Читать книгу Luzy Bloom: Ab heute will ich S...x - Sabine Howe, Mizzi Malone - Страница 9

Kapitel 5

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Wenn die Erotik dich herausfordert, überwinde deine Hemmungen

Mein Handy klingelt. Carmen!

„Hey, Darling! Ich wollte fragen, ob ich nachher bei dir vorbeikommen kann. Ich habe nämlich vorher in der Nähe …“

„Ja klar“, unterbreche ich sie. „Unbedingt – ich freue mich!“

Ich brenne darauf, irgendwem von meinem neuen Abenteuerleben zu erzählen, und Carmen ist meine erste Wahl. Wahrscheinlich werde ich auch meinen besten Freund Daniel einweihen, aber als Interfrau ist Carmen die sexuell experimentierfreudigste und aufgeschlossenste Person, die ich kenne. Sie pfeift auf Geschlechterrollen und will auch keine feste Beziehung. Carmen macht alles, worauf sie Lust hat. Sie ist einfach frei.

Mit der Aussicht auf ihren Besuch wird meine gute Laune noch besser. Dieser Tag hat schon gut angefangen. Wegen der Hitze habe ich meine Joggingrunde bereits am frühen Morgen zurückgelegt, heute nur die kurz, und einen bezaubernden Flirt mit dem bezaubernden Gary mitgenommen.

„Hey, Sweetheart – wenn du hier reinkommst, geht die Sonne auf.“

„Dabei strahlst doch du wie ein Autoscheinwerfer mit Fernlicht!“

„Nur, weil ich dich sehe.“

„Du bist wirklich süß, Gary.“

„Und du erst mal, Lucy.“

„Luzy mit Z“, korrigiere ich ihn.

„Luzy mit Z – wie Zucker!“, gibt er zurück.

„Bye, Gary. Bis morgen.“

„Bye, Sweetheart – love you.“

Ich werfe ihm beim Hinausgehen eine Kusshand zu und entschwebe mit dem Gefühl, dass sich meine ersten Erfolge in Sachen erotischer Erfahrungserweiterung nicht nur positiv auf mein Selbstwertgefühl auswirken, sondern auch meine Ausstrahlung verbessert haben.

Und Gary wird früher oder später zwischen meinen Beinen landen. Zuhause dusche ich und creme mich anschließend genüsslich mit meiner neuen Bodylotion ein. Ein Duft von Rosmarin und Orangen durchzieht die Wohnung, und obwohl ich meine Gedanken an David-Alexander eigentlich unter Kontrolle habe, schleicht sich eine Erinnerung in meinen Kopf, die ich bis heute offenbar verdrängt habe. Schuld ist die neue Bodylotion!

Im Rahmen meiner „Sex-mit-David-Alexander-Pimping-Maßnahmen“ spielte nämlich für kurze Zeit auch das Thema Düfte eine Rolle. In der Frauenzeitschrift, für die ich die Horoskope verfasse, hatte ich einen Artikel gelesen: „Erotik geht durch die Nase.“ Demnach haben vor allem die Duftnoten Jasmin und Ambra eine anziehende Wirkung auf das andere Geschlecht.

„Als Botenstoffe der Liebe schwirren sie durch die Nase in das Gehirn und signalisieren pure Lust.“

Unschlagbar sei laut dem Artikel Sandelholz: „Sandelholz ist eines der Aromen mit dem größten Erotikfaktor – sowohl für Männer als auch für Frauen. Es ähnelt einem stimulierenden Duftstoff, den Männerhaut produziert.“

Verstehe. Männer macht demnach ihr eigener Geruch am meisten an. Wundert mich das?

Wenn alles über die Nase lief, könnte ich ja vielleicht auch David-Alexander mit ein paar parfümierten Wölkchen auf Hochtouren bringen. Einen Versuch war es wert, also besorgte ich erst mal Sandelholz-Duftkerzen, die ich in der ganzen Wohnung aufstellte. Um meinem Liebsten die Sinne so richtig zu vernebeln, kochte ich obendrein sein Lieblingsgericht: Pellkartoffeln mit Kräuterquark. Zugegeben, nicht gerade die Zutaten für ein romantisches Dinner zu zweit, aber ihn konnte ich damit um den Finger wickeln. „Das erinnert mich an meine Großmutter.“

Vielleicht hätte ich über dieses Kompliment mal nachdenken sollen?

Zu spät.

Ich dekorierte den Tisch mit ein paar getrockneten Rosenblättern und einer weiteren Duftkerze, tupfte mir ein paar Tropfen Sandelholzöl hinter die Ohren und zwischen die Brüste, wählte bei Spotify unsere selbst zusammengestellte Playlist „Love is in the Air“ aus und … wartete. Eigentlich wollte David-Alexander spätestens um 19 Uhr zuhause sein, aber wie so oft war wohl etwas dazwischengekommen. Als der Haustürschlüssel gegen 21 Uhr im Schloss klimperte, waren die Kartoffeln kalt, ich lag auf dem Sofa und schaute zum gefühlt hundertsten Mal „Tatsächlich … Liebe“. Die Duftkerzen waren zur Hälfte heruntergebrannt. Immerhin hatten sie genügend Zeit gehabt, um ihre stimulierenden ätherischen Öle in unserer Wohnung zu verteilen. Ich riss mich zusammen und begrüßte David-Alexander, indem ich meine Arme um seinen Hals schlang und mich an ihn schmiegte.

„Na, du Armer, haben sie dich wieder mit irgendeinem Schwachsinn im Büro festgenagelt?“

„Nein, sorry, ich war noch mit Ben-Maximilian auf ein Bier unterwegs. Der hat echt ein Problem: Helena will nicht mehr mit ihm schlafen.“

„Das ist bitter“, antwortete ich, dachte aber im Stillen: ‚Kein Wunder – Ben-Maximilian ist so sexy wie eine Cognacbohne. Kommt hochtrabend daher, ist aber total aus der Zeit gefallen.‘ Aber das sagte ich natürlich nicht.

„Er wollte ein paar Tipps, um wieder ein bisschen Feuer in seine Beziehung zu bringen.“

‚Da bin ich ja mal gespannt’, dachte ich und sagte:

„Du konntest ihm sicher helfen.“

Wohl wissend, dass Ironie ein Fremdwort für David-Alexander war.

„Ich habe ihm geraten, erst mal auf Abstand zu gehen und keinerlei Versuche zu unternehmen, bis ihr auffällt, dass ihr etwas fehlt. Und wenn’s dann wieder läuft, sollte er einen Jour fix einrichten. Also sozusagen ein festes Sex-Date. Das klappt doch bei uns auch total gut.“ OH MEIN GOTT – das kommt dabei raus, wenn Männer sich gegenseitig in Sachen Beziehung beraten!

“Sag mal, wonach riecht es hier eigentlich so komisch?“

Ohne meine Antwort abzuwarten, riss David-Alexander ein Fenster nach dem anderen auf, wedelte mit den Armen und atmete tief durch.

„Schon besser“, beglückwünschte er sich selbst und machte sich über die Pellkartoffeln her. “Schade, schon kalt. Aber trotzdem lecker.“

Ich löschte die Kerzen, die er nicht einmal wahrgenommen hatte, und spulte in „Tatsächlich….Liebe“ zurück zu der Szene, als Mark seiner heimlichen Liebe Juliet auf Papptafeln seine Liebe gesteht.

„Nur weil Weihnachten ist, und Weihnachten sagt man die Wahrheit: Für mich bist du vollkommen.“

Mir kullerten ein paar Tränen über die Wangen.

Trotz dieses Reinfalls ließ ich mich nicht entmutigen und recherchierte weiter. Irgendein Duft musste doch auch David-Alexanders animalische Wolllust wecken, oder ihn wenigstens ein bisschen stimulieren. Ich durchforstete das Internet, kokettierte kurz mit Patchouli-Öl, entschied mich aber dagegen, weil der Geruch penetrant war und David-Alexanders Nase offenbar empfindlich reagierte. Ein wärmendes Massageöl mit Schoko-Duft hätte mir gut gefallen, vor allem auf seinem besten Stück, aber ihm wäre das sicher zu unmännlich gewesen. Ich forschte weiter, und schließlich wurde ich fündig: Desire 22 – das Parfüm für Frauen, das Männer unvernünftig macht. Es enthält angeblich eine hohe Konzentration synthetischer Pheromone, die dem Menschen nachempfunden sind. Und Pheromone gelten als DER Lockstoff schlechthin. Das würde mein Durchbruch werden, vor allem, weil es obendrein in einer geruchsneutralen Variante zu haben war. Das hieß: David-Alexander würde besinnungslos über mich herfallen, ohne auch nur zu ahnen, was ihn so wild gemacht hatte. Perfekt!

Desire 22 traf zehn Tage nach meiner Bestellung ein. Ich entschied mich, es am nächsten Samstagabend anzuwenden. Da waren wir bei einem neuen Kollegen meines Ex und dessen Frau eingeladen. An solchen Abenden trank David-Alexander gerne ein bisschen zu viel Wein, und ich hatte die Hoffnung, dass das Zusammenspiel aus Alkohol und Pheromonen in einer überwältigenden Liebesnacht gipfeln würde. Leo und seine Frau Ella waren neu in der Stadt und gerade erst Eltern geworden. Nachdem wir Baby Tim begutachtet und Hund Rudolf begrüßt hatten, genossen wir ein exzellentes Dinner in harmonischer Runde. Leo und Ella turtelten wie Frischverliebte, Baby Tim und Rudolf schliefen seelenruhig, und ich war fast ein bisschen neidisch auf diese kleine Idylle. Zum Glück erwartete mich heute die Nacht der Nächte, und vielleicht würde David-Alexander unter dem Eindruck dieses Familienglücks und angesichts unseres sexuellen Höhenflugs morgen früh um meine Hand anhalten. Ja, heute finde ich das auch peinlich, aber damals habe ich mir das wirklich so ausgemalt.

Gegen 23.30 Uhr habe ich mich in meiner geheimen Mission auf die Gästetoilette verabschiedet, wo ich mich von oben bis unten mit meinem neuen Lockstoff Desire 22 einnebelte. Ich versah Nacken und Innenschenkel mit ein paar Extra-Spritzern, hielt prüfend meine Nase in die Luft und stellte zu meiner Zufriedenheit fest, dass wirklich nichts zu riechen war.

„Noch einen Absacker?“, bot Leo gerade an, als ich ins Wohnzimmer zurückkam.

David-Alexander stimmte zu, und wir stießen mit einem Averna auf Eis auf den schönen Abend an. In der Ecke raschelte es. Mit einem Ächzen erhob sich Rudolf, der sehr große und sehr alte Golden Retriever, von seinem Nachtlager und trottete wie fremdgesteuert auf unseren Tisch zu.

„Ich muss gleich noch mal mit ihm raus“, meinte Leo, aber darum schien es Rudolf nicht zu gehen. Statt seines Herrchens hatte er mich im Visier.

„Na, du Süßer?“, sagte ich, als er seinen Kopf schwer auf meinen Schoß bettete. „Wie heißt er noch mal?“

„Rudolf“, sagte Ella. „Keine Sorge, er ist ganz lieb.“

„Hört aufs Wort“, fügte Leo stolz hinzu und rief ihn zum Beweis.

„Rudolf, hierher, komm zu Papa!“

Doch Rudolf hatte weder Augen noch Ohren für seinen Papa. Er war vielmehr daran interessiert, wie es unter meinem Rock roch. Ich versuchte, ihn mit Streicheln abzulenken, aber Rudolf wurde jetzt richtig ungehalten und schnüffelte wie besessen zwischen meinen Beinen.

„Ist ja fein, Rudolf“, versuchte ich, ihn zu beruhigen und presste meine Knie zusammen.

„Rudolf!“ Leos Stimme wurde streng. „Hierher – sofort!“

Aber Rudolf hatte sich bereits in einen Rausch geschnüffelt und versuchte nun, auf meinen Schoß zu klettern.

„Rudolf!“, rief Ella entsetzt. „Was ist denn in dich gefahren?“

‚Desire 22‘, dachte ich, sagte aber kein Wort.

„Rudolf! Schluss jetzt!“ Leo schlug auf den Tisch. Gläser klirrten, und im Hintergrund fing das Baby an zu weinen. Ich schaffte es irgendwie, den schwer hechelnden Rudolf ein Stückchen von mir wegzuschieben und stand erst mal auf. Keine wirklich gute Idee, denn nun sprang der Hund an mir hoch, umklammerte meine Hüften, schleckte meinen Hals ab und versuchte, seinen ausgefahrenen Hundepimmel an meinem Bein zu reiben. Hilfesuchend blickte ich zu David-Alexander, der nur ratlos die Achseln zuckte.

„Ich kenne mich mit Hunden nicht aus.“

Leo schaffte es schließlich, mich aus dieser entwürdigenden Umklammerung zu befreien, indem er Rudolf an beiden Ohren zog. Das arme Tier ging laut aufjaulend zu Boden.

„Ich verstehe nicht, was mit ihm los ist“, entschuldigte Leo sich verlegen.

„Das hat er noch nie gemacht.“

„Ist doch nicht so schlimm“, beschwichtigte ich ihn. „Ich nehme es als Kompliment. Vielleicht hatte er einen erotischen Traum.“

David-Alexander, der inzwischen ein Taxi gerufen hatte und zum Aufbruch blies, warf mir einen tadelnden Blick zu.

Leo und Rudolf begleiteten uns noch bis zur Straße, wobei Rudolf mehrere Annäherungsversuche unternahm, die sein Herrchen jedoch mit einem festen Ruck an der Leine unterband.

„Hast du deine Tage?“, fragte David-Alexander mich im Taxi. „Oder hast du vergessen zu duschen?“

„Weder noch“, sagte ich beleidigt. „Du hättest mir ruhig mal helfen können.“

„Wie denn? Nachher hätte er mich noch gebissen, so komisch wie der war. Aber nach irgendetwas musst du ja riechen, so wie der abgegangen ist.“

Ich hob meinen Rock und spreizte die Beine.

„Riech doch mal.“

„Spinnst du? Hier im Taxi?“

„Ja klar, sei doch nicht so klemmig. Ich bin schließlich deine Freundin. Jetzt riech mal.“

Ich schob seinen Kopf in Richtung meiner Schenkel und hoffte auf Desire 22. Nach maximal drei Sekunden richtete David- Alexander sich wieder auf.

„Ich rieche nichts.“

„Gar nichts?“

„Gar nichts.“

Ich kuschelte mich an ihn, nahm seine Hand und legte sie mir zwischen die Beine.

„Aber fühlst du was?“

„Luzy!“ Er zog seine Hand zurück. „Hast du zu viel getrunken? Oder ist dir dein Techtelmechtel mit Rudolf zu Kopf gestiegen?“

Zuhause im Bett sprang David-Alexander übrigens auch nicht auf Desire 22 an, obwohl ich zur Sicherheit nachgesprüht hatte. Als ich neben ihm lag und meine Hand zu ihm rüberwandern ließ, rollte er sich zur Seite und murmelte:

„Samstag ist doch erst morgen.“

Damit erklärte ich mein Duft-Experiment für beendet und warf Desire 22 am nächsten Tag in den Müll.

Gegen 19 Uhr klingelt Carmen.

„Luzy-Darling!“

Sie strahlt mir entgegen. Carmen nennt jeden Darling. Das macht das Leben ihrer Meinung nach einfacher.

Meine Freundin sieht wie immer fantastisch aus: schlank, aber muskulös, lange Beine, fast schwarzes, wunderschönes dickes und langes Haar, das sich leicht wellt. Ihr Gesicht ist schmal, die Nase ganz leicht gebogen, der Mund voll und sinnlich, die Wangenknochen hoch, die Augen dunkel und geheimnisvoll. Und immer perfekt gestylt, heute ganz in Orange. Für mich ist Carmen eine perfekte Frau.

„Bis auf das kleine Ding zwischen meinen Beinen“, würde sie antworten und dabei lachen.

Carmen fühlt sich als Frau, ist aber als Zwitter zur Welt gekommen. Sie hat ein ganz eigenes Geschlecht – keinen Penis, eher eine vergrößerte Klitoris. Als sie geboren wurde, sahen ihre Eltern allerdings nur ein Zipfelchen und nannten sie Carlos.

„Aber ich habe mich, seit ich denken kann, wie ein Mädchen gefühlt und mich auch so verhalten. Ich habe nur mit Mädchen gespielt, Puppen geliebt und die Kleider meiner großen Schwester angezogen.“ Irgendwann dämmerte den Eltern, dass Carlos anders war als andere Jungs. Sie gingen mit ihm zum Kinderpsychologen.

„Der meinte, dass ich wahrscheinlich schwul sei – ich wusste überhaupt nicht, was das heißen sollte.“

Aber in der Pubertät wurde allen, vor allem Carlos selbst, klar, dass er ein Mädchen war, denn jetzt wuchsen ihm Brüste. Und er wurde sich auch bewusst darüber, dass er wie ein Mädchen fühlte.

„Wir gingen zur Frauenärztin und bekamen die Diagnose ‚intersexuell‘.“ Das heißt: Carmen hat die Veranlagung zu beiden Geschlechtern, aber die Frau in ihr dominiert.

„Die Natur konnte sich wohl nicht entscheiden“, meinte die Ärztin. Carlos war erleichtert, endlich zu wissen, was mit ihm los war und entschied sich für eine neue weibliche Identität unter dem Namen Carmen. Seit sie volljährig ist, kann sie entscheiden, ob sie ihr Geschlechtsteil operativ angleichen will, aber Carmen ist zufrieden mit ihrem Körper. Sie nimmt weibliche Hormone.

„Mehr brauche ich nicht. Ich liebe das kleine Teil zwischen meinen Beinen, es bereitet mir viel Freude“, sagt sie. „Eigentlich haben nur andere ein Problem damit.“

Carmen ist wie gesagt bisexuell, obwohl sie das so nie ausdrücken würde.

„Ich bin in alle Richtungen und Öffnungen offen.“

Bei ihrem Aussehen mangelt es ihr nicht an Angeboten.

„Probleme gibt es eigentlich nur mit heterosexuellen Männern. Am Anfang hab ich vorher nix gesagt und gedacht, das bereden wir dann, wenn’s so weit ist. Aber das war ein Fehler. Viele Typen sind regelrecht schockiert, wenn sie feststellen, dass sich zwischen meinen Beinen etwas anderes befindet, als sie erwartet haben.“

Carmen hat schon die unmöglichsten Situationen erlebt: Sie wurde ausgelacht, stehen gelassen oder beschimpft.

„Einmal hat ein Typ mir eine gescheuert“, hat sie uns erzählt. „Der war so entsetzt, weil wir uns schon geküsst hatten, der ist völlig ausgeflippt. ‚Du hast mich hinters Licht geführt, du Schlampe!‘“

„Und wie hast du reagiert?“, wollte ich wissen.

„Och, da war ich schon cool. Ich hab ihm gesagt: ‚Darling, du willst mich doch gar nicht schlagen. Du willst dich selber schlagen, weil’s dir peinlich ist, dass du richtig Lust hättest, mit einer Interfrau Sex zu haben. Aber du verbietest es dir, aus Schamgefühl.‘ Daraufhin hat er kein Wort mehr gesagt, und ich hab ihm zum Abschied eine zurückgescheuert.“

Seit weiteren ähnlichen Erfahrungen geht Carmen offensiv mit ihrem Geschlecht um. Wenn ein Typ sie anmacht, sagt sie:

„Darling, überleg es dir gut, denn du spielst mit dem Feuer. Ich bin zu 98 % das, was du siehst, aber die restlichen 2 % befinden sich zwischen meinen Beinen. Also überleg mal.“

Viele Kerle sind zuerst perplex und checken es nicht.

„Nachdenken!“, wiederholt Carmen dann, und meistens fällt der Groschen.

„Wenn er nicht fällt, hat es sowieso keinen Zweck. Ich will ja niemanden traumatisieren“, sagt Carmen. „Und wenn er fällt, sind 95 % auf der Stelle weg. Meistens murmeln sie irgendeine blöde Entschuldigung wie: ‚War nett, dich kennenzulernen, ich muss jetzt leider los.‘ Aber die restlichen 5 % machen richtig Spaß. Ist ja logisch: Wer sich auf eine Interfrau einlässt, ist experimentierfreudig. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für guten Sex.“

Wenn Carmen so aus dem Nähkästchen plauderte, habe ich mir oft gewünscht, ich wäre wie sie. So offen, direkt und frei.

„Darling“, sagt sie beim Reinkommen, „du siehst gut aus. Viel besser als beim letzten Mal. Was ist passiert? Bist du endlich über diesen Idioten hinweg? Hast du dich etwa verliebt?“

„Nicht direkt“, antworte ich. „Aber es ist tatsächlich etwas passiert.“

Ich erzähle ihr alles: von meinem langweiligen Sex mit David-Alexander, meiner jämmerlichen erotischen Vergangenheit, meinem Zukunftsplan, meiner 10-Punkte-Liste, meiner Begegnung mit Ramon …

„Ramon!“, kreischt sie begeistert. „Der Salsatänzer? Den kenne ich. Ein fantastischer Liebhaber. Sehr gute Wahl!“

Hab ich’s mir doch gedacht: Ramon lässt nichts anbrennen.

„Ich bin so froh, dass du über diesen Idioten hinweg bist. Wir haben uns immer gefragt, wie der wohl im Bett war. Man konnte sich das einfach nicht vorstellen.“

„Na ja“, sage ich betreten, „er war im Bett nicht anders als im normalen Leben. Insgesamt eher trocken.“

„Oh, Luzy-Darling, warum hast du nie etwas gesagt?“

„Am Anfang dachte ich, es ist normal, wie es ist. Dann hoffte ich, dass der Sex sich mit der Zeit verbessert, und zuletzt war es mir einfach nur peinlich.“

„Hatte er wenigstens einen schönen Schwanz?“, will Carmen wissen.

„Ich fand schon, aber ich habe ja noch nicht allzu viele Exemplare live gesehen. Auf jeden Fall war er gerade!“

Wir lachen.

„Und?“, fragt sie. „Wen legst du als Nächstes flach?“

„Keine Ahnung.“

Ich zähle meine Optionen auf, und als ich bei Gary aus dem Café ankomme, unterbricht Carmen mich.

„Luzy, die können alle warten, die laufen ja nicht weg. Jetzt gehst du erst mal am Samstag mit mir auf einen Kostümball. Die Sängerin aus unserem Ensemble feiert ihren 40. Geburtstag, und ich habe noch keine Begleitung!“

Carmen arbeitet als Kostümbildnerin beim Musical und hat wirklich verrückte Kollegen: Tänzer, Sänger, Bühnenarbeiter. Wann immer ich sie dort besucht habe, hatten wir jede Menge Spaß. Wobei …

„Sind die meisten Typen bei euch am Theater nicht schwul?“, frage ich besorgt.

„Ach, Darling, nicht nachdenken! Du willst doch Erfahrungen sammeln. Also lass dich einfach drauf ein.“

„Was ist denn das Motto?“, will ich wissen.

„Tanz der Vampire“, sagt Carmen. „Unser neues Musical. Kennst du den Film?“

Klar kenne ich den: Transsylvanien, Vampire, die Szene im Ballsaal.

„Als was gehst du?“

„Als Graf von Krolock, der Obervampir. Und du gehst als die schöne Sarah, auf die der Obervampir scharf ist.“

Carmen stürzt sich auf mich und beißt mir in den Hals.

„Ich sauge dich aus.“

Mir läuft ein kurzer Schauer über den ganzen Körper – aber ich lache ihn weg.

Carmen hat Zugang zu sämtlichen Kostümverleihen der Stadt, und wir treffen uns am nächsten Tag an der Oper, um mich für den Vampirball einzukleiden. Den ganzen Nachmittag schwelgen wir in einer Märchenwelt aus Perücken, Federboas, Korsetts, Schuhen aus allen Jahrzehnten und zauberhaften Ballkleidern. Wir verkleiden uns abwechselnd als Dienstmädchen, Gouvernanten, Prinzessinnen, Operndiven, Nonnen, Prostituierte und wählen für mich am Ende ein rotes Ballkleid aus, mit freien Schultern und einem bauschigen Rock aus Tüll, der sich unter dem Korsett opulent ausbreitet. Ich komme mir vor wie eine Königin.

„Perfekt!“ Carmen strahlt und verspricht, mir bei Make-up und Styling zu helfen.

Am Samstag vor der Party stehe ich nachmittags mit einer Flasche Prosecco vor der Haustür meiner Freundin. Sie öffnet mir in einem asiatischen Seidenkimono, hellblau mit pinken Blumen, darunter trägt sie nur einen Slip. Ihre Brüste sind straff mit kleinen dunklen Nippeln. Das Haar ist hochgesteckt, sie ist noch ungeschminkt, und sie sieht einfach wunderschön aus.

„Du brauchst dich gar nicht umzustylen“, sage ich.

Wir öffnen die Flasche, stoßen auf den Abend an und setzen uns vor Carmens dreiflügeligen, beleuchteten Schminkspiegel.

„Wir verpassen dir den Sechzigerjahre-Look aus dem Film“, sagt sie.

„Schwarzer Oberlidstrich, lange Wimpern, volle rote Lippen. Du wirst so verführerisch aussehen, die Vampire werden sich deinetwegen gegenseitig zerfleischen.“

Meine Freundin stellt sich hinter mich und hebt mein Haar.

„Fangen wir mit der Hochsteckfrisur an.“

Carmen ist in Sachen Maske, Make-up und Kostüm eine Meisterin. Als sie mich fertig gestylt hat, bin ich begeistert.

„So sollte ich immer rumlaufen!“, sage ich.

„Darling, überleg dir das gut! Dann wäre die halbe Stadt hinter dir her – das willst du auch nicht!“

Wir lachen, trinken Prosecco, und Carmen schminkt sich wie ein Vampir. Weißes Gesicht, kohlschwarze Augen, blutrünstiger roter Mund. Sie will zwar als Graf von Krolock gehen, ihm aber eine weibliche Seite verpassen. Sie toupiert ihr volles schwarzes Haar zu einer dramatischen Mähne. Ihr Kostüm besteht aus Netzstrümpfen, einem schwarzen Body und einem Frack. Megasexy!

„Sieht man mein Teil?“, will sie wissen.

„Kein bisschen. Wie machst du das?“

„Ich muss eigentlich nur einen hautengen Slip anziehen, dann legt es sich ganz brav in seine Höhle. Ich darf nur keine Erektion bekommen.“ Wir kichern bei der Vorstellung.

Dann bin ich an der Reihe. Ich ziehe mich bis auf meinen Stringtanga aus, aber Carmen besteht darauf, dass ich mich vollständig entkleide.

„Darling, der Sex beginnt in deinem Kopf. Du musst dich scharf fühlen, um andere scharfzumachen.“

Sie reicht mir einen Strumpfhalter aus roter Spitze. „Zieh den an, ohne Höschen.“

Als sie mir hilft, die Strümpfe an den Klammern zu befestigen, steigt mir ihr verführerischer Duft in die Nase – eine Mischung aus Jasmin und Sandelholz! Carmen weiß eben, was erotisch ist. Ich betrachte mich mit Strumpfhalter und Strümpfen bekleidet im Spiegel, und ja, ich finde mich verführerisch.

„Und von hinten?“, frage ich unsicher.

Carmen fasst mich an den Schultern und dreht mich um, sodass ich meinen Po im Spiegel sehen kann.

„Fantastisch“, sagt sie. „Und das Gute ist: Nur du weißt, dass du kein Höschen trägst. Das wird dir ein erhabenes Gefühl geben.“

Ich hoffe, sie behält recht. Carmen stellt sich hinter mich, um mir das Korsett zu schnüren. Wieder beißt sie mir halb aus Spaß, halb verführerisch in den Hals. Es gefällt mir und irritiert mich zugleich.

„Du hast schöne Haut, Darling.“

Sie kratzt mit ihren langen Fingernägeln sanft über meine Schultern. Mir wird heiß. Dann gleiten beide Hände langsam und zärtlich vorne unter mein Korsett und umschließen meine Brüste.

„Wir müssen deine süßen Titten mehr zur Geltung bringen, Darling. Dein Dekolleté muss richtig provozieren“, sagt sie.

Mein ganzer Körper reagiert auf ihre Berührungen.

„Du wirst Draculas heißeste Braut auf dem Ball sein“, flüstert sie in mein Ohr und leckt mir kurz wie eine Katze über den Hals.

Ich genieße diese kleinen, provokanten Zärtlichkeiten, die so anders sind als die, die ich bisher von Männern kenne: spielerisch und ohne Erwartung. Carmen schiebt sich ihr Vampirgebiss in den Mund, reißt dramatisch die Zähne auseinander und tut so, als würde sie mir die Hauer in den Hals rammen. In diesem Moment möchte ich von ihr ausgesaugt werden. Ich möchte ihr Opfer sein, sie soll mich besitzen. Ich pendele noch zwischen Atemlosigkeit und Lust, weiß nicht, wie ich reagieren soll, als Carmen in mein Ohr raunt: „Auf geht’s, Darling. In fünf Minuten kommt das Taxi.“

Diese Frau ist wirklich einmalig.

Luzy Bloom: Ab heute will ich S...x

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