Читать книгу Luzy Bloom: Ab heute will ich S...x - Sabine Howe, Mizzi Malone - Страница 7

Kapitel 3

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Offenbare dir selbst deine geheimsten Fantasien

Heute treffen wir uns zum Mädelsabend. Bei mir. Das heißt: Ich bin für das Essen zuständig. Und das ist in unserer Konstellation jedes Mal eine neue Herausforderung, weil jede von uns ernährungstechnisch auf einem anderen Trip ist. Fragt sich nur, auf welchem! Dina verzichtet zur Zeit mal wieder komplett auf Weißmehl, Elisa ist ketogen unterwegs und nimmt keinerlei Kohlenhydrate zu sich.

„Was denn, auch keinen Alkohol?“, frage ich entsetzt.

„Doch, Gin pur darf man. Sonst würde ich das nicht durchhalten.“

„Ich dachte schon.“

Die Vierte im Bunde, Carmen, kann heute leider nicht dabei sein. Das Musicaltheater, an dem sie als Kostümbildnerin arbeitet, bringt gerade ein neues Stück an den Start, und das bedeutet am Anfang jede Menge Stress. Wenn eine von uns vieren fehlt, fühlen wir uns immer ein bisschen unvollständig. Das liegt wahrscheinlich daran, dass wir uns gut ergänzen, weil wir so unterschiedlich sind.

Dina ist die ‚Entspannte‘. Sie nimmt die Dinge, wie sie kommen, stellt nicht alles infrage, folgt ihrem Herzen und ihrem Instinkt, weiß, was sie will und handelt danach. Elisa ist die ‚Rationale‘. Sie folgt immer ihrem Verstand, bleibt sachlich, nüchtern und ist sehr direkt. Sie macht keine Kompromisse und hasst Überraschungen. Carmen ist die ‚Experimentierfreudige‘. Als Interfrau, dazu später mehr, hat sie immer schon für ihre Freiheit gekämpft. Sie liebt das Abenteuer, steht allem Neuen offen gegenüber und ist total angstfrei. Ich bin die ‚Sicherheitsbestrebte‘. Oder sagen wir, das war ich bis vor wenigen Tagen. Ich weiß gerne, was mich erwartet, kann mich nur schwer von Menschen oder Dingen trennen und hadere mit meinen Entscheidungen. Als neue Version meiner selbst träume ich davon, die ‚Abenteuerlustige‘ zu werden, die sich was traut, spontan ist und offen für neue Erfahrungen. Und ich verbiete mir, mit diesem Ziel zu hadern.

Heute Abend will ich Lachs im Ofen zubereiten, deshalb öffne ich noch morgens im Bett mein Laptop, um nach einem Rezept zu suchen, als mehrere E-Mails eingehen. Na, das wird doch nicht etwa eine Reue-Litanei von David-Alexander sein? (Ach Luzy, du bist so naiv …) Oder vielleicht Liebesschwüre von Ramon (… und so verpeilt, der hat ja noch nicht mal deine E-Mail-Adresse). Doch statt Sätzen wie: „Ich vermisse dich“ oder „Wann sehen wir uns wieder?“ stehen folgende Zeilen im Betreff:

Luzy! Penis zu klein?

Luzy! Erektion garantiert – auch bei 85-Jährigen

Luzy! Ständer auf Kommando

Moment mal – wie kommt denn solche Werbung in mein Postfach? Meine Enttäuschung weicht Empörung, aber nach kurzer Überlegung wandelt sich meine Empörung in leichte Beschämung. Ich bin gestern Abend im Bett hemmungslos durch sämtliche freie Pornoseiten gesurft! Nein, nicht was Ihr denkt. Ich finde, jetzt, wo ich frei und ungebunden bin und meine Zukunft unter dem Zeichen der sexuellen Selbstverwirklichung steht, muss man sich ja mal informieren. Also darüber, was so angesagt ist und darüber, was überhaupt alles geht. Und ich sage Euch: Es geht ALLES. Aber dazu gleich mehr. Was mich zuerst stutzig macht, ist, dass Google doch angeblich alles weiß. Und dann checken sie nicht, dass ich eine Frau bin? Oder geht der Algorithmus automatisch davon aus, dass nur Männer auf Pornoseiten surfen? Und zwar solche mit Potenzproblemen oder zu kleinem Penis? Im Grunde ist es mir ganz recht, dass ich anscheinend unter dem Radar unterwegs war, aber lustig ist das schon: Luzy – Penis zu klein? Wobei, jetzt bin ich doch neugierig. Was schlagen die denn in diesem Fall vor? Auf die Gefahr hin, in den nächsten zwei Wochen mit Penis-Verlängerungs-Angeboten erschlagen zu werden, öffne ich die Seite. Dahinter verbirgt sich der sogenannte Penis-Expander – eine Art Foltergerät für das beste Stück des Mannes. Zu kurz Gekommene spannen ihren Unglücksraben am Schaft und an der Eichel in eine Art Streckbank, drehen dann auf jeder Seite am Gewinde und ziehen ihr Teil in die Länge. Aua! Laut Anbieter springen bei regelmäßiger Anwendung 5–25 Zentimeter Längengewinn dabei raus. Echt jetzt? Die Anwender sind jedenfalls begeistert.

„Mein Penis ist so groß wie nie zuvor“ (Das wäre ja dann auch Sinn der Sache)

„Mein großer Penis ist jetzt noch größer“ (Klar, kann ja nicht groß genug sein)

Ich liebe meinen neuen großen Penis“ (Jetzt noch mehr als vorher)

Die Vorstellung, wie Tausende Männer weltweit unter Schmerzen ihr angeblich bestes Stück in dieses Folterbett spannen, um dann wöchentlich zu überprüfen, ob er schon gewachsen ist, ist wirklich zu komisch.

Abgesehen davon fand ich meinen kleinen Ausflug in die Welt der Pornographie eher ernüchternd. Nicht, dass ich nicht schon vorher so etwas gesehen hätte – aber ich habe diese Seiten noch nie so lange durchforstet wie gestern. Ich dachte, es würde mich vielleicht inspirieren. Deshalb habe ich nicht einfach nur das Erstbeste, das mir angeboten wurde, angeschaut, sondern mich durch die Kategorien geklickt, von denen ich die wenigste Ahnung habe. Ich erspare Euch langweilige beziehungsweise bekannte Fetische. Nur so viel: Ich wusste bisher nicht, dass sich manche Männer Brennnesseln auf ihre Eichel legen und dabei masturbieren, oder dass Partner sich freiwillig vor dem Verkehr gegenseitig Gipsverbände anlegen.

Beim Sex gibt’s offenbar keine Grenzen. Aber bei mir. Mich machen diese extrem realistischen Darbietungen echt nicht an. Das ist alles so direkt, so wenig geheimnisvoll oder romantisch. Ich lese lieber etwas Anregendes, etwas, das meine Fantasie weckt, oder ich fantasiere mir selbst etwas zusammen. Und nennt mich ruhig spießig, aber ich habe auf den ganzen Seiten keine Praktiken oder Konstellationen entdeckt, die mich irgendwie angetörnt oder meine sexuelle Neugier geweckt hätten. Da bleibe ich doch lieber bei meinen eigenen Fantasien. Hier meine Top Drei:

Fantasie Nummer 1:

Heimlicher Sex in der Öffentlichkeit. In meiner Lieblingsfantasie bin ich irgendwo ganz edel zum Essen eingeladen, wahlweise sitze ich auch in einer Konferenz oder in einer Bibliothek am Schreibtisch. Ein gutaussehender Mann hat mich von Anfang an im Visier. Er lächelt mir zu, aber plötzlich ist er verschwunden. Kurz darauf fühle ich, wie jemand unter dem Tisch meinen Rock hochschiebt und mit seiner Zunge zwischen meinen Beinen spielt.

Fantasie Nummer 2:

Wir befinden uns in einem anderen Jahrhundert. Ich stehe am Wegesrand in den schottischen Highlands, und der Outlander rettet mich mit seinem Pferd, auf dem wir dann wilden Sex haben.

Fantasie Nummer 3:

Es ist total peinlich, aber ich will ehrlich sein. In meiner dritten Fantasie liege ich zu Hause auf meinem Bett. Ich bin gerade erfrischt aus der Badewanne gestiegen, räkele mich in einem roten Seidenkimono auf meinem Bett und beginne, mich selbst zu streicheln. Ich habe meine Airpods in den Ohren und höre „Let’s get it on“ von Marvin Gaye. Ich bin völlig versunken, als ein Rascheln an der Tür mich aufhorchen lässt. Ich öffne die Augen, und da steht David-Alexander mit heruntergelassenen Hosen – was undenkbar ist – und masturbiert wie besessen – was noch viel unwahrscheinlicher ist!

Fragt mich nicht, warum mich das anmacht – vor allem, nachdem er mich für angeblich ach so großartigen Sex verlassen hat, aber es ist wirklich immer noch eine meiner Lieblingsfantasien. Die Vorstellung, dass David-Alexander beim Anblick meines halbnackten Körpers vollkommen die Selbstbeherrschung verliert, macht mich total scharf. Oh mein Gott, ich bin so simpel gestrickt. Vielleicht wird diese Vorstellung ja mit der Zeit von Erinnerungen an neue Erlebnisse überlagert. Ich sollte mal ausprobieren, was in meinem Kopf mit Ramon so alles geht.

Auf dem Rückweg vom Supermarkt treffe ich Harry, den Architekten. Den hatte ich überhaupt nicht mehr auf dem Schirm. Er war in den letzten Wochen anscheinend viel unterwegs, entweder auf einer Baustelle oder bei seiner Neuen. Jedenfalls hab ich ihn länger nicht gesehen. Und plötzlich sitzt er da, mit seiner Flamme vor seinem Büro in der Sonne. Er ist wie ausgewechselt. Normalerweise haben wir immer ein bisschen geflirtet, zumindest habe ich mir das eingebildet. Vielleicht habe ich in meinem David-Alexander-Frust auch zu viel in „Hey Luzy, wie geht’s dir? Lust auf einen Kaffee?“ hineininterpretiert? Meistens hat er mir dann einen Espresso gezaubert und mir auf seinem Computer gezeigt, woran er gerade arbeitet. Und heute?

„Na, Luzy, wie geht’s?“

Nix Kaffee oder Computer. Dafür folgt:

„Darf ich dir Cloe vorstellen? Cloe, das ist Luzy, eine Nachbarin.“

Cloe – klar, wahrscheinlich direkt vom Laufsteg aus Paris eingeflogen. Sieht aus wie ein Supermodel: ellenlange Beine, eine Taille, die ich nie haben werde, selbst wenn ich einmal um die Welt jogge und Haare, die der Wahnsinn sind: eine dicke, lange blonde Mähne – wie aus dem Katalog. Dazu das Gesicht! So perfekt, als hätte man alle Foto-Bearbeitungsprogramme auf einmal angewandt. ‚Vielleicht ist sie Model für Trockenshampoo‘, hoffe ich, aber nein, sie ist natürlich auch noch superschlau und Zahnärztin. Und ich? Bad Hair Day – Very Bad Hair Day – Very Very Bad Hair Day. Angeklatscht wäre noch gnädig umschrieben. Und dazu mein Outfit: meine Putzklamotten, bestehend aus einer hellgrauen, zu großen Jogginghose von David-Alexander, die ich wirklich nur zum Putzen trage und einem albernen Sweatshirt mit der Aufschrift: ‚Not perfect – just awesome‘. Oh mein Gott, ich möchte mich in Luft auflösen. Aber zu meinem Glück haben die beiden nur Augen füreinander. Wir plaudern kurz über dies und das, dann sehe ich zu, dass ich wegkomme.

„Macht’s gut, ihr zwei“, sage ich zum Abschied.

„Ciao“, flötet Cloe, und Harry ruft:

„See you!“

Und dann, an seine Flamme gewandt:

„Wir müssen auch los, Engelchen.“

Und sie: „Du hast recht, Teufelchen.“

Whaaaat? Engelchen und Teufelchen? Der coole Harry und seine Superfrau? Verliebte sind wirklich zu komisch. Auf dem Heimweg erstelle ich ein Top Five-Ranking der schlimmsten Kosenamen.

Platz 1: Pupsi (ungeschlagen!)

Platz 2: Hasimausi, Mausebärchen (geht für mich gar nicht)

Platz 3: Schatz, Schatzi (so was von abgestanden)

Platz 4: Mama und Papa (es gibt wirklich Partner, die sich so nennen)

Platz 5: Engel, Engelchen und Teufelchen (so kitschig!)

Zum Glück lässt der Name Luzy wenige Variationen zu und klingt schon von sich aus ein bisschen wie ein Kosename. Das hält die meisten Leute davon ab, sich Alternativen auszudenken. In seltenen Momenten hat mich David-Alexander, der, wie man sich denken kann, in Sachen Kosenamen nicht gerade ein Quell der Kreativität war, „Süße“ genannt. Damit konnte ich leben. Ich habs mal mit D. A. – also englisch ausgesprochen, DiiÄii – versucht. Das fand ich cooler als das lange David-Alexander, doch irgendwie bin ich auf taube Ohren gestoßen. Tja, wäre mir doch „Stallion“ oder wenigstens „Hengst“ eingefallen – dann hätte sich mein Liebster wahrscheinlich in Höchstform galoppiert, aber wie schon erwähnt: Dieser Begriff ist mir in Zusammenhang mit David-Alexander nie in den Sinn gekommen.

Mein Ofenlachs ist eindeutig zu trocken geraten, aber meine Freundinnen nehmen es mit Humor.

„Auf jeden Fall besser als dein Huhn letztes Mal“, beruhigt mich Dina.

„Ich hätte ihn nicht besser machen können“, räumt Elisa ein, die noch weniger kochen kann als ich.

„Vielleicht solltet ihr mal zusammen einen Kochkurs besuchen“, schlägt Dina uns vor. „Da lernt ihr was und trefft bestimmt coole Typen.“

„Bist du irre?“, erwidert Elisa entsetzt. „Ich will doch keinen Typ kennenlernen, der Kochkurse belegt.“

„Och“, wende ich ein. „Männer, die kochen, sind doch ganz sexy.“

„Finde ich nicht“, sagt Elisa, die überzeugter Single ist und Männer im Allgemeinen für „überbewertet“ hält. Dina und ich grinsen uns an. Wir glauben, dass Elisa einfach nur Angst hat, sich zu binden und viel cooler tut, als sie ist.

„Irgendwann“, sagt Dina immer, wenn wir allein sind, „kommt der Richtige. Einer, der Elisa knackt, und dann werden wir sie nicht mehr wiedererkennen.“

„Aber wer soll das sein?“

„Einer, der die wirkliche Elisa hinter der professionellen Ärztin erkennt. Einer, der sie mit ihrer Coolness nicht durchkommen lässt. Einer, der sie in Grund und Boden vögelt. Einer, der sie will, aber nicht braucht.“ Elisa ist Frauenärztin in einem Kinderwunschzentrum. Sie hilft Paaren, die auf natürliche Weise keinen Nachwuchs bekommen. Das geht von Hormontherapie über künstliche Befruchtung bis zur Samenspende. Ich bin sicher, dass Elisa eine sehr einfühlsame Ärztin ist, aber als Privatperson hat sie wenig übrig für Träumereien, Romantik oder Verliebtsein.

„Ihr benehmt euch wie Teenies“, schimpft sie, wenn Dina, Carmen und ich von irgendeinem Schauspieler oder Rockstar schwärmen.

„Wenn du jeden Mann der Welt haben könntest“, frage ich sie. „Also egal, wen, auch einen Prominenten. Mit wem würdest du ins Bett gehen?“

„Ich würde sofort mit Bradley Cooper vögeln!“, ruft Dina. „Aber nur in seiner Rolle als Jackson Maine in ‚A Star is born‘. Da ist er so megasexy – Wahnsinn. Das wäre der Einzige, mit dem ich Jessy betrügen würde. Ich meine, ich könnte ja nichts dafür, es wäre Liebe, es wäre Leidenschaft, es wäre hemmungslose Hingabe, und natürlich würde sich Jackson Maine niemals das Leben nehmen, weil er mich kennengelernt hat. Ich würde ihn retten.“

Dina ist genau das Gegenteil von Elisa: Sie ist rettungslos romantisch – zumindest in ihren Träumen. In Wirklichkeit gehen ihr die meisten Männer schnell auf die Nerven. Aber eines Tages trat Jessy in ihr Leben, und da war es um sie geschehen. Dazu später mehr. Ich gestehe, dass ich total auf den Outlander abfahre und manchmal davon träume, dass er mich rettet, nicht reitet – den Part mit dem wilden Sex auf dem Pferd verschweige ich erst mal.

Elisa schüttelt den Kopf. „Krass, ihr seid ja so kindisch!“

„Was heißt denn kindisch?“, gebe ich zurück. „Jeder träumt doch mal.“ „Ja, klar, aber ihr verknallt euch in Kunstfiguren. Die gibt’s doch gar nicht.“

„Na und?“, erwidert Dina. „Es geht doch nur um die Fantasie.“

„Also ich könnte mir höchstens vorstellen, mal mit Richard David Precht zu schlafen. Der sieht gut aus und hat was in der Birne“, räumt Elisa ein. Na also, geht doch.

Ich habe mir vorgenommen, meinen Freundinnen heute noch nichts von meinen neuen Abenteuerplänen zu erzählen. Nicht, weil ich ihnen nicht vertraue. Im Gegenteil, ich liebe und respektiere sie, aber ich möchte erst einmal Boden unter den Füßen gewinnen, bevor ich mich oute. Außerdem befürchte ich, dass sie mich mit guten Ratschlägen wie „Pass auf, da draußen treiben sich jede Menge Arschlöcher herum.“ (Dina) oder „Denk dran, zu verhüten, sonst bist du am Ende schwanger und weißt nicht, von wem.“ (Elisa) in Grund und Boden bombardieren werden. Genau das kann ich gerade überhaupt nicht gebrauchen. Aber über Sex im Allgemeinen sprechen wir alle gerne, und weil ich herausfinden will, wovon Dina und Elisa heimlich träumen, packe ich meine Outlander-Fantasie aus. Also nicht in allen Details, aber im Groben: Schottland, Rettung, Vögeln auf dem Pferd.

Dina gesteht, dass sie manchmal von Sex mit einer Frau träumt.

„Hatte ich noch nie, und werde ich wahrscheinlich auch nie ausprobieren. Aber ich stelle mir das irgendwie erotisch vor. Ich meine, ich kenne meinen Körper und die andere Frau kennt ihren, und wir würden uns so berühren, wie wir es auch selber mögen. Sie würde megascharf aussehen und gut riechen. Und hätte schon Erfahrung mit gleichgeschlechtlichem Sex. Sie würde mich gewissermaßen einführen.“

„Oder ihn.“ Elisa wieder.

„Wen?“

„Den Plastikpenis, den sie sich umgeschnallt hat.“

„Oh Mann, Elisa.“ Ich muss lachen. „Jetzt mach dich mal locker. In seiner eigenen Fantasie passiert nicht das Schlimmste, das man sich vorstellen kann, da passiert das Schönste. Man kann sich die Dinge doch genauso ausmalen, wie man sie gerne hätte. Und wenn ich mir zurechtträume, dass mich der schöne, gut bestückte und heldenhafte Outlander im wilden Galopp auf seinem Pferd nimmt, dass er die Zügel fallen lässt und der Hengst trotzdem weiterreitet, dass wir im 18. Jahrhundert nackt durch die schottischen Highlands preschen, dann weiß ich doch, dass das nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Das ist ja das Tolle am Kopfkino: Man führt selber Regie.“

„Es geht doch darum, sich in seiner Fantasie Dinge auszumalen, die einen anmachen“, pflichtet Dina mir bei. „Die müssen weder wahrscheinlich sein, noch muss man sie wirklich umsetzen. Ich habe mal gelesen, dass Menschen, die in erotische Traumwelten abtauchen, auch in Wirklichkeit erfüllteren Sex haben.“

„Komm schon“, setze ich nach. „Raus damit, Elisa – dich macht doch auch irgendwas an, das du noch nicht erlebt hast.“

In Elisa arbeitet es.

„Echt jetzt?“ Sie grinst. „Aber das bleibt unter uns.“

„Klar doch“, sage ich.

„Ehrenwort“, schwört Dina.

„Na dann.“

Und dann erzählt Elisa uns, dass sie manchmal davon träumt, die Männer, die als anonyme Samenspender in ihrem Kinderwunschzentrum masturbieren, selbst zum Erguss zu bringen. „Also die gehen ja bei uns in einen Raum, in dem sie dann alleine Pornos gucken können, um sich zum Höhepunkt zu bringen. Am Ende entladen sie ihren Samen in einen Becher. In meiner Fantasie ist in diesem Raum eine Wand aus dünnem Sperrholz eingezogen. Darin befindet sich ein Loch, gerade so groß, dass ein erigierter Penis durchpasst. Anstatt sich nun selbst zu befingern, stecken sie ihr Teil in das Loch, und ich sitze auf der anderen Seite und hole ihnen einen runter.“

„Scharf“, befinde ich, und auch Dina ist beeindruckt.

„Ziemlich anonym, aber das ist ja Sinn der Sache.“

„Hast du das schon mal gemacht?“, frage ich. „Also, nicht das mit dem Loch, aber einem von euren Spendern einen runtergeholt?“

Elisa wird ein kleines bisschen rot.

„Einmal, also nein, nicht einmal, sondern mehrmals, aber immer mit demselben Mann. Der war drei- oder viermal bei uns. Er konnte immer nur abends nach der Arbeit. Und beim ersten Mal hatte ich abends noch zu tun, Berichte schreiben und so … Deshalb haben wir einen Termin nach 20 Uhr gelegt. Und na ja, er kam – und er sah wirklich gut aus, so kräftig und männlich, und er hatte eine schöne, tiefe Stimme. Wir haben uns zuerst über die Regeln und Bedingungen unterhalten, dann hat er unterschrieben, ich habe ihm den Becher ausgehändigt und ihn zu unserem ‚Handbetrieb‘ gebracht – so nennen wir das Zimmer unter uns. Er geht also rein und sieht mich fragend an. Ich sage: ‚Ist noch was?‘ Er lächelt. ‚Sie könnten mir zur Hand gehen, das würde vieles leichter machen.‘ Und echt jetzt, ich weiß nicht, warum, aber das war so unverschämt, dass es mich irgendwie angemacht hat. Ich bleibe also in der Tür stehen, und er holt sein Teil raus und beginnt ganz langsam, sich zu streicheln. Dabei lässt er mich keine Sekunde aus den Augen. Irgendwann bin ich zu ihm gegangen, habe mich hinter ihn gestellt, mich an ihn gedrückt und ihn mit beiden Händen bis zum Erguss gebracht. Das Blöde war, wir haben beide vergessen, den Becher drunter zu halten. Also musste er am nächsten Abend wiederkommen und wir haben dasselbe noch mal gemacht – dieses Mal haben wir allerdings auch geknutscht und uns gegenseitig befingert. Am Ende landeten wir auf dem Sofa im Handbetrieb und waren so mit uns beschäftigt, dass wieder kein gefüllter Becher dabei rauskam. Also kam er noch mal, da haben wir dann direkt im Empfangsbereich gevögelt.“

Wir lachen.

„Und?“, frage ich.

„Keine Chance“, erwidert Elisa. „Er hat dann das Vorhaben Samenspende aufgegeben, und wir haben uns das nächste Mal privat bei ihm zu Hause getroffen. Aber das ging irgendwie nach hinten los. Es fehlte was. Wahrscheinlich das Verbotene. Ich habs dann abgebrochen – ich meine, ich konnte es ja nicht jeden Abend bei mir in der Praxis treiben.“

„Heiße Geschichte“, sagt Dina beeindruckt, und ich bin auch baff. Soviel Spontaneität hätte ich Elisa gar nicht zugetraut. Wobei sie durchaus ihre Liebhaber hat, aber die hält sie alle geheim. Wir haben noch nie einen kennengelernt. Sie erzählt uns noch, dass sie in ihrer Praxis ein kleines Ranking für den Ausdruck „sich einen runterholen“ aufgestellt hat.

„Mein Favorit ist ‚Das Gürteltier keulen‘.“

Wir verschlucken uns fast vor Lachen.

„Gleich gefolgt von ‚Dem Arbeitslosen die Hand schütteln‘.“

„Was hältst du von ‚Den Lachs buttern?‘“, frage ich.

„Nicht schlecht“, befindet Elisa, setzt aber mit ‚Den Jürgen würgen‘ noch einen drauf.

„Ist euch mal aufgefallen, dass es für weibliche Selbstbefriedigung eigentlich kaum andere Begriffe gibt?“, wirft Dina ein. „Also außer vielleicht noch onanieren?“

„Ménage-à-moi finde ich ganz schön“, sage ich.

Elisa glaubt, dass das mit der Anatomie zusammenhängt. „Also ein Penis ist einfach ein Anhängsel, ein Körperteil, das da so rumbaumelt. Hat ja irgendwie auch was Albernes. Da fällt einem sofort irgendein Spruch oder Witz ein. Das weibliche Geschlechtsteil ist – sagen wir – undurchschaubar und geheimnisvoll, und deshalb vor Verballhornung und Verunglimpfung geschützt.“

„Ein bisschen mehr Humor würde aber nicht schaden“, finde ich, und wir sind uns einig, dass auf diesem Gebiet ruhig mal was passieren könnte.

Als ich später in meinem Bett liege, wandert meine Hand zwischen meine Beine. Ich überlege, wer heute mein Sparringspartner werden soll und wähle Ramon.

Eine gute Entscheidung.

Luzy Bloom: Ab heute will ich S...x

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