merkte, dass David-Alexander kam, zog ich die Klospülung. Wir warteten, bis die Person den Raum wieder verlassen hatte, und öffneten leise die Tür. In dem Moment betraten zwei Kolleginnen von David-Alexander die Damentoilette, und in einer Art Übersprungshandlung begann David-Alexander, mit seinem Jackett wie verrückt vor meinem Gesicht zu wedeln.
„Geht’s wieder?“, fragte er gespielt besorgt, und ich antwortete:
„Vielleicht brauche ich eine Mund-zu-Mundbeatmung.“
Die anderen beiden Frauen grinsten, ich grinste. Nur David-Alexander grinste nicht.
„So etwas dürfen wir nie wieder machen“, schimpfte er in einem Anfall von Selbstvorwürfen auf dem Nachhauseweg mit mir.
„Wieso, hat es dir nicht gefallen?“
„Darauf kommt es doch gar nicht an – stell dir mal vor, meine Kollegen hätten etwas mitbekommen.“
„Na und?“, erwiderte ich. „Was wäre daran so schlimm gewesen?“
„Das verstehst du nicht“, sagte David-Alexander wie so oft zu mir. Und wie so oft verstand ich ihn wirklich nicht.
Im Laufe der Jahre unternahm ich ein paar Versuche, um unser Sexleben etwas aufzupeppen. Ich kaufte mir wirklich teure Reizwäsche.
„Das sieht billig aus, so was hast du gar nicht nötig.“
Ich animierte ihn zum gemeinsamen Pornogucken.
„Das mache ich nicht, und schon gar nicht mit dir zusammen!“
Aha – alleine wahrscheinlich schon?! Ich versuchte es mit Handschellen.
„Spielen wir 50 Shades of Grey?“
„Ja, warum nicht?“
„Weil das total alberne Hausfrauenfantasien sind.“
„Woher willst du das denn wissen? Du hast das doch gar nicht gelesen.“
„Das muss ich nicht lesen, das weiß ich auch so. Und außerdem würde ich dir die Rolle als Dienerin nicht abnehmen.“
„Aber der Master wärst du schon gerne, oder?“
„Ach, Luzy, jetzt mach dich nicht lächerlich. Wir haben doch auch ohne Schnickschnack schönen Sex. Findest du nicht?“
„Na ja, ich finde, es könnte etwas aufregender sein.“
David-Alexander seufzte, zog mich an sich, und wir machten es (ausnahmsweise!) auf dem Sofa. Danach war die Diskussion beendet. Meine Idee, ihn im Krankenschwester-Outfit zu überraschen, gab ich daraufhin auf, obwohl das eigentlich mein letzter Trumpf gewesen wäre. Aber der Umstand, dass David-Alexander ein Vorzeige-Hypochonder war, hätte der Sache möglicherweise die Erotik genommen. Wahrscheinlich hätte ich bei ihm Fieber messen oder ihm Wadenwickel verpassen müssen. Ich musste es einsehen: David-Alexander war einfach kein Draufgänger. Dafür hatte er andere gute Seiten. Er kochte gerne und gut, kümmerte sich zu fast gleichen Teilen um den Haushalt, fuhr das Auto in die Waschanlage, massierte mir ab und zu wirklich virtuos den Nacken, holte sonntags frische Brötchen, und wenn wir einen Garten gehabt hätten, hätte er Säbel-Olly beim Wettkampf um den schönsten Rasen wahrscheinlich den ersten Platz streitig gemacht. Sex stand einfach nicht ganz oben auf seiner Prioritätenliste – jedenfalls nicht der Sex mit mir.
Es war an einem Samstagabend. Wir hatten eine von David-Alexanders köstlichen Pasta Arrabbiata gegessen und wollten uns gleich „A Star is born“ anschauen. Ich hatte ihn bereits im Kino gesehen und war wie meine Freundin Dina völlig verzückt von Bradley Cooper in seiner Rolle als Jackson Maine. Ich hegte die leise Hoffnung, dass David-Alexander sich etwas von seinem Charme abgucken könnte – dieses tiefgründige Lächeln, den traurigen Blick …
Na ja, David-Alexander musste noch mal eben aufs Klo, und ich fläzte mich schon mal aufs Sofa, wo er sein Handy nachlässig liegen gelassen hatte. Ich suchte die Fernbedienung, als eine Nachricht auf seinem iPhone aufpoppte. Nicht, dass ich mich besonders dafür interessiert hätte, aber ich las beiläufig die Worte: ‚You are a hot stallion, D. A.’ Stallion, stallion … Was hieß das noch mal? Ich kam nicht drauf, und als David-Alexander vom Klo zurückkam, fragte ich ihn mit Blick auf sein Handy:
„Was bedeutet noch mal stallion?“
Er schaute auf den Bildschirm und wurde doch tatsächlich rot. Aber David-Alexander konnte nicht lügen.
„Hengst“, murmelte er.
„Was?“
„Hengst“, sagte er, jetzt fast wütend.
„Hengst – du?“
Ich musste lachen.
„Ja, warum denn nicht?“, erwiderte er pikiert, und in diesem Moment fiel es mir wie Schuppen von den Augen: David Alexander hatte in den letzten zwei Monaten oft in London zu tun gehabt, jede zweite Woche von Dienstag bis Freitag.
„Du hast eine Affäre“, stellte ich ernüchtert fest.
„Ja“, bestätigte er trocken.
Ich konnte es nicht fassen. Mein spießiger Steueranwalt trieb es mit einer anderen.
„Ich wusste gar nicht, dass Sex für dich überhaupt eine Rolle spielt“, bemerkte ich spitz.
„Kommt ganz drauf an.“
„Worauf denn?“
„Auf die Art des Sex.“
„Aha – und worauf steht der Hengst im Allgemeinen so?“
„Anal, vaginal, oral – you name it.“
„Oh, you name it – wow. Sind wir jetzt Mitglied der royalen Reitergarde?“
Viel weiter kamen wir an diesem Abend nicht. Ich verbannte David-Alexander, den heißblütigen Hengst, auf das Wohnzimmersofa und legte mich waidwund in unser gemeinsames Bett.
Die halbe Nacht lang hatte ich das Gefühl, mein Lebenstraum sei in sich zusammengefallen. Ich heulte wie ein Schlosshund, während David-Alexander ungerührt schlief wie ein Fohlen. Aber je näher der Morgen rückte, umso wütender wurde ich. Und als die ersten Sonnenstrahlen meine Nase kitzelten, machte sich sogar ein bisschen Erleichterung in mir breit.
Ich hätte es von mir aus nie geschafft, David-Alexander einfach so, also ohne triftigen Grund, zu verlassen. Dazu war ich viel zu harmoniebedürftig. Nun gab es einen Anlass. Wir machten kein großes Tamtam um die Trennung. Er zog aus, ließ sich nach London versetzen und erlebt wahrscheinlich dort jetzt den Sex seines Lebens. Das nehme ich ihm allerdings immer noch übel. Wieso konnte er diese Seiten nicht mit mir ausleben? War ich so langweilig? Fand er mich überhaupt je sexy?
„Im Bett war es einfach kein Match mit uns“, meinte er zuletzt. Neuerdings war seine Sprache mit Anglizismen durchsetzt.
„Na, dann hoffe ich, dass deine Performance jetzt ein bisschen nicer ausfällt“, ermunterte ich ihn zum Abschied.
Das ist drei Monate her, und nach sechs Wochen Trauerhungern (immerhin vier Kilo weniger), allen sechs Staffeln von „The Affair“, unzähligen Therapiesitzungen mit Dina „Ich fand David-Alexander immer total langweilig“ (danke, Dina), weiteren Therapiesitzungen mit meinem allerbesten Freund Daniel „Willst du Trost-Sex? Ich bin bereit“ (nein, danke, Daniel) und vier Aufpäppel-Wochenenden bei meinen Eltern „Nett war er ja, und auch gut erzogen“ (danke, Papa) „War er so gut im Bett, oder was hat dich an ihm gereizt?“ (danke, Mama) fällte ich eine Entscheidung.
Ich bin 35 Jahre alt, 1,72 Meter groß, habe braune Augen, dunkelblondes glattes Haar, das mir bis auf die Schultern fällt. Ich trage Körbchengröße B, habe einen runden Hintern und schlanke lange Beine. Ich bin nicht so schön wie Charlize Theron, aber insgesamt ganz hübsch. Mehr so der Typ Drew Barrymore. Ich habe einen angenehmen Job als Glückskeksautorin, manchmal arbeite ich zusätzlich als freie Werbetexterin. Ich wohne in einer schönen Wohnung, in der ich, seit David Alexander ausgezogen ist, tun und lassen kann, was ich will. Das Einzige, was mir fehlt ist – nein, kein Mann! Was mir fehlt, sind erotische Erfahrungen. Ich will wissen, was mir im Bett Spaß macht, was Männern im Bett Spaß macht, wie ich Männern Spaß bereiten kann und umgekehrt. Und ich will mich endlich von meinem kleinen Tchibo-Massage-Gerät verabschieden, das auch während der Beziehung mit David-Alexander des Öfteren zum Solo-Einsatz kam. Oder ich ersetze es erst mal durch einen Womanizer – der soll ja eine Offenbarung sein. Aber vor allem will ich echten Sex. Ich will meinen Körper kennenlernen, mich lockermachen, herausfinden, ob es diesen verdammten G-Punkt gibt und wahnsinnige Lust erleben.
Dafür habe ich Regeln aufgestellt:
1. Für ein Jahr Single bleiben
2. Beim dritten Date muss es zum Sex kommen, sonst kein weiteres Investment
3. Mit keinem Mann öfter als drei Mal
4. Schlechten Sex abbrechen
5. Alles zulassen bis auf Urin- und Fäkalspielchen
6. Nicht verlieben (auweia)
7. Keiner über 50
8. Keiner darf kleiner sein als ich
9. Keine Hemmungen
Und es gibt noch eine geheime 10. Regel – ich will am Ende meiner Abenteuerreise meinem Arbeitgeber eine Glückskeks-Sonderedition vorschlagen: erotische Fortune-Cookies! Also, was auch immer ich erlebe: Es muss ein Spruch dabei herausspringen!
Es tut gut, einen Plan zu haben, und was soll ich Euch sagen: Er hat mir – wie eingangs beschrieben – schon beim ersten Date zum besten Orgasmus meines bisherigen Lebens verholfen. Von mir aus kann es so weitergehen …